DDR: Was wurde aus all den Parteimenschen?

Guten Abend,

ich hab auf meine erste Frage über die DDR, betreffend ihre Eingliederung in die BRD nach dem Mauerfall, viele interessante Antworten bekommen und viel dabei gelernt.

Ich möchte heute gerne einige weitere Fragen stellen, die sich weniger mit dem Staat, sondern mit den Menschen der DDR beschäftigt. Konkret würde ich gerne wissen, was wurde aus all den Berufstätigen in der DDR? Speziell den Staatsbediensteten:

Was wurde aus all den VoPos nach der Wende? Wurden die dann „normale“ Polizisten? Konnte man eigentlich VoPos mit Stasi-Mitarbeitern vergleichen? Ich meine, ähnlich verhasst in der Bevölkerung und vom Tätigkeitsbereich.

Was passierte mit all den Stasi-Mitarbeitern? Vor allem, mit denen die heimlich für die Stasi gearbeitet haben? Wurden die nach der Wende sozusagen mal geoutet? Ich kann mir denken, dass das nicht unbedingt sehr prickelnd war, wenn Meier aus der Zeitung erfährt, dass Nachbar Huber seit Jahren ihn für die Stasi ausspioniert hat. Gab es solche Fälle?
Oder mit den ganzen SED-Mitgliedern? (OK, Parteimitglied war wahrscheinlich jeder „gute“ DDR-Bürger, oder?) Speziell den Beamten in den Ministerien, Funktionären, also denen die wirklich eng mit der Partei verbandelt waren? Wurden die einfach gleich von SPD und CDU übernommen…?

Ich kann mir einfach schwer vorstellen, was aus diesen Menschen geworden ist, deren Lebenssinn (?) mit dem Wegfall der DDR eigentlich zusammengebrochen ist. Ich könnte mir vorstellen, dass viele freiwillig in den Ostblock emigriert sind - Sprachbarrieren zum trotz, allein der Ideologie wegen. War das wirklich so?

Viele Fragen der jugendlichen Neugier, habt Dank für eure Beiträge! :smile:

Freundliche Grüße

Jerry

Hallo Jerry,
das Thema wurde zunehmend von Personen aufgegriffen, die im Sprachgebrauch als Wendehals bezeichnet werden. Ich habe Deine Anfrage an jemand weitergeleitet, der Dir aus erster Hand berichten kann. Falls Du keine Nachricht bekommst, kannst Du bei mir nachfragen.
Mit freundlichen Grüßen
Ulf Elberling

Hallo,

Konkret würde ich gerne wissen, was wurde aus all
den Berufstätigen in der DDR? Speziell den Staatsbediensteten:

Unterschiedlich. Einige haben ihre Jobs behalten, andere haben sich neue Jobs suchen müssen. Beispiel: Die Wohnungsämter wurden in Wohnungsbaugesellschaften verwandelt und haben mit dem alten Personal das selbe weiter gemacht. …

Was wurde aus all den VoPos nach der Wende? Wurden die dann
„normale“ Polizisten?

Ja.

Konnte man eigentlich VoPos mit
Stasi-Mitarbeitern vergleichen?

Nein.

Ich meine, ähnlich verhasst in
der Bevölkerung und vom Tätigkeitsbereich.

Besonders beliebt waren die auch nicht, mit der Stasi hatten die aber nichts zu tun.

Was passierte mit all den Stasi-Mitarbeitern? Vor allem, mit
denen die heimlich für die Stasi gearbeitet haben?

Die sind heute Geschäftsführer oder Unternehmer. Wer sich gut anpassen kann, kommt überall zurecht.

Wurden die nach der Wende sozusagen mal geoutet?

Nein.

Ich kann mir denken,
dass das nicht unbedingt sehr prickelnd war, wenn Meier aus
der Zeitung erfährt, dass Nachbar Huber seit Jahren ihn für
die Stasi ausspioniert hat.

Eventuell sogar gegenseitig. :wink:

Gab es solche Fälle?

Das weiß ich nicht, ich vermute aber, im Normalfall nein.

Oder mit den ganzen SED-Mitgliedern?

Ein großer Teil davon ist immer noch in der Partei, die heißt heute PDS. Die Partei wurde ja nur ‚umgetauft‘, wer nicht ausgetreten ist, ist immer noch Mitglied.

(OK, Parteimitglied war
wahrscheinlich jeder „gute“ DDR-Bürger, oder?)

Kommt darauf an, wie Du das definierst. :wink:

Für einige Berufsgruppen war es allerdings unumgänglich oder sogar Einstellungsvoraussetzung.

