Bibelübersetzungen

Hallo,

warum gibt es überhaupt so viele Bibelübersetzungen?
Wortwahl und Satzstellung sind zwar unterschiedlich, aber die Inhalte sind doch im Grunde nicht anders, auch wenn z.T. andere Interpretationen möglich sind.

Gruß Steffi

Hi!

Weil jede Wortwahl automatisch auch den Inhalt anders widergibt.
Einige Bibelübersetzungen versuchen möglichst nahe am hebräischen Original zu bleiben (von Tohuwabohu über Irrsal und Wirrsal bis zur möglichst orginalgetreuen Satzstellung).
Andere möchten den Kern möglichst gut treffen (Luther) und das in adequater deutscher Sprache.
Wiederum andere möchten die Bibel einfach verständlicher machen (Elberfelder) bis nur noch Bruchstücke übrig bleiben die einem nur einen groben Ansatz des Inhalts geben (HFA, GNB) aber kaum noch Ansätze auf denen man wissenschaftlich arbeiten kann, weil sie einfach schon viel zu weit vom Original(bzw. dem was wir haben) entfernt sind.

Ein einzelnes Wort kann so viel ausmachen…

lg
Kate

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hi,

bei jeder Übersetzung hat der Übersetzer einen Hintergedanken. Der eine will verständlich, auch für Jünger übersetzen (z.B. Eimer statt Schemel), der andere will ganz genau am Text bleiben (manche viel zu genau), der andere wiederum den Sinn genau herausstellen usw. Je nachdem, was man mit der Übersetzung erreichen will, übersetzt man.

Die Hoffnung für alle will gut verständlich sein - für den ersten Eindruck. Die Bibel in Gerechter Sprache will „Gerechtigkeit“. Luther wollte ebenfalls „dem Volke aufs Maul schauen“ und Elberfelder so Textnah (und teilweise nicht so einfach zu lesen) sein …

Jede mdas Seine also! Ich mag die Hoffnung für alle, weil ich da einfach so vor mich hin schmökern kann und den Sinn verstehe. Wenn ich mit der Bibel arbeiten will, nehme ich Luther oder den Originaltext. Sowieso ist wissenschaft. Arbeiten nur am Originaltext wirklich empfehlenswert, weil die „Denke“ einfach völlig anders ist und man Wörter nie gleich wiedergeben kann.

Grüße,
Chris

Danke euch für die Erklärungen.

Die Übersetzer haben also alle eine Absicht. Aber verfälscht das nicht den Sinn, der ursprünglich dahinter steht?
So wie z.B. „ist es köstlich gewesen“ bei Luther im 90. Psalm (siehe ein Beitrag weiter unten. Wie verlinkt man das eigentlich?)
Durch Luthers Übersetzung verstehe ich den Inhalt ganz anders.
Woran soll man sich bei so viel Einflußnahme der Übersetzer denn halten, wenn man selbst den Urtext nicht lesen kann?

Gruß Steffi

Hallo Steffi,

Die Übersetzer haben also alle eine Absicht. Aber verfälscht
das nicht den Sinn, der ursprünglich dahinter steht?

jeder Übersetzer hat sich bemüht, den Text verständlich zu gestalten. Durch die Jahrhunderte kann es da aber zu einem Bedeutungswandel kommen. Wer spricht heute noch, wie Luther geschrieben hat?

So wie z.B. „ist es köstlich gewesen“ bei Luther im 90. Psalm
(siehe ein Beitrag weiter unten. Wie verlinkt man das
eigentlich?)

„Fester Link dieses Artikels“ anklicken und die Adresse kopieren
http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…

Durch Luthers Übersetzung verstehe ich den Inhalt ganz anders.
Woran soll man sich bei so viel Einflußnahme der Übersetzer
denn halten, wenn man selbst den Urtext nicht lesen kann?

Am Besten mehrere Übersetzungen lesen. Das gibt dann ein breites Spektrum dessen. was hier gemeint sein kann. Du entscheidest dann für Dich, was in Deiner Situation am passendsten ist :wink:

Die wirklich wichtigen Stellen der Bibel sind bei allen Übersetzern eindeutig.

