Arzt ohne Promotion - versteh ich nicht

Hallo,

ich dachte eigentlich immer, jemand, der Medizin studiert, schließt mit der Promotion ab, will heißen, ein Arzt führt auch zwangsläufig (?) seinen Doktortitel mit.

Jetzt sehe ich aber immer wieder, sei es im Tel.buch, sei es am Hausschild oder sei es in der Datenbank der KVB, dass dort Ärzte auftauchen, die keinen Titel haben, also z.B. häufig welche, die wohl unter ihrem Namen „Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie“ schreiben, aber kein „Dr.“ vor ihrem Namen haben.

Da sie auch so in der Datenbank der KVB auftauchen, denke ich mal, dass das nicht eine „Sparfunktion“ im Tel.buch ist.

Wie ist das denn nun: geht das, „Facharzt“ zu sein, ohne promoviert zu haben?

danke für die Info.
mipiace

Hiho,

ich dachte eigentlich immer, jemand, der Medizin studiert,
schließt mit der Promotion ab, will heißen, ein Arzt führt
auch zwangsläufig (?) seinen Doktortitel mit.

Nö… Der Studi, der sich erfolgreich durch das Staatsexamen gekämpft und die Approbation erhalten hat, ist Arzt - im Volksmund ‚Herr Dokter‘ *g* - und ist somit berechtigt, den besagten Heilberuf höchst offiziell auszuüben. Wenn der Gutste zu faul/zu dämlich ist, eine gescheite Dissertation zu schreiben und dieselbige versiebt, ist er halt kein ‚Dr. med.‘ sondern zunächst einmal ‚einfach nur‘ Arzt.

Jetzt sehe ich aber immer wieder, sei es im Tel.buch, sei es
am Hausschild oder sei es in der Datenbank der KVB, dass dort
Ärzte auftauchen, die keinen Titel haben, also z.B. häufig
welche, die wohl unter ihrem Namen „Facharzt für Psychiatrie
und Psychotherapie“ schreiben, aber kein „Dr.“ vor ihrem Namen
haben.

Das eine schließt das andere nicht aus. Facharzt für Hastenichgesehen erfordert in der Tat nicht unbedingt den Titel ‚Dr. med.‘; es ist schlicht (wenn man es bei der Medizin überhaupt so ausdrücken kann) eine Weiterbildung. Das bedeutet noch mehr Semester und noch mehr Paukerei. Die Facharztausbildung setzt zwar keinen akademischen Titel, aber ein erfolgreich abgeschlossenes Medizinstudium und die Approbation voraus.

Alles klar?

Gruß

Renee

Hallo,
um als Mediziner deinen Doktor zu kriegen, musst du erfolgreich eine Doktorarbeitschreiben.
Das ist das ganze Geheimnis.
Liebe Grüsse

Hallo Annika,

ich dachte eigentlich immer, jemand, der Medizin studiert,
schließt mit der Promotion ab, will heißen, ein Arzt führt
auch zwangsläufig (?) seinen Doktortitel mit.

Falsch gedacht :smile: Jeder, der erfolgreich Medizin studiert, schliesst mit dem dritten Staatsexamen ab, und ist damit Arzt. Punkt.

Die Facharztausbildung ist noch wieder was anderes, sie macht aus einem einfachen Arzt eben einen Facharzt - Ärzte ohne Facharzt hiessen früher „prakt. Arzt“, davon sieht man hin und wieder mal noch welche. Neuerdings ist es jedoch so, daß man, um sich niederlassen zu können, einen Facharzt machen MUSS - der „leichteste“ ist dann eben der Facharzt für Allgemeinmedizin.
Aber auch ohne Facharzt kann man als Arzt arbeiten, z.B. im Krankenhaus, in der Forschung, als Fachjournalist oder schlimmstenfalls als Pharmavertreter.

Der Doktortitel kann wie in jedem anderen Fach mittels Doktorarbeit erworben werden, muß aber nicht. Wobei zu bemerken ist, daß Mediziner ihren Doktortitel im Zweifelsfall(!) hinterhergeworfen bekommen - der „Wert“ ist also nicht unbedingt mit bspw. einem Doktor der Physik gleichzusetzen. Das sieht man schon daran, daß in jedem anderen Fach eine Doktorarbeit erst dann beginnen kann, wenn man das Diplom erworben hat, bei den Mediziniern hingegen kann man damit schon vor dem Physikum anfangen, kann also Doktor sein, bevor man Arzt ist.

Gruß,

Malte.

