Begriff Islamismus

Hallo!

Die Unterscheidung zwischen Islam und Islamismus ist in der gegenwärtigen Diskussion nicht irgendein Begriffspaar, sondern scheint geradezu die Bedingung der Möglichkeit für eine Diskussion zu sein.

Da es einen Parallelbegriff bei anderen Religionen nicht gibt (Christentumismus?), frage ich mich zuerst, was der Begriff bedeuten soll.

Offenbar ist er nicht gleichzusetzen mit „islamischem Fundamentalismus“, was ja eine rigide wörtliche Auslegung der religiösen Schriften (dem Fundament) bedeutet. (Es gibt auch jüdischen, christlichen usw. Fundamentalismus.)

Islamismus bedeutet also etwas anderes, nämlich die politische Nutzbarmachung des Islam. Die meisten nennen es „Instrumentalisierung“, welches aber bereits wertend ist.

Diesen Begriff gibt es in sehr vielen Sprachen, auch im Englischen (Islamism). Und überall wird er ähnlich definiert.

Ich verweise im folgenden auf die Wikipedia, die wegen ihrer offenen Struktur immer die im jeweiligen Sprachgebiet gängigste Definition eines Begriffes bringt anstatt wie ein Lexikon nur die Meinung des einen Autors zu berücksichtigen. Die Dinge in Wikipedia mögen sachlich falsch sein, aber in einem haben sie immer recht: Sie projizieren ein aktuelles Bild dessen, von dem der Durchschnitt meint, es wäre die Wahrheit.

Die Englischsprachigen Wikipedianer haben sich bisher auf die Definition geeinigt, daß Islamismus „…a set of political ideologies that hold that Islam is not only a religion, but also a political system“ ist.

Die deutsche Wikipedia bringt die Defintion erst weiter unten, nämlich: „Der Islam ist für Islamisten nicht einfach nur eine Religion; er ist auch eine Form politisch-geistlicher Herrschaft unter der einzigen Autorität des Koran.“

Die meisten hier Lesenden werden beidem wahrscheinlich mehr oder weniger zustimmen.

Die eigentliche spannende Frage ist aber: Wie nennt man den Begriff im innerislamischen Dialog bzw. auf Arabisch?

Dank des Internet ist jeder in der Lage, ein wenig durch das Schlüsselloch ihm sonst verborgener Sprachgebiete zu werfen. Auf der arabischen Wikipedia steht beim Verweis von „Islamism“:

**Political Islam** : The words of a political and **media** term used to
**describe** the changing political movements **believe in Islam as a method  
of life** , He used intensively following the events September 11, 2001
 This term was used frequently in the **propaganda** campaign for the pan
 The war on terrorism .

Zugegeben, die Übersetzung von Google ist Beta, aber sie ist gut genug um genau zu verstehen, worauf die Arabischsprachigen Wikipedianer sich bisher geinigt haben:

  1. Das Wort Islamismus existiert nicht in der arabischen Sprache sondern wird mit „politischer Islam“ umschrieben

  2. Das Wort existiert nicht im innerislamischen Dialog sondern wird als eine externe Beschreibung durch Politik und Medien aufgefaßt

  3. Der „politische Islam“ wird mit "Überzeugung, daß der Islam eine Lebensweise („methode“) ist, bezeichnet.

  4. Der Begriff wird nicht nur als außerarabisches Konstrukt, sondern als Mittel der westlichen Propaganda aufgefaßt.

Weiter im Text. Warum benutzen Westler gemäßt der Durchschnittsmeinung der arabischsprachigen Usern der Wikipedia nun diesen Begriff?

From the point of view of Muslims is the use of the term stems from a 
lack of understanding and deepen Kafé in philosophy Islam 

Was Kefé ist weiß ich nicht, aber offenbar fehlt uns ein tieferes Verständnis für die islamische Denkweise/philosophy, weshalb der Begriff Islamismus aus der Sicht der Moslems völlig falsch sein müßte.

Weiters:

 Where Islam is the religion historically only been able to spread
 in the era of the first to form the nucleus of social institutions and
 political and service **both domestic and external** Unlike other 
religions, which has been unable Messoa religion beginnings of the 
formation of the State.

Etwas konfus, aber ich glaube ich habe es verstanden: Historisch betrachtet war der Islam immer schon in seinem Kern auch soziale und politische Institution und diente sowohl häuslichen als auch öffentlichen Zwecken. Der zweite Satz könnte bedeuten: Anders als andere Religionen, die nicht fähig waren, in die Staatsbildung einzugreifen.

