Brandkatastrophe in Krefeld

Ich finde diese Fragestellung sehr spannend und eine Beantwortung sehr schwieirg. Es geht doch um eine ethische Frage:
Ist das Leben eines Tieres genausso viel/ etwas weniger/ viel weniger wert als das eines Menschen, oder hat das Leben eines Tieres keinen Wert im Sinne von (besitzt individuelle Rechte wie z. B. Recht der körperlichen Unversehrtheit)

Unsere westliche moderne Gesellschaft hat ja den Wertmaßstab in den letzten Jahrzehnten von „Tiere haben keine Rechte“ lückenhaft verschoben zu „Tiere haben gewisse Rechte, zumindest Wirbeltiere, und Menschenaffen noch etwas mehr als andere Wirbeltiere“.

Sehr schwierig finde ich hierbei, wo die Grenze liegen soll: Menschnaffe - Hund - Ratte - Reptil - Fisch - Insekt - Einzeller…?

Ich persönlich sehe die entscheidene Grenze immer noch zwischen Mensch und Tier, der Tod eines Menschen ist für mich eine ganz andere Dimension als der eines Tieres. Ich akzeptiere aber, dass andere Menschen das anders sehen und gebe zu, dass auch diese grenze problematisch ist, da eben besonders Menschenaffen uns genetisch und psychisch nicht unähnlich sind.

Ich würde mir sehr wünschen, dass Diskussionen hier im Forum mal wieder ohne ständige scharfe Untertöne geführt werden…

Karl

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Es war eine Frage! Da du gerne deinerseits in deinen Fragestellungen rhetorische Präsuppositionen einbaust (siehe auch oben), mag es naheliegen, daß du hier auch bei mir eine solche vermutest. Es sei dir verziehen.

Ich jedoch bezog mich, wie ich ja auch schrieb, auf eine Bemerkung von @asteiner, nämlich diese:

Und da du bis dato darauf nicht eingingst, schloß ich mich lediglich dieser Frage an. Zwar in Form einer bekannten rhetorischen Figur, aber nicht mit einer Präsupposition :slight_smile:

Schönen Gruß

Danke für deine Antwort!

Das ist in der Tat die ethische Perspektive darauf.
Ich hatte meine Frage auf den Aspekt der Schuldverarbeitung bezogen, eine etwas andere Perspektive, aber die beiden Perspektiven hängen natürlich eng zusammen.

Richtig.
Es geht um ganz schwierige, schwammige (und auch historisch und kulturell sehr variable) Grenzen, v.a. zwischen Mensch-(Menschenaffe)-Tier.
Und was es noch komplizierter macht: es geht um sie nicht als abstrakte ethisch-„intellektuelle“ Grenzziehung, sondern als eine, wie sie „innerpsychisch“ (das Gewissen als Teil des ÜberIchs, d.h. die „innerpsychische“ Schnittstelle von Gesellschaft/Kultur und Individuum) als Gefühl wirkt.

Bei mir ist das etwas anders.
Ich sehe „intellektuell“-ethisch die Grenze zwischen Mensch und Tier fast fließend, fühle sie aber starrer als ich sie denke.
Wenn ich der Verantwortliche für den Tod der 30 wäre, würde es mich wohl stark entlasten, dass es „nur“ Menschenaffen waren und nicht Menschen.
Das finde ich bemerkenswert, weil ich „intellektuell“ die starre Tier-Mensch-Grenze fragwürdig finde.

:exclamation:

Wir hatten die Untertöne im Psychologie-Brett, seit ich es kenne (2005; mit Metapher, OW, „Sam“, Branden, ich usw.) immer, dafür aber lange Zeit eine sehr hohe Antwortqualität.
Die Antwortqualität ist weg, die Untertöne stehen allein da.
Üble Situation mittlerweile aus meiner Sicht.

Gruß
F.

:joy:

Der war gut.

Gruß
F.

So war’s gemeint :wink: :innocent:

Gruß
M.

Warum nicht?
Und ich möchte hier zwei Aspekte anbringen.

Das eine ist der Schmerz und den umgeht unser Körper wie auch unser Inneres.
Wie oft wird uns der innere Schmerz zu einer Situation gar nicht erst klar- wir weichen emotional in Ärger oder Wut aus! Und sowas geschieht vermutlich sogar tagtäglich (je nach Leben).
Das wir nicht zweimal an den Stromdraht fassen, muss ich nicht erläutern.

Mir geht es um das Ausweichen von Schmerz- diesen nicht spüren zu müssen.

