Hallo,
vermutlich könnte man diese debatte ewig weiterführen und sie
wird uns wohl auch noch lange weiterbegleiten.
Klar, sie ist ja auch notwendig und es wäre ja eher schade, wenn sie nicht geführt würde.
natürlich wird ein gentechniker nicht behaupten, sein mais sei
perfekt. mich interessiert aber in diesem zusammenhang sowieso
nicht sehr, was die wissenschaftler denken, was sie da tun.
Das verstehe ich nicht. Also die Wissenschaftler können einen noch so verantwortungsvollen Umgang mit Gentechnik betreiben und es interessiert dich nicht?
interessant ist doch der logische mechanismus hinter ihrem
tun, der nicht reflektiert wird. um es nochmal am beispiel des
maises zu verdeutlichen: ziel ist es, einen mais zu basteln,
der super angepasst ist. ob man das schafft, sei mal
dahin gestellt, aber es ist das ziel, am ende einen mais
aussäen zu können, dem keine fressfeinde etc. mehr etwas
anhaben können. in knappen worten: perfekt!
Es ist immer Ziel gewesen, „perfekte“ Dinge zu machen. In PC-Netzwerken wird die „perfekte Sicherheit“ angestrebt. Beim Auto die „100%ige Zuverlässigkeit“ usw.
Der Mensch wollte immer Perfektion. Aber er wird sie nie schaffen, weil es Perfektion nicht gibt. Ich finde, dass das nichts ist, was die Gentechnik auszeichnet. Und es ist IMO eher ein Beweis dafür, dass die Gefahr von „perfekten“ Lebewesen nicht gegeben ist. Erstens weil es diese nicht gibt und zweitens weil sich ihre Umwelt immer mit verändert.
natürliche anpassungsdruck auf die schädlinge, deren nahrung
nun rar wird, ist natürlich, eigenschaften zu entwickeln,
diesen mais wiederum angreifen zu können.
Das war schon immer so. Die ganze Evolution ist doch ein Wechselspiel zwischen der Entwicklung von Angriffsmöglichkeiten und der Entwicklung von diesbezüglichen Abwehrmöglichkeiten. Wer nicht in der Lage war, den Angriffen zu widerstehen, starb aus. Die Evolution ist eben ein hartes Geschäft.
ein wissenschaftler, dessen arbeitsgrundlage die evolutionären
mechanismen sind, sollte sich dessen - das hast du ja
geschrieben - klar sein. warum also die forschung in dieser
weise weiterbetreiben?
Wieso überhaupt eine Forschung weiterbetreiben? Wir werden nie etwas perfektes erreichen. Aber vielleicht etwas besseres???
Und darum gehts.
Schau dir mal z.B. Energie"erzeugung" an. Am Anfang wurde alles mit Kohle gemacht. Hat viele Nachteile. Dann kam die Kernenergie, die zwar klimafreundlich ist, aber dafür hohe Gefahren birgt. Jetzt arbeiten wir an Kernfusion und Solarzellen. Beides sind viel bessere Techniken, aber kein davon ist „perfekt“. Es geht immer besser. Perfekte Techniken wären die 100%ige Umwandlung von einer Energieart in eine andere, aber das ist unmöglich. Genauso wie das Perpetuum Mobile, das mehr oder weniger dasselbe macht, nämlich Energieumwandlung ohne Verlust.
warum nicht versuchen, einen kompromiss
mit der natur zu schließen, anzuerkennen, dass man es nie
schaffen wird, die natur endgültig zu beherrschen?
Tut man doch. Der Kompromiss ist die Evolution. Zur Evolution gehört aber auch, dass man sich ständig behaupten muss. Das gilt für uns Menschen genauso wie für die Pflanzen und die Schädlinge.
warum nicht
versuchen, stattdessen die vielfalt der maissorten zu fördern
und durch die diversifizierung auch vielfältige anpassungen an
verschiedenste lebensräume und schädlinge zu gewährleisten?
warum genmaterial anderer lebewesen verpflanzen und warum
nicht züchten?
