Bin ich jetzt positiv oder was?

Hallo Leute,
vielleicht kann mir hier einer weiterhelfen. Im Matheforum haben wir uns völlig verrannt:

0,01 % der heterosexuellen Männer, die keiner Risikogruppe angehören, sind statistisch gesehen HIV infiziert.

Bei heutigen HIV Testverfahren werden Infizierte und Gesunde mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,99 % richtig erkannt.

Herr X gehört keiner Risikogruppe an und unterzieht sich einem Aids-Test.

Er erhält die Nachricht, das Testergebnis sei" positiv", das heißt, er sei infiziert.

Mit welcher Wahrscheinlichkeit handelt es sich um einen Fehlalarm?

Bitte, bitte, bitte… Helft mir das Brett vorm Kopf (wer weiß woher der Spruch stammt?) zu entfernen.

aleX

Moin Alex,

Herr X gehört keiner Risikogruppe an und unterzieht sich einem
Aids-Test.

Er erhält die Nachricht, das Testergebnis sei" positiv", das
heißt, er sei infiziert.

Mit welcher Wahrscheinlichkeit handelt es sich um einen
Fehlalarm?

Wo ist das Problem ?

0,01 % der heterosexuellen Männer, die keiner Risikogruppe
angehören, sind statistisch gesehen HIV infiziert.

Vor dem Test war Herr X mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,01% infiziert, da er keiner Risikogruppe angehört.

Jetzt macht er den Test.

Bei heutigen HIV Testverfahren werden Infizierte und Gesunde
mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,99 % richtig erkannt.

Und zwar völlig unabhängig davon, wie wahrscheinlich es vorher war, dass sie positiv sind, also ob sie einer Risikogruppe angehören oder nicht.

Sprich: die Wahrscheinlichkeit, dass ein Fehlalarm vorliegt, liegt bei 0,01%.

Gruss
Marion

!!! nur 50 % !!!
Jartul,

Fast alle Ärzte und viele Fachleute machen den gleichen Fehler wie Pendragon. Dies ist der wohl meisstverbreitete Irrtum in medizinischer Statistik.
Herr X ist nach dem Test mit 50 % Wahrscheinlichkeit positiv, nicht mit 99,99%.
Der Knackpunkt liegt darin:
Nehmen wir an, wir reden von einer Million Menschen.
0,01% entsprechen dann 100 Menschen, die tatsächlich positiv sind.
Von den restlichen 999900 Menschen werden 0,01% aufgrund des Testes als falsch positiv befunden, was 99,99, also etwa 100 Menschen sind.
100 tatsächlich positiven stehen also (fast) 100 fälschlich ermittelten „positiven“ gegenüber.
Folglich 50%.
Bei positivem Testausgang wird deshalb immer ein zweiter Test gemacht.

Gruss,


Moin Helge,

Nehmen wir an, wir reden von einer Million Menschen.
0,01% entsprechen dann 100 Menschen, die tatsächlich positiv
sind.

ja, soweit klar.

Von den restlichen 999900 Menschen werden 0,01% aufgrund des
Testes als falsch positiv befunden, was 99,99, also etwa 100
Menschen sind.

Das ist nicht richtig. Der Text testet laut Ausage generell falsch, und zwar sowohl bei positiven, als auch bei negativen. Bei 1 Mio Testpersonen werden also 100 falsch gestestet, wobei keine Aussage darüber gemacht werden, ob diese nun negativ oder positiv sind. Dies ist eine statistische Größe, die sich aus der Gesamtheit aller getesteten Personen gergibt, nicht nur der positiv getesteten.

100 tatsächlich positiven stehen also (fast) 100 fälschlich
ermittelten „positiven“ gegenüber.

Falsch. 100 tatsächlich positiven stehen ca. 100 generell falsch geteste gegenüber (und zwar positive, als auch negative). Davon sind laut wahrscheinlichkeit wiederum 0,01% positiv, also 0,01 Personen.

