Hallo Charlotte!
Ersteinmal vielen lieben Dank für Ihre ausführliche Antwort.
Das mit dem Abitur oder Nicht-Abitur und dass jemand, der über
eine gute Allgemeinbildung verfügt, nicht auch mit niedrigerem
Abschluss ein guter Buchhändler sein kann und auch die
Qualität von Buchabteilungen in Kaufhäusern sind glaube ich
Ansichtssache, je nach dem, auf was man Wert legt.
Ist es das? Wenn man manche Argumente hört, wird sehr tief in den Vorurteilssack
gegriffen.
[…]auch Wissen, dass die ganzen Nahrungsmittel-Intoleranzen nicht
unter Allergien, sondern unter Magen/Darm stehen sollten, dass
der Pschyrembel ein Standardwerk der Medizin ist, Schulz von
Thun was mit Kommunikation zu tun hat, etc. natürlich kann man
sich das alles aneignen und lernen, nur dann beschweren sich
die Kunden, warum der Buchhändler das nicht sofort weiß,
versteht ihr?
Okay, ich muss mich outen. Zwar kann ich sowohl mit den Namen als auch mit den Fachbegriffen etwas anfangen, aber ich verstehe nicht, warum ein Kunde sich beschweren sollte, weil ein Buchhändler etwas nicht sofort weiß.
Man kann nun mal nicht alles wissen, und für das, was man nicht weiß, gibt es Kataloge/Internet/Datenbanken.
Die Buchhändlerin vor Ort weiß viel, hat gute Tipps, was Leseempfehlungen angeht, etc.pp. Aber manchmal, wenn ich ankomme und mir ein Buch bestelle, steht Sie schon da und fragt, wo ich bloß die Titel alle herbekomme; es sei schon irre, was ich alles weiß…
Man wird ja nicht erst dann auf die Kunden
losgelassen, wenn man das schon alles weiß, sondern vorher
auch schon…
Auf der einen Seite heißt es immer: Warum
kann nicht auch ein Hauptschüler ein guter Buchhändler sein?
Andererseits beschwert sich aber jeder, dass Buchhändler
anscheinend zu wenig Fachwissen haben…
Dafür lernt er es ja…
Um nochmal auf Buchabteilungen in Kaufhäusern
zurückzukommen…ich glaube dir wirklich, dass du ein guter
Buchhändler (wenn auch nicht gelernt) bist/warst, da du
ehrgeizig warst und dir alles Nötige selbst angeeignet hast,
was sicher nicht einfach war, Respekt! Aber glaubst du
wirklich, dass das jede/r Einzelhändler, der vll. mal in eine
Buchabteilung/Buchhandlung kommt, so gut und intensiv wie du
macht?
Sorry für die wahrscheinlich jetzt ganz dumme Antwort, aber: es kommt schlichtweg auf die Affinität an. Mag sein, dass das Kaufhaus an Mitarbeiter gerät, die im Grunde genommen nur auffüllen und kassieren, es kann aber auch sein, das es einen Mitarbeiter bekommt, der regelrecht in diesem Bereich aufblüht.
Auch auf die Gefahr, dass Sie mir jetzt die Ohren strubbelig ziehen, aber ich habe auch Buchhändler erlebt, die mir mit einem „Weiß nicht, müssen Sie halt gucken ob wir sowas haben“ kamen.
Wenn man eine Ausbildung zum Buchhändler macht, bekommt man
halt einfach die ganzen theoretischen Sachen in der
Berufsschule mit, und da unterscheidet sich dann doch einiges
vom Einzelhändler. Das weiß ich auch deswegen, weil meine
Lehrerin in der Berufsschule früher auch Einzelhändler
unterrichtet hat und uns oft auf Unterschiede aufmerksam
macht. In der betrieblichen Ausbildung ist halt einfach nicht
so viel Zeit, genauestens auf die Aspekte der Buchpreisbindung
einzugehen oder auf Kalkulation, Buchführung, etc.
