Christentum vs. Menschenrecht

Hallo Junktor,

Sowohl Kant als auch Locke stammen aus dem Christentum!

… somit hätten wir z.B. die Wissenschaft der Genetik dem Christentum zu verdanken, schließlich war Gregor Mendel sogar Mönch …

Kant sah das Christentum so:

Ich habe den Link nicht gelesen, mir ist bekannt, wie Kant das Christentum sah. Entscheidend ist, wie Kant Recht begründet - und dazu braucht er keinen Gott und schon gar keine christliche Religion.

Während Locke als einer der Gründer des Deismus gilt:

Nun, ich würde ihn eher als Vorläufer bezeichen, die ‚Gründerrolle‘ kommt wohl eher Tindal und Toland zu. Trotzdem ist das kein Grund, Lockes Religionsphilosophie (die 3 'Letters Concerning Toleration und ‚The Reasonableness of Christianity, as Delivered in the Scriptures‘) und seine Staatslehre durcheinanderzuwürfeln. Er selbst hat das auch nicht getan.

Locke gründet zwar speziell die Idee der Gleichheit auf die allen Menschen gemeinsame Schöpfung durch Gott. Das ist aber auch schon alles an ‚Christentum‘, was Du da finden wirst. Und die Idee einer Schöpfung durch einen Gott ist ja nun nicht spezifisch christlich. Insofern ist Lockes Argumentation in diesem Punkt auch für einen Juden oder einen Muslim problemlos nachvollziehbar - sie ist religiös-theistich, aber nicht speziell christlich.

Kann es sein, dass sowohl du, als auch der Ursprungsposter
Christentum sagt und die „katholische Kirche“ meint?

Kann es sein, dass Christentum und Kirche irgendwie etwas miteinander zu tun haben?

Sind die Leistungen aller ausserkirchlichen christlichen
Denker nicht dem Christentum zuzurechnen?

Du willst z.B. Kants Philosophie dem Christentum zurechnen? Spinoza und Mendelssohn dem Judentum? Das ist Unfug. Du begehst den Denkfehler, dass Du den abendländischen Kulturkreis mit Christentum gleichsetzst. Sicher ist die christliche Religion kein ganz unbedeutender Faktor der abendländischen Kultur - aber bei weitem nicht mit ihr gleichzusetzen. Viele kulturelle Leistungen der Neuzeit (um nur die Naturwissenschaften und die säkulare Gesellschaft zu nennen) sind nicht dem Christentum gutzuschreiben, sondern im Gegenteil gegen z.T. erheblichen Widerstand von Vertretern christlichen Glaubens entstanden. Die Menschenrechte, insbesondere die Glaubens- und Meinungsfreiheit, gehören dazu.

Darf sich ein Christ nicht auch entwickeln?

Wenn Du mein vorheriges Posting noch einmal liest, wirst Du feststellen, dass ich eine solche Entwicklung konstatiert und ausdrücklich begrüßt habe.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Hi,

Michail Gorbatschow war Kommunist und hat die Sowjetunion aufgelöst.
Würdest du die Auflösung der Sowjetunion als eine kommunistische Errungenschaft betrachten?

Viele Grüße
WoDi

Hi,

na, natürlich, weil sie Teil der christlichen Bibel ist.

Sowas lernt man heute beim Theologiestudium?

Viele Grüße
WoDi

Antworten
Hi,

mal stellvertretend für alle Antworten:

Die Thora ist (rein historisch betrachtet) insofern zunächst mal keine jüdische Schrift, weil sie zu einer Zeit entstanden ist, in der es noch gar kein Judentum gab. Es ist also höchstens eine israelitische Schrift oder eine judäische Schrift oder eine Schrift aus Syrien-Palästina, aber keine jüdische Schrift.

Theologisch betrachtet ist sie für mich, als Christ, zunächst eine Schrift der christlichen Bibel. Wenn Gott sich aber in Christus offenbart hat und es nur einen Gott gibt, dann ist der Gott, von dem das Alte Testament berichtet ebenfalls dieser eine Gott. Die Thora ist ergo eine christliche Schrift. Alles andere wäre Polytheismus.

LG

Chris

HI,

dein Artikel enthält leider nicht ein Argument auf das ich reagieren könnte. Bitte lies doch meine Antwort an WODI.