  • Beamte
  • Leher
  • Erzieher
  • Polizei
  • Offiziere und Zeitsoldaten

Speziell den
Beamten in den Ministerien, Funktionären, also denen die
wirklich eng mit der Partei verbandelt waren? Wurden die
einfach gleich von SPD und CDU übernommen…?

Die sind in der PDS.

Ich kann mir einfach schwer vorstellen, was aus diesen
Menschen geworden ist, deren Lebenssinn (?) mit dem Wegfall
der DDR eigentlich zusammengebrochen ist.

Das ist eine Fehlinterpretation. Du unterstellst, daß die Leute den Unfug auch noch geglaubt haben. Die meisten haben für ihre Karriere einfach nur gut gelogen und das klappt immer noch Prima. Dafür muß man nicht auswandern.

Ich könnte mir
vorstellen, dass viele freiwillig in den Ostblock emigriert
sind - Sprachbarrieren zum trotz, allein der Ideologie wegen.
War das wirklich so?

Nein. Auch die, denen die Ideologie wirklich wichtig war, mußt Du in Gruppen teilen. Die einen, die Intelligenten, waren in der Regierung und haben von dem System profitiert. Die 20 Leute zählen nicht wirklich. :wink: Die anderen haben nichts verstanden und sind inzwischen arbeitslos oder Rentner.

Gruß, Rainer

Hallo Rainer,
ich möchte nicht in Stereotypen verfallen. Aber meinst Du wirklich, dass Du als Saarländer die DDR so verkürzt erklären kannst? Deine Äußerungen stecken die Geschichte und die persönlichen Lebensverhältnisse zu leicht in Schubladen.
PS: Zur PDS habe ich keine Sympathie.

Mit freundlichen Grüßen

Ulf

Hallo Ulf,

ich möchte nicht in Stereotypen verfallen. Aber meinst Du
wirklich, dass Du als Saarländer die DDR so verkürzt erklären
kannst?

Ich bin erst seit 1989 im Saarland. :wink:
Geboren 1952 in Eisenach, von 1972 bis 1987 habe ich in Berlin-Pankow gewohnt, von '88-89 wieder in Eisenach, bis mein Ausreiseantrag von 1980 genehmigt wurde. Erst seit dem wohne ich im Saarland.

Deine Äußerungen stecken die Geschichte und die
persönlichen Lebensverhältnisse zu leicht in Schubladen.

Das sind Erfahrungen aus meinem Leben.
Beispiele gefällig?

  • Das ehamalige SED-Mitglied, das in die PDS übernommen wurde ist mein Bruder.
  • Die Wohnungsbaugesellschaft, die mal Kommunale Wohnungsverwaltung hieß und immer noch mit den selben Leuten arbeitet war mein Vermieter.
  • Der heutige GF, der mal ‚Parteisekretär‘ war, war mal mein Vorgesetzter. …

Reicht das für den Anfang? Oder soll ich Dir meinen Lebenslauf als Roman schreiben?

PS: Zur PDS habe ich keine Sympathie.

Ich auch nicht. :wink:

Gruß, Rainer

Hallo Rainer,
du hast mich jetzt in eine Situation gebracht, die mir überhaupt nicht gefällt. Ich möchte das Regime der DDR nicht verteidigen. Ich kann von Glück sprechen, dass der Riss bei mir nicht durch die Familie ging.
Deinen Erfahrungen möchte ich auch nicht widersprechen.
Die letzten 10 Jahre musste ich feststellen, dass vorrangig gescheiterte Lokalpolitiker ihr Auskommen in kommunalen Unternehmen finden. In der Beziehung hat sich der Osten schnell dem Westen angenähert.
Dennoch wäre es meiner Meinung nach zu einfach, festzustellen, dass die Altkader die Gesellschaft dominieren.
Die Vertreter der Wohnungsgesellschaften haben keine Entscheidungsmacht bei mangelndem Wohnraum. Sie müssen jetzt um Kunden kämpfen.
Viele Akteure sind nicht bei der PDS hängen geblieben. Die ehemaligen Blockparteien haben jetzt erweiterten Einfluss.
Ich finde es gut, wenn wir gegensätzliche oder ergänzende Meinungen diskutieren.

Jerry kann sich dann eine eigene Meinung bilden.

Mit freundlichen Grüßen

Ulf Elberling

Hallo Jerry,

Konkret würde ich gerne wissen, was wurde aus all
den Berufstätigen in der DDR? Speziell den Staatsbediensteten:

Es gab in der DDR keine „Staatsbediensteten“. Jedenfalls nicht im Sinne des Beamtentums in der BR Deutschland.

