Hi!
Ist es tatsächlich möglich mit Aktionen,
die im günstigsten Fall demotivieren, im
ungünstigen Fall Trotzreaktionen fast schon
erzwingen, die Arbeitsmoral zu steigern?
Das Problem beginnt bereits bei dem Begriff „Motivierung“. Motivierung bedeutet, jemand versucht, einen anderen Menschen zu etwas zu bewegen, was dieser gar nicht will.
Motivieren meint immer die fünf großen „B“: Belohnen, Belobigen, Bestechen, Bedrohen, Bestrafen. Mit genau diesen Begriffen arbeiten sowohl Politiker als auch Wirtschaftsführer - und wundern sich immer wieder, warum das nicht funktioniert.
Motivation - nicht Motivierung! - ist etwas grundlegend anderes. Währung Motivierung nach dem „Wie“ fragt („Wie bekomme ich als Manager die maximale Arbeitsleistung von meinen Mitarbeitern?“ - „Wie kann ich bei meinen Leuten die innere Kündigung verhindern?“), beruht Motivation auf der Frage nach dem „Warum“ („Warum macht jemand etwas ehremamtlich ohne Entlohung?“).
Um die Bereitschaft zur Mehrarbeit und zur höheren Leistung zu fördern, ist es unsinnig, Belohnungs- oder Bestrafungssysteme einzuführen. Wir arbeiten zu wenig pro Jahr, also streichen wir Feiertage oder Urlaubstage. Oder erhöhen die Wochenarbeitszeiten. Die Ausgaben sind höher als die Einnahmen, also senken wir die Löhne oder erhöhen die Abgaben. Oder drohen zumindest damit. Bestrafungsprinzip. Und die Herren Lenker in Politik und Wirtschaft wundern sich, dass die Leute sauer sind.
Die Alternative?
Überzeugungsarbeit!
Die Menschen müssen davon überzeugt sein, dass die Aufgabe, die vor ihnen liegt, wichtig ist. Dass sie als Teil dieser Aufgabe wichtig sind. Und von den Führungsgremien wichtig genommen werden.
Hätte Helmut Kohl sich nach der Wiedervereinigung nicht hingestellt und was von blühenden Landschaften gefaselt, sondern von einer großen und extrem schwierigen nationalen Aufgabe gesprochen, die viel Arbeit und Kraft erfordert und bei der jeder im Lande gebraucht wird, dann würden wir heute vermutlich anders da stehen. Die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft war (und ist) da. Wer erinnert sich nicht an diese Aufbruchseuphorie der Jahre 1989/90? Die Menschen hatten damals die Motivation, was zu tun, was aufzubauen. Und vermutlich wären sie auch zu einem Verzicht bereit gewesen, der deutlich über den monatlichen Soli-Beitrag hinaus ging. Nur - unsere Führungsebene war schlicht zu blöd, diese Motivation abzurufen.
Warum ging diese Motivation verloren?
Weil man die Menschen nicht wichtig nimmt. Weil die Führungselite des Landes alles andere als glaubwürdig ist. Weil es keine Visionäre gibt, die die Menschen mitreißen können. Weil Politiker wie Top-Manager ihren Leuten die Sinn-Frage nicht beantworten können. Weil die Identifikation der Menschen mit dem, was sie tun oder wovon sie ein Teil sind, nicht mehr vorhanden ist.
Es ist daher egal, was sich Manager oder Politiker ausdenken oder welche Rahmenbedingungen (Löhne, Arbeitszeit, Steuern, Sozialabgaben) sie stellen. An der Demotivation der Leute wird das nichts ändern.
Grüße
Heinrich