Befristetes Probearbeitsverhältnis & ALG I

Hallo ExpertInnen!

Zu folgendem Sachverhalt bitte ich um eure Meinungen und Einschätzungen:

AN hat ab 01.04.2006 einen unbefristeten Arbeitsvertrag.
Diesen kündigt AN zum 31.03.2007 um eine neue Anstellung zum 01.04.2007 anzutreten.

AN übersieht (weil er gar nicht wusste, dass es so etwas gibt) in seinem neuen Anstellungsvertrag, dass die Probezeit keine „normale“ dem Arbeitsvertrag vorgeschaltete Probezeit ist, sondern dass es sich um ein auf drei Monate befristetes Probearbeitsverhältnis handelt, welches also durch Zeitablauf am 30.06.2007 automatisch endet, wenn nichts anderes vereinbart wird.

Das Arbeitsamt sieht nun ja aber vor, dass man sich als AN drei Monate vor Ablauf eines befristeten Beschäftigungsverhältnisses arbeitssuchend zu melden hat. Dies entspräche ja nun im vorliegenden Falle genau dem Eintrittsdatum von AN bei dem neuen AG - AN war zu diesem Zeitpunkt ja aber noch der Ansicht, dass es sich um eine gewöhnliche vorgeschaltete Probezeit handle. Darüber hinaus war An natürlich positiv gestimmt und sah rosig der Zukunft entgegen - nichts lag da ferner als der Gedanke an eine baldige Arbeitslosigkeit.

Der Vertrag läuft nun aber voraussichtlich zum 30.06.2007 aus. Der AG hat sich bislang trotz mehrmaligen telefonischen Nachhakens und Anfordern eines Gesprächstermines durch AN noch nicht konkret geäußert, ob AN ab 01.07.2007 überhaupt weiter beschäftigt und wenn ja unter welchen Konditionen, etc. AN hat sich am 19.06. (Tag der Erkenntnis über den Tatbestand des befristeten Arbeitsvertrages) sofort telefonisch arbeitssuchend gemeldet, was ja aber nach Auffassung des Arbeitsamtes verspätet ist. Da der AG AN in Bezug auf einen Gesprächstermin immer wieder vertröstet und verschiebt, muss AN nun davon ausgehen, dass es nicht zu einer weiteren Beschäftigung kommen wird.

Welche Konsequenzen werden AN aus der verspäteten Meldung entstehen?
Wie hoch kann eine Sperrfrist von der Arbeitsagentur maximal angelegt werden?

Kann die Arbeitsagentur AN wegen der Aufgabe seines unbefristeten Arbeitsverhältnisses für ein auf drei Monate befristetes Probearbeitsverhältnis mit einer Sperre belegen?

AN war vorher noch niemals arbeitslos, ist also quasi ein „Ersttäter“ und sein Handeln war wie erwähnt geprägt von Unwissenheit. Wäre es AN bewusst gewesen, dass es sich nicht um eine „normale“ Probezeit handelt, so hätte AN den Arbeitsvertrag nicht unterzeichnet.

Benötigt AN von seinem aktuellen Arbeitgeber für das Arbeitsamt nochmals eine Kündigung oder reicht der Arbeitsvertrag, in dem das befristete Prbearbeitsverhältnis vereinbart wurde als Nachweis über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses?

Ich bin für eure Meinungen und Anregungen sehr dankbar!

Viele Grüße,

Carmen

Hi!

Erst mal ein großes Lob zu Deinem so schön strukturierten und ortographisch so vorbildlichen Text :smile:! So was würde ich hier gerne öfter lesen; dann macht nicht nur das Lesen mehr Spaß, sondern erst recht das Antworten!

AN hat sich am 19.06. (Tag der Erkenntnis über den Tatbestand des befristeten Arbeitsvertrages) sofort telefonisch arbeitsuchend gemeldet

Wurde denn bei der telefonischen Meldung auch ein Termin vereinbart, an dem die Meldung persönlich nachgeholt wird? Denn nur dann gilt die telefonische Meldung auch rückwirkend ( § 37b S. 3 SGB III ) ( § 37b: http://bundesrecht.juris.de/sgb_3/__37b.html)!

