Daschner

Hallo Mike,

Nein… Es ist ein Urteil im Namen des Gesetzes, aber
keinesfalls im Namen des Volkes, geschweige denn im Namen der
Eltern.

Stimmt
Ich finde es zu leicht.

Irgendwie stehe ich auf der Leitung… Was meinst Du mit ‚zu leicht‘? Meinst Du, daß das Urteil zu mild ausgefallen ist? *nachdenklichamkopfkratz*

Gruß

R.

Das sagt aber nichts über die (vermeintliche?) Polizeiwillkür aus. In den meisten Fällen bekommt ja die Öffentlichkeit nichts davon mit.
Willkür ist ja im Übrigen nicht nur unangemessene Behandlung von Personen, sondern auch Untätigkeit und Vernachlässigung von Anliegen, die gemeldet werden.

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Hi,

Das sagt aber nichts über die (vermeintliche?) Polizeiwillkür
aus. In den meisten Fällen bekommt ja die Öffentlichkeit
nichts davon mit.

das hängt wohl vom Vorgang selbst ab. Prügelnde Polizisten würden schnell ihren Weg in die Zeitungen finden.

Willkür ist ja im Übrigen nicht nur unangemessene Behandlung
von Personen, sondern auch Untätigkeit und Vernachlässigung
von Anliegen, die gemeldet werden.

OK, darüber ärgere ich mich auch schwarz. Aber besser so, als Angst vor der Truppe haben zu müssen.

Gruß, Rainer

Würdest Du gerne mit jemandem aneinandergeraten,
der es einerseits mit dem Gesetz nicht so ganz
genau nimmt, und andererseits ganz hochoffiziell
eine Faustfeuerwaffe schussbereit mit sich
rumtragen darf?

Ich nicht.

Wahrscheinlich fast keiner.
Da man aber leider damit rechnen muß, daß diese zur Genüge vorhanden sind, ist unter Umständen auch die Haltung derer nachzuvollziehen, die das Recht auf freien Waffenbesitz fordern.

Ja, genau das meine ich…
Es ist für meinen Geschmack zu milde
Ich kann mit diesem Urteil leben, aber es bleibt ein Geschmäckle…
(Gründe habe ich schon geschrieben)
Auch wenn ich das Verhalten Daschners verstehe, bin ich dennoch nicht damit einverstanden.
Gruß
Mike

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Hallo :smile:

Meiner Meinung nach das völlig falsche Urteil. Es hätte
erheblich härter geahndet werden müssen. Die Androhung von
Folter bzw. Gewalt ist eindeutig verboten, und damit auch
in Extremsituationen nicht anzuwenden. Wir leben in
Deutschland, und nicht in der Türkei, Syrien, Nordkorea
oder anderen ähnlich strukturierten Staaten.

Wenn Mütter und Väter aus dem Bauch heraus für Daschner
symphatisieren und Gäfgen den Strick wünschen, ist das
mehr als nachvollziehbar und menschlich. Aber aus genau
diesem Grund ist das Strafmonopol auch vom Individuum
auf den Staat übertragen worden, also an eine dritte Seite,
die objektiv und nach allgemeingültigen Regeln urteilt
und bewertet.

Und man muß es ganz klar sagen, und ich stehe auch dazu:
Im Sinne des sozialen Friedens und der Stabilität der
Gemeinschaft sehe ich es als unvermeidbar an, daß es in
wenigen Extremfällen zum Nachteil der Unschuldigen/Opfer
kommt. Ähnlich ist es auch mit dem Terror, dieser läßt
sich durch noch so konsequente Maßnahmen nicht 100%
vermeiden. Der Versuch durch Rechtsmittel und staatliche
Maßnahmen eine 100% terrorfreie Gesellschaft zu erreichen,
dürfte letztenendes darin enden, daß der Terror durch
den Staat selber verübt wird. Auch hier muß man aktzeptieren,
daß es hin und wieder krachen wird, daß es viele unschuldige
erwischt und daß man dagegen leider nichts machen kann. Punkt.

Das ist als Individuum und aus subjektiver Sicht natürlich
nur schwer bis gar nicht zu akzeptieren oder gar zu wünschen,
aber wenn man sich die Gesellschaft als System von außen
betrachtet, sieht die Sache anders aus.