Wo liegt der Unterschied in der Züchtung? Hier geht es doch jetzt nur darum, dass du das „widerlich“ findest, wenn Gene direkt verändert werden. Aber wo liegt der ethische Unterschied, wenn ich die Gene eben durch Züchtung indirekt - aber gezielt - verändere?
du bist aber ein optimist! lass dir mal von eltern behinderter
kinder erzählen, mit welchen reaktionen sie im alltag
konfrontiert sind und welche gedanken ihnen selbst durch den
kopf gingen, als sie wussten, sie würden ein behindertes kind
zur welt bringen.
Wieso? Habe ich irgendwas anderes behauptet? Ich sagte, dass behinderte Menschen in unserer Gesellschaft ein Teil sind, wie jeder andere auch. Behinderte haben es aber schwerer, nicht nur aufgrund ihrer Behinderung, sondern auch aufgrund von Vorurteilen irgendwelcher Id**t*n.
ich habe auch überhaupt nichts dagegen. ich finde auch die
forschung, behinderungen im mutterleib bereits festzustellen,
sinnvoll. ich bin auch überhaupt kein abtreibungsgegner. ich
bin nur der meinung, man muss auch behinderung als zum leben
gehörend akzeptieren und man muss ganz genau reflektieren, auf
welcher basis behinderung bekämpft wird.
Klar sollten behinderte Menschen akkzeptiert werden, aber die Gentechnik sagt doch nirgends, dass wir behinderte Menschen nicht mehr akkzeptieren sollen. Es könnte aber deutlich weniger behinderte Menschen geben, und das wäre doch nicht schlecht. Schließlich ist wohl weder der Behinderte gern behindert noch sind die Eltern glücklicher, wenn sie ein behindertes Kind haben.
Aber das lässt sich schließlich gesetzlich regeln.
ich würde nie nur auf gesetze vertrauen. auch das dritte reich
war ein rechtsstaat!
Nein, war er nicht.
Ein Rechtstaat muss 10 Prinzipien erfüllen:
- den Vorrang von Verfassung und Gesetz,
- den Vorbehalt des Gesetzes,
- die Gewaltenteilung,
- den Rechtsschutz gegenüber der öffentlichen Gewalt,
- den Anspruch auf rechtliches Gehör,
- den Anspruch auf den gesetzlichen Richter,
- den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit,
- die Bestimmtheit von Rechtsvorschriften,
- den Schutz des Vertrauens auf den Bestand von Gesetzen,
- die strafrechtlichen Rechtsgrundsätze des Schuldprinzips (Unschuldsvermutung)
Eigentlich hat das 3. Reich keinen einzigen Punkt erfüllt. Also das 3. Reich mit einem demokratischen Rechtsstaat zu vergleichen, ist wohl etwas daneben.
Wenn du nicht auf unser Grundgesetz und unsere demokratischen, rechtsstaatlichen Prinzipien vertraust, dann ist doch sowieso alles egal.
Was bringt dir, wenn das 4. Reich kommen sollte, die Ablehnung der Gentechnik? Gar nichts! In einem dikatorischen, absoluten und faschistoiden Staat spielt das alles keine Rolle mehr, weil du nämlich sowieso schon alle Freiheiten und Rechte aufgeben musst.
Also das als Argument gegen Gentechnik anzuführen, bringt wohl wirklich nichts.
ja, aber nur, weil sich mittlerweile ganze generationen an
diesen themen abarbeiten und sich immer wieder als ökologische
spinner bezeichnen lassen müssen oder anhören müssen, dass sie
an realitätsverlust (
) leiden…
dieses umweltbewußtsein ist in weiten teilen gegen den
herrschenden diskurs entwickelt worden. das bitte ich, nicht
aus den augen zu verlieren. das sind überhaupt keine
automatismen.
Sagt ja auch keiner. Aber man sieht, dass die Menscheit nicht nur blöd ist. Und sie wird auch einen verantwortungsvollen Umgang mit der Gentechnik finden. Und der wichtigste Fortschritt im Denken der Menschen ist ja, dass man sich zumindest schon mal mit den Folgen auseinandersetzt. Das hats vorher nicht gegeben, da war immer „Nach-mir-die-Sintflut“ angesagt. Von daher stehen IMO die Chancen auf einen verantwortungsbewußten Umgang mit Gentechnik eher gut.
mfg
deconstruct