Welche Konsequenzen werden AN aus der verspäteten Meldung entstehen?

Eine Sperrzeit nach § 144 (1) Nr. 7 SGB III ( § 144: http://bundesrecht.juris.de/sgb_3/__144.html).

Wie hoch kann eine Sperrfrist von der Arbeitsagentur maximal angelegt werden?

Die Dauer für eine Sperrzeit wg. verspäteter Meldung ist immer gleich, und beträgt nach § 144 (6) SGB III eine Woche.

Kann die Arbeitsagentur AN wegen der Aufgabe seines unbefristeten Arbeitsverhältnisses für ein auf drei Monate befristetes Probearbeitsverhältnis mit einer Sperre belegen?

Ja. Dies zieht (grundsätzlich) dann eine Sperrzeit nach sich, wenn das befristete AV, für das das unbefristete gelöst wurde, kürzer als ein Jahr dauerte (§ 144 (1) Nr. 1 SGB III i. V. m. den DAs (Durchführungsanweisungen der BA) 144.26 und 144.27 S. 4 + 5 (http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/A01-A…)).
Dies ist ja hier der Fall. Die Sperrzeit wg. Arbeitsaufgabe würde nach § 144 (3) S.1 zwölf Wochen dauern.

AN war vorher noch niemals arbeitslos, ist also quasi ein „Ersttäter“ und sein Handeln war wie erwähnt geprägt von Unwissenheit. Wäre es AN bewusst gewesen, dass es sich nicht um eine „normale“ Probezeit handelt, so hätte AN den Arbeitsvertrag nicht unterzeichnet.

Ich schrieb eben „grundsätzlich“, weil evtl. – und ich betone: evtl. – dieser Umstand bzw. die Tatsache, dass anstatt einer Probezeit dieser auf drei Monate befristete Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde, die 12-wöchige Sperrzeit wg. Arbeitsaufgabe abwenden könnte, und zwar aufgrund eines neueren BSG-Urteils, dass seit Kurzem auch Eingang in die DAs gefunden hat.
In DA 144.78 steht: „Bei Aufgabe eines unbefristeten Beschäftigungsverhältnisses zu Gunsten eines befristeten liegt ein wichtiger Grund vor, wenn im Zeitpunkt der Auflösung des alten Beschäftigungsverhältnisses die konkrete Aussicht bestand, dass die neue Beschäftigung in ein dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis umgewandelt wird (BSG v. 26.10.04 – B 7 AL 98/03).

Der erste Knackpunkt wird sein, das diese (verhältnismäßig neue) DA (die BA ist nicht dafür bekannt BSG-Urteile schnell umzusetzen…) nicht jedem Sachbearbeiter bekannt sein wird. (Selbst mir ist sie erst seit Kurzem bekannt – und das will was heißen. :sunglasses: Also: Der fiktive AN soll sicherheitshalber beim Termin zur Antragsabgabe einen Ausdruck dieser DA mitnehmen!!

Der zweite Knackpunkt hier ist die Formulierung „konkrete Aussicht“. Hat diese konkrete Aussicht bestanden? Hier kommt es wahrscheinlich allein darauf an, ob der AG dies im Rahmen der Sperrzeitermittlungen bejaht oder verneint!