Kurz: Die arabische freie Lexikongemeinschaft, in der JEDER Arabischsprachige diese Sätze augenblicklich editieren darf, kommt zum Schluß, daß der Begriff Islamismus aus islamischer Sicht unzutreffend und sozusagen ein „westlicher Irrtum“ ist, da die Islamische Religion von ihrem Anbeginn an sowohl Religion als auch Politik war.

Noch ein letzter Satz:

The **western concept of political Islam** can be defined as a 
set of ideas and political goals stemming from the Islamic Sharia And
 used by the **group called Western media, "Muslim extremists"** who
 believe that Islam Not a religion, but a system of political, 
social, legal and economic reform to build the institutions of the 
state.

Der Satz ist wohl der Wichtigste. Wieder im Auge behalten bitte: Die Wikipedia ist eine freie Enzyklopädie. Jeder mit Internetanschluß darf sie editieren.

Islamismus bzw. auf Arabisch „politischer Islam“ wird als westliches Konzept begriffen. Sogar die islamischen Extremisten werden in Gänsefüßchen gesetzt und als „von den westlichen Medien so genannte Gruppe“ bezeichnet.

Was anderes soll das bedeuten außer daß die Durchschnittsmeinung der arabischen Wikipedianer es ist, es gäbe keinen Islamismus sondern nur Islam, und es gäbe keine islamischen Extremisten sondern nur Moslems?

Diese Aussagen sind extrem. Jeder Westler der sie in einem westlichen Forum wie diesem hier äußern würde, würde sofort wegen Verhetzung gesperrt werden.

Es bleiben zwei Möglichkeiten, warum dieses in der arabischen Wikipedia steht:

  1. Es ist die zensierte Sicht islamischer, pardon, islamistischer, Staaten, die auf wie immer gearteten Wegen es schaffen, die Wikipedia zu kontrollieren (wer glaubt das ernsthaft?)

  2. Es ist das Ergebnis eines Meinungsdurchschnitts arabischsprachiger Wikipediabenutzer, in arabischen Ländern als auch anderswo, je nachdem wo es mehr Internetbenutzer gibt.

Jetzt ein paar Fragen:

Wie gerechtfertigt ist es angesichts dieser Tatsachen, die Unterscheidung zwischen Islam und Islamismus zu machen? Die Toleranz vor anderen Weltbildern müßte gebieten, nicht westliche Denkschemata auf andere Kulturen überzustülpen! Wie kann man jetzt immer noch den Gebrauch des Wortes Islamismus rechtfertigen?

Grüße
datafox

Links:
http://en.wikipedia.org/wiki/Islamism
http://de.wikipedia.org/wiki/Islamischer_Fundamental…
http://ar.wikipedia.org/wiki/%D8%A5%D8%B3%D9%84%D8%A…
http://66.249.93.104/translate_c?hl=en&ie=UTF-8&oe=U…

Hallo Data,

viel Text - aber was willst du uns damit sagen? Dass wir den Begriff Islamismus nicht mehr verwenden sollen? Und als Begründung dafür soll eine maschinelle (!!!) Übersetzung der arabischen Wikipedia dienen?

Und wie soll man dann deiner Meinung nach statt dessen zwischen friedlichen Moslems und (islamistischen) Terroristen unterscheiden?

Oder glaubst du etwa, dass es diesen Unterschied gar nicht gibt? Sind die friedlichen Moslems also nur welche, die sich „nicht trauen“?

Schöne Grüße

Petra

Hallo,

zuerst einmal ist wohl auch ein Islamist ein Moslem. Schließlich bleibt auch ein ganz extrem fundamentalistischer Christ immer noch ein Christ - auch dann, wenn er glaubt, im Namen Gottes morden zu müssen. Solche extremen Aulegungen gehören nun einmal auch zum Thema Religion - und ich werde das Problem nicht los, wenn ich sage „Zu mir gehört der ja nicht.“
Das ist Übrigens das, was ich im Islam ein wenig vermisse - die innere Auseinandersetzung, wie es zu solchen Extremen kommen kann und was man dagegen tun kann. Dazu gehört nämlich mehr als eine pauschale verurteilung nach außen hin. Im Christentum machen ja auch z.B. die Geistlichen in ihren Predigten den Gläubigen gegenüber deutlich, welche extremen Auslegungen nicht zum Christentum gehören und zu verwerfen sind.

