Bestrafung des Messias

Hallo

was sagt das Judentum dazu, wenn jemand von sich selber behauptet, er sei der Retter Israels und der Welt?

Hintergrund dieser Frage ist die Frage nach dem Prozess gegen Jesus.

(Allerdings ist, wenn man die Evangelien liest, nicht ganz gesichert, was er gesagt hat - z. B. „Ihr sagt es, ich bin“ (griech. eimi) - oder „Du sagst es“ - usw.)

Immerhin wäre zu verstehen, dass Jesus angeklagt worden ist, wenn eine entsprechende Vorschrift tatsächlich bestanden haben sollte. Man hätte von jüdischer Seite aus durchaus den Eindruck haben können: Dieser sagt von sich selber, er sei der Retter. Das hätte dann zumindest theoretisch ein Todesurteil nach sich ziehen können - oder nicht?

Gruss
Mike

Hallo Mike!

was sagt das Judentum dazu, wenn jemand von sich selber
behauptet, er sei der Retter Israels und der Welt?

Mit dem Anspruch, der Messias zu sein, trat ja nicht nur Jesus auf. Mir ist aber nur in seinem Fall eine Prozess mit Hinrichtung bekannt.
Bestand nicht das eigentliche Skandalon für die Juden darin, dass er behauptete, er (der „Menschensohn“) sei der/ein Sohn Gottes?
Das war aber für den Römer Pilatus, in dessen religiöser Welt es von Göttern und Göttinnen mit irdischen Söhnen und Töchtern nur so wimmelte - nun eben einer mehr, was tut’s? - belanglos. Also kam der politische Anklagepunkt „Er hat gesagt: ‚Ich bin der König der Juden‘ hinzu.“
Das sage ich so aus traditioneller christlicher Sicht. Die jüdische Sicht dazu interessiert mich ebenso wie Dich.
Beste Grüße!
H.

Hallo

was sagt das Judentum dazu, wenn jemand von sich selber
behauptet, er sei der Retter Israels und der Welt?

Immerhin wäre zu verstehen, dass Jesus angeklagt worden ist,
wenn eine entsprechende Vorschrift tatsächlich bestanden haben
sollte. Man hätte von jüdischer Seite aus durchaus den
Eindruck haben können: Dieser sagt von sich selber, er sei der
Retter. Das hätte dann zumindest theoretisch ein Todesurteil
nach sich ziehen können - oder nicht?

Guten Morgen Mike,

für diese Frage sind Iris oder Elimelech die geeigneten Ansprechpartner.
Doch ich möchte mit meinen bescheidenen Kenntnissen nicht hinter dem Berg halten.

Der Anspruch, der Messias zu sein, hat im Judentum rund um die Zeitenwende weder zu einem Prozeß noch gar zu einer Bestrafung Anlaß gegeben. Es gab zur Zeit der Besetzung dúrch die Römer eine ganze Reihe von Prätendenten auf das Amt des Messias.
Entscheidend war der Erfolg: wären die Römer dauerhaft aus dem Lande vertrieben worden, wäre das Reich des David wieder errichtet worden, wäre dies der Beweis für die Richtigkeit und Gültigkeit des Anspruchs gewesen.
Der letzte, der Münzen prägen ließ, die seinen Anspruch auf den Messiastitel dokumentieren sollten, war Simon bar Kochba.

Gruß - Rolf

Immerhin wäre zu verstehen, dass Jesus angeklagt worden ist,
wenn eine entsprechende Vorschrift tatsächlich bestanden haben
sollte. Man hätte von jüdischer Seite aus durchaus den
Eindruck haben können: Dieser sagt von sich selber, er sei der
Retter. Das hätte dann zumindest theoretisch ein Todesurteil
nach sich ziehen können - oder nicht?

Dahinden

Nur der Hass gibt eine befriedigende Erklärung für die Verurteilung Jesu.

