Depression und ALG1

Hallo zusammen,

ich weiß nicht, ob ich in diesem Brett richtig bin oder doch eher im Arbeits- & Sozialamtsbrett oder im Versicherungsbrett? Ich probiere es trotzdem erstmal hier, da es sich v.a. um ein psychisches Problem handelt… 

Ich leide seit einiger Zeit an Depressionen (naja, eine genaue Diagnose habe ich noch nicht, es geht aber in diese Richtung). Im Frühjahr kam so langsam die Erkenntnis durch, dass ich therapeutische Hilfe brauche und ich konnte mir endlich einen Ruck geben, mir einen Therapeuten zu suchen. 

Damals habe ich noch in einem anderen Bundesland gearbeitet und hatte eine befristete Stelle, die vor einigen Wochen auslief. Die Arbeit hatte mir wirklich Spaß gemacht, aber zum Ende hin merkte ich, wie ich eigentlich nur noch mechanisch funktionierte. An die Jobsuche war eigentlich nicht mehr zu denken, bei diesem Thema bin ich auch wie blockiert… 

Dort hatte ich bereits eine Therapie angefangen, 25 h tiefenpsychologisch fundierte Methode. Die 25 h liefen etwa zu dem Zeitpunkt aus, als auch meine Arbeitsstelle auslief. Da mich an dem Ort nichts mehr hielt, zog ich zurück in meine Heimatstadt und nach langen Jahren einer Fernbeziehung wieder bei meinem Lebensgefährten ein. Ich meldete mich auch ordnungsgemäß arbeitslos und bekomme nun ALG1. Jetzt bin ich auf der Suche nach einem neuen Therapieplatz, denn die 25 h Kurzzeittherapie scheinen mir lange noch nicht geholfen zu haben…

Kürzlich bracht mich meine Mutter auf die Idee, mich krank zu melden. Wer weiß wie das mit Krankmeldungen während ALG1 läuft? Ich bin zwar arbeitslos/arbeitssuchend gemeldet, sehe mich z.Z. jedoch außerstande Bewerbungen zu schreiben, also zu einer Arbeit zu kommen (bekomme allein bei dem Gedanken daran Heulanfälle und Panik u.a. auch wegen dem Druck, dem ich mich selbst aussetze).

Auf den Seiten des Arbeitsamtes steht, dass die Leistungsfortzahlung nicht erfolgt, wenn die Arbeitsunfähigkeit vor Leistungsbeginn eintrat. Hm, wie wäre das bei mir? Ich habe bis zum Ende gearbeitet, jedoch schon vorher eine Therapie angefangen und fange demnächst wieder eine an…
Ist es überhaupt sinnvoll sich „krank“ zu melden? Welche rechtlichen Konsequenzen ergeben sich daraus? Verlängert sich dann die ALG1-Zahlung (sind ja nur 12 Monate) um den Zeitraum der Krankschreibung? Wenn nicht, wie läuft das, wenn das Jahr rum ist? Hat jemand Erfahrung mit dem Thema?

Ich mache mir eigentlich weniger Sorgen um das Arbeitslosengeld (habe ein bisschen angespart) als mehr, dass mir irgendwann das Arbeitsamt im Nacken sitzt und mir Druck macht, mit dem ich im Moment nicht umgehen kann. Zurzeit lassen sie mich noch in Ruhe.
Habe auch ein wenig Angst vor der Krankenkasse. Wenn sie dann nach 6 Wochen das Krankengeld zahlen, sind sie dann an einer ausführlichen Therapie interessiert (man hat mir bereits von mehreren Seiten eine Analyse vorgeschlagen) oder können die das vielleicht ablehnen, weil es ihnen zu kostenintensiv wird?

Was ist, wenn das ALG1 ausläuft? Ich habe in den letzten Jahren recht sparsam gelebt und mein Lebensgefährte verdient vermutlich auch ein bisschen zu viel. Was, wenn ich keinen Anspruch auf ALG2 habe, wie läuft das dann mit der Krankenkasse? Es ist noch ein bisschen hin, aber auch diese Gedanken lassen mich nicht los.

Ich habe z.Z. noch keinen endgültigen Therapeuten, den ich mit meinen Fragen nerven kann. Kann vielleicht einer von euch meine Sorgen ein wenig zerstreuen?