Persönlich vermeide ich eigentlich den Begriff Islamist und spreche lieber von islamischen Fundamentalisten. Weil alles andere einfach irreführend ist und das Begriffspaar Islam - Islamist förmlich dazu einläd, falsch verstanden zu werden.

Gernot Geyer

Ich halte die Unterscheidung schon für gerechtfertigt. Wären alle Moslems tatsächlich Islamisten, sähe die Welt wohl ziemlich anders aus.

Wenn, wie Du sagst, die arabische Übersetzung „politischer Islam“ nicht negativ belastet ist, dann gibt diese Übersetzung des englischen „islamism“ die eigentliche Bedeutung des Wortes eben schlecht wider. „Islam“ ist vielleicht zu positiv belegt, um damit den negativ belasteten „Islamismus“ zu übersetzen - vielleicht auch ein Grund, warum es bei uns keine Christentumisten oder Christisten gibt, sondern höchstens calvinistische Fundamentalisten oder katholische Extremisten.

„Religiöser Extremismus“ wäre vielleicht eine bessere Übersetzung?

Vielleicht تطرف الديني ?

http://ar.wikipedia.org/wiki/%D8%AA%D

Islamist
Hi Data
Zu der ganzen Begriffsvielfalt kömmt ja (leider) noch hinzu, dass man unter einem ISLAMISTen sowohl
a) den von Dir beschriebenen Fanatiker versteht
als auch
b) den Islam-Wissenschaftler
:wink:
Gruß,
Branden

Ich halte die Unterscheidung schon für gerechtfertigt. Wären
alle Moslems tatsächlich Islamisten, sähe die Welt wohl
ziemlich anders aus.

Wie soll ich das verstehen? Es werden Opern aus Angst vor Reaktionen abgesetzt, der Papst entschuldigt sich dreimal dafür, daß er seine Religion für besser als andere hält, Nonnen werden umgebracht, Kirchen brennen im „Heiligen Land“ (die restlichen Dinge schreibe ich nicht, siehe VIKA).

Inwiefern sähe die Welt anders aus, wenn „alle Moslems tatsächlich Islamisten wären“?

Wenn, wie Du sagst, die arabische Übersetzung „politischer
Islam“ nicht negativ belastet ist, dann gibt diese Übersetzung
des englischen „islamism“ die eigentliche Bedeutung des Wortes
eben schlecht wider.

Von negativer Belastung habe ich nicht geschrieben, sondern davon, daß es den Begriff Islamismus auf Arabisch gar nicht gibt. Ich kann soviel Arabisch entziffern. Die Arabischsprecher der Wikipedia schreiben: Der Begriff Islamismus stammt aus dem westlichen Diskurs über den Islam und ist dem Islam fremd.

„Islam“ ist vielleicht zu positiv belegt

Das Wort Islam ist weder positiv noch negativ belegt.

um damit den negativ belasteten „Islamismus“ zu übersetzen

Der Begriff Islamismus ist eben NICHT negativ besetzt, sondern positiv. Er dient einer Abgrenzung zugunsten des Islams, die laut arabischer Wikipedia aber nicht existiert. Die westlichen Medien erfanden - wieder laut Wikipedia - diesen Begriff aus der Luft. Er hat im Islam selbst keine Entsprechung, sondern entstammt - laut Wikipedia - einem fehlenden Verständnis islamischer Philosophie bzw. besser Denkweise.

vielleicht auch ein Grund, warum es bei uns keine
Christentumisten oder Christisten gibt, sondern höchstens
calvinistische Fundamentalisten oder katholische Extremisten.

Der Grund daß es dieses nicht gibt, liegt nach meiner Ansicht vielmehr darin, daß das Christentum AN SICH keine politische Bewegung ist und nie war.

„Religiöser Extremismus“ wäre vielleicht eine bessere
Übersetzung?

Vielleicht تطرف
الديني ?

Editiere es doch!

Grüße
datafox

Kreuzrittertum
Hallo!

Die Unterscheidung zwischen Islam und Islamismus ist in der
gegenwärtigen Diskussion nicht irgendein Begriffspaar, sondern
scheint geradezu die Bedingung der Möglichkeit für eine
Diskussion zu sein.

Da es einen Parallelbegriff bei anderen Religionen nicht gibt
(Christentumismus?), frage ich mich zuerst, was der Begriff
bedeuten soll.

