Hallo Jürgen,
meine Antwort ist ein wenig länger geworden. Ich hoffe, Du hast etwas Zeit mitgebracht.
das was Karin da schrieb, habe ich soeben bei Frontal 21 im
ZDF gesehen.
Ich auch.
Und ganz so einfach, wie Du es schreibst, ist es doch nicht.
Jetzt sind wir ein bißchen (!) schlauer.
Wie zu erwarten ist die Zahl der offenen Fragen mitgewachsen.
Eine war zu 12% überlastet, die andere zu 19%.
In dem päsentierten Gutachten war die Rede von Kräften, die um diese Beträge über den Annahmen lagen. Um das zu bewerten, muß man mehr wissen über die Lastspitzen, ihre Charakteristik, Häufigkeit usw. Bei der Dimensionierung werden auch hierzu Annahmen getroffen und in Sicherheitszuschläge umgesetzt.
Das Ganze spielte sich im Jahr 2004 ab. Genug Zeit zum
Reagieren.
Kennst Du denn die Reaktion? Seit Eschede weiß jeder, der auch nur entfernt mit Betriebssicherheit befaßt ist, wie schnell der Staatsanwalt in der Tür stehen kann. Ich wage nicht zu behaupten, daß dieses Gutachten unkommentiert in einer Schublade verschwunden ist. Wir wissen nicht, wie und von wem sein Inhalt bewertet worden ist. Wir wissen nur, daß die Bewertung zu einem anderen Ergebnis gekommen ist als die Verfasser des Gutachtens.
Das man es nicht getan hat, hängt sehr wohl damit
zusammen, Kosten für die Bahn zu sparen um den Börsengang
attraktiver zu machen.
Ach ja? Du bist ja wirklich gut informiert!
Unabhängig davon stellte die BAM fest, dass Einschlüsse im
Material zu weiterem Versagen führen könnte.
Jetzt kommen wir dem Knackepunkt schon etwas näher. Einschlüsse, Lunker, Kerben und Kratzer an der Oberfläche sind die typischen Auslöser für lokale Spannungsspitzen und folgende Dauerbrüche. Ob am Ende ein Dauerbruch oder Materialermüdung oder beides zu dem Achsbruch geführt hat, ist angesichts des Zustands der Bruchstelle wohl nicht mehr einwandfrei festzustellen.
Die Achsen, und das ist wichtig, werden nach An- und Vorgaben
der Bahn hergestellt.
Betreffen diese Vorgaben auch die Dimensionierung? Das würde ich doch gerne irgendwo mal nachlesen, bevor ich darüber rede.
Da ist es nur Augenwischerei, wenn Herr
Mehdorn heute versucht, den schwarzen Peter den Herstellern
zuzuschieben.
Die Festigkeitsberechnungen macht die Industrie, nicht die Bahn. Wenn sich dabei herausstellt, daß die Vorgaben der Bahn (welche auch immer) nicht zu realisieren sind, muß der Auftragnehmer Laut geben. Tut er das nicht, übernimmt er die Verantwortung. Oder rechnest Du die Lagerung der Trommel Deiner Waschmaschine nach?
In Frankreich z.B. sind die Zugachsen 20% dicker als beim ICE.
Das sagt alleine gar nichts. Da muß man die Charakteristik des Stahls, die Formgebung und den Herstellungsprozeß mit betrachten.
Dass es jetzt so knüppeldick kommt, ist das Versäumnis und das
Nichtreagieren aus 2004.
s.o.
Damals hätte man noch einen ICE nach dem anderen prüfen
können.
Erst jetzt, nachdem es ein Wiederholungsfall ist, muss die
Bahn alle Züge auf einmal überprüfen.
Jetzt setzt das EBA das Untersuchungsintervall von 300.000km auf 30.000km herunter. Das ist nicht nur Sicherheitsdenken, das hat schon etwas mit Panik zu tun, denn zu den 300.000 km hat das EBA ja auch mal genickt.
Und die Anzeige der Experten hängt damit zusammen, dass die
Bahn, sprich Herr Mehdorn, auf die Untersuchungsergebnisse von
2004 NICHT reagiert hat.
s.o.
Deine Argumente ziehen also nicht.
Lasse ich mal so nicht stehen.
Es gibt bei technischen Systemen keine absolute Sicherheit,
ein Restrisiko ist immer vorhanden.
Das ist soweit richtig, wenn auch eine immer wiederkehrende
Prüfung das Restrisiko deutlich reduziert. Dein Auto muss doch
auch alle zwei Jahre, unabhängig von den gefahrenen Kilometern
zum TÜV.
Nicht erst seit dem
Unglück von Eschede muß sich die Bahn aber irgendeinen Vorwurf
gefallen lassen, sie sei mit dem Thema Sicherheit schlampig
umgegangen,
Wie sich hier herausstellte, hat die Bahn beim Thema
Sicherheit das Restrisiko ganz bewusst in Kauf genommen.
Den Nachweis bist Du noch schuldig.
auch und schon gar nicht nicht wegen knapper
Kasse.
Nein, die Kassen mussten ja wegen des geplanten Börsenganges
gefüllt werden.
Außerdem ist die Sicherheit DIE Sicherung der Position auf dem
Verkehrmarkt, die schließlich Voraussetzung ist für einen
erfolgreichen Börsengang.
Scheint nicht ganz so zu sein.
Die Sicherheit ist ein starkes Verkaufsargument mit direkter Wirkung auf die Ertragsseite eines Unternehmens, also schon börsenrelevant.
Die Stellung von Transnet zur geplanten Privatisierung,
scheint inzwischen auch noch unglaubwürdiger zu werden.
Weiss jetzt nicht, was Du damit meinst.
War Karins Aussage.
Dazu sage ich nichts - das soll genügen.
Bleibt meine Aussage.
Eines habe ich, etwas Off Topic, noch zu sagen: Herr Mehdorn
hat sich furchtbar beschwert, dass die Bonuszahlungen an den
Bahnvorstand öffentlich verbreitet wurden.
Daß er sich beschwert, ist i.O. Das wird im AR entschieden und ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Wer da plaudert, verfolgt damit ein eigenes Ziel. Das würde mich auch stören, zumal wenn es einer tut, der den Beschuß von sich selbst ablenken will.
Die Boni ansich sind sicherlich mit dem Berufsethos von weit mehr als 100.000 aktiven Bahnern und den x Pensionären nicht vereinbar. Das offensichtliche Fehlen dieser Erkenntnis beschränkt sich aber wohl nicht auf den Vorstand.
Gruß
Cassius