Wie könnte man einem Gott vorschreiben, wann er zu heilen hätte oder daß er sich als König bezeichnet. Jegliches moralische Urteil, selbst wenn es religiös begründet wäre, ist in diesem Zusammenhang schlichtweg absurd. Das ist menschliche Vermessenheit und die Juden habe ja auch dafür bezahlen müssen.

Ich empfehle dir mal das Nikodemus-Evangelium zu lesen. Es wirft sehr viel Licht auf das Geschehen der Verurteilung.

gruß
rolf

BS"D

Bestand nicht das eigentliche Skandalon für die Juden darin,
dass er behauptete, er (der „Menschensohn“) sei der/ein Sohn
Gottes?

Das beten jeder Juden jeden Tag, somit ist das kein Skandal für einen Juden, sondern nur ein normales Selbstbekenntnis für einen frommen Juden. Das dieses Verhältnis zu G’tt damalige Heide irretiert hat, sehen wir ja an den Folgen.

Gruß,
Eli

BS"D

was sagt das Judentum dazu, wenn jemand von sich selber
behauptet, er sei der Retter Israels und der Welt?

Nichts, was sollte das Judentum als Abstraktum auch dazu sagen?

Hintergrund dieser Frage ist die Frage nach dem Prozess gegen
Jesus.

Auch die verschiedenen Gruppen welche als Akteure hier von Bedeutung wären, würden dazu nicht viel sagen. Solche Menschen gab es zu allen Zeiten und gerade zur Zeit Jesus nicht gerade selten. Niemand stört dieses.

Problematisch wird es höchstens, wenn nun relevante Gruppen dieses anerkennen und es sich dann als Irrtum herausstellt und dabei diese Gruppen vom Judentum weggeführt wurden (siehe Schabbtei Zwi).

Immerhin wäre zu verstehen, dass Jesus angeklagt worden ist,
wenn eine entsprechende Vorschrift tatsächlich bestanden haben
sollte.

Welche?

Man hätte von jüdischer Seite aus durchaus den
Eindruck haben können: Dieser sagt von sich selber, er sei der
Retter. Das hätte dann zumindest theoretisch ein Todesurteil
nach sich ziehen können - oder nicht?

Nein. Niemanden hätte das zur damaligen Zeit gross gestört. Was hier wenn zu einer Anklage geführt hätte, wäre ein Infragesteller damaliger Machtverhältnisse. Aber auch das war damals nun wirklich nicht selten und von Anklagen in dieser Form ist mir nichts bekannt.

Somit gehe ich davon aus, dass der römische Statthalter hier einfach Angst vor weiteren Unruhen hatte und deswegen hier mit der Verurteilung für „Ruhe“ sorgen wollte. Diese Darstelltung „störte“ natürlich, als das Christentum sich ausgerechnet im römischen Reich ausbreiten wollte und sich auf diese „Unruhestifter“ bezog.

Kol tuw,
Eli

BS"D

Der letzte, der Münzen prägen ließ, die seinen Anspruch auf
den Messiastitel dokumentieren sollten, war Simon bar Kochba.

Und eben auch dieser wurde weder angeklagt noch bestraft, sondern von den Römern bekämpft - leider erfolgreich.

Gruß,
Eli

BS"D

Das ist menschliche Vermessenheit und die Juden habe ja auch
dafür bezahlen müssen.

Aha, wenn also im Laufe der Jahrhunderte Tausende, Millionen Menschen wegen einem anderen getöteten Menschen sterben müssen, dann ist das nur bezahlen und hat mit Hass nichts zu tun?

Ehrlich gesagt mir fehlen die Worte dafür, dass solche Barbarei hier und heute noch ihre religiöse Rechtfertigung findet.

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Aha, wenn also im Laufe der Jahrhunderte Tausende, Millionen
Menschen wegen einem anderen getöteten Menschen sterben
müssen, dann ist das nur bezahlen und hat mit Hass nichts zu
tun?