LG

CHris

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Ich meine das ernst…

Hallo Christian,

mal stellvertretend für alle Antworten:

Die Thora ist (rein historisch betrachtet) insofern zunächst
mal keine jüdische Schrift, weil sie zu einer Zeit entstanden
ist, in der es noch gar kein Judentum gab. Es ist also
höchstens eine israelitische Schrift oder eine judäische
Schrift oder eine Schrift aus Syrien-Palästina, aber keine
jüdische Schrift.

wenn man das so auf der theologischen Uni lehrt, sehe ich schwarz für das Christentum :frowning:(

Zunächst einmal: Du hast Recht mit der Behauptung, dass es zur Zeit Moses kein „Judentum“ gab. Es gab das Volk Israel, dessen Stamm Juda der Namensgeber des heutigen Judentum war.

„Judäische Schrift“ oder „Schrift aus Palästina“ ist demnach aber ganz falsch, weil es damals weder Judäa noch Palästina gab.

Theologisch betrachtet ist sie für mich, als Christ, zunächst
eine Schrift der christlichen Bibel.

Hier kommen wir zum Eigentumsdelikt, auf das Du weiter unten keine Antwort wußtest.

Gott hat diese Schrift dem Volk Israel gegeben. Somit ist es eine israelitische Schrift. Wenn nun ein anderer Kulturkreis diese Schrift abdruckt, gebietet es die Ehrlichkeit, die Herkunft dieser Schrift auch klar zu definieren.

Wenn es sich nicht um eine jüdische Schrift handeln kann, weil „es das Judentum noch gar nicht gab“, kann es noch viel weniger eine christliche Schrift sein, weil das Christentum noch wesentlich jünger ist.

Wenn Gott sich aber in
Christus offenbart hat und es nur einen Gott gibt, dann ist
der Gott, von dem das Alte Testament berichtet ebenfalls
dieser eine Gott.

Dann ist es allenfalls eine göttliche Schrift.
Aber Gott hat sie ja nicht geschrieben, sondern Mose.
Und Mose kannte „Christus“ nicht. Also ist es eine mosaische Schrift.

Die Thora ist ergo eine christliche Schrift.

Damit hättest Du bewiesen, dass Adam und Eva die ersten Christen waren.

Gruss Harald

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Hallo Christian,

Hi,

„Judäische Schrift“ oder „Schrift aus Palästina“ ist demnach
aber ganz falsch, weil es damals weder Judäa noch Palästina
gab.

Judäa gab es nicht, war aber auch nicht gemeint, sonder der Stamm Juda war gemeint. „Schrift aus Palästina“ ist eine Bezeichnung aus heutiger Perspektive und somit korreckt.

Gott hat diese Schrift dem Volk Israel gegeben. Somit ist es
eine israelitische Schrift.

Ich habe das niemals geleugnet, dass die Thora eine israelitische Schrift ist, das bedeutet aber nicht (und alleine das habe ich behauptet) das sie eine jüdische Schirft ist. Es bedeutet auch nicht, dass es nicht im gleichen Zug eine christliche Schrift sein kann. Die Thora ist eben eine jüdische oder eine christliche Schrift, je nachdem aus welchem Kontext sie gelesen wird.

Wenn es sich nicht um eine jüdische Schrift handeln kann, weil
„es das Judentum noch gar nicht gab“, kann es noch viel
weniger eine christliche Schrift sein, weil das Christentum
noch wesentlich jünger ist.

Es gilt hier zwischen historisch-kritischem und theologischem Denken zu unterscheiden.
Historisch-kritisch: Die Thora ist historisch gesehen weder eine jüdische noch eine christliche Schrift. Sie wurde nicht von Mose geschrieben (der existierte höchstwahrscheinlich nicht) und ist nicht Wort Gottes.
Theologisch sieht das schon ganz anders aus. Meine Perspektive habe ich ja schon erörtert.

LG

Chris

Hi,

Michail Gorbatschow war Kommunist und hat die Sowjetunion
aufgelöst.
Würdest du die Auflösung der Sowjetunion als eine
kommunistische Errungenschaft betrachten?

Gorbatschow hat den Glauben an den Kommunismus verloren,
Locke hat seinen christlichen Glauben nicht verloren,
ihm war lediglich Dogmatik und Unvernunft ein Dorn
im Auge. Solche Analogien treffen die Sache seltenst.
Sondern sind lediglich rhetorische Kniffe.