Was wurde aus all den VoPos nach der Wende?

Die wurden reichlich getestet. Die „Guten“ ins Töpfchen, die „Schlechten“ ins Kröpfchen.

Konnte man eigentlich VoPos mit
Stasi-Mitarbeitern vergleichen?

Nein! Finde ich nicht, obwohl es mit Sicherheit quer durch die Bevölkerung schwarze Schafe gab, warum nicht auch da?

Ich meine, ähnlich verhasst in
der Bevölkerung und vom Tätigkeitsbereich.

Die wurden eher belächelt als gehasst.

Was passierte mit all den Stasi-Mitarbeitern? Vor allem, mit
denen die heimlich für die Stasi gearbeitet haben?

Irgendwann kamen sogar die bundesdeutschen Behörden dahinter, dass kein Stasimitarbeiter einen Arbeitsvertrag mit dem Ministerium für Staatssicherheit hatte :smile: Das waren alles MdI’ler (MdI = Ministerium des Innern). Vor allem bei den Zivilangestellten war das eine wirklich schwierige Aktion. Letzten Endes aber kenne ich im eigenen Bekanntenkreis drei Fälle (zwei hauptamtliche Mitarbeiter und eine Zivilangestellte/Sekretärin), die so eine Art Berufsverbot für den öffentlichen Dienst bekommen haben und sich auf dem freien Arbeitsmarkt wieder jeder andere normale Bürger auch neu orientiert haben.

Wurden die
nach der Wende sozusagen mal geoutet?

Vielleicht ist das mal durch Schlamperei vorgekommen, aber eigentlich durch Datenschutz nicht möglich. Es ist auch schwierig, Einsicht in die eigene Akte zu erhalten, und mein Bruder sagte mir (der es geschafft hatte), dass alle Namen geschwärzt waren. Trotzdem konnte er sich einen Reim drauf machen. Er hat seinen kompletten Freundeskreis aufgekündigt und mir geraten, NICHT in meine Akte zu tun. Ich habe mir das zu Herzen genommen, und es lässt auch tief blicken, nicht wahr? Und zwar in die denunziante Seele des Menschen, und nicht unbedingt in die eines DDR-Bürgers.

Oder mit den ganzen SED-Mitgliedern? (OK, Parteimitglied war
wahrscheinlich jeder „gute“ DDR-Bürger, oder?)

Diese Frage hast Du Dir selbst beantwortet. Wie mit Funktionären umgegangen ist, weiß ich nicht genau.

Speziell den
Beamten in den Ministerien, Funktionären, also denen die
wirklich eng mit der Partei verbandelt waren?

Wie schon weiter oben erwähnt, gab es keine Beamten, und Funktionäre waren nicht gleichzeitig hohe Bedienstete etc. Meine Mutter beispielsweise war Staatsanwältin, hatte nie irgendwelche politischen Ambitionen, wurde auch nie verdonnert (Staatsanwalt war nicht hoch angesehen und wurde sehr-sehr schlechte bezahlt). Trotzdem erhielt sie nach der Wende sofort Berufsverbot, wie im übrigen ALLE Staatsanwälte in Berlin, die Parteimitglied waren. Wirklich lustig; denn man MUSSTE in die Partei eintreten, um im Staatsdienst arbeiten zu dürfen. Naja, eine einzige junge Dame, die gerade ihr Studium beendet hatte, ist also in ganz Berlin übrig geblieben… Meine Mutter wurde mehrmals verhört, hat sich aber gewehrt und Recht bekommen. Das Berufsverbot musste - nicht nur bei ihr zurückgenommen werden. Einen Fuß auf den Boden hat sie dennoch nie wieder bekommen. Naja, sie hätte als Rechtsanwältin ihr Glück versuchen können.

Ich will hier kein falsches Mitleid schinden. Aber durch pauschale Unkenntnis der Umstände und voreiliges Handeln ist sehr viel kaputt geschlagen worden, das irgendwie einen Sticker „DDR“ auf der Stirn zu haben schien. Siehe auch: Treuhand.

Wurden die
einfach gleich von SPD und CDU übernommen…?

-))

Ich kann mir einfach schwer vorstellen, was aus diesen
Menschen geworden ist, deren Lebenssinn (?) mit dem Wegfall
der DDR eigentlich zusammengebrochen ist.