Lieber Eli

Ich verstehe deine Empörung, aber das kommt daher, daß du die Sache sehr oberflächlich beurteilst und nicht den tiefen Zusammenhang mit der Tötung eines Gottes und seinen Folgen (nicht eines Menschen) verstehen kannst.

„Sein Blut komme über uns“, - die Antwort der Pharisäer auf die Fragwürdigkeit der Verurteilung, ist doch nicht ohne Folgen geblieben, sondern hat sich furchtbar bestätigt oder? Wie sollte man sonst die jahrtausendealte Judenverfolgung verstehen können?

Das geht höchstens wenn man nicht an ein karmisches Schicksal glaubt, - aber in dem Fall ist man eben blind.

gruß
rolf

Hallo Eli, hallo Rolf,

bitte cool bleiben. Die Tötung jüdisch-gläubiger Menschen geschah aus aller niedrigsten Beweggründen. Da kann im Buch der Bücher noch so viel oberdurchgeknalltes Zeug stehen.

Diese leidvolle Schande, die alle Mörder überzieht, sollte eher Anlass zu neuen universell-religiösen Überlegungen geben.

Peinlich wird´s immer, wenn versucht wird, religiöse Zusammenhänge dogmatisch zu erfassen.

guvo

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Hallo Eli

was sagt das Judentum bzw. seine Lehren, soweit sie von Belang waren?

Nichts, was sollte das Judentum als Abstraktum auch dazu
sagen?

Dass der Monotheismus angekratzt sein könnte, evtl. aus der damaligen jüdischen Sicht krass angekratzt w a r. Da schien doch einer zu behaupten, er habe in besonderem Masse Anteil am Höchsten. Was anderes ist das als eine Bezugnahme auf das Sch´mah Israel?

Immerhin wäre zu verstehen, dass Jesus angeklagt worden ist,
wenn eine entsprechende Vorschrift tatsächlich bestanden haben
sollte.

Welche?

Es könnte eine Vorschrift gegeben haben, die besagt: Wer sich selber als Messias bezeichnet, verstösst gegen das Sch´mah Israel.

Ich verweise auf Apostelgeschichte (Apg), Kapitel 3, Vers 17, wo Petrus sagt: Aus Unwissenheit habt ihr so gehandelt.

Man kann nun unterstellen, Petrus sei eben Partei auf Seiten der Römer. Immerhin war er zur fraglichen Zeit auch Jude. Man kann ferner unterstellen, Lukas habe nach freier Ausschmückung zu redigieren versucht, und der Text sei so nicht wörtlich vorgekommen.

Wie aber könnte man sich dann die Bekehrungsversuche, mit denen Christen die Juden zu missionieren versuchten, zur Zeit des Urchristentums sonst vorstellen?

Nichts für Ungut, hoffend auf fruchtbare Dialoge

grüsse ich Dich.

Mike.

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BS"D

Hallo Dahinden.

was sagt das Judentum bzw. seine Lehren, soweit sie von Belang
waren?

Nichts. Es gibt in den Schriften nur wenige Äusserungen welche sich aber alleine auf spätere Christen und deren Gebaren beziehen.

Dass der Monotheismus angekratzt sein könnte, evtl. aus der
damaligen jüdischen Sicht krass angekratzt w a r. Da schien
doch einer zu behaupten, er habe in besonderem Masse Anteil am
Höchsten. Was anderes ist das als eine Bezugnahme auf das
Sch´mah Israel?

Zu Jesus selber findet sich nichts. Ich würde einfach davon ausgehen, dass er damals nicht weiter auffiehl und auch eben noch nicht das war, was später aus ihm gemacht wurde. Seine Aussage im NT kann man jedenfalls auch als ganz normale Aussagen eines Juden seiner Zeit verstehen.

Und da er damals auch kaum Anhänger hatte, sah darin auch niemand eine Gefahr. Die lag mehr in der Besatzung durch die Römer.

Es könnte eine Vorschrift gegeben haben, die besagt: Wer sich
selber als Messias bezeichnet, verstösst gegen das Sch´mah
Israel.