Gruss Harald

1 „Gefällt mir“

Hallo Steffi,
eine Übersetzung muss bis zu einem gewissen Grad interpretieren, selbst zwischen zeitgenössischen Sprachen.
Das ist keine (böse) Absicht oder Manipulation, sondern zwangsläufig und dies um so mehr, wenn dabei noch ein Graben von bis zu 3000 Jahren Kulturgeschichte überwunden werden muss.

Dabei fließen natürlich auch die Vorannahmen der Übersetzer ein. Die heutigen Übersetzungen werden alle von Kommissionen durchgeführt, so dass zumindest die reine Privatmeinung Einzelner nicht mehr entscheidend für das Ergebnis ist. Mit wenigen Ausnahmen, wie der „Neue Welt Übersetzung“ der Zeugen Jehovas, kannst du davon ausgehen, dass die Übersetzungen durchgängig versuchen der Aussageabsicht der Urtexte so gerecht wie möglich zu werden und diese nicht strategisch umdeutet. Auch wenn es immer wieder „Streitpunkte“ gibt, im Kern sind sich die Übersetzungen einig.

Wie andere hier schon aussagten setzen die einzelnen Übersetzungen dabei jeweils andere Schwerpunkte vor allem in der Zielgruppe und dem Sprachniveau bzw. -stil, die aber in der Regel auch offen gelegt werden. Außerdem haben die meisten Bibeln auch Verweise auf Alternativübersetzungen oder Anmerkungen zu schwierig zu übersetzenden Stellen.

Ich fürchte selbst das Studium der Urtexte würde keine letzte Klarheit bringen, weil auch wenn ich die Übersetzungsmöglichkeiten alle kenne, bleibt oft die Unsicherheit, wie dieses Wort damals tatsächlich gemeint und verstanden wurde.

Am Ende zählt dann nur was bei dir ankommt. Was nützt es dir, wenn du erfährst was die Autoren wahrscheinlich tatsächlich meinten, es dir aber nichts bedeutet?

Gruß
Werner

Die Übersetzer haben also alle eine Absicht. Aber verfälscht
das nicht den Sinn, der ursprünglich dahinter steht?

Genau so ist es. Man sagt sogar, dass die christliche Übersetzung des Alten Testaments antisemitisch sei. Ich kann das schlecht überprüfen, da ich noch nicht alles gelesen habe und auch keine jüdische Übersetzung zum Vergleich da habe.

Woran soll man sich bei so viel Einflußnahme der Übersetzer
denn halten, wenn man selbst den Urtext nicht lesen kann?

Gute Frage. Auf keinen Fall sollte man - so denke ich - alles was in der Bibel steht, absolut wörtlich nehmen, eben weil man nicht den Urtext lesen kann, sondern nur eine Übersetzung in der Hand hat.

Schöne Grüße

Petra

Die Übersetzer haben also alle eine Absicht. Aber verfälscht
das nicht den Sinn, der ursprünglich dahinter steht?

Genau so ist es. Man sagt sogar, dass die christliche
Übersetzung des Alten Testaments antisemitisch sei. Ich kann
das schlecht überprüfen, da ich noch nicht alles gelesen habe
und auch keine jüdische Übersetzung zum Vergleich da habe.

Das würde mich jetzt auch interessieren. Soweit ich bisher gelesen habe, ging es dabei oft um die „verbrechen“ Gottes (Massenmorde/bestrafungen etc.) die sich ja großteils im AT abspielen und mit entsprechender Rhetorik antisemitisch ausgelegt wurden.

Ich kann mir jetzt nicht vorstellen, dass diese in der jüd. Übersetzung fehlen, und halte es darum für eine rein Diskussions-bezogene Auslegung, lasse mich aber gerne eines besseren belehren.

lg
Kate

Hallo Werner,

Auch wenn es immer wieder „Streitpunkte“ gibt, im
Kern sind sich die Übersetzungen einig.

Hier stimme ich mit dir überein.

Mit
wenigen Ausnahmen, wie der „Neue Welt Übersetzung“ der Zeugen
Jehovas, kannst du davon ausgehen, dass die Übersetzungen
durchgängig versuchen der Aussageabsicht der Urtexte so
gerecht wie möglich zu werden und diese nicht strategisch

umdeutet.

Hier nicht.