Hey, das ist naiv. Wer in der DDR lebte, war nicht gleichzeitig mit Haut und Haar mit der Ideologie verwoben. Nicht einmal, wenn man im Staatsdienst arbeitete oder sonstwo. Heute unterstützen doch auch nicht alle Bundesbürger die Politik der Regierung. Meinste, das Denken wurde erst 1989 erfunden?

Ich könnte mir
vorstellen, dass viele freiwillig in den Ostblock emigriert
sind - Sprachbarrieren zum trotz, allein der Ideologie wegen.
War das wirklich so?

Totaler Unsinn!

Viele Fragen der jugendlichen Neugier, habt Dank für eure
Beiträge! :smile:

Tja, konnte ich wirklich helfen? Seeeeehr komplexes Thema, und jeder trägt auch noch sein privates Säckel mit sich herum.

Liebe Grüße
Jana

Hallo Ulf,

du hast mich jetzt in eine Situation gebracht, die mir
überhaupt nicht gefällt.

das war nicht meine Absicht, das kriegen wir wieder hin. :wink:

Ich möchte das Regime der DDR nicht
verteidigen. Ich kann von Glück sprechen, dass der Riss bei
mir nicht durch die Familie ging.
Deinen Erfahrungen möchte ich auch nicht widersprechen.
Die letzten 10 Jahre musste ich feststellen, dass vorrangig
gescheiterte Lokalpolitiker ihr Auskommen in kommunalen
Unternehmen finden. In der Beziehung hat sich der Osten
schnell dem Westen angenähert.

Über die letzten zehn Jahre im Osten weiß ich relativ wenig, nur noch von Erzählungen meiner Freunde und Verwandten. Ich komm nur noch sehr selten hin, weniger als ein mal / Jahr.

Dennoch wäre es meiner Meinung nach zu einfach, festzustellen,
dass die Altkader die Gesellschaft dominieren.

Ich versuch’s mal positiv auszudrücken. :wink: ‚Führungspersönlichkeiten‘, die an ihrer Karriere interessiert sind, kommen mit jedem, in jedem System zurecht. Direktoren und andere ‚Leiter‘ gab’s in der DDR auch. Ohne Mitgliedschaft in einer ‚Blockpartei‘ ging das nicht. Die sind nicht verschwunden oder stehen jetzt an der Maschine. …

Die Vertreter der Wohnungsgesellschaften haben keine
Entscheidungsmacht bei mangelndem Wohnraum. Sie müssen jetzt
um Kunden kämpfen.

Ich habe die nach der Wende erlebt, deshalb auch das Beispiel.
Die waren auch nach der Wende noch arrogant und unfreundlich wie vorher.

Viele Akteure sind nicht bei der PDS hängen geblieben. Die
ehemaligen Blockparteien haben jetzt erweiterten Einfluss.
Ich finde es gut, wenn wir gegensätzliche oder ergänzende
Meinungen diskutieren.

So gegensätzlich sind unsere Meinungen gar nicht. Ich verallgemeinere nur noch mehr, als Du bisher dachtest. :wink: Diese Anpassung an das System, die Bereitschaft, seine Meinung für ein paar Vorteile für sich zu behalten ist kein Ost-Phänomen. Unter ähnlichen Umständen wäre es hier ganz genau so. Jeder hat nur ein Leben und versucht, daraus das Beste für sich zu machen. Wie weit ihm dabei andere egal sind, ist individuell verschieden. Was daraus resultiert ist in den unterschiedlichen Systemen verschieden.

Jerry kann sich dann eine eigene Meinung bilden.

Stimmt!

Gruß, Rainer

Hallo Ulf!

Vorweg: Nach über 50 Jahren in Westdeutschland lebe ich seit einigen Jahren in Mecklenburg und meine deshalb, die Befindlichkeiten in beiden Teilen Deutschlands einigermaßen zu kennen.

Im wesentlichen die gleichen Menschen, die früher in der DDR lebten, leben heute in den neuen Ländern. Die Menschen, die bis vor 15 Jahren in den Verwaltungen saßen, sitzen dort mehrheitlich bis heute. Die Bürgermeister in den Dörfern und Kleinstädten sind die gleichen. Alles andere wäre auch sehr verwunderlich, schließlich gibts keine anderen Menschen als die, die schon immer da waren.