Gegenfrage also:

Gehören gläubige Christen nicht zum Christentum, nur weil
sie nicht Mitglied einer Kirche sind?

Gruss
Junktor

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Hallo Ralf,

Ich habe den Link nicht gelesen, mir ist bekannt, wie Kant das
Christentum sah. Entscheidend ist, wie Kant Recht begründet -
und dazu braucht er keinen Gott und schon gar keine
christliche Religion.

Nun kann ich nicht wissen, welcher user was weiss, ausserdem
ist dieser thread der Allgemeinheit zugänglich und
nicht nur an dich persönlich gerichtet.
Das sehe ich halt anders, ein gläubiger Christ glaubt
z.B. auch, dass er seinen Verstand und die Vernunft
von Gott bekommen hat. Die Basis ist entscheidend,
wenn sich Kant dann ausserdem soviel Mühe macht,
auch die christlichen Kirchen mit ins Boot zu bekommen,
was ihm übrigens von Goethe, (zu unrecht) vorgeworfen
wurde, dann runded das eben das Bild ab.

Während Locke als einer der Gründer des Deismus gilt:

Nun, ich würde ihn eher als Vorläufer bezeichen, die
‚Gründerrolle‘ kommt wohl eher Tindal und Toland zu. Trotzdem
ist das kein Grund, Lockes Religionsphilosophie (die 3
'Letters Concerning Toleration und ‚The Reasonableness of
Christianity, as Delivered in the Scriptures‘) und seine
Staatslehre durcheinanderzuwürfeln. Er selbst hat das auch
nicht getan.

Auch das tue ich nicht, das unterstellst du mir.
Wie kann man aber an einen allmächtigen Schöpfergott
glauben und den auch nur irgendwo draussenlassen?

Locke gründet zwar speziell die Idee der Gleichheit auf die
allen Menschen gemeinsame Schöpfung durch Gott. Das ist aber
auch schon alles an ‚Christentum‘, was Du da finden wirst. Und
die Idee einer Schöpfung durch einen Gott ist ja nun nicht
spezifisch christlich. Insofern ist Lockes Argumentation in
diesem Punkt auch für einen Juden oder einen Muslim problemlos
nachvollziehbar - sie ist religiös-theistich, aber nicht
speziell christlich.

Locke war ein tiefgläubiger Christ, ist er als solcher denn
nicht Mitglied des Christentums? Es ging um deine Behauptung:

„Beide Wurzeln, Naturrecht und Vernunftrecht, haben mit Christentum nun aber auch gar nichts zu tun.“

Und das ist schlichtweg falsch.

Kann es sein, dass Christentum und Kirche irgendwie etwas
miteinander zu tun haben?

Was soll diese Sophisterei?

Sind die Leistungen aller ausserkirchlichen christlichen
Denker nicht dem Christentum zuzurechnen?

Du willst z.B. Kants Philosophie dem Christentum zurechnen?
Spinoza und Mendelssohn dem Judentum? Das ist Unfug. Du
begehst den Denkfehler, dass Du den abendländischen
Kulturkreis mit Christentum gleichsetzst.

Das denk ich eben grad nicht, sondern bin mir nur
der Wurzeln bewusst.

Darf sich ein Christ nicht auch entwickeln?

Wenn Du mein vorheriges Posting noch einmal liest, wirst Du
feststellen, dass ich eine solche Entwicklung konstatiert und
ausdrücklich begrüßt habe.

Was mich gestört hat, war dieses
kollektive Christentum versus Menschenrecht, als ob das
ein Antonym wäre.

Um mit Locke zu schliessen, einmal sagt er:

„Das blosse Zeugnis der göttlichen Offenbarung ist höchste
Gewissheit.“ Ein andermal allerdings:
„Die Offenbarung muss von der Vernunft beurteilt werden.“

Gehört man, wenn man sich seiner Vernunft bedient,
nicht mehr zum Christentum?

Gruss
Junktor

Hi,

Theologisch betrachtet ist sie für mich, als Christ, zunächst
eine Schrift der christlichen Bibel. Wenn Gott sich aber in
Christus offenbart hat und es nur einen Gott gibt, dann ist
der Gott, von dem das Alte Testament berichtet ebenfalls
dieser eine Gott. Die Thora ist ergo eine christliche Schrift.
Alles andere wäre Polytheismus.