Grüße, René
PS: Und ja, ich würde manchen Verbrecher auch gerne an
die Gurgel gehen, aber zum Glück läßt man mich nicht :smile:

Hallo noch einmal,

Ja, genau das meine ich…

OK, verstehe… Die Rechtslage ist mir absolut klar, aber ich muß zugeben, daß mir - auch als Nicht-Mutter - eine objektive und sachlich-neutrale Sicht der Dinge in solchen Fällen extrem schwer fällt (in diesem Fall ganz besonders). Um es brutal auszudrücken: ich hätte Gäfgen nicht nur freundlichst Gewalt angekündigt; ich hätte ihm - Konventionen hin, Vorschriften her - eigenhändig die Scheiße aus dem Leib geprügelt und hätte dafür auch Knast riskiert.

Das Problem der Rechtsstaatlichkeit liegt IMHO unter anderem darin, daß das Wohl des Täters (Gäfgens Geständnis hinsichtlich der Entführung lag zu dem Zeitpunkt meines Wissens vor; es ging nur um den Aufenthaltsort von Jakob) mehr wiegt, als das Wohl des Opfers.

Auch wenn ich das Verhalten Daschners verstehe, bin ich
dennoch nicht damit einverstanden.

Welches Strafmaß würdest Du für gerecht halten (falls Du es bereits geschrieben hast: sorry, ich habe mich nicht durch den ganzen Thread gekämpft)?

Gruß

Renee

Hallo noch einmal,

Ja, genau das meine ich…

OK, verstehe… Die Rechtslage ist mir absolut klar, aber ich
muß zugeben, daß mir - auch als Nicht-Mutter - eine objektive
und sachlich-neutrale Sicht der Dinge in solchen Fällen extrem
schwer fällt (in diesem Fall ganz besonders). Um es brutal
auszudrücken: ich hätte Gäfgen nicht nur freundlichst Gewalt
angekündigt; ich hätte ihm - Konventionen hin, Vorschriften
her - eigenhändig die Scheiße aus dem Leib geprügelt und hätte
dafür auch Knast riskiert.

Dies ist übrigens der kleine, aber feine Unterschied zu Daschner. dem scheint da jegliches Unrechtsbewusstsein zu fehlen.

Das Problem der Rechtsstaatlichkeit liegt IMHO unter anderem
darin, daß das Wohl des Täters (Gäfgens Geständnis
hinsichtlich der Entführung lag zu dem Zeitpunkt meines
Wissens vor; es ging nur um den Aufenthaltsort von Jakob) mehr
wiegt, als das Wohl des Opfers.

Wir werden nie erfahren, wie lange die Spezialisten mit „konventionellen“ Methoden gebraucht hätten, das aus ihm herauszuoperieren. Aber die waren ja noch längst nicht am Ende mit ihren Möglichkeiten. Übrigens auch ein Problem für mich, dass gerade die Polizisten, die sich am längsten mit dem Verhör beschäftigt hatten, gegen diese Aktion Daschners waren.

Auch wenn ich das Verhalten Daschners verstehe, bin ich
dennoch nicht damit einverstanden.

Welches Strafmaß würdest Du für gerecht halten (falls Du es
bereits geschrieben hast: sorry, ich habe mich nicht durch den
ganzen Thread gekämpft)?

Die Geldstrafe auf Bewährung ist doch ein Witz… Entweder ein paar Monate Haft (auf Bewährung) oder löhnen lassen. Also nicht so, dass die beiden dann als Vorbestraft gelten, aber doch ein deutliches Signal.

Mal sehen wann der nächste derartige Fall vor Gericht kommt… Und nach diesem Pillepalleurteil befürchte ich, dass solche Vorkommnisse sich öfter ereignen könnten. Frei nach dem Motto: Ja, es ist zwar Unrecht, aber des bissle Urteil werden wir auch noch aushalten.
(Vor allem, wenn die mal einem wirklich Unschuldigen was androhen… das wird dann richtig niedlich)

Gruß
Mike

Hi.
Geldstrafe mit Strafvorbehalt.
Endlich mal ein Urteil „Im Namen des Volkes“ und nicht im
Zwang der Politik.