Die Sachverhalte sind sehr ähnlich den Verhältnisen in den ersten ein, zwei Jahrzehnten nach Gründung der Bundesrepublik 1949. Verwaltung und Justiz bestanden aus den gleichen Leuten, die Jahre zuvor das Bild im Dritten Reich prägten. Andere Leute waren ganz einfach nicht da. Weil immer noch die gleichen Menschen das Bild prägten, war unsere Bundesrepublik in den ersten Jahren eine autoritäre Honoratiorenveranstaltung, die sich erst in den späten 60er und 70er Jahren langsam wandelte, letztlich biologisch erzwungen.

Diesen Generationenwechsel, das Aussterben der ehemaligen Funktionsträger, haben wir auch in den neuen Bundesländern abzuwarten. Nur mit dem Unterschied zum 1000-jährigen Reich, daß die Prägung durch die DDR sehr viel länger, nämlich 40 Jahre dauerte. Menschen von heute Mitte 30 erfuhren ihre gesamte Prägung und Erziehung in den Verhältnissen der DDR. Menschen aus Verwaltung, Justiz, Polizei und Schulwesen, die am Ende der DDR 40 Jahre alt waren, stehen heute in gleichen Funktionen in der Verantwortung. Es sind die gleichen Leute geblieben und es ist nicht zu erwarten, daß sich ihr Denken grundlegend verändert hat. In den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik hatte sich das Denken auch kaum verändert, stramm nationalsozialistisches Gedankengut gehörte zur verbreiteten Normalität.

Meine lebendige Erinnerung an diese Zeiten trügt mich nicht, wurde vielmehr vor wenigen Monaten sehr anschaulich wieder aufgefrischt. Vor wenigen Monaten starb nämlich mein Vater und so kam ich in den Besitz mir bis dahin unbekannten Schriftverkehrs und Akten aus vielen Jahrzehnten, beginnend in den 40er Jahren. Details tun hier nichts zur Sache, aber mein Vater hatte über Jahrzehnte Probleme mit diversen Behörden und Gerichten. Das ganze Zeug, angereichert durch Persönliches und Bescheinigungen von Arbeitgebern, ist Zeitgeschichte pur. Interessant ist insbesondere der Ton, in dem Behörden und Gerichte mit dem Bürger Umgang pflegten. Heute würde man solche Richter und Bediensteten erst einmal gepflegt auf den Topf setzen und sie auffordern, sich 1. anständig zu benehmen, sich 2. eines angemessenen Tones zu befleißigen und sich 3. klar auszudrücken. Durch die Schriftstücke ziehen sich Ton und Manieren des gerade untergegangenen Obrigkeitsstaates. Das kann auch gar nicht anders sein, denn überall saßen genau die gleichen Leute wie noch unter dem Gröfaz. Andere Leute waren eben nicht da.

Genau so verhält es sich in den neuen Ländern. Grundsätzliche Denkweisen lassen sich nur durch Aussterben derselben, aber nicht per Verwaltungsvorschrift ändern.
Was glaubst Du wohl, was für Leute in der Treuhand und in ihren Nachfolge- und Vermögensverwaltungsgesellschaften bis heute sitzen? Und was für Leute sitzen wohl in den Landesregierungen, Kreis- und Gemeindeverwaltungen? Welche Leute sitzen in den ehemaligen Wohnungsverwaltungen (soweit sie nicht in die Pleite gewirtschaftet wurden) und wer die ehemaligen LPGs verwaltet? Das alles ist immer noch die DDR in Reinkultur, einschließlich des Denkens und der Art des Wirtschaftens. Hier wird bis heute Gewinn als Profit bezeichnet und Profit ist etwas ganz Schlimmes :smile:. Hier werden Unternehmer in weiten Bevölkerungskreisen immer noch als Ausbeuter betrachtet und u. a. deshalb gibt es auch so wenige davon und kommt das Land nicht auf die Füße. Schau hier mal den mittleren und älteren Jahrgängen aufs Maul: Dir wird schlecht!

Gruß
Wolfgang

Hallo,

im Gegensatz zu 1945 hat man versucht geiwsse Kreise auszusortieren. Dass dabei der kleine Eisenbahner, der Postbote oder der Zuträger bei der Stasi plötzlich für den öffentlichen Dienst in D nicht geeignet war, ist bekannt.

Da aber bis heute erfolgreich SPD, Grüne, CDU und FDP verhindern, dass umfassend Daten bekannt werden, wer in der Vergangenheit nähere Kontakte mit der Stasi hatte oder gar für die Stasi gearbeitet hat, ist das System der Willkür wohl so auch zu nennen.

Hiess es nicht immer, dass niemand in der DDR in höhere Schulen komt, niemand studieren konnte, der/die nicht Stasi- und Stasihörig gewesen sei. Und dann kommen die Wissenschaftlerinen, die Eliten der EX-DDR und sind plötzlich im Bundestag ?