Jede Bibelübersetzung bringt ihren eigenen Stil mit. Ein Kennzeichen der Neuen-Welt-Übersetzung ist, dass sie keine Rücksicht auf kirchliche Traditionen genommen hat, und deswegen in vielen Punkten näher am Original ist.

Man kann sich durchaus darüber streiten, was der Namen Jehova im Neuen Testament zu suchen hat. Aber genauso kann man sich fragen, warum der Eigennamen Gottes JHWH in den allen gängigen Übersetzungen als HERR wiedergegeben wird.

Und hier ein Paradebeispiel, Jesaja 61:1 (erste Hälfte):

Elberfelder 1871
Der Geist des Herrn, Jehovas, ist auf mir, weil Jehova mich gesalbt hat, um den Sanftmütigen frohe Botschaft zu bringen,

Elberfelder rv2, heute
Der Geist des Herrn, HERRN, ist auf mir; denn der HERR hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, den Elenden frohe Botschaft zu bringen,

Luther 1984
Der Geist Gottes des HERRN ist auf mir, weil der HERR mich gesalbt hat. Er hat mich gesandt, den Elenden gute Botschaft zu bringen,

Einheitsübersetzung
Der Geist Gottes, des Herrn, ruht auf mir; / denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe

Neu-Welt-Übersetzung
Der Geist des Souveränen Herrn Jehova ist auf mir, darum, daß Jehova mich gesalbt hat, um den Sanftmütigen gute Botschaft kundzutun

Zwischen den Begriffen „Elenden“, „Armen“ und „Sanftmütigen“ gibt es Unterschiede. Woher kommt das?
Nun in Lukas 4:18 zitiert Jesus aus Jesaja, aber er sagt;

Elberfelder 1871
"Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat, Armen gute Botschaft zu verkündigen;

Elberfelder rv2, heute
Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat, Armen gute Botschaft zu verkündigen;

Luther 1984
«Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat, zu verkündigen das Evangelium den Armen;

Einheitsübersetzung
«Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat, zu verkündigen das Evangelium den Armen;

Neu-Welt-Übersetzung
Der Geist des Herrn ruht auf mir; / denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, / damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe;

Nun in Jesaja 61:1 geht es nicht um Arme oder Elende, sondern um Sanftmütige. Aber um die Diskrepanz zum Lukas-Evangelium auszugleichen wurde einfach ein Begriff angepasst.

Wir können nun einen neuen Artikelbaum aufmachen und uns mit tausenden von Einzelbeispielen durchschlagen. Wenn man aber der Neue-Welt-Übersetzung vorwirft, nicht den Urtexten gerecht zu werden, weil man die Zeugen Jehovas nicht mag, tut man unrecht.

Gruß
Carlos

2 „Gefällt mir“

Hallo,
ich denke auch, dass es nicht sinvoll ist hier eine NWÜ-Diskussion einzubauen.
Meine Äußerung ging dahin, dass die ZJ in ihrer Übersetzung die Texte strategisch veränderten zugunsten ihrer theologischen Grundpositionen.
Das geht über die Entscheidung einzelne Worte so oder anders zu übersetzen, wie du sie im Vergleich mehrerer Übersetzungen immer finden wirst, hinaus.

Besonders denke ich hier an die „Umübersetzung“ der Aussagen zur Natur Jesu, der in der NWÜ konsequent zum nachgeordneten Geschöpf Gottes gemacht wurde (um damit der verworfenen Trinität die Basis zu entziehen?!).

Damit möchte ich nun nicht die Diskussion darüber eröffnen wer hier recht hat, sondern deutlich machen, dass es in meiner Aussage nicht um die Frage einzelner strittiger Worte ging, sonder wie gesagt, um Veränderungen im Kern der Aussage der Bibel.

Gruß
Werner

Man sagt sogar, dass die christliche
Übersetzung des Alten Testaments antisemitisch sei.

Als die geschah, gab es noch nicht einmal das wort „Antisemit“. Das Christentum entstand aus einer Abspaltung von der Muttergruppe (Judentum), und selbstverständlich stellt es einen Kontrast dazu her (sonst wäre es ja dieselbe Religion). Die WIRKUNGEN davon, und die AUSLEGUNGEN, die sind bisweilen definitiv antisemitisch gewesen.