Absolut richtig.
Ein Gesetzesverstoß, der gut und richtig ist, muß trotzdem pro forma bestraft werden.

Mit herzlichem Gruß,

Wolfgang Berger

Moin moin :smile:

OK, verstehe… Die Rechtslage ist mir absolut klar, aber ich
muß zugeben, daß mir - auch als Nicht-Mutter - eine objektive
und sachlich-neutrale Sicht der Dinge in solchen Fällen extrem
schwer fällt (in diesem Fall ganz besonders). Um es brutal
auszudrücken: ich hätte Gäfgen nicht nur freundlichst Gewalt
angekündigt; ich hätte ihm - Konventionen hin, Vorschriften
her - eigenhändig die Scheiße aus dem Leib geprügelt und hätte
dafür auch Knast riskiert.

Aber nur für den Fall, daß du dir über den Täter 100% sicher sein
kannst. Nehmen wir für zukünftige Fälle an, du hast einen
Prügelkandidaten vor dir, von dem du nicht 100% sicher bist,
daß er auch der Täter ist. Was dann? Trotzdem die „Scheiße“ aus ihm
rausprügeln? Im Zweifel gegen den Angeklagten? Und wenn du den
Falschen verprügelt hast, was sich vielleicht erst viel später
rausstellt, wer will ihm dann verübeln, wenn er eines Nachts
in deiner Wohnung steht und DIR die „Scheiße“ aus dem Leib
prügelt? Wer wollte da sagen, daß das nicht völlig verständlich
sei?! Und so weiter und so fort…

Das Problem der Rechtsstaatlichkeit liegt IMHO unter anderem
darin, daß das Wohl des Täters (Gäfgens Geständnis
hinsichtlich der Entführung lag zu dem Zeitpunkt meines
Wissens vor; es ging nur um den Aufenthaltsort von Jakob) mehr
wiegt, als das Wohl des Opfers.

Es wiegt nicht unbedingt mehr, aber es läßt sich nur schwer
vermeiden, solange das Prinzip der Unschuldsvermutung nicht
gekippt wird. Und die Rechtsstaatlickeit hat eine gewisse
strukturelle Schwäche, die meiner Meinung nach aber akzeptiert
werden muß.

grüße, René

Hi Raoul,

in meinen augen ist das das falsche urteil. er hätte, nach dem
deutschen recht, frei gesprochen werden müssen. das sehe nicht
nur ich so, sondern auch prof. dr. erb von der uni mainz.
http://www.zeit.de/2004/51/Essay_Daschner

Ich habe in Polizei und Kriminalistik vor allem in Bezug auf diesen unsäglichen Text in der „Zeit“ eines „Rechtsexperten“ gefragt, was Deine bevorzugte Art von Folter ist:

http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…

Neben der Tatsache, dass ich die Legalisierung der Folter durch die Hintertür in dieser abstrakten Art und Weise menschlich erbärmlich finde, stört mich weiteres an diesem Text: Er verwischt nämlich das unmoralische an diesem Handeln in einer Art und Weise, dass sich in Zukunft Polizisten in einer ähnlichen Situation geradezu gezwungen fühlen müssten, auch über die (eigentlich nicht mehr bestehenden) Grenzen unseres Rechtsstaates und der Moral hinauszugehen.
Und deswegen bin ich froh, dass unsere Gerichte offensichtlich noch auf der Basis unsere Werte und Normen (und nicht auf Stammtischniveau) entscheiden, auch wenn auch für mich das niedrige Strafmaß bestenfalls tolerabel ist…

Grüße
Jürgen

Hallo Namensvetter,

Aber nur für den Fall, daß du dir über den Täter 100% sicher
sein
kannst.

Richtig… Deswegen betonte ich ja, daß die Androhung von ‚bösem Aua‘ zu einem Zeitpunkt erfolgte, als Gäfgen hinsichtlich der Entführung und Erpressung bereits geständig war und es lediglich um den Aufenthaltsort von Jakob ging. Daß der Junge schon längst tot war, wußte doch keiner.