Es gibt im Christentum ein Parallelbegriff, das sogenannte Kreuzrittertum. Zugegebener Massen hoert sich der Begriff etwas überholt an, aber das passt schon!

http://de.wikipedia.org/wiki/Kreuzzug

Im Juli 2006 veröffentlichte Al Quaida eine Videobotschaft mit dem Titel „Der Zionisten-Kreuzritter-Krieg gegen Libanon und die Palästinenser“, in der die „Kreuzfahrer-Allianz“ westlicher Staaten mit Israel kritisiert wird. siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Kreuzzug

Wie gerechtfertigt ist es angesichts dieser Tatsachen, die
Unterscheidung zwischen Islam und Islamismus zu machen?

Das erklärt sich dann dadurch, dass Christentum und Kreuzrittertum auch nicht gleich sind.

So wuerden sicher viele Araber sagen, wir respektieren das Christentum und christliche Menschen, aber wir kämpfen gegen diese niederträchtigen Kreuzritter, die uns ihre christlichen (westlichen) Denkweisen überstülpeln wollen.

Die
Toleranz vor anderen Weltbildern müßte gebieten, nicht
westliche Denkschemata auf andere Kulturen überzustülpen!

Es gibt aber Grundwerte, die fuer alle Menschen auf der Welt gelten, wo es keine Toleranz geben kann, dass in manchen Ländern diese Rechte von den Herrschenden mit Füssen getreten werden.

Wie
kann man jetzt immer noch den Gebrauch des Wortes Islamismus
rechtfertigen?

Der Gebrauch rechtfertigt sich damit, dass anscheinend kein andere Begriff vorgeschlagen und eingefordert wird.

Eencockniedo

viel Text - aber was willst du uns damit sagen?

Daß der Begriff Islamismus höchst problematisch ist, da er offenbar laut islaminterner Aussage eine Chimäre der westlichen Propaganda sein könnte - vorausgesetzt man akzeptiert Wikipedia als Meinungskompaß.

Dass wir den
Begriff Islamismus nicht mehr verwenden sollen?

Nein, was du und andere an Worten verwendet, das ist sicher nicht meine Aufgabe zu bestimmen. Ich wollte einen Denkanstoß geben.

Und als
Begründung dafür soll eine maschinelle (!!!) Übersetzung der
arabischen Wikipedia dienen?

Interpretatorisch ins Detail ging ich ja nicht. Ich habe Schlagworte zitiert, die man sehr wohl aus einer maschinellen Ersetzung erkennen kann. Wenn du dem nicht zustimmst, dann sei eingeladen, eine korrekte Übersetzung zu liefern.

Und wie soll man dann deiner Meinung nach statt dessen zwischen
friedlichen Moslems und (islamistischen) Terroristen
unterscheiden?

Wenn ein Meinungsquerschnitt arabischsprachiger Internetnutzer den Begriff „islamische Exremisten“ in Gänsefüßchen setzt und als „so von westlichen Medien bezeichnet“ tituliert, wie würdest du meinen, fällt eine solche Unterscheidung aus, bei der man kulturelle Selbstzuschreibungen achtet?

Oder glaubst du etwa, dass es diesen Unterschied gar nicht gibt?

Laut obengenannten Nutzern gibt es ihn jedenfalls nicht. Andere Arabischsprecher und Moslems widersprechen dem sicherlich, aber sie editieren nicht Wikipedia.

Sind die friedlichen Moslems also nur welche, die sich „nicht
trauen“?

Stelle die Frage doch auf der Diskussionsseite auf Wikipedia. Mit Google Translate kannst du so gut Arabisch schreiben, daß einfache Sätze verstanden werden.

Grüße
datafox

b) den Islam-Wissenschaftler

Das halte ich für hier off topic, sorry :wink:

Grüße
datafox

Es gibt im Christentum ein Parallelbegriff, das sogenannte
Kreuzrittertum.

Der Auftrag zum Kreuzzug steht also im Neuen Testament. Da ich mich da nicht so auskenne, bitte um eine Quelle.

Im Juli 2006 veröffentlichte Al Quaida eine Videobotschaft mit
dem Titel „Der Zionisten-Kreuzritter-Krieg gegen Libanon und
die Palästinenser“, in der die „Kreuzfahrer-Allianz“
westlicher Staaten mit Israel kritisiert wird.

Das ist eine Fremdzuschreibung. Was Alkaida absondert, kann wohl kaum herangezogen werden, um christliche und jüdische Selbstzuschreibungen zu definieren.