Auf keinen Fall sollte man - so denke ich - alles
was in der Bibel steht, absolut wörtlich nehmen, eben weil man
nicht den Urtext lesen kann, sondern nur eine Übersetzung in
der Hand hat.

Wenn du den Text direkt liest, wird es noch seltsamer, wenn man alles wörtlich nimmt. Selbst wenn du dieselbe Sprache sprichst (Muttersprache) und jedes einzelne Wort verstehst, wirst du trotzdem nicht alles verstehen, weil der Text zu alt ist und man immens viel Wissen braucht, um dahinterzusteigen, worum es überhaupt geht. Es gibt wenige Menschen, die das wirkich für sich in Anspruch nehmen können, ich vermute mal - kein einziger wird das von sich behaupten wollen!

Gruß
d.

Schau mal hier …

Das würde mich jetzt auch interessieren. Soweit ich bisher
gelesen habe, ging es dabei oft um die „verbrechen“ Gottes
(Massenmorde/bestrafungen etc.) die sich ja großteils im AT
abspielen und mit entsprechender Rhetorik antisemitisch
ausgelegt wurden.

Hallo Kate,

es ist mir wieder eingefallen. Also, ich bin mir nicht sicher, ob ich da recht habe - vielleicht täuscht mich auch mein Gedächtnis - aber du kannst ja einmal die Geschichte von Moses vergleichen. Ich habe das damals in der Grundschule so verstanden, dass er ausgesetzt wurde und ihn zufällig jemand fand.

Nun ist mir diese Geschichte in einem meiner Lehrbücher wieder begegnet, und plötzlich ist das von „ausgesetzt“ keine Rede mehr. Da heißt es, dass die Eltern ihn im Schilf versteckt haben, und eine ägyptische Magd ihn gefunden und mitgenommen hat.

Also wenn du magst, vergleich einmal diese Stelle und sag mir dann, was dabei rausgekommen ist. :smile:

Schöne Grüße

Petra

einige Übersetzungen
Hallo Petra,

ich habe mir mal den Spaß erlaubt, einige Online-Übersetzungen zu vergleichen. Kommentare zum hebräischen Text sind sehr willkommen, mein Hebräisch reicht für eine gute Übersetzung nicht aus.

Nun ist mir diese Geschichte in einem meiner Lehrbücher wieder
begegnet, und plötzlich ist das von „ausgesetzt“ keine Rede
mehr. Da heißt es, dass die Eltern ihn im Schilf versteckt
haben, und eine ägyptische Magd ihn gefunden und mitgenommen
hat.

Kurzanmerkung: Ich finde auch nicht, dass die Verwendung von „ausgesetzt“ irgendwie wertender ist als „das Kind im Schilf versteckt“, aber das nur am Rande.

Also die Stelle steht in Ex, 2,3.
Hebräisch (sorry, kann keine Punktierung schreiben):
ולא־יכלה עוד הצפינו ותקח־לו תבת גמא ותחמרה בחמר ובזפת ותשם בה את־הילד ותשם בסוף על־שפת היאר

Umschrift:
Velo-yachlah od hatsfino vatikach-lo tevat gome vatachmerah vachemar uvazafet vatasem bah et-hayeled vatasem basuf al-sfat haYe’or.

„When she could no longer hide him, she took a papyrus box, coating it with asphalt and pitch, and she placed the child in it. She placed it in the rushes near the bank of the Nile.“
(jüd. by World ORT)

„Als sie ihn aber nicht länger verbergen konnte, machte sie ein Kästlein von Rohr und verklebte es mit Erdharz und Pech und legte das Kind hinein und setzte das Kästlein in das Schilf am Ufer des Nils“
(christl. Luther Bibel, 1984)

„Als sie es nicht mehr verborgen halten konnte, nahm sie ein Binsenkästchen, dichtete es mit Pech und Teer ab, legte den Knaben hinein und setzte ihn am Nilufer im Schilf aus.“
(christl. Einheitsübersetzung)

„Länger konnte sie es nicht verbergen. Deshalb besorgte sie sich ein Kästchen aus Binsen, dichtete es mit Pech ab, sodass es kein Wasser durchließ, und legte das Kind hinein. Dann setzte sie das Kästchen ins Schilf am Ufer des Nils“
(christl. Gute Nachricht Bibel)

Viele Grüße
Kati

ein Beispiel: Matth. 5.3
Hi Steffi,

mit dem Link meintest du vermutlich

http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…

Die Übersetzer haben also alle eine Absicht.