Mir tun die Parteimenschen leid. Sie sind als die Kleinen die Sünder, während die Eliten der Korruption im Westen entweder in den Parlamenten stzen oder längst sich mit dem Geld aus der Treuhand den neuen Wohlstand geschaffen haben.

ich hab auf meine erste Frage über die DDR, betreffend ihre
Eingliederung in die BRD nach dem Mauerfall, viele
interessante Antworten bekommen und viel dabei gelernt.

Ich möchte heute gerne einige weitere Fragen stellen, die sich
weniger mit dem Staat, sondern mit den Menschen der DDR
beschäftigt. Konkret würde ich gerne wissen, was wurde aus all
den Berufstätigen in der DDR? Speziell den Staatsbediensteten:

Was wurde aus all den VoPos nach der Wende? Wurden die dann
„normale“ Polizisten? Konnte man eigentlich VoPos mit
Stasi-Mitarbeitern vergleichen? Ich meine, ähnlich verhasst in
der Bevölkerung und vom Tätigkeitsbereich.

Nein, VoPo und Stasi sind unterschiedliche Gruppen.

Was passierte mit all den Stasi-Mitarbeitern? Vor allem, mit
denen die heimlich für die Stasi gearbeitet haben? Wurden die
nach der Wende sozusagen mal geoutet?

Die Kleinen schon. Die Großen sitzen teilweise im Bundestag.

Ich kann mir denken,

dass das nicht unbedingt sehr prickelnd war, wenn Meier aus
der Zeitung erfährt, dass Nachbar Huber seit Jahren ihn für
die Stasi ausspioniert hat. Gab es solche Fälle?

ja, und es war mehr Klamauk als nach 1945. Denn dort war man in Lebensgefahr. In der DDR riskierte man höchstens Inhaftierung.

Oder mit den ganzen SED-Mitgliedern? (OK, Parteimitglied war
wahrscheinlich jeder „gute“ DDR-Bürger, oder?) Speziell den
Beamten in den Ministerien, Funktionären, also denen die
wirklich eng mit der Partei verbandelt waren? Wurden die
einfach gleich von SPD und CDU übernommen…?

Sagen wir mal so . Sie wurdne 1:1 übernommen und über Nacht waren es rlupoenreine Demokraten. Selten so gelacht, wenn Thierse und andere solchen Unsinn verbreiten.

Ich kann mir einfach schwer vorstellen, was aus diesen
Menschen geworden ist, deren Lebenssinn (?) mit dem Wegfall
der DDR eigentlich zusammengebrochen ist.

Zuerst einmal muss man sich wohl klar werden, dass ältere Mneschen aus der Diktatur 1945 in eine neue Diktatur kamen und keine Chance hatten. Die Jugend wurde entsprechend erzogen und für sie brach, für die Mehrheit, eine Welt zusammen. Denn an alles was man glaubte war falsch.

Ich könnte mir

vorstellen, dass viele freiwillig in den Ostblock emigriert
sind - Sprachbarrieren zum trotz, allein der Ideologie wegen.
War das wirklich so?

Nein, die Linken im Westen haben zwar früher täglich nach Mao, nach Kommunismus und Sozialismus gerufen, dafür sich Strassenschlachten mit der Polizei geliefert - man kann aber trotz staatsfeindlicher Aktionen Aussenminister werden - doch dieses linke Pack war doch zu feige, das zu leben, was sie proklamiert haben.

Gruss Günter

off topic
Hallo Wolfgang,
mal 'ne Frage nach dem ich deinen Artikel gelesen habe.
Was hält dich hier ?
Muss doch furchtbar sein.
Jo

Hallo Joachim!

mal 'ne Frage nach dem ich :deinen Artikel gelesen habe.
Was hält dich hier ?

Genau diese Frage, oft noch ergänzt mit der Titulierung „Nestbeschmutzer“ mußten sich früher Kritiker der Verhältnisse in der Bundesrepublik der 60er und 70er Jahre anhören. Kritik ist niemals das Ergebnis von Gleichgültigkeit. Schon von daher ist die Beantwortung von Kritik mit „Was hält Dich hier“ eher Ausdruck von Bequemlichkeit und Denkfaulheit. Die Scheuklappen wurden unangenehm berührt.

Kritik ist das Ergebnis von Auseinandersetzung mit den Verhältnissen. Jeder soll selbst entscheiden, ob er über die Kritik einen Augenblick nachdenken möchte oder die bestehenden Verhältnisse für wunderbar und in Ordnung hält.