Folglich 50%.

Nö 0,01%.

Gruss
Marion

Fifty-Fifty
Hallo Jartul,

es ist so, wie Helge sagt!

Werden die eine Million Menschen dem HIV-Test unterzogen, so ergibt sich folgendes Resultat:

 Person ist... und wurde vom Test Anzahl
 erkannt als... 
 --------------------------------------------------------------
 a) gesund gesund (Test korrekt) 999800.01
 b) gesund infiziert (Test schlug fehl) 99.99
 c) infiziert gesund (Test schlug fehl) 0.01 
 d) infiziert infiziert (Test korrekt) 99.99
 ---------- 
 Summe = 1000000.00

Die „99.99“ im Fall b) kommen dadurch zustande, daß die geringe Test-Irrtumswahrscheinlichkeit (0.01 %) mit der großen Zahl der gesunden Menschen (999900) multipliziert wird. Die „99.99“ im Fall d) kommen dadurch zustande, daß die große Test-Korrekheitswahrscheinlichkeit (99.99 %) mit der geringen Zahl der infizierten Menschen (100) multipliziert wird.

Bekommt nun ein bedauernswerter Mensch mitgeteilt, daß er laut Test infiziert sei, dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder der Fall b) trifft auf ihn zu, oder der Fall d). Im Fall b) schlug der Test fehl (die Person ist in Wirklichkeit also gesund); im Fall d) dagegen war der Test korrekt, d. h. die Person ist tatsächlich infiziert. Da, wie die Tabelle zeigt, unter den eine Million Menschen jeweils 99.99 auf b) und d) entfallen, beträgt die Wahrscheinlichkeit dafür, daß die Person zu b) gehört, genau 50 %.

Fazit: Wenn der Test „infiziert“ meldet, dann beträgt die Wahrscheinlichkeit, daß es ein Fehlalarm ist, 50 %. Der Test selbst hat zwar eine Irrtumswahrscheinlichkeit von 0.01 %, aber es durchlaufen viel viel mehr (im Beispiel hier 9999 mal mehr) Gesunde den Test, als Infizierte.

Das wahrscheinlichkeitstheoretische Stichwort dazu heißt „bedingte Wahrscheinlichkeit“. Auf einem idealen Würfel erscheint die Augenzahl „1“ im Mittel bei genau 1/6 aller Würfe, aber wenn man schon weiß, daß bei einem Wurf die Augenzahl ungerade ist (dies ist hier die Bedingung bei der bedingten Wahrscheinlichkeit), dann ist die Wahrscheinlichkeit für die Augenzahl „1“ 1/3. Die Bedingung für das Beispiel mit dem HIV-Test ist „Test fällt positiv aus“.

Mit freundlichem Gruß
Martin

Hallo,

ich komme auch auf 50%:

Im folgenden benutzt ich folgende Notation:
P(K)=Wahrscheinlichkeitk krank zu sein
P(G)=W. gesund zu sein

P(K|K)=W. als krank getestet worden zu sein unter der Bedingung auch tatsächlich krank zu sein, also die W., dass das Ergebnis „postitiv“ stimmt.

P(G|K)=W. als gesund getestet worden zu sein unter der Bedingung in Wirklichkeit krank zu sein.

P(G|G)=W. als gesund getestet worden zu sein unter der Bedingung auch tatsächlich gesund zu sein, also die W., dass das Ergebnis „negativ“ stimmt

P(G|K)=W. als gesund getestet worden zu sein unter der Bedingung in Wirklichkeit krank zu sein

0,01 % der heterosexuellen Männer, die keiner Risikogruppe
angehören, sind statistisch gesehen HIV infiziert.

Also: P(K)=0,01%, P(G)=99,09%

Bei heutigen HIV Testverfahren werden Infizierte und Gesunde
mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,99 % richtig erkannt.