Manchmal auch nur einen Ehrgeiz. Manche wollen ihre Theorie propagieren, was der Autor, oder das Autorenkollektiv, oder die späteren Redaktionen der Abschriften gemeint haben.

Andere wollen die schwere Kost unbedingt für jede heutige Mentalität mundgerecht verwursten (ich nenn das McDonalds-Übersetzungen).

Andere wollen ihre Interpretationen grammatischer und lexikalischer Probleme (von denen es unendlich viele gibt) propagieren.

Wie bei allen Übertragungen antiker sakraler Texte (indischer, altperischer, chinesischer, japanischer, akkadischer usw usw) gibt es Übersetzer, die sprachkundig sind in der antiken Sprache, oder solche, die in der jeweiligen Philoophie und Lebensart kundig sind, und solche, die in der europäischen Philosophie und Geschichte kundig sind. Und diese Fähigkeiten vereinigen sich selten in einer Person.

Eins von den Beispielen, die wir auch hier schon fleißig diskutiert haben (Carlos hat es ja schon angesprochen): Der Anfang der sog. „Bergpredigt“ in Matthäus 5.3ff, wo die sog. „Seligpreisungen“ genannt werden. Die „Armen im Geiste“:

http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…

Aber verfälscht das nicht den Sinn, der ursprünglich dahinter steht?

Wenn du dir diese Postings durchliest, wirst du sehen, daß es nicht nur um tendenziös verfälschte Übersetzungen geht, sondern daß oft die problematisch ist, was die ursprünglichen Autoren selbst gemeint haben.

Woran soll man sich bei so viel Einflußnahme der Übersetzer
denn halten, wenn man selbst den Urtext nicht lesen kann?

datafox hat es ja schoin erwähnt: Selbst wenn man den Urtext „lesen“ kann, ist nur selten eindeutig, „was da steht“.

Gruß

Metapher

2 „Gefällt mir“

Hallo Kati,

gerade rechtzeitig zur Mittagspause.

ich habe mir mal den Spaß erlaubt, einige Online-Übersetzungen
zu vergleichen. Kommentare zum hebräischen Text sind sehr
willkommen, mein Hebräisch reicht für eine gute Übersetzung
nicht aus.

*gg* Dazu sag ich jetzt mal nur: Ich sitze seit fast zwei Stunden an meiner Hausaufgabe. Und ich muss auch gleich wieder weitermachen, und schaffe es wohl heute eh nicht ganz. :frowning:

Kurzanmerkung: Ich finde auch nicht, dass die Verwendung von
„ausgesetzt“ irgendwie wertender ist als „das Kind im Schilf
versteckt“, aber das nur am Rande.

Das sehe ich anders. Ich kann es jetzt (vor allem in den ca. 10 Minuten, die ich nun Zeit habe) nicht linguistisch begründen, aber der Leser hat bei beiden Worten ein ganz anderes Bild vor Augen.

Da muss man nur mal einige Assoziationen aufschreiben, die einem selber im Zusammenhang mit diesen beiden Wörtern kommen:

„verbergen“

  • verstecken spielen
  • Schatzkarte
  • überleben

„aussetzen“

  • nicht mehr haben wollen
  • ausgesetzte Tiere

Siehst du, in welche Richtung das geht? Vielleicht hast du nicht genau die gleichen Assoziationen, aber ich denke das generell das Wort „verbergen“ wesentlich positiver besetzt ist als „aussetzen“.

Ob das nun Absicht des Autors war, weiß ich natürlich nicht. Kann sein, kann auch nicht sein.

Umschrift:
Velo-yachlah od hatsfino vatikach-lo tevat gome vatachmerah
vachemar uvazafet vatasem bah et-hayeled vatasem basuf al-sfat
haYe’or.