Mitnichten ist ein Kreuzzug die politische Dimension christlicher Religion (die gibt es gar nicht), und mitnichten ist der Zionismus die politische Dimension der jüdischen Religion (LOL diese fiele ausgerechnet mit dem ANTIZionismus zusammen, nämlich die Abschaffung des „gottlosen“ Staates Israel und die Errichtung eines Gottesstaates!)

So wuerden sicher viele Araber sagen, wir respektieren das
Christentum und christliche Menschen, aber wir kämpfen gegen
diese niederträchtigen Kreuzritter, die uns ihre christlichen
(westlichen) Denkweisen überstülpeln wollen.

Das „Westlich“ in Klammer deutet schon an, daß der Vergleich Kreuzzug-Islamimus schief ist.

Es gibt aber Grundwerte, die fuer alle Menschen auf der Welt
gelten, wo es keine Toleranz geben kann, dass in manchen
Ländern diese Rechte von den Herrschenden mit Füssen getreten
werden.

Verstehe ich das richtig: Laut einer arabischsprachigen open source Quelle ist der Begriff Islamismus eine falsche Fremdzuschreibung, aber wir müssen weiterhin darauf beharren, aus Toleranz?

Der Gebrauch rechtfertigt sich damit, dass anscheinend kein
andere Begriff vorgeschlagen und eingefordert wird.

Die zitierte Quelle lehnt den Begriff samt und sonders ab.

Grüße
datafox

Inwiefern sähe die Welt anders aus, wenn „alle Moslems
tatsächlich Islamisten wären“?

Dann wäre das Problem wohl schon im Mittelalter ein für alle mal aus der Welt geschafft worden, so oder so.

Von negativer Belastung habe ich nicht geschrieben, sondern
davon, daß es den Begriff Islamismus auf Arabisch gar nicht
gibt.

Darüber, dass der Begriff in unserem Kulturkreis entstanden ist, sind wir uns sicher einig. Ich finde nicht so erstaunlich, dass es dazu keine 1:1 Entsprechung gibt.

Das Wort Islam ist weder positiv noch negativ belegt.

Ich meine jetzt für Moslems.

Der Begriff Islamismus ist eben NICHT negativ besetzt, sondern
positiv.

In der ursprünglichen Bedeutung, also für uns, ist „Islamismus“ negativ besetzt. Es bedeutet eben „unangemessen“, „extrem“, „militant“ … Das wird durch die Übersetzung „politischer Islam“ natürlich nicht wiedergegeben.

Der Grund daß es dieses nicht gibt, liegt nach meiner Ansicht
vielmehr darin, daß das Christentum AN SICH keine politische
Bewegung ist und nie war.

Das stimmt ja nicht. Es gibt ja tatsächlich calvinistische Fundamentalisten und katholische Extremisten. Sie heißen eben nur nicht „Christisten“.

Vielleicht تطرف
الديني ?

Editiere es doch!

:smile:

Grüße,

Ptee

Es gibt im Christentum ein Parallelbegriff, das sogenannte
Kreuzrittertum.

Der Auftrag zum Kreuzzug steht also im Neuen Testament. Da ich
mich da nicht so auskenne, bitte um eine Quelle.

Genauso wie ich als Laie davon ausgehe, dass der Auftrag zur Islamisierung im Koran zu herauszudeuten ist, gehe ich davon aus, dass die Kreuzritter eine biblische Inspiration hatten (und haben).

Im Juli 2006 veröffentlichte Al Quaida eine Videobotschaft mit
dem Titel „Der Zionisten-Kreuzritter-Krieg gegen Libanon und
die Palästinenser“, in der die „Kreuzfahrer-Allianz“
westlicher Staaten mit Israel kritisiert wird.

Das ist eine Fremdzuschreibung. Was Alkaida absondert, kann
wohl kaum herangezogen werden, um christliche und jüdische
Selbstzuschreibungen zu definieren.

Da komme ich jetzt gerade nicht mit. Du hast doch hervorgehoben, dass Islamismus eine Fremdzuschreibung ist und keine Selbstzuschreibung. Sicherlich hat sich die Koaltion der Willigen nicht als Kreuzritter Allianz bezeichnet. Darum geht es doch und nicht um die Ritter von anno dazumal.

Mitnichten ist ein Kreuzzug die politische Dimension
christlicher Religion (die gibt es gar nicht), und mitnichten
ist der Zionismus die politische Dimension der jüdischen
Religion (LOL diese fiele ausgerechnet mit dem ANTIZionismus
zusammen, nämlich die Abschaffung des „gottlosen“ Staates
Israel und die Errichtung eines Gottesstaates!)