Also: P(K|K)=P(G|G)=99,99%

und folglich:
P(G|K)=P(K|G)=0,01%

Er erhält die Nachricht, das Testergebnis sei" positiv", das
heißt, er sei infiziert.

Es gibt zwei Möglichkeiten zu so einem Ergebnis zu kommen:

  1. er ist krank und das wurde richtig erkannt.
    Dafür ist die W.:

W1 = P(K)*P(K|K) = 0,01% * 99,99%

  1. er ist gesund, das wurde jedoch falsch erkannt.
    Dafür ist die W.

W2 = P(G)*P(K|G) = 99,99% * 0,01%

Es gilt also W1 = W2 !!

Mit welcher Wahrscheinlichkeit handelt es sich um einen
Fehlalarm?

Also: Welcher Anteil kommt der 2. Möglichkeit zu:

W = W1/(W1+W2) = W1/(W1+W1) = 50%

Es sind also tatsächlich nur 50% !

Gruß
Oliver

Bedingte Wahrscheinlichkeit ?
Moin Martin,

Ich konnte deinen Ausführungen zwar soweit folgen, allerdings setzen diese voraus, dass es sich hier tatsächlich um eine bedingte Wahrscheinlichkeit handelt. Die Begründung dafür fehlt mir. Ob der Test falsch oder richtig anzeigt wird nächlich nicht dadurch bedingt, ob einer positiv oder negativ ist.

Die Fehlerquote des Tests dürfte doch im Test selbst begründet sein , das heißt, die Fehlerquote bleibt immer gleich, egal wieviel tatsächlich positive oder negative Personen getestet werden. Oder anders gesagt: Selbst wenn nur positive oder nur negative Personen getestet werden, liegt die Fehlerquote bei 0,01%. Dies besagt dieser Satz: „Bei heutigen HIV Testverfahren werden Infizierte und Gesunde mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,99 % richtig erkannt.“

Die Fehlerquote würde sich nur ändern, wenn der Test an sich verbessert wird. Bei deiner bedingten Wahrscheinlichkeit ändert sich aber die Fehlerquote mit der Veränderung der Anzahl der Positiven in der Gesamtgruppe. Das kann es doch nicht sein.

Aufgrund deiner Sichtweise kommt es dann auch zu folgendem Widerspruch:
Dies:

Fazit: Wenn der Test „infiziert“ meldet, dann beträgt die
Wahrscheinlichkeit, daß es ein Fehlalarm ist, 50 %. Der Test
selbst hat zwar eine Irrtumswahrscheinlichkeit von 0.01 %,
aber es durchlaufen viel viel mehr (im Beispiel hier 9999
mal mehr) Gesunde den Test, als Infizierte.

Widerspricht der Anfangsaussage:
„Bei heutigen HIV Testverfahren werden Infizierte und Gesunde mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,99 % richtig erkannt.“

Denn du behauptest ja, dass Infizierte nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% richtig erkannt werden. (Für mich ist „Fehlalarm“ gleichbedeutend mit „falsch erkennen“).

Kannst du diesen Widerspruch aufklären?

Gruss
Marion, immer noch skeptisch

Hallo zusammen,
erstmal vielen Dank für die schnellen Antworten.
Das Stichwort „bedingte Wahrscheinlichkeit“ fiel niemals in dem Matheforum… grmpf.
Doch obwohl ich das Beispiel mit den Würfeln einleuchtend finde, weiß ich nicht recht, wo der Zusammenhang mit meinem Aidskranken sein soll.

Folgende Statistik habe ich auftreiben können:
0,01% aller blonden, homosexuellen Männer, die mit 16 Jahren anfingen zu rauchen und einen Hund haben sind HIV-positiv.

Ich bin blond, schwul, rauche seit zig Jahren und habe einen Hund.
WAS ZUM GEIER HAT DAS MIT MEINER WAHRSCHEINLICHKEIT ZU TUN, DASS ICH POSITIV BIN?!