Oje. Frag mich in einem Jahr nochmal, was das heisst. :wink:

„Als sie es nicht mehr verborgen halten konnte, nahm sie ein
Binsenkästchen, dichtete es mit Pech und Teer ab, legte den
Knaben hinein und setzte ihn am Nilufer im Schilf aus.“
(christl. Einheitsübersetzung)

Das ist die ÜB, die ich kenne. Als Kind hat mich das natürlich sehr erschreckt, dass da jemand ein Baby im Nil aussetzt. Und wie du siehst, habe ich den ersten Teil („als sie es nicht mehr verborgen halten konnte“) vollkommen vergessen, weil nur der zweite Teil, das mit dem Aussetzen, im Gedächtnis geblieben ist.

Ich habe bei beiden Übersetzungen ein ganz anderes Bild im Kopf. Jüdische ÜB (die ich nun etwas voreilig weggelöscht habe): Da wird Moses in so ein Kästchen gelegt und die Mutter versteckt ihn jetzt nicht mehr im Haus, sondern am Nilufer. Sie merkt sich natürlich die Stelle und schaut jeden Tag mal nach ihm, und dass da zufällig die Tochter des Pharao an der gleichen Stelle vorbeikommt, konnte sie ja nicht wissen.

Einheitsübersetzung: Die Mutter weiß nicht so recht, was sie mit Moses noch machen soll. Also baut sie so ein Kästchen, legt ihn hinein, geht damit zum Nil und schickt dieses Kästchen dann mit einem kräftigen Stoß auf die Reise.

So ungefährt funktioniert das, wenn Wörter ein Bild im Kopf des Lesers erzeugen. Wenn du magst, google auch mal nach „Wortfeldtheorie“

Ok, ich plage mich dann mal wieder mit meiner Hausaufgabe.

Schöne Grüße

Petra

Vielleicht hast du
nicht genau die gleichen Assoziationen, aber ich denke das
generell das Wort „verbergen“ wesentlich positiver besetzt ist
als „aussetzen“.

Verbergen steht nur am Anfang. Sowohl für den Buben in die Kiste als für die Kiste in das Gebüsch steht da einfach „hineingeben, hinlegen, hinstellen“. Da ist überhaupt keine Wertung da.

Die Übersetzung „AUSSETZEN“ klingt nach heutigem Sprachgebraucht jedenfalls falsch, denn das würde auf Hebräisch anders heißen. Ein „Kind Aussetzen“ ist moralisch negativ besetz. Es ist ein krimineller Akt der Mutter.

Es kann aber sein, daß das deutsche Wort „Aussetzen“ FRÜHER EINMAL, nämlich als die Übersetzung entstand, genau das bedeutet hat, was da steht: Hineinlegen und draußen hinstellen. Nicht mehr und nicht weniger.

Es gibt andere Beispiele von Wörtern, die erst später eine negative Wertung bekamen, zb. Weib, Dirne, Vergeltung.

Ob da jetzt „Absicht“ dahintersteckt, Moses Mutter als Kriminelle Kindsaussetzerin darzustellen, kann man nicht sagen.

Ich würde aber sagen, daß auch der WUNSCH, antisemitische Absichten in irgendwelchen Übersetzungen zu ENTDECKEN, auf derselben Stufe rangiert wie selbst antisemitische Überstzungen zu schreiben… Mal kurz nachgedacht, dann weißt du was ich meine.

Gruß
d.

es ist mir wieder eingefallen. Also, ich bin mir nicht sicher,
ob ich da recht habe - vielleicht täuscht mich auch mein
Gedächtnis - aber du kannst ja einmal die Geschichte von Moses
vergleichen. Ich habe das damals in der Grundschule so
verstanden, dass er ausgesetzt wurde und ihn zufällig jemand
fand.

Hi Petra

Ich kenne die Stelle. Da kann ich nur sagen: Haltet’s wie die Muslime: Wenn ihr das Teil anfangt zu lesen, LEST es auch zu ENDE!