Nehmen wir für zukünftige Fälle an, du hast einen
Prügelkandidaten vor dir, von dem du nicht 100% sicher bist,
daß er auch der Täter ist. Was dann? Trotzdem die „Scheiße“
aus ihm
rausprügeln? Im Zweifel gegen den Angeklagten?

Keineswegs; wir reden hier aber über einen geständigen Täter (OK, meinethalber: Tatverdächtigen; es gibt ja schließlich auch Wichtigtuer, die Taten gestehen, die sie überhaupt nicht begangen haben).

Und wenn du den
Falschen verprügelt hast, was sich vielleicht erst viel später
rausstellt, wer will ihm dann verübeln, wenn er eines Nachts
in deiner Wohnung steht und DIR die „Scheiße“ aus dem Leib
prügelt?

Nun ja… In einem solchen Fall würde ich wohl das Prinzip ‚wer austeilt, muß auch einstecken können‘ akzeptieren müssen. Ich gebe allerdings zu bedenken, daß es nicht ganz so einfach ist, mich zu verprügeln. :wink:

Es wiegt nicht unbedingt mehr, aber es läßt sich nur schwer
vermeiden, solange das Prinzip der Unschuldsvermutung nicht
gekippt wird.

Das sehe ich bei einem vorliegenden Geständnis etwas anders. Klar, ein Beschuldigter bzw. Angeklagter ist nicht verpflichtet, sich zur Sache äußern, aber Gäfgen hat ja weitestgehend gestanden und rückte nur nicht damit raus, wo Jakob ist.

Und die Rechtsstaatlickeit hat eine gewisse
strukturelle Schwäche, die meiner Meinung nach aber akzeptiert
werden muß.

Hmmm… Es würde mich interessieren, wie der Gesetzgeber diese strukturelle Schwäche den betroffenen Eltern oder Familienangehörigen erklären würde… Da müßte man glatt bei Frau Zypries nachfragen.

Gruß

Renee

Hallo renee!

Welches Strafmaß würdest Du für gerecht halten…

Herr Daschner hielt sein Vorgehen bis zum Schluß des Prozesses für völlig in Ordnung, zeigte keinerlei Einsicht (und auch nicht die Rechtskenntnis, die man von einen Polizeipräsidenten erwarten darf). Die Rechtsordnung ist beim Thema Aussageerzwingung (StGB 343, GG und EMRK) eindeutig, wobei Ausnahmen auch in Richtung Nothilfe ausgeschlossen sind. Ich hätte deshalb eine noch zur Bewährung aussetzbare Freiheitsstrafe für das deutlichere und nötige Signal gehalten. Ich befürchte schlimme Folgen, daß Herr Daschner ohne Vorstrafe und ohne beamtenrechtliche Konsequenzen aus einem glatten Verfassungsbruch heraus kommt.

Die zur Bewährung ausgesetzte lächerliche Geldbuße hielte ich für angemessen, wenn Herr Daschner sein Fehlverhalten eingeräumt hätte. Dann hätte ich angesichts der fraglos extremen Ausnahmesituation sogar Verständnis für den Mann. Er hat aber nichts eingeräumt. Solche Beamten sollten wir uns nicht leisten.

Der für die Anklage zuständige Staatsanwalt und die gesamte Strafkammer sollten sich schämen. Sie sind keine Zierde für einen Rechtsstaat.

Gruß
Wolfgang

Richtig… Deswegen betonte ich ja, daß die Androhung von
‚bösem Aua‘ zu einem Zeitpunkt erfolgte, als Gäfgen
hinsichtlich der Entführung und Erpressung bereits geständig
war und es lediglich um den Aufenthaltsort von Jakob ging. Daß
der Junge schon längst tot war, wußte doch keiner.

Keineswegs; wir reden hier aber über einen geständigen
Täter (OK, meinethalber: Tatverdächtigen; es gibt ja
schließlich auch Wichtigtuer, die Taten gestehen, die sie
überhaupt nicht begangen haben).

Das sehe ich bei einem vorliegenden Geständnis etwas anders.
Klar, ein Beschuldigter bzw. Angeklagter ist nicht
verpflichtet, sich zur Sache äußern, aber Gäfgen hat ja
weitestgehend gestanden und rückte nur nicht damit raus, wo
Jakob ist.