Oder muss die Fragestellung lauten: Wie wahrscheinlich irrt ein positive Test bei mir? Was passiert, wenn ich jetzt negativ getestet werde? Bin ich dann auch nur zu 50% zurecht erleichtert?

Mit absolut verwirrten Grüßen
(und weiterhin ein Kondom benutzend, nicht dass das mal aktuell werden kann:smile:

aleX

Vielleicht kann ich’s aufklären
hallo Marion,

Deine Skepsis rührt evt. daher, dass in der Tat zwei ganz verschiedene bedingte Wahrscheinlichkeiten betrachtet werden.

„Bei heutigen HIV Testverfahren werden Infizierte und Gesunde
mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,99 % richtig erkannt.“

Dies beschreibt die bedingten WK P(Test positiv|infiziert) und P(Test positiv|gesund). Beide betragen 99,99%.

Gesucht ist aber die „inverse“ bedingte WK P(infiziert|Test positiv), die man mit der Formel von Bayes berechnen kann. Es gilt nämlich:
P(infiziert|Test positiv)=[P(infiziert)*P(Test positiv|infiziert)]/P(Test positiv).

P(infiziert) beträgt 0,01%, und P(Test positiv) können wir berechnen als P[Test positiv|infiziert)+P(Test positiv|gesund). Mit Einsetzen erhalten wir dann:

P(infiziert|Test positiv)=0,01%*99,99%/[0,01%*99,99%+99,99%*0,01%]=1/2. Das ist im Fachjargon die so genannte a posteriori Wahrscheinlichkeit für die Infektion, nämlich die Wahrscheinlichkeit dafür, nachdem der Test durchgeführt wurde.

Viele Grüße (und sorry für diese geballte Ladung Statistik - Bayes ist halt mein Fachgebiet)
Katharina

Das nächste Stichwort

Folgende Statistik habe ich auftreiben können:
0,01% aller blonden, homosexuellen Männer, die mit 16 Jahren
anfingen zu rauchen und einen Hund haben sind HIV-positiv.

Ich bin blond, schwul, rauche seit zig Jahren und habe einen
Hund.
WAS ZUM GEIER HAT DAS MIT MEINER WAHRSCHEINLICHKEIT ZU TUN,
DASS ICH POSITIV BIN?!

a) das erste Problem: Korrelation sagt nichts über Kausalität aus - genauso kann es umgekehrt sein, dass HIV-Positive Menschen mehr rauchen („wenn ich eh schon sterben muss, dann kann ich auch rauchen und saufen“, oder um sich abzulenken).

b) Stichwort „Scheinkorrelation“ (der Storch bringt die Babys). Zwei Dinge hängen nur scheinbar zusammen, sind aber tatsächlich mit einer gemeinsamen dritten Variable korreliert. Z.B. könnte es sein, dass tendenziell mehr Männer rauchen (war mal so) und einen Hund haben, aber Frauen können nicht schwul sein (nur lesbisch, unterstellen wir mal, dass das hier getrennt wird). Also hängen „schwul sein“ und „einen Hund haben“ mit dem Geschlecht zusammen, aber nicht unabhängig davon miteinander.

Das klassische Beispiel mit dem Storch geht so, dass die Geburtenzahl und die Zahl derStörche parallel seit 1900 stark abgenommen haben. Also bringt der Storch die Babies, oder?

Viele Grüße
Katharina

Licht ins Dunkel
Hallo Katharina

P(infiziert|Test
positiv)=0,01%*99,99%/[0,01%*99,99%+99,99%*0,01%]=1/2. Das ist
im Fachjargon die so genannte a posteriori Wahrscheinlichkeit
für die Infektion, nämlich die Wahrscheinlichkeit dafür,
nachdem der Test durchgeführt wurde.

