Das Problem in Bezug auf eine Strafbarkeit wegen Mordes ist die adäquat kausale Handlung des Täters. Solche Medikamente werden ja nicht an gesunde oder nur leicht erkrankte Patienten verabreicht, sondern an Menschen, die ohnehin mehr oder weniger dem Tode geweiht sind. Viele dieser Patienten sterben auch dann, wenn man nicht an den Medikamenten herum panscht. Andere haben eine mehr oder weniger lange Überlebenszeit nach so einer Therapie, einige werden geheilt. Aber selbst bei denjenigen, die geheilt werden, weiß man angesichts einer üblicherweise sehr umfassenden Behandlung auf verschiedenen Ebenen oft nicht sicher, was nun wirklich den entscheidenden Fortschritt gebracht hat.
Selbstverständlich ist der Umfang und die Schwere dessen, was hier passiert ist, unglaublich, und schreit gerade zu nach einer Verurteilung wegen Tötungsdelikten. Man hat hier aber das Problem des konkreten Nachweises der Kausalität im konkreten Einzelfall. Aber genau diese müsste man in einen, zwei, drei oder ganz vielen Fällen nachweisen können, um zu einer entsprechenden Verurteilung zu kommen.
Es spricht natürlich alles dafür, dass die vorgenommenen Handlungen zum Tode diverser Patienten beigetragen haben dürften. Allein, der Nachweis, dass ein konkreter Patient aufgrund dieser Handlungen kausal verstorben ist, und gerade bei ihm die nicht ausreichend dosierte Therapie sonst zum Erfolg geführt, und seinen Tod verhindert hätte, ist praktisch kaum zu führen. Zumal ja bei solch schweren Erkrankungen regelmäßig diverse Therapieansätze erfolgen, und der an so einer Krankheit versterbende Patient nicht nur auf diese eine, sondern auch auf andere Therapien nicht positiv reagiert hat.
Das ist leider eine vollkommen andere Situation, im Gegensatz dazu, dass jemand einem kerngesunden Menschen ein tödliches Gift verabreicht, was dann auch zum erwarteten Erfolg führt. Eine „rein statistische“ Aussage, dass von den Patienten dieses Apothekers x% mehr einen letalen Krankheitsverlauf hatten, als dieser sonst bei vergleichbaren Krankheitsbildern und Therapien zu beobachten ist, reicht für einen Mordanklage nicht aus. Da braucht es dann schon den konkreten Fall (oder hier sogar viele konkrete Fälle).
Das ist natürlich vollkommen unbefriedigend, und man wird sich Gedanken machen müssen, wie man künftig für entsprechende Fälle geeignete gesetzliche Konstrukte schafft, aber für den aktuellen Fall kann dies nichts mehr ändern.