Hi Malte,

Der Doktortitel kann wie in jedem anderen Fach mittels
Doktorarbeit erworben werden, muß aber nicht. Wobei zu
bemerken ist, daß Mediziner ihren Doktortitel im
Zweifelsfall(!) hinterhergeworfen bekommen

Na ja, das höchstens, wenn Papi 'ne Privatklinik leitet und Junior den Schuppen mal übernehmen soll… :wink: Mir hat ein Ex-Chef mal bei einem Zigarettchen erzählt, daß er schlicht nicht den geringsten Bock hatte, sich mit an der Doktorarbeit einen Wolf zu kritzeln und da er ohnehin keine Habilitation anstrebte, ging es ihm der Titel am Allerwertesten vorbei. Also hat er nur seinen FA für innere Medizin gemacht und fertig - war ein toller Arzt gewesen.

  • der „Wert“ ist
    also nicht unbedingt mit bspw. einem Doktor der Physik
    gleichzusetzen.

Da hast Du Recht, wenn auch unter einem anderen Gesichtspunkt: der Dr.-Titel in der Medizin sagt nicht das Geringste über Deine Qualität als Human mediziner aus. Da kannst Du Dir meinethalber drei Dr.-Titel in das güldene Praxisschild meißeln lassen, wenn Du menschlich eine ausgemachte Drecksau bist, wird Dir kein Dr.-Titel dieser Welt etwas bringen. Solche Ärzte sollten möglichst in die Forschung gehen.

Gruß

Renee

Hi Malte,

Der Doktortitel kann wie in jedem anderen Fach mittels
Doktorarbeit erworben werden, muß aber nicht. Wobei zu
bemerken ist, daß Mediziner ihren Doktortitel im
Zweifelsfall(!) hinterhergeworfen bekommen

Na ja, das höchstens, wenn Papi 'ne Privatklinik leitet
und Junior den Schuppen mal übernehmen soll… :wink:

Ich meinte das so, daß der Aufwand einer medizinischen Doktorarbeit meistens(!) nicht mit dem einer bspw. naturwissenschaftlichen (andere Bereiche kenne ich nicht) nicht vergleichbar ist. Ingenieure promovieren mindestens drei Jahre Vollzeit, der Mediziner macht das mal eben nebenbei.

Da hast Du Recht, wenn auch unter einem anderen Gesichtspunkt:
der Dr.-Titel in der Medizin sagt nicht das Geringste über
Deine Qualität als Human mediziner aus.

Das kommt noch dazu, ist aber ein ganz anderes Thema. In fast allen Berufen die mit Menschen besonders zu tun haben wird charakterliche Eignung leider nicht abgeprüft.

Gruß,

Malte.

Zusatzinfo - Österreich
Hallo,
In Österreich war das Medizinstudium das einzige Studium, bei dem es nach erfolgreich bestandener letzter Prüfung automatisch den Doktortitel gab, ohne dass man eine Dissertation schreiben musste.
Nach dem neuen Studienplan ist dies - soviel ich weiß - aber nicht mehr so.
Gruß
Irene

Hi,

ich muss Malte da lautstark recht geben.
Eine medizinische Doktorarbeit ist vom Aufwand her ein Klacks, verglichen mit Natur- und vielen Ingenieurswissenschaften.
Damit möchte ich aber nicht den Wert eines Medizinstudiums herunterspielen.
Es zeigt jedoch, dass der Unterschied Arzt mit oder ohne Diktortitel eher marginal ist.
Gruss,

Österreich ist eh ein Sonderfall… :wink:
Hallo Irene,

von dem Kuriosum Medizinstudium = Dr. med. abgesehen:

bei Euch wird ja ohnehin quasi praktisch sozusagen jeder, der Uni-Luft geschnuppert hat, mit ‚Herr Dr.‘ oder ‚Herr Magister‘ angeredet. Diese Titelreiterei kann einem auch ganz schön auf den Keks gehen.

Nichts für Ungut & Gruß

Renee

Medizinische Qualität? - Titel ‚verlieren‘?
Hallo an alle,

ahaaa, dann seh ich schon klarer. Danke für die Aufklärung.

Hätte aber noch zwei Fragen:

  • kann man also sagen, dass ein fehlender Dr.-Titel NICHTS über die MEDIZINISCHE Qualität (nicht menschlich) eines Arztes aussagt?

  • wie kann es sein, dass eine Ärztin für Psychiatrie erst auf ihrem Praxisschild ein „Dr. XY - Psychiatrie und Psychotherapie“ stehen hat und auf einmal steht da nur noch „Vor- und Nachname - Psychiatrie und Psychotherapie“ auf dem neuen Schild, ohne „Dr.“?

Kann man seinen Dr.-Titel „verlieren“?