Viele Grüße (und sorry für diese geballte Ladung Statistik -
Bayes ist halt mein Fachgebiet)

Kein Problem, ich finde sowas spannend :smile:
Aber ich finde, das löst unser Problem immer noch nicht (nämlich die Frage, ob es sich hier tatsächlich um eine bedingte Wahrscheinlichkeit handelt).

Gehen wir Beispielsweise davon aus, dass wir 10000 Blutproben von der gleichen Testperson erhalten.

Ist diese Person positiv, müssten die Ergebnisse folgendermaßen ausfallen: 9999 positive Ergebniss und 1 negatives Ergebnis

ist diese Person negativ, müssten die Ergebnsise folgendermaßen ausfalen: 9999 negative Ergebnisse und 1 positives Ergebnis.

Dies Berücksichtigt die Fehlerwahrscheinlichkeit des Tests von 0,01%.
Diese Fehlerwahrscheinlichkeit bleibt aber gleich groß, auch wenn nicht 10000 Blutproben von der gleichen Person getestet werden, sondern 1000000 oder 100 oder nur 1.

Wieviele Personen auf der Welt insgesamt (oder zur Risikogruppe der Person gehörend) positiv sind, ist dabei völlig irrelevant.

Dies ist bei deinen Rechenformeln und dem Beispiel mit dem Würfel natürlich anders.

Gruss
Marion

hallo Helge,

ich würde sagen, daß die Anzahl der infizierten und nicht infizierten für diese eine getestete Person völlig unwichtig ist. Der Test ist mit 99,9% Wahrscheinlichkeit richtig, unabhängig davon, wieviele der getesteten Personen positiv oder negativ sind. Für den einzelnen hat diese Gesamtstatistik also keine Bedeutung.
Anders wäre es, wenn man aus der gesamtheit der betrachteten Personen zufällig einen rausgreifen würde. Dann würde die Häufigkeitsverteilung mit ins Spiel kommen.
Aber wenn eine Einzelner getestet wird kann ich nicht sehen, wie es da eine Unterschied machen soll, ob die Mehrheit der anderen positiv oder negativ ist. Die Wahrscheinlichkeit hängt nur vom Test ab. Würde es einen Unterschied machen, könnte man ja mit der Wahl einer geeigneten Testergruppe die Güte des Tests beeinflussen.

Grüßle,
Sandra

Hallo Marion,

Aber ich finde, das löst unser Problem immer noch nicht
(nämlich die Frage, ob es sich hier tatsächlich um eine
bedingte Wahrscheinlichkeit handelt).

Ja, das tut es - denn Du hast ja eine „Bedingung“ (= ein Vorwissen), nämlich dass der Test positiv ausfällt, und dafür kennst Du die Wahrscheinlichkeit, nämlich 0,019998%.

Dies ist bei deinen Rechenformeln und dem Beispiel mit dem
Würfel natürlich anders.

Der Knackpunkt ist halt, dass Du nicht weißt, ob die Person infiziert ist oder nicht - Du weißt nur, was der Test anzeigt. Das ist eine ganz andere Situation als diejenige, wenn Du weißt: infiziert oder gesund, aber das Testergebnis nicht kennst. Letztere würde beispielsweise eintreten, wenn Du - woher auch immer - wüsstest, dass die Testperson HIV-positiv ist. Dummerweise hat die Laborantin zwei Proben vertauscht. Eine zeigt ein positives, die andere ein negatives Testergebnis. Dann liegst Du mit 99,99% richtig, wenn Du der „sicher“ infizierten Person das positive Testergebnis zuordnest.

Gruß
Katharina

Hallo Katharina

Ja, das tut es - denn Du hast ja eine „Bedingung“ (= ein
Vorwissen), nämlich dass der Test positiv ausfällt, und dafür
kennst Du die Wahrscheinlichkeit, nämlich 0,019998%.

Aber was nützt mir das? Hier geht es ja um den Einzelnen und nicht um die Gruppe.