Du verstehst das Wort hier zu sehr in seinem ursprünglichen Sinn, wobei schon in der tiefsten Vergangenheit die sogenannten Kreuzzüge mit Sicherheit politische Züge hatte. Du konzentrierst Dich hier zu sehr auf den militärischen Aspekt, denke ich. Hat der erwähnte Kreuzzug gegen AIDS keine politischen Dimensionen…oder all die anderen im Link genannten?

So wuerden sicher viele Araber sagen, wir respektieren das
Christentum und christliche Menschen, aber wir kämpfen gegen
diese niederträchtigen Kreuzritter, die uns ihre christlichen
(westlichen) Denkweisen überstülpeln wollen.

Das „Westlich“ in Klammer deutet schon an, daß der Vergleich
Kreuzzug-Islamimus schief ist.

Klar ist der schief. Das ist doch klar zu erkennen. Von islamischer Seite wird hier ein Konflikt religiös aufgebauscht, obwohl es den Menschen in westlichen Ländern nicht um Religion geht. Wie erkläre ich aber einem einfachen Mann im Iran, dass die Menschen im Westen uns nur Böses wollen? Eben, mit der unterschiedlichen Religion, die dort so eine grosse Rolle spielt.

Es gibt aber Grundwerte, die fuer alle Menschen auf der Welt
gelten, wo es keine Toleranz geben kann, dass in manchen
Ländern diese Rechte von den Herrschenden mit Füssen getreten
werden.

Verstehe ich das richtig: Laut einer arabischsprachigen open
source Quelle ist der Begriff Islamismus eine falsche
Fremdzuschreibung, aber wir müssen weiterhin darauf beharren,
aus Toleranz?

Ich hoffe Du hast jetzt verstanden, dass der Moslem an sich mit dem Begriff Islamismus nichts anfangen kann, weil er eine Fremdzuschreibung ist, die er nicht BRAUCHT. Verstehen koennte er es allemal, dass wir im Westen diesen Begriff benutzen um zu differenzieren zwischen verschiedenen Moslems. Ablehnen wird er ihn trotzdem!

Der Gebrauch rechtfertigt sich damit, dass anscheinend kein
andere Begriff vorgeschlagen und eingefordert wird.

Die zitierte Quelle lehnt den Begriff samt und sonders ab.

Als Christ, der in Afghanistan für die Freiheit der Menschen dort kämpft, würde ich die Bezeichnung „Kreuzritter“ auch ablehnen, weil er ein schlechtes Licht auf den Christen wirft, der eben nicht aus christlich polischen Gründen dort im Einsatz ist. Dieser Begriff wird aber für manche eigentlich zutreffen.

Eencockniedo

Dann wäre das Problem wohl schon im Mittelalter ein für alle
mal aus der Welt geschafft worden, so oder so.

Den Satz verstehe ich nicht. Welches Problem? Von Wem?

Darüber, dass der Begriff in unserem Kulturkreis entstanden
ist, sind wir uns sicher einig. Ich finde nicht so
erstaunlich, dass es dazu keine 1:1 Entsprechung gibt.

Welchen Sinn hat so ein Wort dann?

Das Wort Islam ist weder positiv noch negativ belegt.

Ich meine jetzt für Moslems.

OK habe verstanden was du gemeint hast.

In der ursprünglichen Bedeutung, also für uns, ist
„Islamismus“ negativ besetzt. Es bedeutet eben „unangemessen“,
„extrem“, „militant“ … Das wird durch die Übersetzung
„politischer Islam“ natürlich nicht wiedergegeben.

Was ich für nachdenkenswert halte.

Der Grund daß es dieses nicht gibt, liegt nach meiner Ansicht
vielmehr darin, daß das Christentum AN SICH keine politische
Bewegung ist und nie war.

Das stimmt ja nicht. Es gibt ja tatsächlich calvinistische
Fundamentalisten und katholische Extremisten. Sie heißen eben
nur nicht „Christisten“.

Ist schon richtig. Der Unterschied ist aber, daß die christliche Lehre keine politische Dimension HAT. Natürlich gibt es politische Bestrebungen, christliche Werte und Normen durchzusetzen. Das ist aber grundverschieden von einer Religion, die per se politisch IST. (Islam und Judentum sind es, wobei dem Judentum die globale Komponente fehlt. Es ist genaugenommen keine "Welt"religion.)

