Meine grundsätzlichen Einwände
Hallo Enno,
danke für deine sehr interessanten Ausführungen, aber ich habe natürlich
etwas dazu zu sagen.
ich sehe einen anderen kritischen Punkt - das
umgangssprachliche Argumentieren trotz Änderung der zugrunde
liegenden Logik.
Ich denke, dass es sich im Prinzip um den gleichen Kritikpunkt handelt, denn die parakonsistenten Logiken gehen eben so vor, dass sie die Grundsätze wahlweise negieren und also den Bezug zur Wirklichkeit im Ansatz schon kappen. Das kann man machen, denke ich, wenn man sich Dieser Handlungsweise und der dazugehörenden Folgen immer bewusst bleibt. Aber man darf nicht behaupten, dass man damit die Wirklichkeit trifft, es sei denn, man definiert „Wirklichkeit“ einfach anders:
Das hängt vom Modell der Wirklichkeit ab.
Das wäre dann aber ungefähr so, als würde ich einen Affen über die Straße laufen sehen und daraus nicht etwa schließen, dass ein Affe entflohen ist, sondern umgekehrt behaupten, es sei gar kein Affe (weil es den eben auf Straßen nicht gibt). Vielleicht bin ich ja zu sehr im Konstruktivismus (Erlanger Schule) aufgewachsen, aber mir scheint das evident zu sein.
Für Quantenphysik existiert z.B. die Quantenlogik, in der sich angeblich Eigenheiten der Quantenphysik besser logisch wiedergespiegeln
Genau: Es handelt sich um ein Beschreibung smodell, nicht um die Wirklichkeit. Die Kopenhagener Deutung der Quantentheorie (Bohr) hat nämlich genau diesen Fehler gemacht, zu behaupten, dass es sich nicht bloß Erkenntnis probleme handelt, sondern dass die Welt so sei. Das ist die eigentlich methodisch falsche Vorgehensweise der Ontologisierung, die merkwürdigerweise deren Vertreter immer den anderen vorwerfen. Wenn etwa der von Frank so gern herangezogene Engels sich gegen Ontologie wendet, dann übersieht er, dass gerade er selbst die Dialektik erst genau auf diese falsche Weise gewendet hat. Der ebenfalls von Frank herangezogene Gotthard Günther macht es genauso, jetzt eben mit der modernen Physik.
Oder evtl. … man folgt dem Intuitionismus und
ordnet Aussagen statt Wahrheitswerten Konstruktionen eben
dieser Aussagen zu bzw. etwas breiter gedacht identifiziert
Objekte mit ihren Konstruktionen und betrachtet sie überhaupt
nur als existent, wenn sie konstruierbar sind (also eine
Konstruktion für sie existiert).
Das trifft nur die Formen des radikalen Konstruktivismus (Watzlawick etc.), nicht aber den methodischen Konstruktivismus (Lorenzen, Janich).
Klassische Logik ist zwar das
allgemeinhin gewohnte, zielt aber mehrheitlich an der
Wirklichkeit vorbei
.
Entscheidend ist, dass alle diese Logiken auf der formalen Logik aufbauen, indem sie nämlich deren Grundsätze anzweifeln. Wie gesagt, das ist nicht falsch, wenn man die Folgen immer im Sinn hat. Aber gerade diese Logiken vergessen eben gerne, dass sie die aristotelische Logik immer schon voraussetzen - und dass sie jeden Schritt weg von der formalen Logik begründen müssten.
Da reichen keine bloßen Analogien (Engels), Rückgriffe auf mehrwertige Logiken (Jaskowski, Lukasiewicz) oder dialektische Konstukte (G. Günther, G. Klaus). Im letzteren Fall ist es besonders auffällig, weil die Entwicklungsgesetze (die ja als solche gar nicht falsch sind) einfach per Diktum von der formalen Logik abgekoppelt werden. Man nimmt einfach an, dass es so ist, und dann schaut man auf analogische Weise aus nach Beispielen, wo es anscheinend zutrifft. Und daraus schließßt man das zurück darauf, dass es überall so sein muss.
Das ist schlicht ein methodischer Fehler, auf dem ich insbesondere deswegen so beharre, weil der Histomat als Sondervariante des Diamat so haarsträubende Folgen für das Denken hat. Und hier sehe ich auch eine Verbindung zwischen der Vorgehensweise des Wiener Kreises und dem dialektischen Materialismus, obwohl beide eigentlich gar nichts miteinander zu tun haben.
Herzliche Grüße
Thomas Miller