Hi Martin!
du raffst auch nicht was ich gemeint habe oder
Kommunikation ist eine Sache von Empfänger und Sender. Dein Ausgangsposting war ein kurzer Artikel mit so fundierten Aussagen wie „Nuuuur Backfische“. Ich kann nur das alte Paradox hervorziehen, das da lautet: „Alle Verallgemeinerungen sind Quatsch!“
falsch, der mensch hebt sich vom Tier ab weil er aus eigener und fremder Erfahrung lernt !
Falsch? Sorry, aber Du erscheinst mir nicht als kompetent, eine so apodiktische Aussage zu treffen. Ich denke, dass eigene Erfahrung wesentlich wertvoller ist als fremde, berichtete Erfahrung, die sich ohnehin nie 1:1 übertragen lässt. Erzähl mir nicht, dass es Dich nicht angekotzt hat, wenn Dich Deine Eltern „bevormunden“ wollten, obwohl Du meintest, Dir könne ja nichts passieren beim Ausprobieren.
Schau dir mal die sozialen Umgänge früher und jetzt an.
Die mediale Präsenz von Extremfällen spielt bei diesem Eindruck eine extrem große Rolle. Dass so ein Fall wie „Mehmet“ alias Muhlis A. derartige Bekanntheit erlangt, wäre in den 50er Jahren überhaupt nicht möglich gewesen:
„Gestern gegen 11 Uhr am Münchner Flughafen: Der 15-jährige Muhlis A. alias ‚Mehmet’ kommt lachend aus einer Boeing 737 […]. Fotografen und Kameramänner stehen mit ihren Teleobjektiven da. Dem 15-Jährigen bleibt nur die Zeit auf der Treppe für seinen Auftritt. Aber so kurz sie auch ist, er nutzt sie: Er hebt den Arm und winkt. Auch seinen Abflug in Istanbul hatte er fernsehgerecht zelebriert.“
(Quelle: Süddeutsche vom 02.03.2000)
Heute gehen Mädchen mit 14 in den Jugendknast.
Klar das manche ihren Weg wieder finden.
Aber es gibt dutzende Die das nicht können.
Das ist richtig, aber ich habe zurzeit keine Informationen, die eindeutig belegen, dass vor allem bei schweren Straftaten, und nur diese ziehen „Jugendknast“ nach sich, ein starker Anstieg stattgefunden hat:
„Als Ursache für die geschilderten Entwicklungen – häufigere und frühere Verurteilung zu unbedingter Jugendstrafe – wird, zumal in Massenmedien, gerne auf die steigende Jugendkriminalität bzw. zunehmende Jugendgewalt verwiesen. Freilich ist keineswegs sicher, dass „die Jugendkriminalität“ – gemeint ist wohl die polizeilich registrierte Jugendkriminalität – in letzter Zeit ständig steigt. Die polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) hat für die Jugendkriminalität insgesamt in den letzten Jahren keine bedeutenden Anstiege, zum Teil sogar Rückgänge, verzeichnet. Außerdem ist der Jugendstrafvollzug eben nicht für „die Jugendkriminalität“ insgesamt zuständig, sondern nur für einen sehr kleinen Teil derselben, nämlich diejenige Jugendkriminalität, auf die mit Jugendstrafe ohne Bewährung reagiert wird. Das betraf z.B. im Jahr 1996 nur 4,2 % aller jugendrichterlichen Sanktionen. Ob es genau in diesem Bereich schwerer Jugendkriminalität in den Jahren des Belegungsanstiegs Steigerungen gegeben hat, ist unsicher.
(Quelle: http://www.google.de/search?q=cache:gW9S0cw9cisJ:www…; Hervorhebung von mir)
Wie Du siehst, ist das Problem deutlich vielschichtiger. Es ist nicht richtig, dass „die Jugendlichen“ immer früher kriminell und immer brutaler werden:
„Steht der gewaltigen Zunahme der Gefangenenziffer, insbesondere der Verdreifachung bei den unter 18-jährigen Jugendstrafgefangenen, keine auch nur annähernd entsprechende Steigerung der registrierten (schweren) Jugendkriminalität gegenüber, so bleibt die Erklärung, die (Gewalt-)Taten der Jugendlichen seien in letzter Zeit immer brutaler geworden. Pfeiffer und Wetzels konnten in ihren Untersuchungen dies empirisch jedoch nicht bestätigen. Sie stellten fest, dass die polizeilich registrierten Gewalttaten in den letzten Jahren nicht brutaler geworden sind. Nach ihren Daten hat die durchschnittliche Deliktsschwere sogar erheblich abgenommen.“
(Quelle wie oben; Hervorhebung von mir)
Das erwarte ich von keinem. Deine Aussage ist ja wohl für die Katz.