Gelernte Buchhändler haben eben einen „Wissensvorsprung“, der
sich dem Kunden gegenüber auch manchmal bemerkbar macht…
So großartig viel Unterschiede gibt es in den Bereichen Buchführung, Kalkulation etc. auch gegenüber dem Einzelhändler/Kaufmann im Einzelhandel nicht. Und was die Buchpreisbindung angeht, dass kann man auch lernen, in dem man recherchiert oder nachfragt (davon abgesehen habe ich es noch nie erlebt, dass mich jemand gefragt hat, warum Bücher überall gleich teuer sind).
Und ja, auch die raffinierte Falle mit den Zugaben habe ich in der Berufsschule gelernt.
Ich will jetzt keinesfalls deine Tätigkeit herabsetzen, bitte
versteh mich nicht falsch, vielleicht habe ich ja auch
Unrecht, das kannst nur du mir sagen, aber haben sich
Buchabteilungen in Kaufhäusern nicht eher auf Belletristik,
MA, bisschen Kinderbuch und bisschen Freizeit, Gesundheit,
Sport, Sachbuch, Reise, Geschenkbuch, spezialisiert?
In meiner Buchhandlung haben wir z.B. eine sehr große
Kinderbuchabteilung, auch viel Schulbuch, viel Reise, und auch
Recht (inkl. Fortsetzungsabteilung!), Wirtschaft,
Sprachen/Lexika, viel Sachbuch (Politik, Geschichte,
Kunst/Musik), EDV, Gesundheit, Medizin, etc.
Das muss ich mit einem Jain beantworten.
Hintergrund für diese Antwort ist, dass ein engagierter Mitarbeiter in einer Buchabteilung eines Kaufhauses in der Position ist, einerseits den Markt vor Ort zu bedienen und gleichzeitig das „Fachwissen von oben“ einzubetten.
Und da manche Menschen, die BWL studiert haben, eben die Meinung vertraten, dass Wolfsburg genau dieselben Bücher verkauft wie auch München, Hamburg und Berlin, dann konnte man noch so sehr dagegen argumentieren, da zählte nur, was sich dort dreht, dreht sich auch hier. Ende!
Ja, wir hatten viel Belletristik, wir hatten aber auch manches Sachbuch, viel Jugendbuch (inklusive Manga) und so einiges an Reise. Recht und Medizin und Stoff für Studiengänge war bei uns zugegebenermaßen rar gesät, wurde aber seltenst verlangt. Schulbücher wurde mir verboten, weil es schlechte Erfahrungen damit gab.
Und - ja, ich gebe es zu (auch wenn Sie jetzt wahrscheinlich triumphieren und wieder sagen, dass Buchhändler eben doch besser sind): ich kannte nur etwa 70 % unseres Sortiments mit Titel und etwa 40% mit Autor (gerade bei Kochbüchern und Büchern für handwerkliche Arbeiten…ähem…ja)
Der Beruf des Buchhändlers umfasst halt nicht nur die schöne
Literatur, die Belletristik, sondern auch ganz viel Anderes,
und da ist es einfach ein Vorteil, für den Chef und auch für
den Kunden, wenn vor allem in solchen Bereichen, Leute
eingestellt werden, die das schon mal Ansatzweise in der
Schule gehört haben oder vll. sogar studiert haben.
Da sind wir d`core (schreibt man das so? Ich bin schlecht in Fremdsprachen…)
Und das ist jetzt nicht nur meine Meinung, sondern auch
einfach eine Tatasache: In meinder Berufsschulklasse waren 23
Leute, 3 davon hatten Fachabitur, 2 davon Mittlere Reife, und
der Rest hatte alles allg. Abitur und die Hälfte davon hat
schon studiert. Es ist halt nun mal gängige Praxis, und ich
muss dazusagen, ohne jetzt angeben zu wollen, man hat an den
Noten oder in Gruppenarbeiten teilweise gemerkt, wer kein Abi
hatte… Ich wünschte, es wäre nicht so gewesen, aber es war
halt nunmal so, da kann ich auch nichts dafür…
Ich weiß, dass Abiturienten aufgrund des Stoffes auf ganz andere Art und Weise geschult werden (müssen), und selbst das ist - laut eines befreundeten Studenten - ein Sonntagsspaziergang, wenn sie dann mal studieren.
