Dat du min Leevsten büst

Im plattdeutschen Volkslied heißt es einmal ‚min Leevsten‘, in einer weiteren Strophe aber ‚Leevster min‘.
Im Deutschen würde es beide Male Liebster heißen. Wie erklärt sich der Unterschied?
Gruß Franz

Nö, Hochdeutsch wäre genauso:

meinen Liebsten

Liebster mein

„Dass du meinen Liebsten bist, das weisst du wohl.“ ?

Eher nicht.

Hallo,

ich kann kein Plattdeutsch, aber aus meiner südwestdeutschen Dialektperspektive:

dat du min Leevsten bist = dass du mein Liebstes bist

dat du min Leevster bist = dass du mein Liebster bist

Kommt das hin?

Grüße
Siboniwe

Hallo Siboniwe,

dein Vorschlag könnte passen, vielleicht hören wir noch was aus den Nordstaaten.
‚Segg, wo du heest‘ : Das WO anstatt WIE ist auch schwer zu verstehen.

Gruß Franz

Also Wikipdeia gibt doch die Übersetzung (mein Liebster für „min Leevsten“) korrekt wieder. Es ist halt nur ein anderer Fall als bei „Leevster min Leevster min“, dass unserem Hochdeutschen „Liebster mein“ näher steht.

min Leevsten ist „eher“ Akkussativ und könnte ebenso „dat du minen Leevsten bist“ gesprochen werden.

„Leevster minen“ geht hingegen nicht.

Pfürr wass stojajuit darr ounn Akkurssativonn?

„min“ ist im ersten Satz die (verbreitete) Form von „minen“ (oder „mienen“), was identisch ist zum hochdeutschen „meinen“, also Possessivpronom Akkusativ einfacher Besitz („Es geht um meinen Mann, um meinen Liebsten“)

min im zweiten Satz ist identisch zum hochdeutschen „mein“, also Nominativ („mein Mann“, „mein Liebster“).

Warum ander Sprachen andere Fälle haben und verwenden, und warum das Hochdeutsche eher dem Süden als dem Norden nahesteht, weisst Du besser als ich. Deine Grammatik wird deutlich näher am Hochdeutschen sein.

‚sein‘ als transitives Verb find ich lustig.

Also, mir fehlt ein tieferes Verständnis von Sprachen, aber wieso soll „sein“ hier transistiv sein? Das „büst“ (bist) bezieht sich doch auf „Du“ (Nominativ). „dat Du wasauchimmer büst“.

Oder meinst Du einen ganz anderen Satz?

Gruß
libor

Ich meine

Naja, nicht für Hochdeutsche Ohren. Wer Platt spricht, überträgt die gewohnte Gramatik zuweilen auch auf die Standardsprache. Redet man von der Frau, fällt es nicht auf, weil beide Fälle (Wer-Frage und Wen-Frage) gleich sind: „miene Leevste“. Ebenso beim Neutrum: „mien Leevstet“.

(Was im Hochdeutschen ja genauso ist:
Wer? „Meine Liebste, mein Liebstes und mein Liebster“.
Wen? "Meine Liebste, mein Liebstes und meinen Liebsteren.

Das die Grammatik einer fremden Sprache Unterschiede haben kann, sollte klar sein.
Dass gelebte, enwickelte Grammatik nicht falsch sein kann, auch.

Prädikativer Akkusativ statt Nominativ

Bonjour

Ich kenne aus der westfälischen Umgangssprache (der ich 20 Jahre meines Lebens ausgesetzt war) den hier angesprochenen Gebrauch des Akkusativs statt des prädikativen Nominativs. Westfälisch gehört ja auch zum Niederdeutschen. (Ein zugkräftiges Beispiel fällt mir leider grad nicht ein.)

Im Englischen gibt es das gleiche Phänomen: „It’s me (him, her, us).“

Das möge zur Erklärung vorerst ausreichen.

Ergänzung: Hier wird die entsprechende Konstruktion („Dat is hem!“) auch für das Niederländische als „normal“ bestätigt.

LM

Moin,

vorweg, ich verstehe platt, kann aber leider nicht so gut sprechen. Ich habe jetzt etliche ältere Leute hier im Dorf interviewt und alle waren bass erstaunt. Das Lied wird von einer Frau gesungen und ist defintiv an einen Mann gerichtet. Die Übersetzung ist auch richtig. Dat du min Leevstes bist heißt, dass du mein Liebstes bist, im weiteren wird aus dem „Liebstes“ ein Liebster. Eine These war, dass es im Plattdeutschen nicht so genau mit der Grammatik genommen wird, eine weitere ist, dass es einfach besser passt. Zum Thema Grammatik vielleicht noch ein Einschub. Das Plattdeutsch kennt nur einen bestimmten Artikel, dat. Natürlich gibt es die beiden anderen, aber dat wird in 80% aller Fälle benutzt.
Also, es gibt keinen bestimmten Grund, warum hier verschiedene Bezeichnungen genommen werden.

Data

wie meinst Du das? Dat steht hier doch für „dass“ mit 2-s. Als Artikel ist es immer Neutrum. Männlich und weiblich hingegen sind gleiche („de“). Meintest Du das?

Naja, das ein Mann eine Frau zum Fensterln einlädt wäre auch … ungewöhnlich. Von Frau an Frau oder Mann an Mann zu der Zeit ganz zu schweigen.

Genau, es gibt im Prinzip nur zwei bestimmte Artikel, dat und de

Mir ging es in diesem Einschub darum, noch einmal darzulegen, dass es sich beim Leevstes um einen Mann geht und keinerlei Deutung zulässt, ob Männlein oder Weiblein.

Übrigens habe ich mit einigen Dorfbewohnern gesprochen, weil mich die Deutung interssiert und alle haben unisono geantwort, dass sie das nicht interessiert und sie sich noch nie Gedanken darum gemacht hätten. Man kürt platt und fertig.

Data

ich denke, der Inhalt ist wenig zweideutig, siehe z.:B. den Wiki-Eintrag. Ich glaube daher, ich habe Deinen Ersten Post überhaupt nicht verstanden:

worüber?

ja. Richtig. Kommt mit s aber im Lied auch nicht vor. Weder in mir bekannten gesungenen Versionen, noch in Franzs Frage noch in Wikipedia.

Meinst Du vielleicht im Vergleich zum Hochdeutsch? Das ist wäre ja auch eine ganz andere Sprache.

Und Plattdeutsche Grammatik: wer sollte die denn allgemein fixiert haben. Also selbst wenn die beiden Anreden des Liebsten im Plattdeutschen unüblich wären, könnten sie ja aus einer Region stammen, „wo man schon immer so spricht“, gell?

Hallo zusammen,

zu meiner Ausgangsfrage möchte ich anmerken: 1000 km entfernt vom Plattdeutsch stellen sich Fragen, die Einheimischen seltsam vorkommen.
Ich bin so ein Spinner, der Lieder einübt und singt, auch wenn er die jeweilige Sprache nicht kann. Im Urlaub sind Seehunde, Möwen und Wattwürmer mein Publikum - wobei ich mir bei Letzteren nicht sicher bin.

Gruß F.