Demokratie ist nicht nur eine griechische Erfindung

Wie schwer sich manche Regionen/Kulturen mit der Demokratie tun, das ist gerade wieder am Beispiel Aegypten zu sehen. Aber historisch ist es ja wohl so, dass Demokratie keine oder nicht nur eine „Erfindung“ des CHRISTLICH-WESTLICHEN Abendlandes ist.

Die Demokratie ist keine Erfindung des christlichen Abendlandes

Nach Dr. Sylke Tempel
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/politischesfe…
verhielt es sich so:

Indien, Südkorea, Thailand, Indonesien - das alles sind Länder, die nicht auf eine Geschichte der klassischen Antike, der Trennung von religiösem und weltlichem Recht, der Revolutionen von 1776 und 1789, sondern auf einen ganz eigenen Entwicklungsweg zurück blicken können - und doch ihre eigene Form der Demokratie gefunden haben.

Die Demokratie als politisches Modell ist potenziell universell.

Und - wie MultiVista ergaenzt - nicht an eine bestimmte Kultur gebunden um sich zu entwickeln und zu etablieren.

Was meint Ihr ?

Mike

Nein, aber das Wort

Die Demokratie ist keine Erfindung des christlichen
Abendlandes

Da die Demokratie zumindest dem Prinzip nach bereits aus dem vorchristlichen antiken Griechenland bekannt ist - daher ja auch ihr griechischer Name -, ist sie selbstverständlich keine Erfindung des christlichen Abendlandes. Insofern ist deine Feststellung banal.

Nach Dr. Sylke Tempel
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/politischesfe…
verhielt es sich so:

Indien, Südkorea, Thailand, Indonesien - das alles sind
Länder, die nicht auf eine Geschichte der klassischen Antike,
der Trennung von religiösem und weltlichem Recht, der
Revolutionen von 1776 und 1789, sondern auf einen ganz eigenen
Entwicklungsweg zurück blicken können - und doch ihre eigene
Form der Demokratie gefunden haben.

Die Übernahme westlicher Staatsformen und ihre Adaption an lokale Verhältnisse ändert jedenfalls nichts daran, dass es sich um eine originär westliche Erfindung handelt. Auch wenn ich nicht ausschließen mag, dass antike afrikanische Stämme demokratische Strukturen hatten - belegt ist eben nur die antike griechische Demokratie.

Über die indonesische Form der Demokratie würde ich gerne mehr erfahren, erinnere ich mich doch noch an einen blutigen Unterdrückungskrieg der Indonesier gegen die Osttimoresen, Folter inklusive, der erst vor wenigen Jahren zu einem Ende kam. Sollte sich Indonesien in den letzten Jahren dahingehend demokratisiert haben, dass sowas nicht mehr vorkommen kann, bleibt immer noch abzuwarten, ob das vorhält. Auch Deutschland war vor 1933 vierzehn Jahre lang eine Demokratie.

Vielleicht verhält es sich auch so - im verlinkten Artikel klingt das an - das manche Leute nichtwestlichen Gesellschaftsformen eine Art Bonus zugestehen, mit dem das nach westlichen Standards nicht wegzuleugnende Demokratiedefizit verharmlost werden soll. Auch die „Volksdemokratien“ des Warschauer Pakts nahmen ja für sich in Anspruch, ihre eigene, wahre, nämlich sozialistische Form der Volksherrschaft gefunden zu haben, und im Westen betete das mancher Jünger von Marx und Lenin gerne nach.

Die Demokratie als politisches Modell ist potenziell
universell.

Und - wie MultiVista ergaenzt - nicht an eine bestimmte Kultur
gebunden um sich zu entwickeln und zu etablieren.

Ich möchte es mal so herum sagen: Die Demokratie ist darauf angewiesen, sich nicht in einer bestimmten Kultur entwickeln zu müssen, um sich dann vielleicht entwickeln und etablieren zu können. Und zwar ist dazu die Abwesenheit des Islam als gesellschaftlich tonangebender Ideologie Religion erforderlich.

Was meint Ihr ?

Ich könnte das nun hier mehr oder weniger ausführlich begründen, aber du und Frau Dr. Tempel tun das mit ihren entgegengesetzten Thesen ja offenbar auch nicht, und so setze ich auch einfach nur einen Link.

http://www.youtube.com/watch?v=eBCtdId15tk

Mike

smalbop

hallo,

du bist in die falle des eurozentrismus getappt.

dass es sich um eine originär westliche Erfindung handelt.

demokratische regierungsformen sind an verschiedenen orten der welt unabhängig voneinander entstanden.