Ich kenne die Übersetzung mit „ausgesetzt“ aber mir wäre nie in den Sinn gekommen, das negativ zu besetzen oder gar zu kriminalisieren (vor allem da es zu der Zeit unsere Gesetze noch gar nicht gab), und zwar weil ich wusste, dass die Kinder ja verfolgt (getötet?) wurden, Moses Mutter ihn also „aussetzte“ um ihm das Leben zu retten, also eher verstecken, dann fand ihn aber jemand.
Sie hatte auch Miriam dagelassen, um nach ihm zu sehen. Dank Miriam wusste seine Mutter dann, dass er zum ägyptischen Hof gekommen warund wenn ich mich recht erinnerte führte Miriam ihre Mutter dann dort hin und seine Mutter wurde auch seine Amme.
So hab ich das zumindest im Kopf, habe die Stelle länger nicht mehr gelesen.

Aussetzen hieß für mich einfach „Das Kind in der freien Natur wo unterbringen“, und auch wenn es nie erwähnt wurde, hatte ich mir gedacht, dass sie wollte, dass ihn jemand findet der ihn gut versorgt- weil sie als … (was war das zu der Zeit? Israelitin schon, oder noch nicht?) verfolgt wurde.

Ich habe schon so einiges an anti-jüdischer Propaganda gehört (leider), aber DIE Stelle hat ihnen noch nie jemand in meiner Gegenwart vorgeworfen ^^ (evtl. auch weil diese Leute die Bibel gar nicht so gut kennen…)

lg
Kate

Hallo Petra,

Siehst du, in welche Richtung das geht? Vielleicht hast du
nicht genau die gleichen Assoziationen, aber ich denke das
generell das Wort „verbergen“ wesentlich positiver besetzt ist
als „aussetzen“.

Mal davon abgesehen, dass bei mir das Wort „verbergen“ eher Assoziationen wecken, die auch nicht positiv sind, geht es aber doch nicht um einen einzelnen Satz.
Ich will damit sagen: Liest man die Geschichte, dann ist wohl immer klar, dass das Aussetzen/Verbergen zum Wohle des Kindes geschah.
Liest man die (ganze) Geschichte nicht, dann ist es auch egal, was für eine Übersetzung man hat, weil der Satz immer irgendwie falsch interpretiert werden kann.

Das ist die ÜB, die ich kenne. Als Kind hat mich das natürlich
sehr erschreckt, dass da jemand ein Baby im Nil aussetzt. Und
wie du siehst, habe ich den ersten Teil („als sie es nicht
mehr verborgen halten konnte“) vollkommen vergessen, weil nur
der zweite Teil, das mit dem Aussetzen, im Gedächtnis
geblieben ist.

Habt ihr nicht besprochen, warum es ausgesetzt wird?

Ich habe bei beiden Übersetzungen ein ganz anderes Bild im
Kopf.

Ab jetzt komme ich nicht mehr mit:

Jüdische ÜB (die ich nun etwas voreilig weggelöscht
habe): Da wird Moses in so ein Kästchen gelegt und die Mutter
versteckt ihn jetzt nicht mehr im Haus, sondern am Nilufer.
Sie merkt sich natürlich die Stelle und schaut jeden Tag mal
nach ihm, und dass da zufällig die Tochter des Pharao an der
gleichen Stelle vorbeikommt, konnte sie ja nicht wissen.

Das steht doch auch in den christl. Übersetzungen?? (mal davon abgesehen,: es war nicht die Mutter, sondern die Schwester, die nachgeschaut hat)

Einheitsübersetzung: Die Mutter weiß nicht so recht, was sie
mit Moses noch machen soll. Also baut sie so ein Kästchen,
legt ihn hinein, geht damit zum Nil und schickt dieses
Kästchen dann mit einem kräftigen Stoß auf die Reise.

An welcher Stelle liest du das?

Gruß
Kati

Hallo Kati,

ich dachte zuerst, du und Kate, ihr wärt die selbe Person. Nur zur Erklärung, falls meine Antwort etwas konfus gewirkt hat. Das sehe ich zum ersten Mal, dass es hier eine Kate und eine Kati gibt, aber jetzt merke ich es mir. :smile:

Mal davon abgesehen, dass bei mir das Wort „verbergen“ eher
Assoziationen wecken, die auch nicht positiv sind, geht es
aber doch nicht um einen einzelnen Satz.

Die beiden von mir genannten Wörter wecken natürlich bei jedem andere Assoziationen. Das müsste man nun genauer untersuchen, aber ich denke, das „aussetzen“ sehr viel negativer besetzt ist als „verbergen“.