Von daher kann ich mir schon vorstellen, dass eine solche Arbeitsweise eine vollkommen andere ist.
Es kommt mir hauptsächlich auf den Aspekt an, dass man sich nicht von vornherein mit dem Argument „Der hat den und den Abschluss“, nur dieser Abschluss verrät, dass dieser Mensch dazu in der Lage ist, das und das zu machen.
Jeder von uns hat ein oder mehrere Talent(e)/Fähigkeit(en), die ihn auszeichnen. Und das sollte zählen und nicht, ob er jetzt studiert hat oder „nur“ Hauptschulabschluss.
Um jetzt von meiner Seite einmal anzugeben: Ich habe weder Journalismus noch Literaturwissenschaft oder Germanistik studiert, habe - wie gesagt - noch nicht einmal Abitur.
Und trotzdem kann ich mich sowohl verbal als auch schriftlich ausdrücken, ohne das großes Rätselraten vorherrscht, was der Typ eigentlich sagen will…
Und um kurz noch auf „das dumme Gewäsch von 19 oder 20
jährigen (…) die dann irgendwann nervig werden, weil sie
nicht mehr weiterwissen- und das gleich nach der ersten
Nachfrage?“ zurückzukommen:
Rate mal, wie alt ich bin? Ich bin 21, und vielleicht weil ich
Abitur, oder zumeindes sicher deswegen, weil ich eine gute
Allgemeinbildung habe, kann ich von mir behaupten (wenn ich
meiner Filialleitung glauben darf), dass ich NICHT nervig
werde, wenn ich nicht mehr weiter weiß, und nach der ersten
Nachfrage schon gleich gar nicht! Was würdes du sagen, wenn du
wüsstest, dass meine Filialleitung 24 Jahre alt ist und das
schon seit 2 Jahren macht und unsere Filiale die
zweit-erfolgreichste im Unternehmen war?
Wenn du wüsstest, dass eine Kollegin von mir noch während
ihrer Ausbildung (zugegeben, zum Ende hin) stellvertretende
Filialleitung in unserer größten Filiale wurde?
Dass bei uns schon Azubis zum Ende der Lehrzeit Verantwortung
für eigene Warengruppen bekommen und selbstständig einkaufen,
selbstständig Vertretergespräche führen?
Und ich könnte dir noch mehr Beispiele in unserem Unternehmen
nennen…
So viel zum Thema „Alter“!
Zwar habe ich das Thema „Alter“ nicht angeschnitten, aber um Ihre Frage zu beantworten: Wie jetzt? Schon 21 Jahre und noch nicht Geschäftsführerin? Pfui! Zur Strafe heute barfuß ins Bett 
Aber Scherz beiseite: Was hat jetzt das Alter mit Fähigkeiten zu tun? Im Grunde genommen würde der Umkehrschluss bedeuten, dass ein Mensch im…sagen wir mal gesetzterem - Alter zwangsweise Ahnung von einer Sache haben muss.
Ich bin 42.
Ich kenne mich nicht wirklich in Sachen Computerhardware aus. Ich weiß von 15jährigen, die haben in dem Bereich ein Fachwissen, da wird mir schwindelig.
Eine Frau als Mechatronikerin oder als IT-Spezialistin?
Warum denn nicht, wichtig ist doch nur, dass der Mensch was kann und nicht, ob es Mann oder Frau ist, ob 25 oder 50 Jahre, ob Hauptschüler oder Doktor.
Das ist es, was meiner Ansicht nach zählt.
Verstehen Sie, was ich meine?
Lieben Gruß
Michael Vogl
P.S. Leider bin ich nicht mehr als Buchhändler tätig 