Editiere es doch!

:smile:

Das war ernstgemeint.

Grüße
datafox

Genauso wie ich als Laie davon ausgehe, dass der Auftrag zur
Islamisierung im Koran zu herauszudeuten ist, gehe ich davon
aus, dass die Kreuzritter eine biblische Inspiration hatten
(und haben).

Kann die jemand nachliefern? Danke.

Da komme ich jetzt gerade nicht mit. Du hast doch
hervorgehoben, dass Islamismus eine Fremdzuschreibung ist und
keine Selbstzuschreibung.

Weshalb er aus Sicht der Moslems abzulehnen ist. Dasselbe Recht haben aber auch Christen.

Sicherlich hat sich die Koaltion
der Willigen nicht als Kreuzritter Allianz bezeichnet.

Weil es keine religiöse und keine christliche Allianz ist sondern eine ideologische, bürgerliche.

Du konzentrierst Dich hier zu sehr auf den militärischen
Aspekt, denke ich.

Den militärischen Kontext brachte dein Alkaida-Zitat ins Spiel. Ich dachte es ginge um sgn. „Kriege im Namen des Christentums“, welche die Alkaida halluziniert. OK sorry.

Hat der erwähnte Kreuzzug gegen AIDS keine
politischen Dimensionen…

Kreuzzüge bzw. Religionskriege werden gegen andere Religionen geführt und nicht gegen Krankheiten. Was du meinst ist wahrscheinlich die Bestrebung, christliche Werte politisch, d.h. mit Mitteln der Politik, umzusetzen. Das ist nicht dasselbe wie die (militärische) Bestrebung nach dem Errichten eines Gottesstaates.

Klar ist der schief. Das ist doch klar zu erkennen. Von
islamischer Seite wird hier ein Konflikt religiös
aufgebauscht, obwohl es den Menschen in westlichen Ländern
nicht um Religion geht.

Eben. Warum wird die Differenzierung zwischen politischem und religiösem Islam dann abgelehnt? Eine Seite wie Wikipedia sollte doch von aufgeklärten Menschen bevölkert sein. Warum editiert niemand diese Seite und stellt klar, daß der Islamismus nicht dasselbe wie der Islam ist? Hier im Westen weiß man das, dort nicht?

Ich hoffe Du hast jetzt verstanden, dass der Moslem an sich
mit dem Begriff Islamismus nichts anfangen kann, weil er eine
Fremdzuschreibung ist, die er nicht BRAUCHT. Verstehen
koennte er es allemal, dass wir im Westen diesen Begriff
benutzen um zu differenzieren zwischen verschiedenen Moslems.
Ablehnen wird er ihn trotzdem!

Der Begriff wird aus ganz anderen Gründen abgelehnt, nämlich weil es diese Differenzierung laut Wikipedia nicht GIBT. Sie soll auf fehlendem Verständnis für islamische Philosophie beruhen.

Grüße
datafox

Im
Christentum machen ja auch z.B. die Geistlichen in ihren
Predigten den Gläubigen gegenüber deutlich, welche extremen
Auslegungen nicht zum Christentum gehören und zu verwerfen
sind.

Was fehlt ist Selbstreflexion, Selbstkritik und kritische Distanz zur eigenen Geschichte. Der Wikipedia-Artikel macht das deutlich: Die genuin westliche Art, extreme Ausuferungen der eigenen Religion und Kultur zu kritisieren, gibt es nicht. Sogar die Benennung alleine („Islamismus“ vs. „Islam“) wird als westliche Propaganda zurückgewiesen. Und das stammt nicht aus dem Munde eines extremistischen Mullahs sondern von einer für alle editierbaren und offenen Internetseite.

Grüße
datafox

Genauso wie ich als Laie davon ausgehe, dass der Auftrag zur
Islamisierung im Koran zu herauszudeuten ist, gehe ich davon
aus, dass die Kreuzritter eine biblische Inspiration hatten
(und haben).

Kann die jemand nachliefern? Danke.

Wenn überhaupt, dann am ehestens der Missionsbefehl bei Matthäus:

Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den
Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes und lehret
sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei
euch alle Tage bis an der Welt Ende.

Dort steht allerdings nichts von Meucheln, Massakrieren und Unterwerfen.

Zur wahren Inspiration der Kreuzzüge könnte ich jede Menge Aspekte vorbringen und kein einziger davon ist biblisch.