Meinst du jetzt, die Juden sind alle Christen und wissen es bloß nicht?
Also jetzt rein theologisch betrachtet mein ich? :smile:

Gruß
Torsten

Sag dir der Begriff „geistiges Eigentum“ etwas? Wer es stiehlt, ist ein Dieb.

Hallo Christian,

ich weiß beim Lesen Deiner Beiträge in diesem Thread nicht, was mich mehr erschreckt.

  1. Die formale Seite Deiner Argumentation, die ich für einen Theologiestudenten, der Du laut Vika bist, völlig unwürdig unangemessen halte.

oder

  1. die inhaltliche „Qualität“ und Stringenz Deiner Argumentation.

Egal, ab wann genau man von „Juden“ spricht, so ist das Konzept der Ebenbildlichkeit des Menschen (bezelem elohim) – und zwar eines jeden – in der Torah verankert. Auch wenn das Christentum die Tora übernommen zu seinem Kanon zählt, so ist dieses Konzept auf dem Boden der jüdischen Tradition entstanden und entwickelt worden.

Dass Christen dieses Konzept lange Zeit nicht sonderlich ernst genommen haben, davon legt doch die Kirchengeschichte wahrlich ein beredtes Zeugnis ab. Ebenbild G-ttes waren doch nur die eigenen Leute. Anderen durfte man Menschen das Menschsein absprechen und sie verfolgen und töten (Hexen, Ketzer, Juden etc.)

Du schreibst:

du setzt dabei voraus, dass die Thora eine jüdische Schrift und keine christliche ist. Das würde ich bezweifeln…

Das steht Dir selbstverständlich frei, aber das disqualifiziert Dich

Ist Dir bewusst, dass Deine Argumentation voll in der Tradition der
Enterbungstheologie (auch Substitutions-, Ersetzungs- oder Enteignungstheologie genannt) steht, die einen wesentlichen Beitrag zur Entstehung, Tradierung und Verbreitung des christlichen Antijudaismus „geleistet“ hat?
Sie besagt – kurz und vereinfacht – dass das Positive des Judentums (Bund, Verheißung, G-ttes Volk) vom Judentum auf das Christentum übergegangen sei.

Nur wenn man in einer solchen Denkstruktur befangen verhaftet ist, kann man – wie Du – postulieren, die Torah sei keine jüdische sondern eine christliche Schrift, denn sonst müsstest Du sagen, die Kirche habe die Torah als Teil des Alten Testaments in ihren Kanon aufgenommen.

Glücklicherweise waren die christlichen Kirchen etwas schneller als Du und haben sich bereits vor Jahrzehnten von dieser Theologie distanziert – die katholische während des 2. Vatikanums und die evangelischen Landeskirchen ab der 1980iger Jahre.
Mehr dazu findest Du in diesem Artikel über die Substitutionstheologie:
http://de.wikipedia.org/wiki/Substitutionstheologie

Für Dein weiteres Theologiestudium wünsche ich Dir theologische LehrerINNen, die in der Lage sind, mit ihren Studierenden die von mir angesprochenen Themen adäquat zu reflektieren.

Viele Grüße

Iris

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Hallo Petra,

Sag dir der Begriff „geistiges Eigentum“ etwas? Wer es
stiehlt, ist ein Dieb.

nicht nur das, sondern schlimmer. Siehe meinen Artikel etwas weiter oben: „hochgradig erschreckend“

Einen schönen Sonntag und viele Grüße

Iris

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Hi,

Gehören gläubige Christen nicht zum Christentum, nur weil
sie nicht Mitglied einer Kirche sind?

Das wird wohl eine Frage des Blickwinkels sein.
Aus der Sicht der Kirchen gehören sie möglicherweise nicht zum Christentum, aus ihrer eigenen Sicht schon.

Viele Grüße
WoDi

Hallo Junktor,

Wie kann man aber an einen allmächtigen Schöpfergott
glauben und den auch nur irgendwo draussenlassen?

offensichtlich hast Du meine Eingangsbemerkung über Gregor Mendel nicht verstanden. Dieser Mönch konnte die genetischen Gesetze der Vererbung problemlos formulieren, ohne den allmächtigen Schöpfergott, an den er glaubte, zu bemühen. Mein Automechaniker ist auch gläubiger Christ - aber ich hoffe doch sehr, dass er bei der Reparatur meines Autos den allmächtigen Schöpfergott draussen vorlässt. Ich denke, das gelingt ihm ganz gut.