Und dann? Es gab keine Anklagen nur weil sich jemand für G’tt gehalten hat, wobei ich eben nicht einmal davon ausging, dass dem so war.

Wie aber könnte man sich dann die Bekehrungsversuche, mit
denen Christen die Juden zu missionieren versuchten, zur Zeit
des Urchristentums sonst vorstellen?

Die Christen gingen ja ziehmlich schnell hier zu Gewalt über. Aber innerjüdisch war dieses nie eine Diskussion.

Gruß,
Eli

Hallo,

nachdem ich einige Antwortpostings gelesen habe, einiges zur Klarstellung:

  1. Es ist nicht anzunehmen, der historische Jesus habe sich selbst als „Gott“ (Sohn Gottes kann man ja auch anders verstehen) verstanden. Er ist historisch einer von vielen jüdischen Wanderpredigern.
  2. Das Judentum dieser Zeit ist in höchstem Maße vielfältig. Man leidet vor allem unter der Römischen Besatzung und einer zu dieser Zeit klar antijüdischen Politik des Römischen Kaisers.
  3. Einzelne Gruppierungen sind durchaus auch zum aktiven Widerstand gegen die Römer bereit.
  4. Insbesondere Jerusalem (und besonders zur Zeit des Passah-Festes) ist ein Unruheherd, die dortigen jüdischen Behörden sind letztlich verantwortlich für die Ruhe in der Stadt.
  5. Die historische Figur Jesus v. Nazareth war aufgrund seiner nahen Endzeiterwartung äußerst kritisch dem Tempel gegenüber eingestellt. Damit stellte er sich etwas außerhalb des breiten Konsens im ansonsten wie erwähnt recht vielfältigen Judentum.
    Da der Römische Prozess gegen Jesus nur als eine cognitio extra ordinem zu verstehen ist, ist anzunehmen, dass Jesus wie viele andere auch (so wohl diejenigen, die mit ihm gekreuzigt wurden) von den verantwortlichen jüdischen Behörden als potentieller Unruhestifter identifiziert wurde. Es gibt also eine Beteiligung jüdischer Behörden, aber der Prozess und das Urteil sind Römisch.
  6. Die Darstellung des NTs, dass „die Juden“ schuld am Tode Jesu sind, ist nicht historisch dadurch zu klären, dass man sich bei den Römern als harmlos darstellen wollte (ein eigenartiger Versuch, als hätten die Römer es nicht absurd gefunden, plötzlich den Juden derart hohe staatliche Autorität zuzubilligen…).
    Vielmehr sind es hier alttestamentliche Motive: Das Motiv des verfolgten, besonders von denen, die er retten will, Propheten findet sich immer wieder (Z.B. Jeremia). Es ist ein ebenfalls vollkommen normales, innerjüdisches Motiv, dass meiner Kenntnis nach bei keinem Kirchenvater dazu benutzt wurde, die Harmlosigkeit der Christen dem Römischen Staat zu beweisen (auch nicht bei den Apologeten). Allerdings wird dieses Motiv im 2. Jh. zu einem Abgrenzungsargument, ab dem 4. Jh. erst zu dem später gefährlichen antijüdischen Argument.
  7. Das Urchristentum war zunächst eine jüdische Sekte, schnell aber entwickelte sich, was wir heute „Judenchristen“ und „Heidenchristen“ nennen. Bei den „Judenchristen“ finden wir auch eine Christologie, die Jesus nicht göttlich erhöht (was dann wiederum ja auch jüdisch völlig problemlos ist).
    Zu ersten Gewaltakten zwischen Juden und Heidenchristen kommt es in Jerusalem. Die Tötung des Stephanus ist wohl eine Aktion des Mobs, nicht irgendwelcher Behörden. Die Rolle des Saulus / Paulus weißt darauf hin, dass sie auch von heute nicht mehr greifbaren „Institutionen“ geduldet wurde (Gal 1,13f), wobei eben interessanter Weise die Judenchristen (und somit auch die ersten Jünger = Apostel) unbehelligt bleiben. Hier geht es dann um einen weiteren grundlegenden und für die nahe Zukunft entschiedenden Unterschied zwischen Juden und auch Judenchristen einerseits und Heidenchristen andererseits: Die Heidenchristen stellen nämlich nicht nur den Tempel, sondern auch und vor allem die Geltung der Tora in Frage.

