Arbeitsloser Betriebsrat - Sperrzeit?

Hallo,

Meine Frage ist was passiert wenn ein Angehöriger eines Betriebsrats während seiner aktiven Betriebsrattätigkeit selber kündigt. Was für ein Sperrzeit entsteht dann?

Konkreter Fall:

Herr A. hat mehrere Jahre als Betriebsrat im Betrieb X gewirkt. Betrieb Y hat ihn eine neue Stelle angeboten. Herr A. kündigt bei Betrieb Y um zu Betrieb X zu wechseln.

Betrieb X macht kurz vor Antritt der Stelle von Herr A. dicht (Insolvenz)

Herr A. steht auf der Strasse ohne Arbeit.

Wie wird sich die Agentur für Arbeit verhalten. Mit welchen Sperrzeiten hat Herr A. zu rechnen? Wie kann er die „umgehen“?
Hat er Anrecht erworben auf Arbeitslosengeld?

Jeder Tip und jeder Hinweis kann helfen!

Dies ist ein realer Fall! Bei Anfrage bei der Agentur für Arbeit kamen bei Fragen jeweils andere Antworten.

Ich hoffe die Frage ist eindeutig genug. Bitte nachfragen wenn noch was fehlt. Ach ja es wurde keine Abfindung gezahlt.

Vielen Dank für Eure Antworten! Und ich freue mich auf eine spannende Diskussion !

Gruss,
Silverwhale

Hallo Silverwhale,
so ganz kann ich die Frage nicht verstehen (m. E. hast du X und Y zwischendurch mal vertauscht).
Versuche es trotzdem mal in Teilen:

  1. Eigenkündigung ist immer schlecht im Falle von Sperrzeiten. Da spielt die BR Tätgkeit m. E. keine Rolle. Auch würde ich voraussetzen, dass A eine gewisse Sorgfaltspflicht bei der Auswahl seiner neuen Stelle hätte walten lassen müssen - eventuell wäre da die Insolvenzgefahr schon sichtbar gewesen. Fazit: mit Sperre ist zu rechnen. Eventuell lässt sich über die Dauer verhandeln, da ja ein „wichtiger Grund“ zur Lösung des alten Arbeitsverhältnisses vorlag.

  2. Das Anrecht auf Arbeitslosengeld besteht unabhängig von der geschilderten Situation. Es berechnet sich ja aus der Zeitdauer vorheriger Beschäftigungen. Siehe Anwartschaftszeit.

Wie gesagt, die Infos sind ohne Gewähr aber vieleicht geben sie ja noch einen Hinweis zur Hilfe.

Liebe Grüße
Martin

…Arbeitsrecht ist Richterrecht!!! …deshalb kommt man um eine anwaltliche Klärung nicht herum. Gruß Malook

Uih, das ist ja wirklich eine unglückliche Situation. Ich würde aus dem Bauch heraus sagen, mit dem Betriebsratsmandat hat das gar nichts zu tun. Auch Nicht-Betriebsräte kündigen ja hin und wieder ihre Arbeitsverträge um zu einem neuen Arbeitgeber zu wechseln.
Anspruch auf Arbeitslosengeld musste der BR ebenso erworben haben wie jeder andere Arbeitnehmer auch.
Eine Sperrfrist verhängt die Arbeitsagentur, wenn die Arbeitslosigkeit „selbstverschuldet“ ist, also z.B. wenn ein Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund kündigt und keine neue Stelle hatte. In diesem Fall gehe ich mal davon aus, dass der AN erst dann sein altes Arbeitsverhältnis gekündigt hat, nachdem er den neuen Arbeitsvertrag unterschrieben hatte. Dass er diesen nun nicht antreten kann, liegt an Gründen, auf die der AN keinen Einfluss hatte. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Agentur hier erfolgreich eine Selbstverschuldung unterstellen wird. Bin gespannt, wie die Sache ausgeht. Berichtest Du?

Hallo,

Danke für die Antwort soweit. Ich bin auch sehr gespannt wie das aus geht…

Ich werde berichten.

Silverwhale

Danke Martin!

Ja da hab ich mich wohl selbst aufs Glatteis geführt mit x und y…

Der Tipp mit den Anwartschaftszeiten hilft weiter. Werde ich recherieren…

Gruß Silverwhale

Hallo, Silverwhale,

das Betriebsratsmandat spielt bei einer Eigenkündigung überhaupt keine Rolle.