Auch wenn
ich nicht ausschließen mag, dass antike afrikanische Stämme
demokratische Strukturen hatten - belegt ist eben nur die
antike griechische Demokratie.

das ist falsch. hervorragend belegt ist sie z.b. bei den fünf nationen, die umgangssprachlich als irokesen bekannt sind und deren organisationsformen vorbild für die us-amerikanische. verfassung waren.

falls du dich für das thema interessierst, empfehle ich dir „irokesen und demokratie. beitrag zur soziologie interkultureller kommunikation“ von thomas wagner.

gruß

m.i.g.

Demokratie ist menschlich ?
Ist es vielleicht so, dasss die Form der „Demokratie“ ggf. eine menschlich-natuerliche ist ?
Sie ist unabhaengig von der jew. Kultur?

Lediglich eine starke ideologische oder religioese Intention fuehrt dazu, dass dieses Grundbeduerfnis der Menschheit temporaer unterdrueckt werden kann.

du bist in die falle des eurozentrismus getappt.

Wer weiß.

dass es sich um eine originär westliche Erfindung handelt.

demokratische regierungsformen sind an verschiedenen orten der
welt unabhängig voneinander entstanden.

Sie gleichen einander aber nicht. Ich denke nicht, dass es eurozentrisch ist, wenn man als Europäer unter einer Demokratie nur das versteht, was eben in Europa Demokratie als Demokratie durchgeht.

Auch wenn
ich nicht ausschließen mag, dass antike afrikanische Stämme
demokratische Strukturen hatten - belegt ist eben nur die
antike griechische Demokratie.

das ist falsch. hervorragend belegt ist sie z.b. bei den fünf
nationen, die umgangssprachlich als irokesen bekannt sind und
deren organisationsformen vorbild für die us-amerikanische.
verfassung waren.

Es mag ja durchaus sein, dass es in anderen Kulturen nicht-totalitäre, partizipative Formen der politischen Organisation einer Gesellschaft gab oder gibt, nur sollte man für die dann nicht einen antiken griechischen Namen verwenden.

falls du dich für das thema interessierst, empfehle ich dir
„irokesen und demokratie. beitrag zur soziologie
interkultureller kommunikation“ von thomas wagner

Danke, ich setze es mal auf die Liste. Bedenklich ist, dass es keine Irokesen mehr gibt. Waren die evtl. zu interkulturell kommunikativ?

Gruß
smalbop

Demokratie ist nur ein griechisches Wort. In wirklichkeit gab es noch Sklaven und Frauen durften nicht mitreden. Etwas nördlicher ging es besser bei den Germanen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Thing

Moin,

Etwas
nördlicher ging es besser bei den Germanen.

die hatten aber auch Sklaven und Gleichberechtigung war auch noch nicht sooo ausgeprägt.

Gandalf

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wirklich?
Guten Abend

Lediglich eine starke ideologische oder religioese Intention
fuehrt dazu, dass dieses Grundbeduerfnis der Menschheit
temporaer unterdrueckt werden kann.

… und das „temporär“ über viele Jahrhunderte? Wahrscheinlich ist das sinnstiftende Verlangen nach Religion (mir sind keine demokratische Religionen bekannt) ein unendlich grösseres Bedürfnis als jenes nach Demokratie.

Ich bin überzeugt, dass jedes Nichterfüllenkönnen oder Vorenthalten von Bedürfnisstillung (ausgehend von der Maslowschen Bedürfnis-Pyramide) dazu führt, dass zwecks Bedürfnisstillung autoritäre Organisationsformen akzeptiert werden.

Auch sind hierarchische (nichtdemokratische) Strukturen etwas Urmenschliches: Hierarchie wird mindestens so stark von unten wie von oben gemacht! Schaut nur mal das übergrosse Interesse demokratischer Frauen an für sie irrelevanten monarchistischen Vorgängen!

Wir könnten uns auch über die Definition von Demokratie unterhalten: Ausgehend von 60 % Stimmberechtigten der Bevölkerung (keine Kinder, keine Ausländer) und einer Stimmbeteiligung von 40 % beteiligen sich also 24 % der Bevölkerung an einem Entscheid, der per Diktat von 12,001 % der Bevölkerung demokratisch gefällt wird. Und dies soll einem Grundbedürfnis der Menschheit entsprechen? Liegt dahinter lediglich eine an Religiosität grenzende ideologische Intention?

Das Leben ist nicht ganz sooo einfach!

Mit nachdenklichen Grüssen

Urs Peter

Auch sind hierarchische (nichtdemokratische) Strukturen etwas
Urmenschliches: Hierarchie wird mindestens so stark von unten
wie von oben gemacht! Schaut nur mal das übergrosse Interesse
demokratischer Frauen an für sie irrelevanten monarchistischen
Vorgängen!