Ich will damit sagen: Liest man die Geschichte, dann ist wohl
immer klar, dass das Aussetzen/Verbergen zum Wohle des Kindes
geschah.

Ja, habe ich getan, auch wenn’s lange her ist. Wie ich bereits geschrieben habe: Das Wort „ausgesetzt“ und die dazugehörigen Bilder, die sind mir im Gedächtnis geblieben. Den Rest habe ich mir nicht so genau gemerkt, aber ich lese es nochmal. Versprochen. :smile:

Übrigens, ich wollte jetzt auch nicht sagen, dass speziell diese Stelle ein gutes Beispiel für Antisemitismus im AT ist. Vielleicht gibt es bessere Beispiele. Aber ich denke man kann doch auch hier schon sehen, wie viel so eine unterschiedliche Übersetzung ausmachen kann.

Habt ihr nicht besprochen, warum es ausgesetzt wird?

Hm. Das weiß ich nicht mehr genau. Wahrscheinlich schon, aber wie du siehst, ist bei mir das falsche Bild entstanden. Bis jetzt habe ich immer geglaubt, dass Moses ja ein unglaubliches Glück gehabt hat, dass ihn jemand gefunden hat. Ich wäre gar nicht auf die Idee gekommen, dass die Mutter da nochmal nach ihm schaut und sicher die Absicht hatte, ihn in einigen Tagen zu sich zurückzuholen.

Ab jetzt komme ich nicht mehr mit:

Ok, ok, ich versuche mal, das zu erklären. Ich habe ab hier nicht mehr davon gesprochen, was in den ÜBs steht, sondern welches Bild bei mir entsteht. Deshalb habe ich diese beiden Bilder kurz dargestellt.

Im ersten Bild legt die Mutter Moses in dieses Kästchen, um ihn am Nilufer im Schilf verstecken zu können.

Im zweiten Bild legt die Mutter Moses in dieses Kästchen, um dem Kästchen dann einen Stoß zu geben, so dass es den Nil entlangschwimmt.

Das steht da zwar nicht explizit. Aber dieses Bild entsteht bei mir dadurch, dass einmal das Wort „verbergen“ und einmal das Wort „aussetzen“ verwendet wird.

Vielleicht hat man es anders empfunden, als die Übersetzung erstellt wurde. Vielleicht gab es auch einen Bedeutungswandel des Wortes „aussetzen“. Aber für mich ist es eben kein wertneutrales Wort, sondern ein Wort, bei dem beim Übersetzer sofort die Alarmglocken klingeln müssen.

Schöne Grüße

Petra

P.S. Jetzt bin ich verwirrt, mit wem von euch beiden ich mich hier schon ausgetauscht habe - mit Kate, mit Kati, oder mit beiden?

Jetzt habe ich gedacht, „endlich versteht mich einer“, und schon werde ich wieder geschimpft. Warum eigentlich?

Ich habe an anderer Stelle nun schon mehr als einmal gelesen, dass die christliche ÜB des AT antisemitisch sein soll. Natürlich habe ich mich nun nicht hingesetzt und nachgeschaut, ob ich da etwas finden kann. Aber ich habe es halt mal im Hinterkopf behalten. Und dann fand ich in meiner Grammatik doch tatsächlich dieses schönes Beispiel.

Die Übersetzung „AUSSETZEN“ klingt nach heutigem
Sprachgebraucht jedenfalls falsch, denn das würde auf
Hebräisch anders heißen. Ein „Kind Aussetzen“ ist moralisch
negativ besetz. Es ist ein krimineller Akt der Mutter.

Ja, genau. Das dachte ich mir auch. Also warum gefällt es dir schon wieder nicht, was ich schreibe?

Ich würde aber sagen, daß auch der WUNSCH, antisemitische
Absichten in irgendwelchen Übersetzungen zu ENTDECKEN, auf
derselben Stufe rangiert wie selbst antisemitische
Überstzungen zu schreiben… Mal kurz nachgedacht, dann
weißt du was ich meine.

Da - was soll das denn? Lass mich doch mal was entdecken. Irgendein Erfolgserlebnis muss man doch haben, wenn man sich schon mit dieser Grammatik herumquält.

Schöne Grüße

Petra