Insoweit muss damit gerechnet werden, dass die Sperrfrist für den Erhalt von ALG I wie üblich 12 Wochen beträgt. Es kann natürlich sein, dass die Arbeitsagentur im vorliegenden Fall die Einzelfallbetrachtung möglicherweise etwas anders bewertet, da der Sachverhalt schon etwas von der Regel abweicht. Aber um das durchzuboxen würde ich mich professionell beraten lassen.

Gruß W.

Hallo leider kann ich dir hier nicht weiterhelfen

Hallo,
wenn das BR selbst kündigt ändert sich an der Sperrfrist nichts.
Er sollte sich so schnell wie möglich an die Arbeitsagentur wenden und den Fall dort vortragen, vielleicht gibt es keine Sperrfrist.

Hallo,
betrachten wir zunächst das BR-Mitglied A als Arbeitnehmer mit besonderem Kündigungsschutz, § 15 KSchG, wie in der allgemeinen Eingangsfragestellung: Verzichtet ein besonders geschützter Arbeitnehmer auf seinen besonderen Kündigungsschutz und wird arbeitslos, hat er sich dann versicherungswidrig iSv § 159 SGB III (idF v. 22.12.2011) verhalten und sein Anspruch auf Arbeitslosengeld I ruht dann für den Lauf einer maximalen Sperrzeit von 12 Wochen, wenn er selbst das Beschäftigungsverhältnis gelöst hat und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat. Die notwendige Ursächlichkeit zwischen schuldhaft vorwerfbarer Handlung (Kündigung) und negativem Erfolg (Arbeitslosigkeit) kann unter Umständen nur dann „ausgehebelt“ werden, wenn der Arbeitnehmer für sein Verhalten einen sog. „wichtigen Grund“ behaupten kann. So ist die Ursächlichkeit dann zu Gunsten des Kündigenden zu verneinen, wenn er nathlos in eine andere Dauerbeschäftigung wechselt (unbefristet). Die notwendige Kausalität liegt auch dann nicht vor, wenn der neue Arbeitgeber zB sozial ungerechtfertigt kündigt (zB verhaltensbedingt ohne vorherig notwendige Abmahnung).
Zum Ausnahmetatbestand: „Wichtiger Grund“. Angeregt wird, dazu (und auch zu allen anderen eher komplexen Fragen dieses Rechtsgebiets) sich neben der Rechtssprechung der Sozialgerichte auch anzuschauen,
was die Entscheider über Sperrfristen selbst als Direktiven festlegen: Es sind die Geschäftsanweisungen der Agentur für Arbeit (GA), die zyklisch publiziert und aktuell gehalten werden:

http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/A07-G…

Unter Ziff. 9.1.1 der GA 09/2012, S. 26 zu § 159 SGB III werden die anerkannten „wichtigen Gründe“ genannt. Unter 9.1.1. (1)4) ist als ein von der Agentur anerkannter wichtiger Grund (der also Sperrzeiten verhindert) auch die eingetretene Insolvenz des Arbeitgebers genannt.

Fassen wir zusammen: BR-Mitglied kündigt seine Dauerbeschäftigung und verzichtet damit inzident auf seinen besonderen Kündigungsschutz, unterschreibt einen Arbeitsvertrag bei einem neuen Arbeitgeber, der jedoch nicht vollzogen werden kann, da der Neue vorher insolvent wird. Dadurch wird A arbeitslos.

ME: Eine Sperrzeit kann dann nicht verhängt werden, wenn ein wichtiger Grund schuldausschließend zur Seite steht. Das scheint - nach dem mitgeteilten Sachverhalt - möglicherweise gegeben. Der Arbeitsvertrag (unbefristet notwendig!) war unterschrieben, die nathlose Anschlussbeschäftigung gegeben. Es wird bei näherer Befassung sicher auch darauf ankommen, was dem A über die wirtschaftliche Situation des Folgearbeitgebers bekannt war (oder bekannt sein hätte müssen). Diese Prüfung wird sicher eingehend sein müssen, da A als besonders geschütztes BR-Mitlied gekündigt hatte.

So weit

FKR

Hallo mit der BR-Arbeit hat das nichts zu tun. Allerdings wird ihn sein alter AG wohl als BR nicht wieder einstellen, es seie denn er war wohlgelitten. Dann kann man es versuchen, ist aber dann ein neuer Vertrag. Einen Rücktritt von der Kündigung gibt es nicht.

Bei der Agentur für Arbeit kann eigetlich nichts schlimmes rauskommen, wenn:

  1. ein Arbeitsvertrag mit dem neuen AG vorhanden ist
  2. ein verbindlicher Schrieb mit dem Konkurs des neuen AG vorliegt

Der AN hat sich nichts zuschulden kommen lassen. Der reine Wechsel der Arbeitsstelle kann nicht negativ ausgelegt werden. Das der neue AG pleite geht, hat er nicht zu verantworten.