„Was hält dich hier“ habe ich mich mein Leben lang gefragt, tue es bis heute.

Gruß
Wolfgang

Hi,

Hiess es nicht immer, dass niemand in der DDR in höhere
Schulen komt, niemand studieren konnte, der/die nicht Stasi-
und Stasihörig gewesen sei. Und dann kommen die
Wissenschaftlerinen, die Eliten der EX-DDR und sind plötzlich
im Bundestag ?

Das kann so nicht stimmen, das weiß ich aus erster Hand :o)
Ich hatte mit den Vereinen definitiv nix am Hut und war auch recht unbequem. Dennoch hatte ich mein Studium sicher, obwohl nur Grundwehrdienst und da auch noch nen guten Platz erhalten + der jüngste auf der Kompanie.
Andersherum wurden die begünstigt, die systemkonform waren. Aber nicht alle Studenten waren das - das ginge garnicht!

Mir tun die Parteimenschen leid. Sie sind als die Kleinen die
Sünder, während die Eliten der Korruption im Westen entweder
in den Parlamenten stzen oder längst sich mit dem Geld aus der
Treuhand den neuen Wohlstand geschaffen haben.

Wer irgendwo einen leitenden Job oberhalb des Industriemeisters hatte, mußte Parteimitglied werden (es gab Ausnahmen, aber wenige). Viele, die es waren, waren das auch nur dem Papier nach…

Oder mit den ganzen SED-Mitgliedern? (OK, Parteimitglied war
wahrscheinlich jeder „gute“ DDR-Bürger, oder?) Speziell den
Beamten in den Ministerien, Funktionären, also denen die
wirklich eng mit der Partei verbandelt waren? Wurden die
einfach gleich von SPD und CDU übernommen…?

Sagen wir mal so . Sie wurdne 1:1 übernommen und über Nacht
waren es rlupoenreine Demokraten. Selten so gelacht, wenn
Thierse und andere solchen Unsinn verbreiten.

Die sind so bürgerlich, wie sie es früher in defr SED gelernt hatten.

Ich kann mir einfach schwer vorstellen, was aus diesen
Menschen geworden ist, deren Lebenssinn (?) mit dem Wegfall
der DDR eigentlich zusammengebrochen ist.

Zuerst einmal muss man sich wohl klar werden, dass ältere
Mneschen aus der Diktatur 1945 in eine neue Diktatur kamen und
keine Chance hatten. Die Jugend wurde entsprechend erzogen und
für sie brach, für die Mehrheit, eine Welt zusammen. Denn an
alles was man glaubte war falsch.

Das stimmt so auch nicht. Im Gegenteil hat sich das gelernte bestens bestätigt.

Gruß
Frank

Hallo Günter,

Hiess es nicht immer, dass niemand in der DDR in höhere
Schulen komt, niemand studieren konnte, der/die nicht Stasi-
und Stasihörig gewesen sei. Und dann kommen die
Wissenschaftlerinen, die Eliten der EX-DDR und sind plötzlich
im Bundestag ?

Wer hat das behauptet?

ICH durfte nicht auf die EOS, weil ich KEIN ARBEITERKIND war, sondern meine Eltern der so genannten INTELLIGENZ angehörten. Beide übrigens im Staatsdienst tätig, leider-leider nur ohne Vitamin B.

MEIN BRUDER durfte nicht auf die EOS, weil sein MITBEWERBER (es gab ja nur beschränkte Kontingente) sich freiwillig für 3 Jahre NVA gemeldet hatte.

Sowohl mein Bruder als auch ich hatten einen Notendurchschnitt von 1,0!

Ich kann mir einfach schwer vorstellen, was aus diesen
Menschen geworden ist, deren Lebenssinn (?) mit dem Wegfall
der DDR eigentlich zusammengebrochen ist.

Zuerst einmal muss man sich wohl klar werden, dass ältere
Mneschen aus der Diktatur 1945 in eine neue Diktatur kamen und
keine Chance hatten. Die Jugend wurde entsprechend erzogen und
für sie brach, für die Mehrheit, eine Welt zusammen. Denn an
alles was man glaubte war falsch.

Aha, weder für mich noch auch nur für einen einzigen meiner damals durchaus jugendlichen Freunde brach eine Welt zusammen - ganz im Gegenteil. Wenn Du die Stimmung der achtziger Jahre mitbekommen hättest, wüsstest Du auch, wovon ich rede. Am System hat gerade von der Jugend niemand gehangen. Das lag auch daran, weil die Erziehung durch die Eltern in den meisten Fällen eher schizophren war. Man hat gelernt, sich nach außen konform zu geben, daheim wurde aber ordentlich West-Fernsehen geguckt und glücklich das Paket von drüben geplündert.