Praktizieren tut sie aber weiterhin. Komisch …

mipiace

Hallo,

hier in Ostdeutschland gibt es sehr viele Diplommediziner, die nicht promoviert sind, weil man das nicht von ihnen erwartete. Es ist also unter gewissen Umständen sogar üblich, weil die medizinische Doktorarbeit unnötig Zeit kostet (weil nur dem Renommee dienend).

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hi,

Kann man seinen Dr.-Titel „verlieren“?

wenn man ihn nicht rechtmäßig erworben hat (hat 'n anderer geschrieben) vermutlich schon.

J~

Moin,

meine Vorredner haben schon alles gesagt, trotzdem mag ich noch kurz was „praktisches“ dazu schreiben :wink:

Meine Allgemeinmedizinerin hat auch keinen Dr. Titel. Sie war während ihres Studiums schon verheiratet und hatte ebenfalls schon nen Kind - da blieb keine Zeit mehr für ne Dissertation. Menschlich wie fachlich ist sie jedoch höchst kompetent und ich bin froh, daß sie sich niederlassen konnte und praktiziert :wink:

Lieben Gruß,
Julia, die sich bei ihrer einfachen Ärztin verdammt gut aufgehoben fühlt *ggg*

Kleine Korrekturen
Hallo Malte
Wobei zu

bemerken ist, daß Mediziner ihren Doktortitel im
Zweifelsfall(!) hinterhergeworfen bekommen - der „Wert“ ist
also nicht unbedingt mit bspw. einem Doktor der Physik
gleichzusetzen. Das sieht man schon daran, daß in jedem
anderen Fach eine Doktorarbeit erst dann beginnen kann, wenn
man das Diplom erworben hat, bei den Mediziniern hingegen kann
man damit schon vor dem Physikum anfangen, kann also Doktor
sein, bevor man Arzt ist.

  1. Wenn es so einfach wäre, würden sich nicht so viele Mediziner jahrelang mit einer wissenschaftlichen Arbeit abmühen (ich habe von 1978 bis 1984 an meiner Diss gearbeitet), und viele würden nicht davor zurückschrecken bzw. gibt es auch viele, die sie nicht abschließen.
  2. Man kann die Dr-Arbeit zwar früh anfangen, aber eben nicht Doktor sein, bevor man Arzt ist. Man muss alle Staatsexamina bestanden haben und sich sogar exmatrikuliert haben, bevor man sich dem End-Ablauf der Promotion (Einreichung der Arbeit, Warten,bis auch Korreferent,also zweiter Prof- sie gelesen und benotet hat, dann drei mündliche Doktor-Prüfungen) unterziehen kann.
    Ganz so lcker ist der Zeitplan dann schließlich auch nicht: Ich habe von Sommersemester 1971 bis 74 Psychologie studiert, dann Wechsel zur Medizin. Medizinstudium 1975 bis 1981. Approbation als Arzt 1981 und dann als Arzt angefangen zu arbeiten, aber noch lange nicht zuende mit der Dr-Arbeit. Es war eben eine experimentelle UND theoretische. Die Untersuchungen dauerten halt. 1984 war ich dann fertig. Die letzte mündliche Dr-Prüfung fand, wenn ich mich recht erinnere, am 10.Januar 1985 statt. Ich war also erst am 10.1.85 Doktor der Medizin, bwohlich schon lange Arzt war.
    Es grüßt Dich
    Branden

Hi Branden,

  1. Wenn es so einfach wäre, würden sich nicht so viele
    Mediziner jahrelang mit einer wissenschaftlichen Arbeit
    abmühen (ich habe von 1978 bis 1984 an meiner Diss
    gearbeitet), und viele würden nicht davor zurückschrecken bzw.
    gibt es auch viele, die sie nicht abschließen.

Das hängt davon ab, was Du willst. Wenn Du Karriere machen willst, kannste natürlich nicht mit ner einfachen empirischen Arbeit kommen. Aber es ist definitiv so, daß man sich den Doktortitel sehr leicht machen _kann_ - ich hab sowas selbst mehrfach mitbekommen.

  1. Man kann die Dr-Arbeit zwar früh anfangen, aber eben nicht
    Doktor sein, bevor man Arzt ist.

Man bekommt den Titel natürlich nicht, aber man kann quasi alles in trockenen Tüchern haben. Um es mal wieder mit den Ingenieuren zu vergleichen: Die durchschnittliche Studiendauer ist ähnlich, aber den Doktor bekommst Du erst so drei Jahre nach dem Diplom. Als Mediziner kannst Du den quasi mit dem dritten StEx bekommen.

Es war eben eine experimentelle UND theoretische. Die
Untersuchungen dauerten halt. 1984 war ich dann fertig. Die
letzte mündliche Dr-Prüfung fand, wenn ich mich recht
erinnere, am 10.Januar 1985 statt. Ich war also erst am
10.1.85 Doktor der Medizin, bwohlich schon lange Arzt war.