Ich denke schon, dass zwischen Tier und Mensch unterschieden wird- alles wird doch dran gesetzt um genau das zu fördern.
Wir mögen uns um Artenschutz und Tiere kümmern- wir befinden uns dabei aber immer in der erhobenen Position.
Kamen die Tiere nicht nach dem Menschen…in Gottes Welt?
Tiere sind dem Menschen Untertan, werden geschlachtet…und während wir uns gut in einen Menschen hineinfühlen können, fällt uns das bei Tieren schwerer.

Ja- ich glaube, dass der Mensch einen Unterschied macht.
Dieser Unterschied liegt tief in der Kultur und wird doch täglich weiter gefördert.
Zusätzlich wird dieses Ausweichen des Schmerzes generell genommen und wird doch auch hier gute Dienste leisten.

Ich lese gerade deine Obdachosen- Unterkunft- Assoziation dazu.
Und ich selbst, wäre schon gar nicht auf so einen Gedanken gekommen…daran sieht man auch schön, wie sehr es davon abhängt, wo sich einer gedanklich aufhält oder befindet.
Und genau dazu gibt es ja von schwarz bis weiß alles.

Dein Gedanke wurde vermutlich von so einigen auch schon gedacht- mit ganz anderen Motivationen.

Der Mensch ist, wie er ist.
Alles, was anders ist- wird kritisch und ablehnend beäugt und - wenn kein Raum für Wachstum zu Nähe ist- bekämpft.

Es wird immer furchtbare Auswüchse beim Menschen geben- schau doch ins Mittelalter. Oder davon und danach- war der Mensch je zimperlich auf die eigene Art?

Ich finde dein Nachdenken gut und wenn du etwas TUN willst, dann mach dir doch zur Aufgabe in solchen Unterkünften vorbeizugehen oder den Zuständigen anzurufen und dem nachzugehen.
Vielleicht Brandschutzmelder selbst vorbei bringen, vielleicht eine Sammlung auslösen…vielleicht sieht es dort auch besser aus, als du nun vermutest?

Ich finde den Bogen von Menschen, die etwas Gutes machen wollten und aus Versehen dann so etwas Furchtbares entstand- zu Menschen, die bewusst Asylheime anzünden UM zu töten allerdings wirklich krass!

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Man kann das so bewerten, muss das aber nicht.
Ich gebe zu bedenken, dass es genügend Menschen gibt, eigentlich zu viele, und dass die meisten Hominiden vom Aussterben bedroht oder zumindest gefährdet sind.
Und das pikanterweise auch noch auf Grund des Verhaltens des Menschen, von dem es eh schon zu viele gibt.

Geradezu arrogant und obszön finde ich diese Selbstaufwertung menschlichen Lebens. Und auch irrelevant, denn es ist dieses ja nur eine Denkweise des Menschen selber.

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Vielleicht ja aber nur, weil es schwieriger ist, (affektiv) empathisch mit „jemandem (also dem Hominiden)“ zu sein, der sich doch letztendlich stark von uns- auch in seinem Verhalten und seiner Lebenssituation- unterscheidet, mit dem wir uns also schwieriger identifizieren können als mit einem anderen Menschen.
Leichter wird möglich sein die kognitive Empathie, von der du ja auch sagst, dass diese dir leichter fiele (?).
Auf genau dieser kognitiven Ebene sollte uns übrigens auch klar sein, dass der Mensch die Menschenaffen im Erhalt ihrer Art gefährdet, oder sie sogar schon konkret vom Aussterben bedroht sind und der Vergleich zum Genozid zwar ein shitstormaffiner und gleichzeitig so auch nicht ganz korrekter ist- darum deute ich ihn ausdrücklich nur sinngemäß an, aber wer wohlwollend liest, ihn nicht ganz von der Hand weisen kann.
Tatsache aber ist, dass ein paar Menschen weniger und ein paar Hominiden mehr dem Planeten einschliesslich der Art Mensch ganz gut tun würden.

Zum Thema Schuld wäre noch hinzuzufügen, dass diese Affen zunächst ihres Lebensraumes beraubt, sie oder ihre Vorfahren also gekidnapped worden sind, und damit die Schuldfrage eine ganz besonders heikle ist, wenn sie dann in deiser Gefangenschaft durch menschliches Handeln zu Tode kommen. Da wurde Verantwortung nicht wahr genommen, wohlwollend ausgedrückt.

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So verstehe ich deinen Punkt jetzt sehr gut.
Danke!

Das Interessante an diesem Fall ist halt die großen „Menschenähnlichkeit“ der Opfer (z.T. in der Art der Unterbringung, die für mich einem Obdachlosenheim nicht unähnlich ist, im Begriff „Menschenaffe“, in der „Menschlichkeit“ von Menschenaffen, in manchen Trauerreaktionen usw.), so dass sich die Frage stellt, wo -gefühlsmäßig- diese Affen stehen.
Komplett jenseits oder ein Stück weit diesseits der Tier-Mensch-Grenze?
Runtergebrochen auf einen kleinen Einzelaspekt: hilft z.B. der Aspekt, dass diese Toten kein Begräbnis (wie ein Mensch) erhalten haben sondern der Tierverwertung zugeführt wurden (also nicht mal die „Menschlichkeit“ des vermenschlichten Haustiers erhielten), hilft das den Frauen in ihrer Schuldverarbeitung?