Liebe Grüße,
ente

Hallo, wenn Du bist jetzt noch keine Krankschreibung hattest, aufgrund von Depressionen ist das kein Grund zur Leistungsverweigerung.
Therapie steht jedem zu der sie braucht, erst wenn Du nicht mehr arbeiten kannst wegen der Depressionen beginnt die eigendliche Krankheit erst jetzt…
Jetzt in deinem Fall, wenn du jetzt dich krank schreiben lässt, zahlt ALG I weiter  6 Wochen lang, dann 70% des letzten Bruttolohns Krankengeld von der Krankenkasse und das für 78 Wochen.
Du wirst aber auf jeden Fall zum Arzt des Arbeitsamtes und zum MDK (medizinischer Dienst) geschickt werden.
Die stellen dann fest ob du ihrer Meinung nach arbeitsfähig bist oder nicht.
Dies alles ist aber  ein sehr aufwändiges und nervenaufreibendes Prozedere, welchem du ohne Unterstützung von Freund oder Mutter wahrscheinlich nicht gewachsen bist.
Gehe nicht alleine zum MDK oder Arzt von ARGE  nehme auf jeden Fall immer einen Zeugen mit.
Nach 78 Wochen wirst du ausgesteuert und musst dich dann sofort beim JobCenter melden, damit Du weiter krankenversichert bist. Leider wird dann auch dein Lebenspartner wenn ihr gemeinsam wohnt, mit heran gezogen mit seinem Einkommen, aber du bist zumindestens krankenversichert.
Ich wünsche dir viel Kraft für die Zukunft und gute Besserung Gruß Gaby

Zweideutig
Hi

Hallo, wenn Du bist jetzt noch keine Krankschreibung hattest,
aufgrund von Depressionen ist das kein Grund zur
Leistungsverweigerung.

Ich habe zunächst mal gedacht bzw. es so gelesen, dass du meinst, wenn er depressiv sei, hätte er noch keinen Grund, keine Leistung (Arbeit) mehr zu erbringen.
Erst nach einer Weile wurde mir deutlich, dass es ja noch eine zweite Auslegung deines Satzes gibt, nämlich die Leistung der Krankenkasse betreffend.
Da sieht man wieder mal, wie zweideutig alles ist.
Es grüßt dich
Branden

Hey,

Hallo, wenn Du bist jetzt noch keine Krankschreibung hattest,
aufgrund von Depressionen ist das kein Grund zur
Leistungsverweigerung.

Ich habe zunächst mal gedacht bzw. es so gelesen, dass du
meinst, wenn er depressiv sei, hätte er noch keinen Grund,
keine Leistung (Arbeit) mehr zu erbringen.

Hmm, tja… interessante Idee :wink:
Wenn ich so drüber nachdenke habe ich tatsächlich das Gefühl, dass ich genau das tue. Und das finde ich unglaublich frustrierend.

In den letzten 7-8 Jahren habe ich ziemlich viel gearbeitet. Man könnte mich fast als workaholic bezeichnen. Ich habe mich bisher sehr stark über meine Arbeit definiert, es gab nur wenig nebenbei. Doch nun habe ich das Gefühl irgendwas in meinem Kopf würde mir nun die Arbeit verweigern, mich blockieren… Als ob dieser shutdown irgendeine merkwürdige Art von Schutzmechanismus ist, nur dass ich mich nicht beschützt fühle.

Es macht mir Angst.

Hallo Branden,

eine Frage, die mir bei entes Posting noch kam: Wie ist denn das mit der gerade beendeten Kurzzeittherapie und einem neuen Therapiebeginn? Gerade, wenn es um eine Psychoanalyse geht? Muss sie da mit Schwierigkeiten bei der Kostenübernahme durch die Krankenkasse rechnen?

Du kannst da doch sicher was zu sagen, oder?

Viele Grüße,

Jule

OT: Tipps zum Medizinischen Dienst der Krankenversicherung MDK
Hallo,

weil ich hier gerade lese:

Du wirst aber auf jeden Fall zum Arzt des Arbeitsamtes und zum
MDK (medizinischer Dienst) geschickt werden.
Die stellen dann fest ob du ihrer Meinung nach arbeitsfähig
bist oder nicht.