Also einfach Arbeitsvertrag und Insolvenznachweis hinschicken.

Mit Sperre wir nur belegt, wer fahrlässig oder absichtlich seinen Arbeitsplatz aufgibt. Das ist hier nicht ersichtlich.

Schönen Gruß

Hallo,
meines Erachtens hat die Tätigkeit als Betriebsrat keinen Einfluss auf die Sperrfrist. Das kann ich allerdings nicht belegen.

Hallo,

Meine Frage ist was passiert wenn ein Angehöriger eines
Betriebsrats während seiner aktiven Betriebsrattätigkeit
selber kündigt und anschließend arbeitslos ist. Was für eine Sperrzeit entsteht dann?

Meines Erachtens hat er Anspruch auf Arbeitslosengeld. Er hatte ja eine neue Stelle, kann sie nur nicht antreten, da die Firma insolvent ist. Eine Sperrzeit müßte er nicht bekommen. Er braucht allerdings einen Nachweis von seinem neuen Arbeitgeber, daß er die Stelle aufgrund Insolvenz nicht antreten kann.

Hallo,

Danke für die ausführliche Antwort. Der Link zur Agentur für Arbeit ist hilfreich.

Ich werde es weitergeben…

Das wird meinen ehemaligen Kollegen helfen.

Lieber Gruss,

Silver

Hallo Holger,

Danke für die Antwort. Darf ich Dir noch eine weiterführende Frage stellen?
Was wäre wenn er den Arbeitsvertrag nicht hat.

Hätte dann sein Betriebsratsmandat eine Auswirkung? Wäre das „fahrlässig“?

Lieber Gruss,
Silver

Hallo,
gern geschehen,

vG

Hallo Silverwhale,

aus meiner Sicht hat die Betriebsratsätigkeit von Herrn A in dieser Konstellation keinen Einfluss auf die Sperrzeit.

Ich beziehe mich hierbei auf SGB III, § 144 Ruhen bei Sperrzeit: "Hat ein AN sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen *wichtigen Grund* zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit.
Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn

  1. der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst […] und dadurch vorsätzlich oder *grob* fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat.

Herr A kann sich natürlich jederzeit eine neue Beschäftigung suchen entsprechend beim alten Arbeitgeber kündigen.

Wichtig ist meines Erachtens der Punkt, ob zum Zeitpunkt der Kündigung eine Weiterbeschäftigung bei einem neuen Arbeitgeber möglich war…so in dem Sinne: ich habe gekündigt, weil ich (nachweislich) einen anderen Job sehr konkret in Aussicht habe.

Die Tatsache, dass Betrieb Y nach seiner Kündigung im Betrieb X und noch vor dem „echten“ Arbeitantritt insolvent wurde ändert daran nichts.

Herr A hat nicht *grob* fahrlässig gehandelt und schon gar nicht fahrlässig, denn für ihn war nicht absehbar, dass der Betrieb Y pleite geht.

Also sind nicht die Gründe für das Verhängen einer Sperrzeit gemäß SGB III gegeben.

Grüße,
dega :smile:

Hi Silver,

ja das ist es, das gibt eine Sperre.

Er hat damit einen besonders geschützen Job gekündigt und keinen Vertrag in der Hand.

Sperre ist nicht zu vermeiden.

Tut mir leid für ihn, sch… gelaufen. Allerdings auch etwas unbekümmert der Gute einen Job mit besonderem Kündigungsschutz ohne Anschlussvertrag in der TASCHE zu kündigen.

Schönen Gruß

Hallo,

das ist keine leichte Frage. Ich denke, es gibt Anspruch auf Arbeitslosemgeld, da die Arbeitslosigkeit nicht selbst verschuldet wurde. Wenn also ein Arbeitsvertrag mit dem neuen Unternehmen vorliegt, die Insolvenz nicht offensichtlich absehbar war, Kündigungsfristen eingehalten wurden, würde ich versuchen, das durchzusetzen. Also bei Ablehnung in Widerspruch etc… Ist die Person Geqerkschaftsmitglied, gibt es nicht nur Beratung (ich weiß nicht, ob so ein Fall schon vom Bundessozialgericht entschieden wurde), sondern auch kostenlosen Rechtsschutz.

Viele Grüße

Peter

Hallo,

nach meiner Meinung bekommt Herr A keine Sperrzeit da er ja nicht wußte, dass sein neuer AG in die Insovenz geht!!:

Grüße Bartpflanze