Gruß
F.

Das ist doch wieder das, was ich gestern schon anmerkte: entweder alle Menschen ticken gleich (dann kennst Du die Antwort) oder sie sind verschieden (dann willst Du kollektive Spekulation). Da ja doch eher letzteres, ist Deine Frage letztlich eine Aufforderung, über das Seelenleben uns unbekannter Personen zu spekulieren.

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Diese Diskrepanz in mir zwischen affektiver und kognitiver Einschätzung war der hauptsächliche Anlass, dem ein bisschen nachzudenken.

@Kitty40,wenn ich sie(?) richtig verstanden habe, hat oben ja den interessanten Aspekt reingebracht, dass es bei dieser Diskrepanz nicht nur um die größere Schwierigkeit geht, sich voll, auch affektiv, einzufühlen (darum gehts schon auch), sondern, dass es dabei auch um Wege des Selbstschutzes geht. Auch auf dieser überindividuellen kulturellen Ebene.

Das ist ein wichtiger Punkt.
Wenn man es zur Verdeutlichung sehr überspitzt formuliert, könnte man sagen: Damit wir uns nicht des Genozids an den Menschenaffen schuldig fühlen müsse, sagen wir Dinge wie „es sind immer noch Tiere und keine Menschen“ (womit ich nicht sagen will, dass es keine Tiere, sondern Menschen SIND, sondern, dass die Tier-Mensch-Grenze hochgradig „aufgeladen“ ist und keineswegs rein „objektiv“ gezogen) - oder, um den Bogen zum UP zurück finden, geben uns Gesetze, dass in Zoos getötete Menschenaffen keine (menschenähnliche) Bestattung erhalten, sondern der Tierverwertung zugeführt werden müssen usw.

Würde man das Thema ganz groß machen wollen, dann müsste man eh noch über die verschiedenen Formen von Dehumanisierung von Feinden zum Zwecke ihrer Vernichtung (oder auch Versklavung) diskutieren.
Das scheint mir ja eine historische Konstante zu sein.

Absolut.
Man müsste genauso über die Schuld der Zoo-Verantwortlichen (auf verschiedenen Ebenen) sprechen. Die entlasten sich dadurch, dass sie den drei Frauen alle Schuld geben können.

Gruß
F.

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Ich gebe zu, ich war noch in keinem Obdachlosenheim und kann daher den Vergleich gerade gar nicht nachvollziehen.

Wo diese Affen stehen- gibt es dafür tatsächlich eine Antwort, die für jeden Menschen gilt?

FBH- das müsstest du diese Frauen selbst fragen, das kann dir doch hier niemand beantworten!

Als ich im Radio das von der Tierverwertung gehört habe (es wurde genannt)- war ich selbst davon sehr berührt. Ich hätte dir noch nicht mal sagen können, warum- ich bin schlicht an diesem Wort hängen geblieben. Vielleicht ging es mir wie dir?

Was ich glaube (oder glauben möchte) ist, dass eine so schlimme Situation keinen Betroffenen kalt lassen wird.

Die Frage an dich ist: was würde es dir bringen, wenn diese Menschen sich nun schwerste Vorwürfe machen würden, von Schuldgefühlen zerfressen wären?

Glaubst du im Ernst, dass jemand so einen Vorfall erlebt und nicht für immer eine „Brandnarbe“ in sich tragen wird- selbst, wenn er Affen anders wertet als wären das nun Menschen?

lg kitty

Dieses Entweder-Oder triffts halt einfach überhaupt nicht.
Weder sind wir alle (vollkommen) gleich noch sind wir alle (vollkommen) individuell.
Als Psychologen können wir Menschen in bestimmten „Typen“ einteilen, und über diese Typen können wir diskutieren. Klar ist, dass wir damit natürlich nur das Typische erfassen und nicht das „volle Individuum“. Daran hängt meine Frage aber auch nicht.

Die einzige „Spekulation“ ist, dass ich diese drei Frauen, schon deshalb, weil es der wahrscheinlichste Fall ist, dem Typus „Durchschnittsmensch“ zugeordnet habe, d.h. ihnen gut entwickelte Abwehrfunktionen, ein halbwegs reifes Überich, keine Defizite bei Mentalisierung und Symbolisierung, keine großen traumabedingten „inneren Fremdkörper“ usw. unterstelle.
Das ist halt quasi die Voraussetzung der Frage.
Bei bestimmten anderen Typen hätte die Frage mangels halbwegs reifem Überich, gar nicht viel Sinn gehabt, weil die sowas wie „Schuld“ gar nicht empfinden können.