Grundsätzlich:
Es ist angesichts der Geschichte vielleicht ein schwieriges Unterfangen, aber zumindest auf der historischen Ebene sollte man die Ereignisse um den Tod Jesu von Nazareth nüchtern betrachten.
Dazu gehört auch, den urchristlichen Autoren nicht zu unterstellen, was erst moderne Menschen daraus gemacht haben. Daraus könnten wir dann eher lernen, dass die Menschheit nicht klüger, sondern gerade durch Vermutung, die früheren Menschen seien dümmer gewesen, eher dümmlicher wird.

Grüße,
Taju

Aha, wenn also im Laufe der Jahrhunderte Tausende, Millionen
Menschen wegen einem anderen getöteten Menschen sterben
müssen, dann ist das nur bezahlen und hat mit Hass nichts zu
tun?

Ich verstehe deine Empörung, aber das kommt daher, daß du die
Sache sehr oberflächlich beurteilst und nicht den tiefen
Zusammenhang mit der Tötung eines Gottes und seinen Folgen
(nicht eines Menschen) verstehen kannst.

Lieber Thorshammer,

Ich verstehe deine Empörung, aber das kommt daher, daß du die
Sache sehr oberflächlich beurteilst

Soso, weil Eli die Sache sehr oberflächlich beurteilt, verstehst Du seine Empörung?
Dies ist jetzt nur ein grammatisch begründeter Einwurf, und Du hast zweifellos etwas anderes sagen wollen. Doch weil ich immer noch meine, daß Menschen so denken wie sie sprechen, muß ich mich jetzt mal deinen Gedanken zuwenden.

Die „Tötung eines Gottes“ - erstens haben die Juden Jesus nicht für Gott gehalten, zqweitens haben sie ihn nicht getötet, drittens gab es damals so viele Götter, von denen man annahm, daß sie sterben und wiederauferstehen, daß die Sache mit Jesus nichts Besonderes gewesen wäre.
Aber: daß Jesus Gott war, ist eine Glaubensaussage, nicht eine ontologische Aussage. Doch nur, weil er Gott war, konnte sein Tod am Kreuz eine solche Heilsbedeutung bekommen. Es sind unter römischer Herrschaft Zehntausende gekreuzigt worden, ohne daß dies vergleichbare Bedeutung erlangt hätte.
Weiter: wenn der Tod Jesu eine solche Heilsbedeutung hatte, dann hatte er sie für alle Menschen. (Oder, um es mit den Worten unseres ehemaligen Bundespräsidenten Heinemann zu sagen: „Jesus ist nicht gegen Karl Marx, sondern für alle Menschen gestorben!“)
Wenn er für alle Menschen gestorben ist, dedeutet das, daß nicht ein Teil der Menschheit (in diesem Fall die Christen) an einem anderen Teil der Menschheit (den Juden in diesem Zusammenhang) Rache nehmen darf. Denn er ist ja für die einen wie die anderen gestorben. Denn wer für diesen Tod Rache nehmen will, hält ihn für etwas zu Bestrafendes, behaftet die angeblichen Täter auf ihrer angeblichen Schuld und leugnet damit genau das, was er anschließend behauptet: nämlich daß Jesus für unsere Schuld gestorben sei.

Und damit sind wir bei dem anderen, was Du für ein Argument hältst:

„Sein Blut komme über uns“, - die Antwort der Pharisäer auf
die Fragwürdigkeit der Verurteilung, ist doch nicht ohne
Folgen geblieben, sondern hat sich furchtbar bestätigt oder?
Wie sollte man sonst die jahrtausendealte Judenverfolgung
verstehen können?

