Eine magische Formel, die im 19. Jhdt. zur Linderung von Schmerzen angewandt wurde, enthält folgenden Passus:
„Unser Herr Jes. Christ hat viele hat viele Beulen u. Wunden gehabt und doch keine verbunden; sie ähren nicht, sie geschwären nicht, giebt auch keinen Eiter nicht. […]“
Sicher - man sieht an den anderen Worten, dass nach dem Eintauchen jeweils nur recht wenig in einem Zug geschrieben wurde - auch wegen der deutlichen Unterscheidung Grundstrich/Haarstrich wahrscheinlich mit einem Gänsekiel. Der kann, wenn der Schreiber ein bissle weniger Tinte erwischt hat, schon mit dem „sie“ leergelaufen sein, und mitten im j setzt man nicht ab. Dann bleibt es halt als Schatten stehen.
Hallo Kreszenz;
vielen herzlichen Dank für Deinen Beitrag!
Das schwach sichtbare Zeichen vor „ähren“ könnte wohl ein „ j “ sein.
Die Möglichkeit, dass der Autor hier ein blasses „j“ vor dem „ähren“ geschrieben hat, welches zudem noch deutlich nach unten und nach links verrutscht ist, kann ich im Hinblick auf das ansonsten sehr akkurate Gesamtbild der über 40 Seiten umfassendenHandschrift mit Sicherheit ausschließen.
In Anbetracht Deines Hinweises auf das wohl damals schon antiquierte „jähren“ (="gären) in Grimms Deutschem Wörterbuch vermute ich eine andere Ursache für das fehlende „j“:
Das von mir angeführte Zitat stammt aus einem sog. Konferenzaufsatz aus dem Jahr 1900. Die württembergischen Dorfschullehrer waren damals aufgerufen, die Dorfbewohner anhand eines vorgegebenen Fragebogens nach Sitten und Gebräuchen zu befragen und das Gehörte schriftlich festzuhalten.
Ich denke eher, dass es sich bei dem fehlenden „j“ um einen simplen Hörfehler handelt, wie sie bei der mündlichen Überlieferung sehr leicht vorkommen - zumal bei der Übermittlung unbekannter und in doppelter Hinsicht nicht mehr verstandener (weil nicht mehr gebräuchlicher) Vokabeln.
Liebe Kreszenz, wieder einmal(!) ganz herzlichen Dank an Dich!
Du hast mir sehr geholfen!