(Zu „Sperrzeitermittlungen“: Wenn der AN nicht gerade an einen „Softie“-Sachbearbeiter (SB) gerät, der auf der Stelle von einer Sperrzeit absieht (bei uns im Team Arbeitnehmerleistung hätte er da immerhin eine Chance von 2:6 (und ich wäre keiner von den zweien :wink:), wird der Fall so laufen, dass er auf alle Fälle erst mal eine vorläufige Sperrzeit aufgebrummt bekommt und sog. Sperrzeitermittlungen eingeleitet werden. Das heißt konkret: Der AN bekommt einen Fragebogen, wo er sich erklären musst, und der(„befristete“) AG bekommt einen, wo er sich erklären muss. U. (einigem) a. wird er danach gefragt werden, ob für den AN eine konkrete Aussicht bestand, nach den drei Monaten übernommen zu werden. Bejaht er das, wird die vorläufige Sperrzeit aufgehoben und rückwirkend Alg gezahlt werden. Verneint er, wird die vorläufige in eine endgültige Sperrzeit umgewandelt werden. (Wichtig: Es kommt dabei wohl nicht darauf an, was er dem AN für einen Eindruck vermittelt hat! Allein die Tatsache, dass der AG dem AN statt einer Probezeit einen befristeten Vertrag gegeben hat (ob der AN dies nun bemerkt hat oder (ich gebe zu: für mich unverständlicherweise) nicht), würde die Argumentation des AG, das keine konkrete Aussicht auf Fortsetzung des AVs bestand, (zumindest für mich als SB) untermauern.))

Benötigt AN von seinem aktuellen Arbeitgeber für das Arbeitsamt nochmals eine Kündigung oder reicht der Arbeitsvertrag, in dem das befristete Probearbeitsverhältnis vereinbart wurde, als Nachweis über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses?

Ja, das reicht – von diesem AG. Höchstwahrscheinlich wird man auch die Kündigung des unbefristeten AVs sehen wollen.

Ich hoffe, ich (als „Insider“ :sunglasses: konnte Dir weiterhelfen. Wenn noch was unklar ist: Melden! Ich versuche, alle Klarheiten zu beseitigen :smile:.

Liebe Grüße
Liza

Hallo Liza,

Danke für deine Antwort :smile:

Wurde denn bei der telefonischen Meldung auch ein Termin
vereinbart, an dem die Meldung persönlich nachgeholt
wird? Denn nur dann gilt die telefonische Meldung auch
rückwirkend ( § 37b S. 3 SGB III )
( § 37b:
http://bundesrecht.juris.de/sgb_3/__37b.html)!

Ja, wurde! Der Termin für die persönliche Meldung fällt allerdings erst in den Juli, weil die Arbeitsagentur nichts früheres anbieten konnte.

Die Dauer für eine Sperrzeit wg. verspäteter Meldung ist immer
gleich, und beträgt nach § 144 (6) SGB III eine
Woche.

Macht es hier Sinn wegen Unwissenheit zu argumentieren? AN ging ja bis zum 19.06. davon aus, dass es sich um eine normale vorgeschaltete Probezeit im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsvertrages handele. Vor der Erkenntnis über die Befristung sah AN ja keinerlei Veranlassung (es wurde ja keine Kündigung ausgesprochen) zur Handlung…

Kann die Arbeitsagentur AN wegen der Aufgabe seines unbefristeten Arbeitsverhältnisses für ein auf drei Monate befristetes Probearbeitsverhältnis mit einer Sperre belegen?

Ja. Dies zieht (grundsätzlich) dann eine Sperrzeit nach
sich, wenn das befristete AV, für das das unbefristete gelöst
wurde, kürzer als ein Jahr dauerte (§ 144 (1) Nr. 1
SGB III i. V. m. den DAs

(Durchführungsanweisungen der BA) 144.26 und 144.27
S. 4 + 5

(http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/A01-A…)).
Dies ist ja hier der Fall. Die Sperrzeit wg. Arbeitsaufgabe
würde nach § 144 (3) S.1 zwölf Wochen
dauern.

Autsch. Das sitzt.

AN hat sich mit dem neuen Arbeitsvertrag nicht nur beruflich, sondern auch finanziell „weiterentwickelt“ (+800€ brutto). Jetzt mal so rein gefühlsmäßig: AN hätte die Stelle also im Sinne seines Versicherungsschutzes nicht annehmen dürfen - andererseits bestand ja auch die Chance, dass AN dauerhaft ein höheres (sozialversicherungspflichtiges!!!) Einkommen erzielt und seine berufliche Position stärkt. AN ist die Tatsache über die Befristung des Probearbeitsverhältnisses ja wirklich nicht bewusst gewesen, AN sah tatsächlich die konkrete Möglichkeit sich beruflich zu verbessern und eine neue lukrativere Beschäftigung aufzunehmen.