Bei dem Würfel ist das anders, da der Würfel tatsächlich als Einheit nur durch seine 6 Seiten bedingt ist (nicht mehr und nicht weniger). Wenn ich hier also bereits weiss, dass das Ergebnis ungrade ist, dann liegt die Wahrscheinlichkeit, dass ich richtig liege bei 1/3, wie ja auch schon von Martin ausgeführt. Diese Wahrscheinlichkeit richtet sich aber nicht nach der Gesamtgruppe (also der Anzahl aller Seiten) sondern wäre genau so groß, wenn es sich um einen Körper mit 200 Seiten handeln würde, von denen 197 eine grade und 3 eine ungrade Zahl (1, 3 oder 5) anzeigen. Auch hier ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich richtig tippe, 1/3, wenn ich weiss, dass das a) das Ergebnis ungrade ist und b) der Körper 3 Fächen hat, die die ungraden Zahlen 1, 3 und 5 einzeigen. Wieviel Flächen der Körper insgesamt hat, muss ich dabei nicht mal wissen.

Fazit: Eine bedingte Wahrscheinlichkeit habe ich nur dann, wenn es um eine weitere Bedingung geht, die die von mir untersuchte Eigenschaft auch tatsächlich betrifft.

Die Trefferwahrscheinlichkeit des Tests liegt jedoch in diesem selbst begründet und ist völlig unabhängig von der wahrscheinlichen Anzahl der Infizierten in einer Testgruppe. Also kann man IMHO diese beiden Wahrscheinlichkeiten auch nicht miteinander „aufrechnen“.

Gruss
Marion

Hallo Marion,

mit Statistik kannst Du niemals Einzelaussagen treffen - soviel vorweg. Statistik ist die Wissenschaft von den Massenerscheinungen. Du kannst den Einzelnen immer nur als Vertreter einer Gruppe sehen.

Aber auch im HIV-Beispiel spielt es ja keine Rolle, wie groß die Gruppe ist, solange die Wahrscheinlichkeiten fest sind. Das unterstellst Du auch bei Deinem Würfel-Beispiel. Wenn Du einen Würfel mit 192 Seiten nehmen würdest, der eine „neue“ Art von Zahlen zusätzlich hätte (z.B. transzendente Zahlen), dann kämst Du auch auf andere Ergebnisse.

Fazit: Eine bedingte Wahrscheinlichkeit habe ich nur dann,
wenn es um eine weitere Bedingung geht, die die von mir
untersuchte Eigenschaft auch tatsächlich betrifft.

Das ist leider falsch, auch wenn es für Nicht-Statistiker (ok, am Anfang auch für uns) sehr schwer zu begreifen ist. Es muss zwischen den Ereignissen („Bedingungen“) keinen kausalen Zusammenhang geben, ja, es wäre sogar sträflich, einen hinein zu interpretieren! Bei den bedingten Wahrscheinlichkeiten geht es um das Konzept der statistischen Ab- oder Unabhängigkeit. Das hat nix mit kausaler Ab- oder Unabhängigkeit zu tun, sondern ist ein mathematisch streng definierter Begriff. Um damit arbeiten zu können, hilft die bereits erwähnte Formel von Bayes.

(Es gibt übrigens durchaus berechtigte Kritik an Bayes, die zu benennen hier aber viel zu weit führen würde - und sie kommt auch aus einer etwas anderen Ecke.)

Die Trefferwahrscheinlichkeit des Tests liegt jedoch in diesem
selbst begründet und ist völlig unabhängig von der
wahrscheinlichen Anzahl der Infizierten in einer Testgruppe.

Kausal unabhängig: ja. Statistisch unabhängig: nein.

Also kann man IMHO diese beiden Wahrscheinlichkeiten auch
nicht miteinander „aufrechnen“.

Das ist, wie schon angedeutet, leider ein Trugschluss.