Locke war ein tiefgläubiger Christ, ist er als solcher denn
nicht Mitglied des Christentums? Es ging um deine Behauptung:

„Beide Wurzeln, Naturrecht und Vernunftrecht, haben mit
Christentum nun aber auch gar nichts zu tun.“

Und das ist schlichtweg falsch.

Lieber Junktor, dass Locke sich als Christ verstand, heisst eben nicht, dass seine Staatsphilosophie und seine Naturrechtstheorie christlich ist. Engelbert Dollfuß und Kurt Schuschnigg waren auch gläubige Christen. Heisst das nun, dass der Austrofaschismus christlich war? Wollte man Deiner Argumentation folgen, dann wäre das so.

Kann es sein, dass Christentum und Kirche irgendwie etwas
miteinander zu tun haben?

Was soll diese Sophisterei?

Das ist keine Sophisterei. Christentum und Kirche sind nun einmal nicht voneinander zu trennen. Ohne Kirche gäbe es schlicht kein Christentum.

Sind die Leistungen aller ausserkirchlichen christlichen
Denker nicht dem Christentum zuzurechnen?

Du willst z.B. Kants Philosophie dem Christentum zurechnen?
Spinoza und Mendelssohn dem Judentum? Das ist Unfug. Du
begehst den Denkfehler, dass Du den abendländischen
Kulturkreis mit Christentum gleichsetzst.

Das denk ich eben grad nicht, sondern bin mir nur
der Wurzeln bewusst.

Die christliche Religion ist eine Wurzel der abendländischen Kultur. Eine von vielen - dass zu diesen Wurzeln z.B. auch die jüdische Religion gehört, sollte die Erwähnung Spinozas und Mendelssohns verdeutlichen. Trotzdem ist Kants Philosophie nicht christlich und Spinozas nicht jüdisch. Die Philosophie ist nicht die Magd der Theologie, sie ist autonom und ihre „Wurzeln“ hat sie nicht Christentum, sondern in der Antike. Was wäre die abendländische Kultur ohne ihren Vorläufer, die nichtchristliche Antike? Was wäre insbesondere die Philosophie, auch die Lockes und Kants, ohne Aristoteles, ohne Platon, ohne die Stoa?

Freundliche Grüße,
Ralf

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Hi,

Meinst du jetzt, die Juden sind alle Christen und wissen es
bloß nicht?
Also jetzt rein theologisch betrachtet mein ich? :smile:

Ja.

LG

Chris

HI,

die lange Vorrede hättest du dir sparen könnne und gleich mit der Argumentation beginnen können.

Egal, ab wann genau man von „Juden“ spricht, so ist das
Konzept der Ebenbildlichkeit des Menschen (bezelem elohim) –
und zwar eines jeden – in der Torah verankert. Auch wenn das
Christentum die Tora übernommen zu seinem
Kanon zählt, so ist dieses Konzept auf dem Boden der jüdischen
Tradition entstanden und entwickelt worden.

Eben nicht. Die Tradition ist höchstens auf dem Boden der altisraelitischen Tradition entstanden (siehe Beitrag WODI).

Dass Christen dieses Konzept lange Zeit nicht sonderlich ernst
genommen haben, davon legt doch die Kirchengeschichte wahrlich
ein beredtes Zeugnis ab. Ebenbild G-ttes waren doch nur die
eigenen Leute. Anderen durfte man Menschen das Menschsein
absprechen und sie verfolgen und töten (Hexen, Ketzer, Juden
etc.)

Diese Abschnitt ist ebenfalls irrelevant für mein Anliegen.

Ist Dir bewusst, dass Deine Argumentation voll in der
Tradition der
Enterbungstheologie (auch Substitutions-,
Ersetzungs- oder Enteignungstheologie genannt) steht, die
einen wesentlichen Beitrag zur Entstehung, Tradierung und
Verbreitung des christlichen Antijudaismus „geleistet“ hat?
Sie besagt – kurz und vereinfacht – dass das Positive des
Judentums (Bund, Verheißung, G-ttes Volk) vom Judentum auf das
Christentum übergegangen sei.

Der Abschnitt zur „Substitutionstheologie“ ist reine Polemik und trägt nichts zur Diskussion bei. Ich habe niemals etwas in diese Richtung behauptet. Ganz im Gegenteil siehe meine Antwort an Torsten.