Da sprichst du etwas an. Nach meinem Eindruck will selbst in unserer materiell satten Gesellschaft eine Mehrheit der Bürger politisch nur, dass andere für sie die Verantwortung übernehmen, die Entscheidungen für sie fällen und ihnen sagen, wo’s langgeht.

s.

hallo,

Sie gleichen einander aber nicht. Ich denke nicht, dass es
eurozentrisch ist, wenn man als Europäer unter einer
Demokratie nur das versteht, was eben in Europa Demokratie als
Demokratie durchgeht.

doch, denn die heutige europäische demokratie geht keineswegs nur auf die alte griechische zurück, sondern fußt mindestens genauso stark auf der amerikanischen unabhängigkeitsbewegung und verfassung, die die französische revolution maßgeblich beeinflusst haben.

Bedenklich ist, dass es keine Irokesen mehr gibt.

wie kommst du denn auf den unsinnigen gedanken?

http://de.wikipedia.org/wiki/Irokesen#Demografie

gruß

m.i.g.

Hallo!

demokratische regierungsformen sind an verschiedenen orten der
welt unabhängig voneinander entstanden.

  1. Aber wo wurden sie so genau untersucht und definiert wie in der griechisch-römischen Antike? Was WIR unter Demokratie verstehen, geht ganz wesentlich auf sie zurück. Wir beziehen uns auf den damals geprägten Begriff und nicht auf die Herrschaftsmodelle der Irokesen. Wieso ist das Eurozentrismus?
  2. In der Diskussion hier wird völlig übersehen, dass die neuzeitliche Demokratie in Europa entstanden ist in Widerspruch und Abwehr des Absolutismus. Die Idee der Gleichheit, die man in der Antike vermisst, ist im Widerspruch zur (3-)Ständegesellschaft formuliert worden und zum Absolutismus auch in England. Die Menschenrechte und die wichtigsten Maximen (Unaufhaltsamkieit der Rechtspflege, d. h. auch: keine willkürliche Begnadigung auf Anordnung des Herrschers, Gleichheit vor dem Gesetz und vieles andere). In den Quellen zur amerikanischen Geschichte ist doch ständig die Rede davon, dass diese Forderungen der europäischen Aufklärung in Amerika verwirklicht worden sind. Deswegen (und vielleicht doch weniger wegen der Irokesen) sind die mit dem politischen Verhältnissen in Europa Unzufriedenen emigriert.

Freundlichen Gruß!
H.

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Hiawatha …

… hervorragend belegt ist sie z.b. bei den fünf
nationen, die umgangssprachlich als irokesen bekannt sind und
deren organisationsformen vorbild für die us-amerikanische.
verfassung waren.

Das ist interessant, dass ausgerechnet die angeblich „wildesten und brutalsten“ Stämme da eine gewisse Vorbildfunktion einnehmen. Ich habe das Buch „The Patriot Chiefs“ von Alvin M. Josephy gelesen, in dem das sehr genau beschrieben ist. Auch das Wirken des legendären Hiawatha, soweit das noch klärbar ist.
In dem Buch werden übrigens auch noch andere beschrieben: Tecumseh, Crazy Horse, Chief Joseph. Nachteil bei der Lektüre: Es kommt einem eine unglaubliche Wut hoch, wenn man liest, wie sich die ach so nächstenliebenden Europäer da benommen haben. Aber das nur am Rande.

Gruss
Laika

"Ideologie ist eben nicht nur politische, sondern eben auch wirtschaftliche, und gesellschaftliche Wirklichkeit. In jeder Pore des Alltags, in jedem Gedanken und in jedem Handeln steckt ein Tropfen von der eigenen Weltanschauung und dem eigenen Menschenbild. Ideologien und Lebenswelten sind untrennbar miteinander verbunden.

Insofern ist es systemstabilisierend, wenn über politische, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Veränderungen oder Reformen gesprochen wird, ohne das Menschenbild, die Weltanschauung sowie die Werte und Normen dabei zu hinterfragen.

Objektivität gibt es nicht. Alles ist Meinung."

Heinz von Foerster

Hallo

Etwas nördlicher ging es besser bei den Germanen.

die hatten aber auch Sklaven und Gleichberechtigung war auch noch nicht sooo ausgeprägt.

Tacitus hat aber über irgendeinen Germanenstamm geschrieben, die hätten sich noch unter die Sklaven begeben, da sie einer Frau gehorchen. Also, zumindestens eine Stammesführerin wird es da mal gegeben haben, was bei den Griechen und Römern undenkbar war.

Er beschreibt die Germanen überhaupt als voller Wertschätzung für ihre Frauen.

