Hallo Mike,
Ich sehe nicht: Inwiefern hängt
von den Frauen mehr ab
ausser dass sie ihren Zyklus kennen und daher evtl. eine
gewisse Wahrscheinlichkeit eintreten lassen können, dass es
ein bzw. kein Kind gibt;
nein, so meinte ich es nicht. Da Frauen diejenigen sind, die Kinder austragen und gebären, sind sie der limitierende Faktor. Wenn 30% der Akademikerinnen keine Kinder wollen, dann fallen also 3 von 10 Akademikerinnen als potentielle Mütter aus. Wollen wir unter Akademikerinnen auf einen Durchschnitt von 2 Kindern pro Frau kommen, müssen also die restlichen 70% wesentlich mehr Kinder kriegen. Das Gleiche gilt natürlich auch für Nicht-Akademikerinnen, ich habe mich jetzt nur darauf bezogen, weil ich den Zahlenwert für die weibliche Bevölkerung im Allgemeinen nicht kenne.
Wenn in einer Beziehung eine Frau Kinderwunsch hat, ihr Partner aber nicht, sucht sie sich nicht selten einen neuen Partner. Umgekehrt funktioniert das zwar auch, aber der Mann muss sich eben eine von jenen 70% (oder wieviele auch immer das in der Gesamtfrauenbevölkerung sind) suchen, ihre Zahl ist halt begrenzt und ihre Vorstellung ist es meist eben auch, nur max. 1-2 Kinder zu haben. Also, je mehr Frauen Kinder wollen, desto mehr Kinder wird die Gesellschaft auch haben.
dass sie sich langweilen, wenn sie mit dem Kind zu Hause bleiben
muessten
kann ich kaum glauben, ein Kind ist eine sehr anstrengende
Unterhaltung,
Natürlich. Aber nicht jede Frau und nicht jeder Mann möchte von früh bis spät Kinderspiele spielen, Kinderbücher lesen, Kinderlieder singen etc. Ich für meinen Teil jedenfalls kann mir vorstellen, das ab und zu zu machen, aber nicht sieben Tage die Woche von früh bis spät. Das ist der Unterschied zwischen mir und einer Erzieherin/Tagesmutter, die das im Idealfall mag. 
Hingegen mag ich aber meinen Beruf sehr - es macht mir Spaß, im Labor zu stehen und spannenden medizinisch-chemischen Fragen auf den Grund zu gehen. Ich kann mir nicht vorstellen, lange damit auszusetzen, das würde mir sehr fehlen. Ich schätze, so geht es vielen, die ihren Beruf als Berufung verstehen.
Hausarbeit ist damit noch keine gemacht,
Hausarbeit ist etwas, womit man mich jagen kann, mein Zuhause sieht total chaotisch aus. Ich sehne schon der Zeit entgegen, wenn ich endlich mit dem Studium durch bin und dann lieber einen Teil meines Gehalts dafür ausgebe, dass jemand anderer einmal die Woche vorbeikommt und mein Zuhause etwas wohnlicher gestaltet.
und wer
pensioniert wäre, würde die Sache problemlos zu Hause mit
vielen Besuchen, Spaziergängen und Aktivitäten durchleben.
Natürlich geht das alles, aber mein Labor ersetzt mir das alles nicht. 
Vielmehr spielen Geld, Macht, Besitz und besonders das Ansehen
mit hinein, das mit ihnen einhergeht.
Sicher, auch diese Dinge „hängen“ an einem Arbeitsplatz dran. Aber für wen was genau welchen Anteil ausmacht, das ist individuell. Wie gesagt, ich denke, es geht vielen gerade gut ausgebildeten Frauen und Männern so, dass ihnen ihr Beruf einfach fehlen würde, während ihnen Basteln und Singen nicht ganz so viel Spaß bereitet, jedenfalls nicht 24 h am Tag, 7 Tage die Woche.
nehmen beide ihre Arbeit wieder auf,
hagelt es von allen Seiten Kritik
Dass am Einzelfall Kritik geübt würde, ist mir nicht bekannt,
obschon ich Eltern kenne, die baldmöglichst weitergearbeitet
haben. Allerdings kommt Kritik aus der öffentlichen Debatte
über solche Fälle im allgemeinen, also z. B. von
Fernsehsendungen oder aus Leserbriefen in Zeitungen gegen
solche Mütter überhaupt.