Ich schrieb eben „grundsätzlich“, weil evtl. – und ich betone:
evtl. – dieser Umstand bzw. die Tatsache, dass
anstatt einer Probezeit dieser auf drei Monate
befristete Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde, die 12-wöchige
Sperrzeit wg. Arbeitsaufgabe abwenden könnte, und zwar
aufgrund eines neueren BSG-Urteils, dass seit Kurzem auch
Eingang in die DAs gefunden hat.
In DA 144.78 steht: „Bei Aufgabe eines unbefristeten
Beschäftigungsverhältnisses zu Gunsten eines befristeten liegt
ein wichtiger Grund vor, wenn im Zeitpunkt der Auflösung des
alten Beschäftigungsverhältnisses die konkrete Aussicht
bestand, dass die neue Beschäftigung in ein dauerhaftes
Beschäftigungsverhältnis umgewandelt wird (BSG v. 26.10.04 – B
7 AL 98/03).

Der erste Knackpunkt wird sein, das diese (verhältnismäßig
neue) DA (die BA ist nicht dafür bekannt BSG-Urteile schnell
umzusetzen…) nicht jedem Sachbearbeiter bekannt sein wird.
(Selbst mir ist sie erst seit Kurzem bekannt – und das will
was heißen. :sunglasses: Also: Der fiktive AN soll sicherheitshalber
beim Termin zur Antragsabgabe einen Ausdruck dieser DA
mitnehmen!!

Der zweite Knackpunkt hier ist die Formulierung „konkrete
Aussicht“. Hat diese konkrete Aussicht bestanden? Hier kommt
es wahrscheinlich allein darauf an, ob der AG dies im Rahmen
der Sperrzeitermittlungen bejaht oder verneint!

Die konkrete Aussicht besteht immer noch, da der AG sich bis dato noch nicht konkret zu einer Weiterbeschäftigung geäußert hat. Zunächst wurde dem AN mitgeteilt, dass ein Gespräch in der Woche vom 18.06. - 22.06. stattfinden wird. Die Personalreferentin, die für dieses Gespräch unabdingbar sei, käme erst in dieser Woche aus ihrem Urlaub zurück. Dann wurde AN mitgeteilt, dass die Dame doch erst in der folgenden Woche (25.06. - 29.06.) aus dem Urlaub wiederkäme und das Gespräch erst dann stattfinden könne.

Für AN klingt das alles aber nach „Hinhalten“ und AN hat letztlich nichts anderes in der Hand als den einen Fakt, dass solange nichts anderes vereinbart wird, der Vertrag durch Zeitablauf endet. Dennoch ist es so, dass der AG sich bis zuletzt „offen“ hält, ob AN eine Weiterbeschäftigung angeboten wird.

Angenommen der AN wäre wegen des psychischen Drucks (Unklarheit der Weiterbeschäftigung, ständiges Terminverschieben wegen Urlaubs der Personalreferentin) und der allgemeinen Arbeitsatmosphäre (Kontrolle der Mitarbeiter, allgemeiner Umgang mit den Mitarbeitern) krank, dies würde auch durch einen Arzt attestiert werden können. Würde sich der Sachverhalt aus Sicht der Arbeitsagentur im Hinblick auf die Verhängung einer dreimonatigen Sperre ändern? Oder bliebe AN so oder so auf dem Umstand der 3-monatigen Befristung sitzen?

Angenommen der AG würde den AN im Rahmen des befristeten Probearbeitsverhältnisses kündigen? AN würde sich ja dann aufgrund der ausgesprochenen Kündigung arbeitssuchend melden - würde dies den Sachverhalt bzw. die Vorgehensweise der Arbeitsagentur ändern oder liefe letztendlich ohnehin alles darauf hinaus, dass man eine Sperrzeit von 12 Wochen wegen der Aufgabe des unbefristeten Arbeitsverhältnisses für das befristete verhängen würde?

Fragende Grüße,

Carmen

Fragende Grüße,

Carmen

Fragen wurden ja inzwischen telefonisch geklärt :smile:.

Liza