Aus diesem Wort hat die Kirche jahrhunderte- oder jahrtausendelang ihre Berechtigung abgeleitet, die Juden zu verfolgen. Nur gibt es das nicht her, aber das ist seit Matthäus, der dies als einziger berichtet, sehr schnell in Vergessenheit geraten.

Doch bevor ich jetzt einen langen Artikwel dazu schreibe, verweise ich auf den Artikel von Andreas Bedenbender mit dem Titel „Sein Blut komme über uns…“, erschienen in „Texte und Kontexte“. Den kannst Du lesen - wenn es Dich interessiert - unter

http://www.texteundkontexte.de

Da gibt es dann den Abschnitt Artikel, und da steht er drin.

Im übrigen ist die Judenverfolgung keine christliche Erscheinung; sie ist schon im dritten Jhdt v.u.Z. aus Alexandria belegt.

Gruß - Rolf

4 „Gefällt mir“

Bestand nicht das eigentliche Skandalon für die Juden darin,
dass er behauptete, er (der „Menschensohn“) sei der/ein Sohn
Gottes?

Hallo,
ich bin leider nicht in der Lage, ganz zu verstehen, was Du damit sagen willst.

Das

Was, bitte?

beten jeder Juden jeden Tag, somit ist das

Dass Jesus behauptet, der Sohn Gottes zu sein?

kein Skandal
für einen Juden, sondern nur ein normales Selbstbekenntnis für
einen frommen Juden. Das dieses Verhältnis zu G’tt damalige
Heide irretiert hat, sehen wir ja an den Folgen.

Aber die Folgen - wenn damit die Hinrichtung gemeint ist - ergaben sich für Pilatus doch aus dem politischen, nicht aus dem religiösen Teil der Anklage. Denn darauf wird sich ja die Pilatus-Frage „Was ist Wahrheit?“ beziehen. Was sehe ich da falsch?
Beste Grüße!
H.

BS"D

ich bin leider nicht in der Lage, ganz zu verstehen, was Du
damit sagen willst.

Okay, mal sehen, ob es mir diesmal besser gelingt.

Das

Was, bitte?

Das sie Sohn (bzw. Tochter) von G’tt sind. Es ist eine normale „Redenswendung“, so wie alle Menschen die Kinder von G’tt sind.

Nichts besonderes, es sei denn es trifft auf Götzendiener, bei denen der G"tterhimmel völlig getrennt von den Menschen ist. Dann kam es offensichtlich zu einem Missverständnis.

beten jeder Juden jeden Tag, somit ist das

Dass Jesus behauptet, der Sohn Gottes zu sein?

Ja, ich behaupte das auch von mir und du kannst es ebenso von dir behaupten. Der Skandal liegt erst darin, wenn jemand aus einem Menschen einen G’tt macht, aber soweit ich weiss, hat Jesus dieses selber nie gesagt.

Aber die Folgen - wenn damit die Hinrichtung gemeint ist -
ergaben sich für Pilatus doch aus dem politischen, nicht aus
dem religiösen Teil der Anklage.

Ja, nur hätten Juden Jesus für obige Aussagen nie angeklagt. Warum auch?

Denn darauf wird sich ja die
Pilatus-Frage „Was ist Wahrheit?“ beziehen. Was sehe ich da
falsch?

Das es wahrscheinlich nie eine Anklage von DEN Juden gab, wenn von einzelnen, die so tief gesunken waren, dass sie darin ihre Freude hatten. Aber aus dem Judentum heraus gibt es hier KEINEN Anlass für eine Anklage.

Gruß,
Eli

Hallo,

Okay, mal sehen, ob es mir diesmal besser gelingt.

Erlaube bitte dennoch eine Nachfrage.

