Hallo,
Ich fürchte Du ziehst falsche Schlüsse. Bei der Frage ob das
Vorgehen der USA in Afghanistan legal ist, mußt Du nach
derzeit gültigem internationalem Recht urteilen und nicht
danach wie dieses Recht Deiner Meinung nach aussehen sollte.
Wahrscheinlich diskutieren wir einfach nur auf verschiedenen Ebenen. Formal hast du vielleicht recht, nach dem geltenden internationalen Recht mag das Vorgehen der USA ja nicht zu beanstanden sein.
Nur geht es mir um die Grundsatzfrage, ob die USA nicht gegen allgemeine Grundsätze des Rechts verstößt, die zumindest in der westlichen Welt unbestreitbar bestehen:
- Vorlage von ausreichenden Beweisen
- Prüfung der Beweise durch eine unabhängige Instanz
- Legitimierung von Strafe durch diese
Derzeit wird das internationale Recht von ratifizierten
Abkommen wie der UN-Charta oder dem Völkerrecht auf der einen
und den Beschlüssen des UNO-Sicherheitsrates auf der anderen
Seite bestimmt. Das mag Dir nicht passen, aber so sieht es nun
einmal aus.
Eben das meine ich: Hier „prüft“ eine politische Versammlung, die zudem noch (durch Vetorecht) von einer der Streitparteien maßgeblich beeinflusst wird, die Beweise und erteilt einen Blanko-Schein. Zumal eine Rücknahme dieses Freibriefes gar nicht möglich ist, da ja die USA dagegen Veto einlegen könnten.
Formal mag das ja (in Ermangelung einer bestehenden institutionellen Alternative) durchgehen. Dies jedoch als Rechtsgrundlage zu betrachten, halte ich für gewagt.
Wenn es kein internationales Recht gibt, gibt es kein
„legales“ Vorgehen.Davon abgesehen, daß es dann auch kein „illegales“ Vorgehen
gäbe, …
Hier hast du mich fast erwischt 
Nur: Ich behaupte, es gibt weder „legales“ noch „illegales“ Vorgehen, wenn man das internationale „Recht“ als Betrachtungsgrundlage wählt.
Wenn aber das Vorgehen nach nationalem Gesichtspunkten illegal
wäre, dann kann mir niemand glaubhaft erklären, dass es auf
internationaler Ebene plötzlich legal wäre.Diese Logik funktioniert doch nicht einmal auf nationaler
Ebene. Landesgesetze können die in Bundesgesetzen verankerten
Rechte durchaus so einschränklen, daß etwas, was im
Bundesrecht legal ist, im Landesrecht illegal wird.
Nein, hier meine ich nicht konkrete Gesetze, auf die man sich beruft, um etwas als legal zu bezeichnen.
Ich meine, dass hier gegen Grundsätze des Rechts, die man national einhält, auf internationaler Ebene verstößt.
Sag mir ganz ehrlich: Bist du davon überzeugt, oder nimmst du es wenigstens mit sehr großer Wahrscheinlichkeit an, dass die von den USA vorgelegten Fakten eine konkrete Schuld Bin Ladens und seiner Bande beweisen?
Und, wenn es so wäre, was hätte die USA verlieren können, wenn sie diese Beweise z.B. von einem ehemaligen Richter eines Nicht-NATO-Staates (vielleicht zusammen mit einem einberufenem Gremium an international geachteten Persönlichkeiten) bewerten lassen hätten?
Natürlich ist solch Vorgehen allein durch die Arroganz der Macht der letzten Supermacht verbaut. Nur wäre es aus rechtlichen und moralischen Gründen gut gewesen.
Gruß,
Salzmann
(der jetzt einen Tee trinken, sein Buch weiterlesen und dann in’s Bett gehen wird)