LG

Chris

Hallo Ralf,

offensichtlich hast Du meine Eingangsbemerkung über Gregor
Mendel nicht verstanden…

nun gut, dann lass es mich so formulieren, dass selbst du
es verstehst:

Wie könnte der gute Mendel seine Vererbunglehre formulieren,
wenn „Gott“ ihn nicht erschaffen hätte? Es ist schlicht
unmöglich den ersten unbewegten Beweger gänzlich zu
ignorieren. Und grade solche Gesetzmässigkeiten wie
die Vererbungslehre lassen die Gläubigen doch auf
einen „Architekten“ schliessen, ansonsten herrschte Chaos
oder Nichts. Auch Mendel wird sich dieser Spekulation
nicht entzogen haben, wenngleich er diese nicht zu
bemühen genötigt war.

Lieber Junktor, dass Locke sich als Christ verstand, heisst
eben nicht, dass seine Staatsphilosophie und seine
Naturrechtstheorie christlich ist.

Wer behauptet denn sowas? Es geht doch um die Frage,
dass das Christentum und das impliziert eben alle(!)
Christen, nichts(!) aber auch gar nichts(!), wie
du das formuliert hast, mit den Menschenrechten zu
tun haben. Das Adjektiv christlich ist hier nicht
gefragt, da scheinst du etwas durcheinander zu bringen.

Kann es sein, dass Christentum und Kirche irgendwie etwas
miteinander zu tun haben?

Was soll diese Sophisterei?

Das ist keine Sophisterei. Christentum und Kirche sind nun
einmal nicht voneinander zu trennen.

Einerseits wirfst du mir vor, dass ich Abendland und
Christentum in einen Topf werfe, aber andererseits,
es ging um die „katholische Kirche“, ist diese für dich ein
Synonym für Christentum. Marx würde ich, nur zum
besseren Verständnis, NICHT dem Christentum zuordnen.
Verzeih mir den Vergleich, aber auch du bist ja,
wie wir gesehen haben, nicht mit allen buddhistischen
Lehren einverstanden, darf man dich dann auch nicht dem
Buddhismus zuordnen?
(Das ist nur eine Provokation, keine Aussage.)

Ohne Kirche gäbe es
schlicht kein Christentum.

Wieso nicht? Die Kirchen haben meines Wissens kein Monopol
auf den Glauben der Menschen. Dürfte es dann Philosophie,
Wissenschaft, Kunst was auch immer geben, wo es keine
Trägervereinigung gibt? Es ist aber eine gute Frage…

Die christliche Religion ist eine Wurzel
der abendländischen Kultur. Eine von vielen - dass zu diesen
Wurzeln z.B. auch die jüdische Religion gehört, …

Da sind wir uns ja völlig einig, T. v. Aquin hat beispielsweise
die Ethik des Aristoteles so geschickt in seine christliche Moralphilosophie eingebunden, dass selbst viele Würdenträger
dies für christliche Leistungen gehalten haben.
Kant wiederum hat…
Die Geschichte der Menschenrechte ist Teil der menschlichen
Geschichte, es ist, genau wie die Philosophie eine sehr
komplexe und lanjährige Kausalkette, mit nicht immer explizit nachvollziehbaren Einflüssen. Wie kann man da
solche absolutistischen Auschlüsse formulieren?
Der Knackpunkt unseres Dissens ist m.E. der, dass du Dogma
und individuellen Glauben nicht trennen willst.
Und das „Christentum“ ist die Summe aller gläubigen
Christen. Dogma hin oder her, es wird keine zwei
Gläbigen geben, die die selben Vorstellungen haben.
Ab wo ziehst du die Grenze? Was ist christlich und was
nicht, wo es immer die individuell-subjektive Interpretation
bleibt. Hätte Kant seine aus der Vernunft heraus abgeleitete
Ethik formuliert, wenn er atheistische oder nihilistische
Vorstellungen gehabt hätte?

Gruss
Junktor

Hi,

Meinst du jetzt, die Juden sind alle Christen und wissen es
bloß nicht?
Also jetzt rein theologisch betrachtet mein ich? :smile:

Ja.

Bist du einer von denen, die am Schabbes vor der Synagoge stehen und die Leute auf den „rechten Weg“ bringen wollen?

Verwundert
Torsten

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