Nachdem all die Ausführungen vom Geständnis des Täters abhänging gemacht werden, gesteht in Zukunft einfach keiner mehr, und die Streitfrage erübrigt sich.

Hallo,

noch eine etwas späte Anmerkung, die ich in den bisherigen Postings nicht fand.

Mit dem Begriff „Folter“ ist das Ganze in eine Ecke gedrängt worden, in die es vielleicht gar nicht rein gehört, in der nur noch schwarz-weiss diskutiert wird.

Das die Würde eines Menschen, was hier bedeutet: körperliche Unverletztheit, auch eines eindeutig festgestellten Mörders höher eingestuft wird als das Leben eines unschuldigen Opfers, ist für mich nicht so richtig nachvollziehbar. Kein Mensch regt sich darüber auf, das die Polizei den „finalen Rettungsschuss“ geben darf, die meisten finden es richtig, dass ein Flugzeug mit hunderten Passagieren abgeschossen werden darf, um einen Terroanschlag und damit möglicherweise (wohl gemerkt: „möglicherweise“!) Schlimmeres zu verhindern.
Daran gemessen halte ich das Vorgehen von Daschner, der zu der Zeit noch davon ausgehen musste, dass das Opfer eventuell noch lebt, für richtig.

Stucki

Guten Abend!

Das die Würde eines Menschen, :was hier bedeutet: :körperliche Unverletztheit, :auch eines eindeutig :festgestellten Mörders…

…das Vorgehen von Daschner, :der zu der Zeit noch davon :ausgehen musste, dass das :open_mouth:pfer eventuell noch lebt…

Bemerkst Du den Widerspruch der beiden Sätze Deines Postings? Daschner ging davon aus, daß kein Mörder vor ihm sitzt. Er wollte von einem Tatverdächtigen eine Aussage erzwingen. Die Extremsituation steht außer Frage. Das ändert aber nichts daran, daß wir die teuflische Kiste der Aussageerzwingung keinen Spalt öffnen dürfen, wenn nicht plötzlich Gewalt gegen beliebige Verdächtige zur Normalität werden soll.

Die Emotionen der Art, was wohl die betroffene Mutter sagt sowie die Mutmaßungen, es ginge um Täterschutz, gehen am Problem vorbei. Wir müssen Grenzen staatlichen Tuns in wenigen Extremfällen akzeptieren. Lassen wir statt dessen dem „gesunden Volksempfinden“ seinen Lauf, kann niemand mehr sicher sein, unversehrt aus einer Verdächtigung/Vernehmung heraus zu kommen.

Vermutlich wünscht sich eine Mehrheit „hartes Durchgreifen“ gegenüber (vermeintlich) eindeutig überführten Tätern. Diese Mehrheit läßt aber statt des Verstands den Bauch sprechen und ist sich offenkundig nicht bewußt, wie schmal der Grat zwischen Willkür- und Rechtsstaat ist.

Gruß
Wolfgang

Hallo,

Der Vergleich des finalen Rettungsschusses mit der Folter kann nicht gezogen werden.
Der Verfassungsgeber hat sich in Art. 1 GG eindeutig dafür entschieden, dass die Menschenwürde das höchste Gut und zugleich unantastbar, will heißen, eben nicht einschränkbar ist (und zwar durch den Staat, weshalb der Verweis auf die Menschenwürde des Opfers leider fehlgeht). Das Recht auf Leben hingegen ist erst in Art. 2 II GG geregelt und kann durch Gesetz eingeschränkt werden, was eine völlig andere Grundlage darstellt.

Was das im Einzelfall bedeutet, kann abstrakt nicht geklärt werden. Wichtig ist nur, zu erkennen, dass Folter und Rettungsschuss auf verschiedenen Ebenen stehen und somit die Zulässigkeit des Einen nicht der Unzulässigkeit des Anderen entgegensteht. Es besteht daher kein Wertungswiderspruch.

Dass die Menschenwürde somit verfassungsrehctlich über dem Recht auf Leben steht, mag verwundert, ist aber ausdrückliche Entscheidung des Grundgesetzes solange es nicht geändert wird.

Gruß,
Dea

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