morden zeigt auch nur einen Aspekt
Hallo Mike,
Hallo Werner
danke dass du die sprachlichen Grundlagen so detailliert
herausgearbeitet hast.
Du weisest demgegenüber auf den juristischen Gehalt des Gebotes hin, was auch ein neues Gesprächsfeld eröffnet. Vergiss aber nicht den ethischen.
Wir können also nun erkennen, das der Urtext ein nicht mit den
deutschen Wortbedeutungen deckungsgleiches Wort verwendet, das
u. a. sowohl morden als auch töten heißen konnte.
Achtung, nicht vergessen: Morden, töten, zerschlagen, totschlagen - all das. Insbesondere das Wort „zerschlagen“ spricht etwas Eigenes an, denn es meint zerstörerisch sein, destruktiv sein, Leben zerstörend ganz allgemein, Leben verhindernd, Leben anderem unterordnend, Leben geringachtend in jeder Hinsicht.
Vielleicht haben die „Tierschützer“ mit dem Argument des „Tiermordens“ also gar nicht so unrecht, obwohl wir wissen, dass jeder Bauer seine eigene Kuh rein juristisch gesehen abschlachten darf und durfte, wenn er wollte. Man redete ihm nicht drein, hiess aber damit nicht automatisch jede Tötung gut. Interessant ist die Folgerung, wer nun wann wen verurteilte oder begnadigte und sich dabei auf das 5. Gebot berief, bzw. ob der Richtende dann jeweils gut gehandelt hat mit solchen Verurteilungen.
Das Gebot ist - wie eigentlich alle - sehr knapp und absolut
gefasst.
Es dürfte also keine Ausnahmen geben.
In gewissem Sinn nicht, die noch zu klärende Frage ist, was genau gemeint ist. Wenn jemand diametral, also ganz eindeutig, dagegen verstiess, handelte er damit gegen das gottgegebene Gesetz des Landes und wurde bestraft. Dennoch war es religiösen oder richterlichen Instanzen offen, ihn zu begnadigen. Wie man das richtig verstehen sollte, war eine täglich betrachtete Frage vieler jüdischer und später auch christlicher Generationen.
Wenn wir das nun mit dem gesellschaftlichen Kontext
korrelieren, können wir erkennen, welche Bedeutung der
Formulierung zur Entstehungszeit des Wortes zukam.
Das ist schon ein ganz wesentliches Element, aber zusätzlich zum gesellschaftlichen Kontext spielen Vorgeschichte, allgemeines damaliges Sprachverständnis, Glaube des damaligen Volkes, damalige Sprache und heutige Sprache alle auch eine Rolle.
Dazu stelle ich nur zweierlei fest:
#Die Juden haben zu allen Zeiten Tiere getötet, bis zur
Zerstörung des Tempels sogar zu kultischen Zwecken. Daraus
folgt, dass ein Tötungsverbot jedweden Lebewesens nicht
bestanden haben kann.
Einspruch, es handelt sich um einen ganz bestimmten Zweck, wenn Töten erlaubt war. Gläubige Juden aller Zeiten standen wohl dem zwecklosen Töten auch von Tieren ablehnend gegenüber, bis hin zu öffentlichen Konsequenzen.
#Zur Entstehungszeit des AT gab es die Todesstrafe und
(göttlich) legitimierte Kriege, damit kann es auch kein
absolutes Tötungsverbot bezüglich Menschen gegeben haben.
Deren Zweck war wiederum die Verhinderung von noch vermehrtem Töten, also gewissermassen eine Art Gegenfeuer zum Zweck der Selbsterhaltung. -
Aber es gibt darüberhinaus auch zu bedenken, dass das Gebot als überzeitlich angeschaut wird. Dass die damalige Gesellschaft das Gebot unter Umständen falsch verstand, muss auch noch einkaluliert werden, wenn man ernst nehmen will, dass das Gebot gottgegeben ist.
Da das AT legales Töten von Menschen kennt, kann mit dem Gebot
nur illegales Töten gemeint sein.
Nein, das legale Töten existierte zwar, wurde aber nie und nimmer empfohlen! Im Gegenteil, ein milder Richter wurde als gütig gepriesen und ein Friedensfürst im Gegensatz zum Krieger hoch gelobt.
Diese juristische Dimension wird aber im deutschen treffender
mit dem Wort „morden“ ausgedrückt, als mit „töten“, welches
sich auch auf Amöben oder sogar Spinat beziehen würde.
Das Problem ist, dass das „morden“ sich dann auf zu wenige Fälle einschränkt. Eine Weisung „Du sollst nicht töten, nicht mutwillig zerstören, keine Dinge zerschlagen, keine Tiere unnötig quälen, kein Menschenleben auslöschen und schon gar nicht morden“ wäre in der heutigen deutschen Sprache möglicherweise ebenso angepasst wie damals die Fassung des 5. Gebotes.
Gruß
Werner
Gruss
Mike