Grüße
Katharina

Liebe Sandra,

Der Test ist mit 99,9% Wahrscheinlichkeit richtig,
unabhängig davon, wieviele der getesteten Personen positiv
oder negativ sind.

Genau da übersiehst Du einen ganz wichtigen Punkt: Der Test ist nämlich mit 99,99% richtig, wenn und nur wenn bekannt ist, ob die Person infiziert ist oder nicht. Von der Anzahl der Personen ist die Wahrscheinlichkeit in der Tat (statistisch) unabhängig, aber nicht von dem Vorwissen über die Testpersonen, und das ist entscheidend.

Weitere Ausführungen siehe oben!

Grüße
Katharina

Moin Katharina

Das ist leider falsch, auch wenn es für Nicht-Statistiker (ok,
am Anfang auch für uns) sehr schwer zu begreifen ist.

Nun ja, mit zwei Semestern Statistik wurde ich auch während meines Studiums nicht verschont, so ganz ohne Vorkenntnisse bin ich also auch nicht.

Es muss

zwischen den Ereignissen („Bedingungen“) keinen kausalen
Zusammenhang geben, ja, es wäre sogar sträflich, einen hinein
zu interpretieren! Bei den bedingten Wahrscheinlichkeiten geht
es um das Konzept der statistischen Ab- oder Unabhängigkeit.

Hm…
Aber mit Korrelation doch wohl schon, oder?
Sonst haben wir nämlich den Fall der von dir oben angeführten „Scheinkorrelation“, wo wir beweisen, dass der Storch die Babys bringt.

Anzahl der Infizierten in der Bevölkerung und Testgenauigkeit von HIV-Tests haben aber nun überhaupt keine Korrelation miteinander. Diese beiden Bedingungen hängen genau so zusammen wie Anzahl der Infizierten in einer Bevölkerungsgruppe und Haarfarbe, Schuhgröße etc.

Wenn du weisst, dass im Schnitt 0,01% aller Menschen infiziert sind, dann heisst es auch, dass im Schnitt 0,01% der Rothaarigen infiziert sind (selbst wenn der Anteil der Rothaarigen an sich nur 0,001% der Gesamtbevölkerung ausmachen), dann heißt das aber nicht, dass wenn du jemanden als negativ testet, dass dessen Wahrscheinlichkeit, rote Haare zu haben nun größer oder kleiner ist, als die Wahrscheinlichkeit, dass er blond ist.

Genau so wenig heisst es, dass wenn du jemanden als positiv testest, die Wahrscheinlichkeit, dass der Test versagt hat, höher oder niedriger ist bei jemandem, der negativ getestet ist (auch wenn der Anteil der Positiven in einer Gruppe wesentlich geringer ist, als der Anteil der Negativen), da jeder die gleich große Wahrscheinlichkeit hat, dass bei ihm der Test versagt hat (nämlich 0,01%).

Gruss
Marion

Das hat nix mit kausaler Ab- oder Unabhängigkeit zu tun,
sondern ist ein mathematisch streng definierter Begriff. Um
damit arbeiten zu können, hilft die bereits erwähnte Formel
von Bayes.

(Es gibt übrigens durchaus berechtigte Kritik an Bayes, die zu
benennen hier aber viel zu weit führen würde - und sie kommt
auch aus einer etwas anderen Ecke.)

Die Trefferwahrscheinlichkeit des Tests liegt jedoch in diesem
selbst begründet und ist völlig unabhängig von der
wahrscheinlichen Anzahl der Infizierten in einer Testgruppe.

Kausal unabhängig: ja. Statistisch unabhängig: nein.

Also kann man IMHO diese beiden Wahrscheinlichkeiten auch
nicht miteinander „aufrechnen“.

Das ist, wie schon angedeutet, leider ein Trugschluss.

Grüße
Katharina

Hallo,

Gehen wir Beispielsweise davon aus, dass wir 10000 Blutproben
von der gleichen Testperson erhalten.