Ich sag ja gar nicht, daß _alle_ das so lulu machen wie ich beschrieb, aber es ist eben möglich, sich da so durchzuwurschteln. Ne Freundin von mir macht das so halb: Zwar macht sie eine durchaus anspruchsvolle Doktorarbeit im Bereich Krebsforschung, aber sie hat damit noch vor dem Physikum angefangen, hat ihre Versuche mittlerweile (vor dem 2. StEx) abgeschlossen und wird nach dem dritten nicht mehr viel zu tun haben außer den Formalia wie von Dir beschrieben.

Gruß,

Malte.

Hallo,

Hätte aber noch zwei Fragen:

  • kann man also sagen, dass ein fehlender Dr.-Titel NICHTS
    über die MEDIZINISCHE Qualität (nicht menschlich) eines Arztes
    aussagt?

So isses - mein früherer ZAHNarzt hatte mit einer Arbeit über Dormen von Blutkörperchen promoviert (vereinfacht ausgedrückt). Nun sag mir mal, wie sehr das seine Qualitäten als Zahnarzt verbessert hat?

Er selbst hat es auch als reine Fleißarbeit bezeichnet, weil ein Dr. sich halt besser anguckt…

Wendy

Hallo Malte,

Wenn Du Karriere machen willst, kannste natürlich nicht mit ner
einfachen empirischen Arbeit kommen.

nur zur Ergänzung: Möglich ist z. B. auch ein (medizin-)historisches Thema (ich kenne mehrere Fälle), nicht nur ein empirisches. Und es gibt durchaus auch empirische Arbeiten, die eben nicht „einfach“ sind, genauso wie es historische Arbeiten gibt, die wertvoll sind.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hallo Renee,

du hast die Frau Bahnhofsvorsteherwitwe vergessen :smile:
…ist doch nett - was glaubst, wieviel man mit einem „bitt schön, Frau Dokta“ ausdrücken kann, ganz subtil.
Als gelernter Österreicher würde mir schon was abgehen, gäbe es plötzlich keine Titel mehr. :smile:

Gruß
I.

Hallo,

der Dipl-Med. war im Osten übrigens die Voraussetzung dafür, dass man eine Doktorarbeit schreiben durfte. Man hat also eine Arbeit geschrieben, die im Niveau der jetzigen Doktorarbeit gleichkam und bekam dann mit Studienabschluss den Dipl.-Med.
Nur mit dem Abschluss konnte man eine Doktorarbeit, die meistens erheblich aufwendiger war, beginnen. In den meisten Fällen musste diese „zweite Promotion“ neben der Arbeit erledigt werden. Da ist es doch verständlich, dass viele auf den Streß verzichteten. Nach dem Studium war ja auch die Zeit heran, dass man sich ein wenig um seine Familie kümmert.

Dr. J. Sauer

Hallo,

Der Doktortitel kann wie in jedem anderen Fach mittels
Doktorarbeit erworben werden, muß aber nicht. Wobei zu
bemerken ist, daß Mediziner ihren Doktortitel im
Zweifelsfall(!) hinterhergeworfen bekommen - der „Wert“ ist
also nicht unbedingt mit bspw. einem Doktor der Physik
gleichzusetzen. Das sieht man schon daran, daß in jedem
anderen Fach eine Doktorarbeit erst dann beginnen kann, wenn
man das Diplom erworben hat, bei den Mediziniern hingegen kann
man damit schon vor dem Physikum anfangen, kann also Doktor
sein, bevor man Arzt ist.

Prinzipiell stimmt es dass die Doktorarbeit in der Medizin weniger Arbeit erfordert, als in den anderen Wissenschaften. Aber ich finde Ihre Wortwahl nicht glücklich. Dass eine Doktorarbeit „hinterhergeworfen“ wird ist nämlich auch im Zweifelsfall nicht üblich. In allen medizinischen Doktorarbeiten steckt eine Menge Arbeit, auch dann wenn „nur“ Daten oder Literatur zusammengefasst werden. Im Gegensatz zu anderen Wissenschaften muss die medizische Doktorarbeit neben Studium, neben der Arbeit oder neben anderer wissenschaftlicher Tätigkeit erledigt werden. Es gibt (fast)keine Doktorandenstellen, keine (wenn auch schlechte) Bezahlung wie in den Naturwissenschaften. Es liegen also komplett andere Voraussetzungen vor. Das bitte ich zu beachten, bevor hier die Doktorarbeiten der Mediziner als „hinterhergeworfen“ abqualifiziert werden.
Und ausserdem: erst mal selber machen.
Gruß

Dipl.-Med. und Dr. med. J. Sauer

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