Comedians und Witze über Konfessionen

Hallo,
da ein UP gelöscht wurde, da er als unangemessen gemeldet wurde oder zumindest dem MOD unangemessen schien (ohne weitere Begründung), setze ich die aktuelle Nachricht über Jürgen von der Lippe -sicherheitshalber sehr stark verkürzt und abgeändert- in diesen Teil des Forums.

Der wegen seines Humors sehr von mir geschätzte Humorist J. v. d. Lippe hat sich über einen Umstand in einer Art und Weise geäußert, die mich nachdenlich macht:


„Da ist mir mein Leben wichtiger als ein guter Gag“: Jürgen von der Lippe würde aus mehreren Gründen keine Witze über den Islam machen…
Politisch unkorrekte Witze allerdings müsse ein Komödiant sehr wohl machen. „Political Correctness ist ja eine der großen Geißeln unserer Tage“, sagte er.

Offenbar sieht das Harald Schmidt ähnlich:


Als Christ muss man Spott aushalten können. Ist der Islam zu empfindlich, was Witze über ihn betrifft?“ Schmidt antwortete: „Ich habe vollständig und mit Ansage die Finger davon gelassen. Weil mir früh klar war, dass Satire etwas für eine gewisse westliche Klientel ist, und dass es sinnlos ist, da zu missionieren. Ich lasse mir auch sofort Feigheit vorwerfen, aber ich meine, ich bin Conférencier und kein Heldendarsteller.

Offenbar sind aber aber die führenden Comedians uneins. Dieter Nuhr machte durchaus Beiträge über andere Konfessionen:

warum sind die deutschen Comedians so uneins und wer von Ihnen hat recht?
Darf man über Religion lachen?

Gruß
rakete

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Hallo,
weil sie nicht zentral gesteuert werden und jeder seinen eigenen Kopf, seine eigenen Ideen hat.
Klar, in der DDR mag das anders gewesen sein …
Schöne Grüße
Schrella

[…]
[…]
Abgesehen davon, dass der deutsche Humor meist mit der Holzhammer-Methode daherkommt, hat es immer ein herbes Gschmäckle, wenn Angehörige der Mehrheitsgesellschaft (also beispielsweise ein heterosexueller weißer christlicher Mann in Deutschland) Witze über Minderheiten machen. Die besten Witze über Religionen machen ohnehin die Angehörigen der jeweiligen Religion, z.B.

MOD Selina: Beitrag editiert.

Hallo,

jeder trifft für sich eine persönliche Entscheidung und damit hat jeder für sich selbst aus seinem persönlichen Blickwinkel auch recht.

Und damit sind - wie bei anderen Themen auch - „Comedians“ in ihrer persönlichen Verschiedenheit ein Spiegelbild der Gesellschaft - nicht mehr und nicht weniger. Und jeder darf diese persönliche Entscheidung bzw. die jeweiligen Gründe für richtig oder falsch halten.

&Tschüß
Wolfgang

Da Selina meinen Beitrag editiert hat, möchte ich für andere Leser nochmals darauf hinweisen, dass der UP den ersten Satz der ohnehin schon äußerst kurzen Zitats weglässt - das Erste, was Lippe dazu sagt, ist: „Da bin ich nicht genug eingelesen.“

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Die Crux ist doch, dass Comedians teilweise gar keine Comedians sind, sondern hochkompetente Analysten der gesellschaftlichen Lage.
Die bringen es oft derart gezielt auf den Punkt, dass, wenn man sie in einem „seriösen“ Format unterbrächte, sie das aktuelle politische System erschüttern würden.
Also lässt man sie als „Hofnarren“ auftreten. Da nimmt sie (fast) keiner ernst …
Wenn sie sich aus dieser „Schutzzone“ herauswagen würden, wären die sowas von schnell „abgesägt“, und geächtet, dass die keinen Fuss mehr auf den boden kriegen.

Bevor der nächste User einen weiteren fehlenden Zitatteil reklamiert, ist hier das vollständige in den Medien zu findende Zitat:

Entertainer Jürgen von der Lippe würde nie Witze über den Islam machen. „Da bin ich nicht genug eingelesen. Aber selbst wenn ich das wäre, würde ich mich wohl nicht trauen“, sagte der 70-Jährige der „Bild am Sonntag“ und fügte hinzu: „Da ist mir mein Leben wichtiger als ein guter Gag.“

MOD Selina

Extrem schwieriger und vielschichtiges Thema. Polarisiert auf der einen Ebene aber ist einfach an sich soziokulturell so komplex, dass es kaum möglich ist, hier eine pauschale Lösung zu finden.

Ich würde mir einfach wünschen, dass wir die Einstellung, dass sowas überhaupt zum Problem werden kann, hinter uns lassen werden.

Nun ja, in Deutschland trifft das aber nur auf sehr, sehr wenige zu - Jürgen von der Lippe dürfte nicht dazu gehören.

Im englischsprachigen Raum sieht man, dass das bei den Comedians, die tatsächlich Analysten der gesellschaftlichen Lage sind, keineswegs zutrifft. Es ist vielmehr eine deutsche Spezialität, dass Holzhammer-Humor bevorzugt wird.