Denkt doch einfach mal darüber nach, was wirklich in den Köpfen von uns losgewesen sein muss, dass wir auf die Straße gegangen sind!!!

Grüße von
Jana

Hi,

die Kleinen wurden verurteilt und aus dem Staatsdienst entlassen.
Die Großen sitzen in Rottach-Egern am Tegernsee bei Saus und bei Braus.
Ein Schalk, wer Böses dabei denkt!

nicki

Hi,

die GANZ Großen singen nur eine andere Hymne. Die Gehälter und Pensionen sind geblieben. Ansonsten alles beim Alten.

MfG Vanic

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Na aber hallo, gerade als Saarländer :wink:

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

@ Jana und Frank
Ihr gehört ja auch nicht zu dem Kreis, den Günter meinte.
Oder konnte jemand in die höchsten Politkreise (oder auch beim Militär) aufsteigen, ohne systemkonform zu sein?
Es geht um diejenigen, die damals dicke verdient haben und die es heute noch tun, Die damals einflussreich waren und heute noch sind.

Jana, Dein Einwand mit anders scheinen als sein: das ist mir 1989 und 1990 so aufgefallen: alles, was vor der eigenen Haustür geschah, würde bewusst weggesehen. Die Wohnung war eine ganz andere Welt. auch im Denken der damaligen (und leider teilweise heute noch) DDR´ler war ein Knacks: bitte niemanden sein Inneres zeigen. Man trug eine Maske. Man spielte Theater.
Man wurde gezwungenermaßen zur Lüge erzogen.
Grüße

Raimund

Ihr gehört ja auch nicht zu dem Kreis, den Günter meinte.
Oder konnte jemand in die höchsten Politkreise (oder auch beim
Militär) aufsteigen, ohne systemkonform zu sein?
Es geht um diejenigen, die damals dicke verdient haben und die
es heute noch tun, Die damals einflussreich waren und heute
noch sind.

So dicke verdient hatte niemand im Osten. Die Spitzenverdiener kommen wohl nichtmal an untere Managergehälter West ran.
Ich weiß es nicht genau, aber lass nen General irgendwo 8000 - 12000 Mark gehabt haben. Ein Offizier hatte so 2000 ca. bis 3000.
Weiß es jemand genauer?
Geld spielte eine untergeordnete Rolle. Der Einfluß war entscheidender.

Jana, Dein Einwand mit anders scheinen als sein: das ist mir
1989 und 1990 so aufgefallen: alles, was vor der eigenen
Haustür geschah, würde bewusst weggesehen. Die Wohnung war
eine ganz andere Welt. auch im Denken der damaligen (und
leider teilweise heute noch) DDR´ler war ein Knacks: bitte
niemanden sein Inneres zeigen. Man trug eine Maske. Man
spielte Theater.

Du - den Eindruck hatte auch nicht nach der Grenzöffnung. Aber von Wessis.

Man wurde gezwungenermaßen zur Lüge erzogen.

Das stimmt nicht. Im Gegenteil.
Man hat zwar vwersucht, die Ideologie zu verbreiten - nur hat das nichtmal das untere Führungspersonal angenommen, es aber versucht im Systemsinne umzusetzen. Wie es weiter oben aussah, weiß ich nicht.

Bedenke auch das Internet. Heute ist eine Entwicklung möglich, die selbst vor 10 Jahren och undenkbar war. Man tauscht sich in den Ansichten nicht nur von Stuttgart nach Leipzig, auch von L.A. nach Bangkok aus.

Gruß
Frank

Hallo Frank,

Man wurde gezwungenermaßen zur Lüge erzogen.

Das stimmt nicht. Im Gegenteil.

Das ist definitiv falsch!

Ich beschreibe mal eine Situation und Du sagst mir dann, ob das kein Zwang zur Lüge ist. …

… irgendwann 1974, morgens um 05.45, 15 Minuten vor ‚Dienstbeginn‘.
'Sie haben ja alle das ND gelesen, heute erklärt uns Herr Müller den Leitartikel. …

Sagt Herr Müller das falsche, kann er sich einen anderen Job suchen.
Dieser Psychoterror ist kaum noch zu toppen. Das ist kein Zwang zur Lüge? Was dann ?!?!

Gruß, Rainer