Viele Grüße

Moin,

Tacitus hat aber über irgendeinen Germanenstamm geschrieben,
die hätten sich noch unter die Sklaven begeben, da sie einer
Frau gehorchen.

Du meinst wahrscheinlich Boudicca http://de.wikipedia.org/wiki/Boudicca

Also, zumindestens eine Stammesführerin wird
es da mal gegeben haben, was bei den Griechen und Römern
undenkbar war.

Das war auch bei den Germanen/Galliern/Kelten eine seltene Ausnahme

Er beschreibt die Germanen überhaupt als voller Wertschätzung
für ihre Frauen.

Das scheint so auch zu stimmen.
Sie hatten auch Privilegien, so gab es (teilweise) den weiblichen Erbgang für Häuser und/oder Grund und Boden.
Da finde ich aber auf die Schnelle keine Belege, ich habe es aus einem Papierbuch.
Heilerinen und Hebammen waren auch hoch verehrt und der Matronenkult, speziell im Rheinland, sehr verbreitet.

Gandalf

Hallo

Du meinst wahrscheinlich Boudicca

Ich weiß nicht, wen ich meine, da war auch nicht viel Genaues erwähnt, ich weiß nur, dass Tacitus dies über einen vermutlich eher kleinen germanischen Volksstamm, dessen Namen ich vergessen habe, in seiner Schrift ‚Germania‘ schrieb, die ich in einer Übersetzung gelesen hatte. Über diesen Volksstamm stand sehr wenig, hauptsächlich nur eben, dass sie sich noch unter die Sklaven begeben hätten, da sie einer Frau gehorchten. Der Name dieser Frau war nicht erwähnt. - Die Vermutung liegt also ziemlich nahe, dass Boudicca nicht gemeint war.

Ich hab es so in Erinnerung, als hätte ich damals diesen Volksstamm gedanklich so in etwa in Nordhessen angesiedelt hatte, ob ich dazu aber irgendeinen sachlichen Grund hatte, kann ich nicht sagen.

Also, zumindestens eine Stammesführerin wird es da mal gegeben haben, was bei den Griechen und Römern undenkbar war.

Das war auch bei den Germanen/Galliern/Kelten eine seltene Ausnahme

Nun ja, aber es war aber immerhin nicht undenkbar.

Viele Grüße

Moin,

Nun ja, aber es war aber immerhin nicht undenkbar.

Agrippina die Jüngere z.B. trug doch den Titel Augusta und hatte in ihrer Ehe mit Claudius mehr oder weniger die Hosen an, was ein ziemlich schlecht gehütetes Geheimnis war.

Gandalf

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Mit Religionen ist kein Staat zu machen:

Der syrische Dichter Adonis erweist sich im Gespräch mit Fouad El-Auwad als hartnäckiger, unversöhnlicher Verteidiger des Laizismus:

"Wenn politische Macht einzig auf Religion basiert und die Gesellschaft im Namen der Religion regiert wird, werden Zivilrechte außer Kraft gesetzt.

Muslime behaupten, der Islam sei der Garant für Freiheit.

Die Religion gewährleistet keine Freiheit und garantiert sie auch nicht und zwar für niemanden - ohne Ausnahme!.

Nur die Menschenrechtserklärung darf sich das anmaßen, und nur eine Verfassung darf meine Freiheit gewährleisten."

(Letztere hat der Vatikan seinerzeit - denk ich - NICHT unterzeichnen wollen… Oder ? )

Hallo,

Du meinst wahrscheinlich Boudicca
http://de.wikipedia.org/wiki/Boudicca

Tacitus schreibt über Boudicca natürlich nicht in der Germania, sondern in den Annalen (14. Buch). Gemeint sind die von Tacitus (übrigens nur bei ihm) als suebischer Stamm erwähnten Sitonen: Suionibus Sitonum gentes continuantur. cetera similes uno differunt, quod femina dominatur: in tantum non modo a libertate sed etiam a servitute degenerant. (Germania 45,9). Übers.: „An die Suionen schließen sich unmittelbar die Stämme der Sitonen an. Diesen gleich, unterscheiden sie sich nur in einem, dass eine Frau sie beherrscht: so weit sind sie nicht nur vom stand der Freiheit, sondern sogar von dem der Knechtschaft herabgesunken.“

Freundliche Grüße,
Ralf

Bedenklich ist, dass es keine Irokesen mehr gibt.

wie kommst du denn auf den unsinnigen gedanken?

Möglicherweise, weil zu meiner Definition eines Irokesen gehört, dass er seine Muttersprache spricht und einen irokesischen Namen trägt.

Gruß
s.