Das sie Sohn (bzw. Tochter) von G’tt sind. Es ist eine normale
„Redenswendung“, so wie alle Menschen die Kinder von G’tt
sind.
Der Skandal liegt erst darin, wenn jemand aus
einem Menschen einen G’tt macht, aber soweit ich weiss, hat
Jesus dieses selber nie gesagt.
nur hätten Juden Jesus für obige Aussagen nie angeklagt.
Warum auch?

Ich beziehe mich auf auf die Passionsgeschichte (Mt 26,63 ff):
Der HohePriester fragt Jesus feierlich, ob er der ”Christus, der Sohn Gottes” sei.
Ganz so, wie Du das täglich betest (und die Christen mit dem Anruf „Vater unser” auch), kann das ja nicht gemeint gewesen sein. Sonst hättte Kaiphas nach Jesus’ Antwort(„Ja. Von jetzt an werdet ihr sehen den Menschensohn, wie/dass er auf der rechten Seite der Macht Gottes sitzt und wie/dass er auf den Wolken des Himmels kommt”) nicht eine Blasphemie festgestellt („Jetzt habt ihr die Lästerung gehört”) und sich das Gewand zerrissen.
Die Nestle-Bibel gibt eine Reihe von Bibelstellen an, auf die Jesus da anspielt.
Folgerichtig wird dann von den Anwesenden auf die entsprechende Frage des Kaiphas für die Todesstrafe plädiert.
Dem Pilatus wird Jesus dann aber als Aufruhrstifter gegen die von den Römern verhängte politische Ordnung präsentiert.
Der Zweck der Anklage vor Pilatus: „Uns ist es nicht erlaubt, jemanden hinzurichten.“ (Joh 18,31)
Pilatus führt (nach Johannes) das Verhör unter dem Gesichtspunkt der König-der-Juden-Frage und kann keine Schuld feststellen. Aber die Freilassung blockieren die Juden: „Wir haben ein Gesetz, und nach dem
Gesetz ist er es schuldig, zu sterben, weil er sich selbst zum Sohn Gottes gemacht hat.“ (Joh. 19,7)
Erst als wieder die Politik ins Spiel kommt („Du bist nicht loyal dem Kaiser gegenüber, wenn du den da freilässt“ Joh 19,12, und „Außer dem Kaiser haben wir keinen König“ Joh 19,16) gibt Pilatus nach.
Ich kann die Berichte der Evangelien nicht anders lesen. Das Ausmaß ihrer historischen Treue und Zuverlässigkeit werden wir wohl beide nicht genau genug feststellen können. Aber für die Hinrichtung Jesus’ wird man, wie mir scheint, vom Zusammenwirken religiöser und politischer Motive nicht wegkommen.

Das es wahrscheinlich nie eine Anklage von DEN Juden gab

Da möchte ich klarstellen:
Es wäre ein ganz schreckliches Missverständnis, wenn Du meine Zeilen so gelesen hättest, als würde ich DIE Juden meinen (von damals oder von heute oder von damals bis heute). Ich meinte und meine die in den Evangelienberichten auftretenden, die gleichen, die Du ja auch meinst.
Beste Grüße!
H.

BS"D

Ich beziehe mich auf auf die Passionsgeschichte (Mt 26,63 ff):

Entschuldige, dass ich die Texte hier für die Beantwortung immer erst nachlese :wink:

Ganz so, wie Du das täglich betest (und die Christen mit dem
Anruf „Vater unser” auch), kann das ja nicht gemeint gewesen
sein. Sonst hättte Kaiphas nach Jesus’ Antwort(„Ja. Von jetzt
an werdet ihr sehen den Menschensohn, wie/dass er auf der
rechten Seite der Macht Gottes sitzt und wie/dass er auf den
Wolken des Himmels kommt”) nicht eine Blasphemie festgestellt
(„Jetzt habt ihr die Lästerung gehört”) und sich das Gewand
zerrissen.

Mh, warum sollte er sein Gewand zerreissen und warum sollte ihn überhaupt diese Aussage stören?

Folgerichtig wird dann von den Anwesenden auf die
entsprechende Frage des Kaiphas für die Todesstrafe plädiert.