Und diese Kritik bewirkt, dass sich Frauen (und Männer) so sehr unter Druck gesetzt fühlen, dass sie sich „präventiv“ völlig gegen Kinder entscheiden. So nach dem Motto, lieber gar keine Kinder kriegen, als eine Rabenmutter/ein Rabenvater sein.
Das ist etwas anderes als die (wohl
seltene) Kritik am Einzelfall, weil dahinter unter anderem die
berechtigte Sorge steht, dass man nicht die Situationen der
Familien und auch nicht so sehr die Situationen der Mütter
verbessern wollte, als man sie verstärkt ins Wirtschaftsleben
holte, sondern dass mehr Arbeitskräfte einfach ein Vorteil für
die Wirtschaft waren, und dass man mit einer dermassen
weitgreifenden Umgestaltung der Gesellschaft an einem
Schräubchen einer riesengrossen Maschine dreht, deren
Gebrauchsanleitung man leider verlegt hat.
Diese Sorge habe ich nicht, denn ich traue den Leuten durchaus zu, selbst für sich zu entscheiden, was für sie das Beste ist. Das geht aber nur, wenn kein Druck von öffentlicher Seite besteht. Wenn Frauen von allen Seiten erzählt wird, sie müssten allermindestens 6 Monate lang voll und danach noch 6-12 Monate teilweise stillen, sie dürften ihr Kind nicht vor dem 3. Geburtstag in den Kindergarten geben usw., dann erzeugt das einen unheimlichen Druck, der bewirkt, dass diejenigen, die ihren Beruf lieben, keinen Weg mehr sehen, den Beruf mit Kindern zu vereinbaren und entweder den Beruf oder den Kinderwunsch aufgeben. Doch in Wirklichkeit IST beides vereinbar, wenn man nicht perfektionistisch herangeht und nicht alle Ansprüche zu erfüllen versucht, die gesellschaftlich als optimal vorgegeben werden.
Respektlosigkeit der Werbung
Man fange bei Familien selbst an. Sie wirken so gestelzt,
aufgesetzt, meistens mit jungen Mädchen als Müttern, die so
gestylt sind, dass sie in Wirklichkeit praktisch alles, nur
keine Mütter sein könnten, mit Kindern, die am liebsten
Hausaufgaben lösen und selbstverständlich immer gute Laune
haben, mit Vätern, die vor lauter Bodycrème und grossen
Versicherungen wenigstens fünfzig Jahre lang nichts gegessen
haben dürften, um all diesen Mist einzukaufen, und mit
Grossvätern und Grossmüttern, die - wenn sie denn einmal
erscheinen sollten - ihre Enkel mit Akrobatikkunststücken
verwöhnen.
Ja, die heile Welt halt. Wenn Firmen in Werbung investieren, wollen sie ihre Produkte natürlich verkaufen. Und das funktioniert nicht, wenn man die Realität abbildet, die eh jeder täglich um sich herum sieht.
Denn solche Zerrbilder von Familien
sind vorrangig dazu da, einem den Appetit auf das wahre Leben
gründlich zu versalzen.
Letztlich muss eben jeder selbst seine Prioritäten für sich definieren. Dazu sollten erwachsene Menschen in der Lage sein. Die Werbung dafür verantwortlich zu machen, dass erwachsene Menschen nicht mehr zwischen Film und Realität unterscheiden können und ihr eigenes Leben kaputtmachen, finde ich unfair.
Nun ist aber die Familie in der Werbung äusserst selten
anzutreffen. Dies ist der zweite und schon wesentlich tiefere
Grund, warum die Werbung am Kindermangel einen
ernstzunehmenden Anteil trägt. Viel häufiger ist die Familie
durch den simplen Eros ersetzt, die schöne junge Unabhängige
und den täglich beim Friseur anzutreffenden Fitnesshelden.
Was war zuerst da - die Henne oder das Ei? Werbung bedient die Wünsche der Kunden. Sind die meisten Kunden Familienväter und -mütter und sehen ihr Glück darin, Kinder zu haben, dann wird die Werbung diese Träume bedienen. Nicht die Gesellschaft wird von Werbung geformt, sondern die Werbung geht von real existierenden Sehnsüchten der Menschen aus und nutzt sie.