Hi dtafox,

Die Unterscheidung zwischen Islam und Islamismus ist in der
gegenwärtigen Diskussion nicht irgendein Begriffspaar, sondern
scheint geradezu die Bedingung der Möglichkeit für eine
Diskussion zu sein.

So scheint es. Und zumindest in der deutschsprachigen Medienlandschaft gibt es eine wahre Ratatuille der Begriffe: „Terrorismus“, „Fundamentalismus“, „Extremismus“ und speziell „politischer Islam“, „Islamismus“, „radikaler Islamismus“, „islamischer Extremismus“.

Die Fragwürdigkeit um die Begriffe hat schön zusammengefaßt
Peter Heine: „Terror in Allahs Namen. Extremistische Kräfte im Islam“
Freiburg 2004
(Lizenzausgabe bei der Bundeszentrale für Politische Bildung beziehbar)

Darin gibt der Autor auch einen Überblick über die historischen Entwicklungen, die innerislamischen Differenzen und über die Bezugnahme aktuell extremer islamischer Strömungen auf Grundideen des Islam bzw. Koran und Hadith.

Zu dem informatorischen Chaos hingegen darf dann auch noch die Medienikone Peter Sloterdijk das Seinige hinzutun:
http://www.ksta.de/html/artikel/1152898246010.shtml

Eine inhaltlich mit einigen islamischen Autoren übereinstimmende Verwendung des Begriffs „Islamismus“ gibt der Afghanistan-Experte Matin Baraki:
http://www.staff.uni-marburg.de/~baraki/
http://www.rootcauses.de/publ/baraint2.htm

Es scheint aber tatsächlich so, daß Autoren, auf deren Positionen sich der Begriff bezieht, ihn selbst ebensowenig verwenden wie den (an sich aussagekräftigeren Begriff „Wahhabismus“.
Eine Sammlung von Texten dieser islamischen (bzw dort „islamistisch“ genannten) Autoren gibt es hier:
[linkes Frame „Islamist Texts“ und „Islamist Communiques“]
http://www.islamistwatch.org/main.html

Auch der Ausdruck „political Islam“ kommt bei ihnen nicht vor. Das scheint wiederum ein Ausdruck von nicht-islamistischen Moslems zu sein.

Eine Zusammenfassung über „Islamismus“ auf derselben Seite (wobei ich die reliöse Position der Editoren nicht eindeutig ausmachen kann):
[What is Islamism]
http://www.islamistwatch.org/intro/what.html

Die Idee der Errichtung des islamischen Khalifates ist wohl das Entscheidende für „Islamismus“. Es ist aber keineswegs damit schon entschieden, ob der Weg dahin ein friedlicher oder militanter sein soll. Beide Strömungen gibt es offenbar.(Siehe dazu auch Peter Heine).

Es ist übrigens nicht ungewöhnlich, daß die Bezeichnung -ismus nicht zur Selbstbezeichnung von -isten verwendet werden. Wie ist das z.B.: Bezeichnen sich Zionisten selbst als Zionisten?

Gruß

Metapher

Hallo!

Danke für die breite Linkpalette. Da werd ich mich reinknien.

Die Idee der Errichtung des islamischen Khalifates ist wohl
das Entscheidende für „Islamismus“. Es ist aber keineswegs
damit schon entschieden, ob der Weg dahin ein friedlicher oder
militanter sein soll. Beide Strömungen gibt es offenbar.

Als was gilt jemand, der diese Bestrebung nicht teil? Als Moslem?

Bezeichnen sich Zionisten selbst als Zionisten?

Natürlich. Wie sonst?

Grüße
datafox

PS zu Islamismus
Einen kurzen geschichtlichen Abriss und den Zusammenhang zwischen Islamismus, Kolonialismus und der früheren panislamischen Bewegung gibt es hier:
http://www.linkezeitung.de/cms/content/view/817/40/
besonders Pkt 11.

M.

PS: Über meine Übereinstimmung mit der politischen Position der Herausgeber ist damit keine Aussage gemacht.

Moin,

Zur wahren Inspiration der Kreuzzüge könnte ich jede Menge
Aspekte vorbringen und kein einziger davon ist biblisch.

Das sahen die christlichen Kreuzzügler doch etwas anders. Bernhard von Clairvaux war zum Beispiel sicher, eine biblische Rechtfertigung bei Mose (z.B. 2 Mose 34, 12-13) zu finden:

http://www.christen-heute.de/ARC/5-9-03.html

Gruß
Marion