Ich kann nicht nachvollziehen, dass Du mir Blindheit für soziale Realitäten vorwirfst und selbst noch nicht mitbekommen hast, wie Pubertierende Gleichaltrige und Erwachsene beleidigen – aus purer Lust zur Provokation.
Erstens Moral hat auch was mit Anstand zu tun.
Das sind alles relative Begriffe. Was ist Anstand? Ist es anständig, wenn eine Hure im biederen Strickjäckchen und in langer Hose geht, um es den ganzen Abend lang für Geld mit Männern zu treiben, und unständig, wenn eine 14-Jährige einen superkurzen Minirock und ein tief ausgeschnittnes rosa Top trägt? Das wäre eine Extra-Diskussion wert, was eigentlich Anstand ist und was er zu tun hat mit der äußeren Darstellung der Person. Ich meine, es gibt mehr 13 oder 14-Jährige als man denkt, die sich völlig im Klaren darüber sind, dass sie ihren Freund gar nicht wirklich lieben oder ihren Minirock gar nicht wirklich schick finden, aber damit vortrefflich angeben und reizen können. Erfolgreich, wie man immer wieder sieht.
Zweitens Try´n Error … FALSCH. so ein blödsinn echt.
Schon wieder falsch? Hei-ei-ei, 's ist ein Drama.
Jeder mensch soll also den selben fehler machen ? Das jeder es als Felsch erkennt.
Auch hier muss man Fallunterscheidungen treffen: Natürlich muss ich nicht erst an der Nadel gehangen haben, um meinen Kindern sagen zu können, dass harte Drogen nichts Empfehlenswertes sind. In manchen Punkten, und ich habe hier unter anderem von der Liebe gesprochen, ist es meines Erachtens durchaus vertretbar, Trial & Error als Prinzip anzuwenden. Ich gehe davon aus, dass heute wie gestern ein nahezu identischer Teil der Pubertierenden in einer angenehmen, liebevollen Atmosphäre aufwächst, in der sie von Eltern und Freunden bei Misserfolgen aufgefangen werden. Ich würde eher vermuten, dass der Teil der Familien, in denen offenes Gespräch über Liebe und Sex, also auch die Möglichkeit, aufgeklärt und unterstützt zu werden, besteht, gestiegen ist.
Und jetzt noch eins.
Geh mal einen Tag auf den Bahnhof Zoo in Berlin.
Schau dir das genau an und dann weißt du was ich meine !!!
Das ist ein Extrembeispiel, das ich leider nur aus dem Fernsehen kenne. Wenn ich (mal wieder, das letzte Mal ist lange her) in Berlin bin, werde ich sehen, dass ich dort vorbeikomme – einfach, um ein paar Eindrücke zu sammeln. Dennoch: Du kannst auch in ein Frankfurter Villenviertel oder nach Marienhöhe oder Bogenhausen fahren und Dich umschauen. Wenn Du dort so absolute Beobachtungen machst wie am Bahnhof Zoo, kannst Du auch die Zukunft der deutschen Gesellschaft für längst in trockenen Tüchern erklären. Beides ist Quatsch – sowohl, dass alles verrottet, als auch, dass alles golden glänzt.
Abschließend möchte ich Dich bitten, da Du ja von Deiner Position nicht abzuweichen bereit bist, was völlig OK ist, etwas konkreter zu werden. Ich habe drei Fragen:
- Wer ist Deiner Meinung nach schuld an dieser Situation?
- Wie können wir die Entwicklung umkehren?
- Was spricht dagegen, dass die frechen und wilden Jugendlichen nicht eine harmlose, temporäre Erscheinung sind?
Dies sind keine rhetorischen, sondern ernst gemeinte Fragen.
Beste Grüße!
Christopher