Gruß
F.

Du traust dich was :hushed: .

Aber ja. Ich verstehe und ich stimme vollkommen zu.

Ich verweise auf meine Antwort an C.
Setzt doch einfach überall wo „die drei Frauen“ steht „der Durschnittsmensch“ (so wie ich ihn dort ein bisschen charakterisiert habe) ein, dann hat sich das Problem gleich gelöst.

Dieser Aspekt löst bei mir auch viel aus.
Das sind halt diese Dinge der Ver- und Entmenschlichung, die keine rein kognitive Fragen sind und erst recht keine naturwissenschaftlichen Selbstverständlichkeiten.

Nichts.
Um das gehts mir auch ganz und gar nicht.
Wenn ich den Dreien etwas wünsche, dann, dass sie es gut verarbeiten können, weder verleugnen/abspalten noch unverdaut mitschleppen müssen.
Das war halt der Aspekt meiner Frage: Der Durchschnittsmensch könnte so etwas wie die unfallhafte Tötung von 30 Menschen (unter „Normalbedingungen“; Kriege usw. sind nochmal spezieller) aus meiner Sicht nicht wirklich jemals gut verarbeiten. Trifft das auch auf die Tötung von 30 Affen zu?
Ich weiß es nicht, es ist keine rhetorische Frage.
Auch wohl keine, auf die man „die Antwort“ geben kann, aber für mich ist sie bedenkenswert.

Ganz ohne Narben nicht, aber wohl mit einer anderen Narbe.
Wie schon ganz oben gesagt, es geht ja nicht um on/off.

Gruß
F.

Beim Auslöser bin ich bei dir- bei der weiteren Verarbeitung sehe ich jedoch durchaus Wissenschaft, die für unser Empfinden (oder Verdrängen) zuständig ist. (Natürlich neben logischem Verrationalsieren, was sicher auch verwendet wird).

Ich gehe davon aus, dass man 30 Affen besser verarbeiten kann- mal ohne wenn und aber.

Die Frage ist doch eher: wie bewerte ich das?
Finde ich das schlimm oder kann ich dankbar sein, dass das Leid für den Betroffenen doch ein anderes ist.

Was sagt so ein Empfinden über den Menschen an sich aus?
lg kitty

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Das war nicht meine Frage, aber die ist natürlich auch interessant.
Ich spür da sehr viel Ambivalenz.
Auf der einen Seite wünsche und gönne ich, wie gesagt, den drei Frauen nur das Beste bei der Verarbeitung ihrer Schuld, auf der andere Seite finde ich es furchtbar wie banal dieses „sind ja nur Tiere“ (das wir alle irgendwie drin haben, weils etwas Kollektives ist) für (teilweise) Schuldentlastung sorgen kann. Bei Menschenaffen ist meine Ambivalenz da besonders hoch.

Gruß
F.

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Spielt denn nicht auch eine Rolle, wie nah jemand ist?

Wie distanziert können wir mit dem Versterben Fremder umgehen und wie sehr erschüttert es uns in der Nähe?
Und ist es nicht bei Haustieren ebenso? Um meine eigene Katze, habe ich ein halbes Jahr zutiefst getrauert- was bei bei der Katze 5 Straßen weiter auch nicht ist.

Ich weiß- ich dehne das nun noch mehr aus :wink:
Aber es ergeben sich viele Gedanken und Fragen aus deiner Fragestellung.
Würden die Betroffenen die verbrannten Tiere sehen- wäre es auch noch einmal anders.

Hilft dir der Austausch hier im Forum?
lg kitty

Das ist ein dämliches Argument. Es gibt IMMER Dinge, die noch schlimmer sind, als eine Katastrophe über die man gerade spricht. Dann dürfte man nirgendwo mehr mitfühlen…
Im Fall Krefeld geht es auch darum, dass Wesen umgekommen sind, die der Mensch eingesperrt und für die er daher eine besondere Verantwortung übernommen hat.

Das sowieso.
Aber das ist noch ein ganz anderer Aspekt.

Aus meiner Sicht sind diese „vermenschlichten Haustiere“ ebenso nah an der Tier-Mensch-Grenze, aber m.E. auf ganz andere Weise als die Menschenaffen.
Darum finde ich es z.B. auch interessant, dass ich meine Katze bestatten darf, aber diese Affen in die Tierkörperverwertung müssen.

Ja, ganz viele.
Es sind inzwischen auch viele interessante Aspekte in den Antworten aufgetaucht.
Ist auf jeden Fall doch noch ein anregender Austausch geworden.

Gruß
F.

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