Sodann ist die Konsumgesellschaft durch die Werbung auch zum
Fernsehen gekommen. Die Werbung finanziert nämlich den
grössten Teil des Programms. Also kleben die Leute weitgehend
deswegen den ganzen Tag über an der Flimmerkiste, weil es die
Werbung gibt. Und dieser Umstand hat seine Auswirkungen auf
das Sozialleben, sei es die, dass jeder sein eigenes Programm
schauen will, oder die, dass keiner mehr Gesprächspartner
braucht, oder auch die, dass die Realität profan erscheint
angesichts der (an- und abstellbaren!) Phantasiewelt.
Ich finde, man sollte erwachsenen Menschen schon zutrauen, selbst zu entscheiden, wo sie ihre Prioritäten setzen - ob beim Treffen mit Freunden oder beim Fernsehgucken.
Ich glaube,
dass die Vergötzung des Geldes durch wen auch immer das
Grundübel bei vielen kinderlosen Menschen ist, welche sich
wenigstens ansatzweise mit Paaren vergleichen lassen, die
Kinder kriegen.
Wie gesagt, meiner Meinung nach mag das für manche zutreffen, aber bei weitem nicht für alle. Es gibt in meinem Umfeld so einige Leute, die extrem an ihrem Beruf hängen (ohne dass sie allzu gut verdienen würden, also am Geld liegt ihre Arbeitswut sicher nicht) und sich ein Leben ohne Beruf nicht vorstellen können. Zwei meiner Kolleginnen sind dreißig bzw. drüber, eine in fester Beziehung, eine andere frisch verheiratet, beide verdienen durchschnittlich, leben bescheiden (verprassen also nicht das Geld für Statussymbole, Parties, Markenklamotten etc.), aber nagen auch nicht am Hungertuch, doch an Kinder denken sie momentan überhaupt nicht. Ich bin mir sicher, wenn man ihnen einen bezahlbaren ganztägigen Krippenplatz ab 6 Monaten garantieren und man nicht von allen Seiten auf sie einreden würde, Fremdbetreuung sei schlecht fürs Kindeswohl, würden sie schon Kinder haben. Aber da dem nicht so ist, siegt der Perfektionismus, schlechte Mütter wollen sie ja nicht sein, Beruf aufgeben ist auch keine Option, und der Kinderwunsch wird immer weiter aufgeschoben. Vielleicht wird er auch nie verwirklicht.
Aus eigener Beobachtung halte ich deshalb die fehlenden Möglichkeiten für Fremdbetreuung von Kleinkindern sowie gerade jenen gesellschaftlichen Druck auf Eltern für äußerst kontraproduktiv und für die hauptsächliche Wurzel des Übels.
Mit dem Druck gegen Fremdbetreuung geht auch der Druck einher, Eltern müssten ihr Kind perfekt fördern. Früher war es völlig natürlich, Kinder zu haben, sie wuchsen nebenher auf, und niemand musste sich ständig fragen, ob er ein guter Vater/eine gute Mutter ist. Die Eltern konnten weitgehend dasselbe Leben weiterführen wie vor der Geburt des Kindes. Heute hingegen wird um jedes Kind ein Riesenaufstand gemacht: Wie fördere ich das Baby richtig? Wie schaffe ich die richtige Hygiene (bei vielen kann man ja schon vom Boden essen)? Welches Spielzeug ist am besten für die Entwicklung des Kindes und welches könnte womöglich schaden? Welche Ernährung ist die richtige? Muss ich mein Kind den ganzen Tag lang unterhalten und wenn ja, wie? Zu wievielen Aktivitäten muss ich es mitschleppen? Frühförderung, Englisch, Sport, Musikschule… Das Kind steht im Mittelpunkt und die Eltern haben Angst zu versagen, haben das Gefühl, sie müssten ihr ganzes Leben nach dem Kind ausrichten. Das macht vielen jungen Menschen Angst, sie wollen nicht ihr ganzes Leben von Grund auf umkrempeln (müssten sie ja eigentlich auch nicht, aber gesellschaftlich suggeriert wird das Gegenteil!) und entscheiden sich wiederum gänzlich gegen Kinder.
Deshalb besteht die Formel für mehr Kinder meiner Meinung nach aus zwei Teilen:
- jeglicher Druck weg, der besagt, was „gute Eltern“ alles zu tun und zu lassen hätten und was „normal entwickelte Kinder“ in welchem Alter schon alles können müssen
- bezahlbare und qualitativ hochwertige Fremdbetreuungsplätze in ausreichender Menge
Dann klappt’s auch mit den Kindern. 
Gruß
Anja