Ist diese Person positiv, müssten die Ergebnisse
folgendermaßen ausfallen: 9999 positive Ergebniss und 1 negatives Ergebnis

ist diese Person negativ, müssten die Ergebnsise
folgendermaßen ausfalen: 9999 negative Ergebnisse und 1 positives Ergebnis.

das ist völlig richtig. Allerdings gilt es ja den Krankheitsstatus der Person zu erschließen und hier spielt die Wahrscheinlichkeit überhaupt infiziert zu sein wieder rein.

Gruss
Enno

Nochmal ich :smile:

Der Test ist mit 99,9% Wahrscheinlichkeit richtig,
unabhängig davon, wieviele der getesteten Personen positiv
oder negativ sind.

Genau da übersiehst Du einen ganz wichtigen Punkt: Der Test
ist nämlich mit 99,99% richtig, wenn und nur wenn bekannt ist,
ob die Person infiziert ist oder nicht. Von der Anzahl der
Personen ist die Wahrscheinlichkeit in der Tat (statistisch)
unabhängig, aber nicht von dem Vorwissen über die
Testpersonen, und das ist entscheidend.

Das ist sie aber in deiner Rechnung nicht, denn in deiner Rechnung muss man nicht nur wissen, ob eine Person positiv oder negativ ist, sondern zusätzlich noch, wieviel Personen einer Gesamtgruppe statistisch gesehen positiv oder negativ sind (in absoluten oder prozentualen Werten).

Gruss
Marion

Hallo Marion,

Nun ja, mit zwei Semestern Statistik wurde ich auch während
meines Studiums nicht verschont, so ganz ohne Vorkenntnisse
bin ich also auch nicht.

Ich wollte Dir damit nicht zu nahe treten - hab ja gesehen, dass Du BWL studiert hast.

Hm…
Aber mit Korrelation doch wohl schon, oder?

Nicht wirklich. „Keine Korrelation“ heißt, dass der KK=0 ist (der nach Bravais-Pearson, landläufig). Anders wäre es, wenn Du einen Chiquadrat-Unabhängigkeitstest machst. „Unabhängig“ heißt, dass P(A|B)=P(A) ist, in unserem Fall: Dass P(Test positiv|infiziert)=P(Test positiv) ist. Der Test it bei Infektion jedoch zu 99,99% positiv, insgesamt aber nur zu 0,019998%. Also sind das Testergebnis und die Tatsache ob infiziert eben nicht unabhängig.

Wenn du weisst, dass im Schnitt 0,01% aller Menschen infiziert
sind, dann heisst es auch, dass im Schnitt 0,01% der
Rothaarigen infiziert sind (selbst wenn der Anteil der
Rothaarigen an sich nur 0,001% der Gesamtbevölkerung
ausmachen), dann heißt das aber nicht, dass wenn du jemanden
als negativ testet, dass dessen Wahrscheinlichkeit, rote Haare
zu haben nun größer oder kleiner ist, als die
Wahrscheinlichkeit, dass er blond ist.

Richtig, aber das liegt daran, dass der Test Rothaarige nicht mit höherer Wkeit positiv testet als Nicht-Rothaarige. Infizierte testet er aber mit höherer Wkeit positiv als Gesunde.

Genau so wenig heisst es, dass wenn du jemanden als positiv
testest, die Wahrscheinlichkeit, dass der Test versagt hat,
höher oder niedriger ist bei jemandem, der negativ getestet
ist (auch wenn der Anteil der Positiven in einer Gruppe
wesentlich geringer ist, als der Anteil der Negativen), da
jeder die gleich große Wahrscheinlichkeit hat, dass bei ihm
der Test versagt hat (nämlich 0,01%).

Die Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Testergebnisse ist nicht entscheidend, sondern es kommt darauf an, ob die Wahrscheinlichkeit der absoluten Testergebnisse (positiv/negativ) imer gleich ist.

Gruß
Katharina