Hallo liebe w-w-w-Gemeinde!
Ich werde euch mal meine Situation schildern und vielleicht könnt ihr mir ein paar Denkanstöße geben.
Ich bin w, Mitte 20 und führe eine Fernbeziehung (wirklich Fern-, keine Wochenendbeziehung). Mein Partner ist sehr liebevoll, verständnisvoll, hilfsbereit, und ich mag ihn sehr. Ich sage bewusst nicht, dass ich ihn liebe, denn das ist nicht das, was ich spüre (das Gleiche für ihn). Aber ich denke auch nicht, dass sich dieses Gefühl tatsächlich bei einer Fernbeziehung entwickeln kann, denn dafür verbringen wir zu wenig Zeit miteinander. Ich vertraue ihm zu 100% und fühle mich sehr wohl und gut aufgehoben bei ihm. Die Entfernung macht mir sehr zu schaffen, doch in ein paar Jahren werden wir die Möglichkeit haben zusammenzuziehen, und diese Aussicht ist das, was mir immer wieder Mut macht. Unsere Zukunftsvorstellungen sind auch sehr ähnlich, wir sind beide familienorientiert und haben uns schon ein wenig darüber ausgetauscht. So weit, so gut.
Es gibt jedoch, wie immer, auch die andere Seite der Medaille. Ich hatte von Anfang an kein „Schmetterlignsgefühl“, habe keinen „Kick“ verspürt, von dem hier im Forum kürzlich die Rede war. Mein Freund ist ruhig, sicherheitsbedacht, plant alles im Voraus und in seiner Freizeit trifft er sich am liebsten mit seinen Freunden und Kollegen bei einem Bierchen, um mit ihnen zu plaudern. Ich hingegen würde am liebsten aktiv was unternehmen, mehr Neues erleben, spontaner sein. Kurz gesagt, ich finde seine Freizeitplanung langweilig, während er viele meiner Vorschläge als zu riskant oder einfach zu ungemütlich abtut.
Vor einem halben Jahr habe ich beruflich jemanden kennen gelernt, nennen wir ihn A. Ich habe ihn nur einmal im Rahmen eines Projektes gesehen und mich etwas mit ihm unterhalten. Neulich musste ich ihm eine Email schreiben, um etwas bzgl. des damaligen Projektes nachzufragen. Ich weiß jetzt nicht einmal mehr wie er aussieht, die Details unseres damaligen Gesprächs weiß ich auch nicht mehr so richtig. Aber an dem Tag hatte ich hinterher so ein beschwingtes Gefühl und wollte ihn gern wiedersehen (leider hat mein Chef jedoch die meiner Meinung nach aus beruflicher Sicht sinnvolle Kooperation mit der anderen Arbeitsgruppe als zu dem Zeitpunkt nicht für sinnvoll erachtet). Aber dazu gab es eben keine Gelegenheit und so habe ich ihn schon beinahe vergessen. Als ich nun diese Email geschrieben habe, kam dieses Gefühl wieder auf. Ich weiß, dass falls ich ihn noch mal treffen müsste, ich mich darüber freuen würde.
Heute habe ich etwas mehr darüber nachgedacht. Da ich A gar nicht kenne, kann es durchaus sein, dass ich einfach meine in der jetzigen Beziehung nicht erfüllten Vorstellungen auf ihn projiziere. Das muss nicht der Realität entsprechen und vielleicht geht es auch nicht persönlich um A, sondern mehr um eine Vorstellung vom perfekten Partner. A’s Lebenslauf ähnelt meinem sehr - wir haben beide bei null angefangen (ohne Sprachkenntnisse in einem fremden Land, und wir stammen aus demselben Land), uns aus eigener Kraft hochgearbeitet und haben nun gute Positionen inne. Unsere Jobs machen uns Spaß, wobei ich A für seine Fachkenntnisse und seine Begeisterung für sein Projekt bewundere (ich muss allerdings dazu sagen, dass mein Partner auch sehr gut auf seinem Gebiet ist und ihm seine Arbeit auch sehr viel Spaß macht, aber diese Begeisterung spüre ich eben nicht, wahrscheinlich weil er insgesamt ruhiger ist). Ich habe das Gefühl, jemand, der etwas Ähnliches durchgemacht hat wie ich und der außerdem aus meinem Kulturkreis stammt, könnte mich besser verstehen, ich suche quasi nach einer Seelenverwandtschaft sowie nach mehr Lockerheit und Spontaneität. Ich bin jung, ich möchte noch etwas erleben, vielleicht etwas riskieren, vielleicht auch mal verrückt sein!
Erschwerend zu diesen Überlegungen kommt hinzu, dass ich momentan da, wo ich wohne, sehr einsam bin. Meine Freunde sind weit weg, und ich bin sowieso kein geselliger Mensch und tu mich schwer damit, andere Menschen kennenzulernen. Ich mag keine oberflächlichen Bekanntschaften und große Runden, sondern suche auch hier wieder nach einer Art Seelenverwandtschaft. So jemanden habe ich hier noch nicht gefunden und friste momentan ein einsames Dasein. Wenn ich mehr Gleichgesinnte kennenlernen (und daran arbeite ich momentan) und mit ihnen Dinge unternehmen würde, die mir Spaß machen, würde sich vielleicht mein Drang, mit meinem Partner mehr aktiv zu unternehmen, relativieren? Er ist eine Art Ruhepol für mich, doch momentan habe ich zu viel Ruhe um mich.
Was ist eure Erfahrung bzgl. gemeinsamer Interessen mit dem Partner? Reicht es aus, gleichgesinnte Freunde zu finden und mit ihnen das zu unternehmen, was man möchte? Oder sollte der Partner die eigenen Interessen zumindest im Groben (also aktive vs. passive Freizeitgestaltung) teilen? Braucht eine Beziehung am Anfang den „Kick“ oder kann sich eine gute und dauerhafte Beziehung auch von Anfang an ruhig entwickeln?
Ich hoffe auf ein paar Denkanstöße, denn momentan sehe ich den Wald vor lauter Bäumen nicht und bin verwirrt.
Grüße
Green Tea