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Es ist nicht die „Sorte“ Humor.
Es ist die Klassifizierung als „Comedian“, die Leute wie Nuhr oder Pispers abqualifiziert.

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Tja, anderswo ist eben „Comedian“ keine Beleidigung, weil dort Comedians eben hochkompetente Analysten der gesellschaftlichen Lage sind und keine albernen Clowns.

Gab’s eigentlich schon mal einen Angriff auf einen Comedian wegen Witzen über den Islam?

Warum antwortet hier eigentlich bisher fast niemand zu dem verklausuliert vorgetragenen, aber dennoch klar erkennbaren Hauptpunkt in Raketes Beitrag: Comedians verkneifen sich Kritik am Islam/ Islamismus aus Sorge vor Gewalt gegen sie selbst oder ihre Familie?

Auch Dieter Nuhr scheint übrigens inzwischen sich zu beschränken, was ich wesentlich gravierender finde als bei v. d. Lippe, der meiner Meinung nach eh kein politisches Kabarett kann/ will. Nuhrs Witze noch vor einigen Jahren fand ich zum Teil sehr intelligent (und zu anderen Teilen auch nicht). Dabei finde ich nicht, dass man als “weißer, heterosexueller…Mann“ keine Witze über Teilgesellschaften machen darf, nur muss dies unbedingt mit Augenmaß, Bescheidenheit passieren und reale Missstände betreffen.

Auch, wenn ich politisch ganz woanders stehe als Rakete: Ja, ich finde es ebenso sehr bedenklich, wenn Comedians Themen auslassen aus Angst vor gewalttätigen Reaktionen! Ich möchte in einer Gesellschaft leben, in der man keine Angst vor Gewalt haben muss.
Allerdings sollte man das Thema auch nicht panisch überhöhen: Trotz der islamistischen Anschlägen der letzten Jahre ist die Wahrscheinlichkeit, in Mitteleuropa Opfer so eines Terroraktes zu werden, verschwindend gering.
Karl

[…]

In dem ersten Thread hatte ich ein Video von Trevor Noah verlinkt, in dem er u.a. sagte, dass er niemals Witze über Russen machen würde, weil er Angst vor den Folgen habe. Muss man diese Angst auch ernst nehmen und sich Sorgen über die Gesellschaft machen?

Im Moment ist nun einmal Muslimfeindlichkeit bzw. „Angst“ vor dem Islam in der Gesellschaft weit verbreitet - dementsprechend gibt es eben auch irgendwelche Comedy-Leutchen, die so etwas äußern. Das heißt aber noch lange nicht, dass die Angst vor gewalttätigen Reaktionen auch realistisch ist.

Wenn man sich die politisch motivierten Gewalttaten der letzten Jahre so anschaut, muss man feststellen, dass in Deutschland Muslime um Welten mehr Angst vor Gewalt haben müssen als christliche/atheistische Comedians.

MOD Selina: Beitrag editiert

Es ist fraglich, ob und warum deutsche Comedians tatsächlich in größerer Zahl keine Witze über den Islam machen, weil sie Angst haben, dass ihnen Übles geschieht, und inwiefern diese Angst berechtigt ist.

[Beitrag editiert vom www Team]

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Je suis Charlie

Ein Teil der Muslime ist es. Und da sind eben dann einige Spinner dabei, für die die „Ehre“ ihrer Religion deutlich gewichtiger ist als ein Menschenleben.

Es ist schon peinlich, wenn der pers. Glaube so gering ist, dass man meint, man müsse seine Gottheit mit Totschlag und Mord vor dem Humor anderer schützen, sie könne sich nicht wehren oder sei selbst gänzlich von Humor befreit.

Weil sie unterschiedlich sind, Recht hat jeder.

IMHO muss man es sogar können.

Gruß
vdmaster

Werden da jetzt nicht „Comedians“ mit „Kabarettisten“ verwechselt?

Beide, von der Lippe und Schmidt, über viele Jahrzehnte erfolgreiche Entertainer, fürchten nicht Islam oder Muslime, sondern das, was beide dezent zum Ausdruck gebracht haben:

„Political Correctness ist ja eine der großen Geißeln unserer Tage“,
sagte er. Dass er selbst keine Shows mehr im Fernsehen moderiere,
vermisse er aber nicht – im Gegenteil: „Es ist befreiend. Ich ertrage
diese Mechanismen nicht mehr“, sagte er. Er sei gern in einer Sendung zu
Gast und bemitleide die Leute, die den Laden am Laufen halten müssten.

Weil mir früh klar war, dass Satire etwas für eine gewisse westliche Klientel ist, und dass es sinnlos ist, da zu missionieren

Sie fürchten einen möglichen Shitstorm, der sie heutzutage sehr leicht gesellschaftlich und abschließend diskreditieren und ruinieren könnte. Das ist ihre große Sorge.

Und sie haben recht, wenn sie sich hier große Sorgen machen müssen. Es ist klug, dass sie sich den Provokationen entziehen.

AwM

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Das waren mittelmäßig bekannte deutsche Comedians?