Mh, ich wüsste immer noch nicht, warum darauf die Todesstrafe stehen sollte.

Dem Pilatus wird Jesus dann aber als Aufruhrstifter gegen die
von den Römern verhängte politische Ordnung präsentiert.

Was wohl der tatsächlichen Anklage am Nächsten kommen wird.

Der Zweck der Anklage vor Pilatus: „Uns ist es nicht erlaubt,
jemanden hinzurichten.“ (Joh 18,31)

Mh, entspricht nun überhaupt nicht den historischen Tatsachen. Gerade Pilatus war hier sehr blutrünstig und hat sich um so etwas nie gestört.

Pilatus führt (nach Johannes) das Verhör unter dem
Gesichtspunkt der König-der-Juden-Frage und kann keine Schuld
feststellen. Aber die Freilassung blockieren die Juden: „Wir
haben ein Gesetz, und nach dem
Gesetz ist er es schuldig, zu sterben, weil er sich selbst zum
Sohn Gottes gemacht hat.“ (Joh. 19,7)

Ziehmlich verworren und mit der jüdischen Lehre kaum in Zusammenhang zu bringen. Für mich ist auch dieser Text nur verständlich in einer nachträglichen Beschreibung, als sich die ganzen äusseren Umstände schon massiv geändert hat.

Ich kann die Berichte der Evangelien nicht anders lesen. Das
Ausmaß ihrer historischen Treue und Zuverlässigkeit werden wir
wohl beide nicht genau genug feststellen können. Aber für die
Hinrichtung Jesus’ wird man, wie mir scheint, vom
Zusammenwirken religiöser und politischer Motive nicht
wegkommen.

Nu, welche relgiöse Motive sollten hier denn vorliegen? Wenn es solch eine Anklage und Verurteilung je gab, dann ging es dabei alleine um Macht und rein weltliche Motive.

Gruß,
Eli

Hallo!

Wenn
es solch eine Anklage und Verurteilung je gab, dann ging es
dabei alleine um Macht und rein weltliche Motive.

Da aber, wenn Du den Quellenwert der Zeugnisse überhaupt leugnest, hört leider jede Diskussion auf.
Beste Grüße!
H.

Hoi Eli nochmals

Mh, warum sollte er sein Gewand zerreissen und warum sollte
ihn überhaupt diese Aussage stören?

Mh, ich wüsste immer noch nicht, warum darauf die Todesstrafe
stehen sollte.

Das ist doch gerade meine Ausgangsfrage! Aber wenn Du sie nicht beantworten kannst, ist das immerhin ein Hinweis darauf, dass das jüdische Recht so etwas nicht kennt und also all die Juden, die dieses jüdische Recht anerkennen, mit Jesus eigentlich nicht auf schlechtem Fusse stehen.

Ich frage mich allerdings, ob nicht wegen der Tempelzerstörung auch bei Euch Juden entscheidendes Wissen verloren gegangen ist (insbesondere etwa über ein allfälliges Prozessrecht der Sadduzäer, welches für diesen Fall vom - wohl sadduzäisch beherrschten - Sanhedrin angewendet wurde, und welches zu einer Unheiligen Allianz zwischen einigen pharisäischen und einigen sadduzäischen Gegnern Jesu geführt haben könnte), aber das ist reine Spekulation von mir.

Wichtiger scheint mir, dass jeder Mensch, auch ein Jude, sich darüber klar werden sollte, dass er bei allem theoretischen Glauben nicht gefeit ist vor eigenen bösen Taten oder eigener böser Haltung, die im Extremfall zur Verurteilung eines Unschuldigen zum Tode führen können.
Erregt dieser Gedanke Anstoss bei Euch, ist er eher gleichgültig, oder könntet Ihr ihn unter Umständen mitvollziehen? Unter welchen? (Mit anderweitigen Vorbehalten gegen das Christentum - aber was ist schon Christentum…)

Gruss
Mike