Ich habe gerade erst eine sehr interessante Radiosendung gehört zum Thema Medizinischer Dienst der Krankenversicherung und wie der MDK tatsächlich arbeitet.
Ich poste Dir hier mal die Links zu den betreffenden Internetartikeln, damit Du Dich ein bisschen vorbereiten kannst. Unabhängig davon würde ich Dir auf jeden Fall raten, Dich vorab an den Sozialverband VDK zu wenden, der sich für die Rechte von Patienten einsetzt - auch bei Krankheiten und Behinderungen - gegenüber dem MDK. Der VDK kann Dir sagen, worauf Du achten musst, damit Du zu Deinem Recht kommst.
Sehr interessantes Gespräch genau dazu:
Der VDK und die Gutachten des MDK - Gespräch mit Wol…

Und hier noch die beiden Links:
Was Patienten bekommen - Der Medizinische Dienst der…
Ein Insider packt aus - Wie der MDK wirklich arbeitet

Gute Besserung und toi, toi, toi!
Stefanie

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Hallo,

ich schließe mich den Ausführungen von Gaby an. Die ersten sechs Wochen gibt es bei Krankschreibung eine Entgeldfortzahlung in Höhe der ALG1 und ab der siebten Woche Krankengeld in Höhe der ALG1 für höchstens 78 Wochen.
Ich würde zu einem Arzt meines Vertrauens gehen und ihm alles wie hier geschehen schildern und mit ihm die Krankmeldung durchstehen. Wichtig ist, dass der Arzt dazu steht und die Therapie für sinnvoll und angebracht hält und auch die Krankschreibung begründet. Denn das alles geht zum Medizinischen Dienst der Krankenkassen und die stellen fest, ob man arbeitsfähig ist oder nicht. Auf jeden Fall einen Zeugen mitnehmen- Lebenspartner, Mutter- und bei ablehnenden Bescheid Widerspruch einlegen.
Alles Gute und durchhalten- Schaddie

2 Jahre zwischen Therapien
Hi Jule

eine Frage, die mir bei entes Posting noch kam: Wie ist denn
das mit der gerade beendeten Kurzzeittherapie und einem neuen
Therapiebeginn? Gerade, wenn es um eine Psychoanalyse geht?
Muss sie da mit Schwierigkeiten bei der Kostenübernahme durch
die Krankenkasse rechnen?

Grundsätzlich zunächst: ja, weil nach der letzten über die Krankenkasse abgerechneten Therapiestunde 2 Jahre vergehen müssen, ehe die gleiche Therapieform neoch einmal begonnen werden kann.
Aber wenn jemand z.B. eine Verhaltenstherapie hatte und immer noch krank ist, kann ergänzend z.B. eine tiefenpsychologisch fundierte oder eine Psychoanalyse begonnen werden. Eventuell muss der neue Therapeut einen eingehenden Bericht schreiben, welcher vom Gutachter abgesegnet werden muss.
Gruß,
Branden

Hi ente

In den letzten 7-8 Jahren habe ich ziemlich viel gearbeitet.
Man könnte mich fast als workaholic bezeichnen. Ich habe mich
bisher sehr stark über meine Arbeit definiert, es gab nur
wenig nebenbei. Doch nun habe ich das Gefühl irgendwas in
meinem Kopf würde mir nun die Arbeit verweigern, mich
blockieren… Als ob dieser shutdown irgendeine merkwürdige
Art von Schutzmechanismus ist, nur dass ich mich nicht
beschützt fühle.

Das zeigt, dass dir darüber ernsthafte Gedanken machst - eine gute Prognose für eine weiterführende Therapie. Begib dich also ruhig weiter in Behandlung; ich denke, das hilft dir.
Gruß und alles Gute,
Branden

Hey,

Grundsätzlich zunächst: ja, weil nach der letzten über die
Krankenkasse abgerechneten Therapiestunde 2 Jahre vergehen
müssen, ehe die gleiche Therapieform neoch einmal begonnen
werden kann.

Auweia. An sowas hab ich ja überhaupt nicht gedacht. Also 2 Jahre sind da nicht dazwischen, geht eher in die Richtung 2 Monate…

Heißt das, dass ich nicht so einfach mit einer tiefenpsychologisch-fundierten Therapie weiter machen könnte? Vor der Psychoanalyse hab ich immer noch ein wenig Bammel, denn sowohl was die zeitlichen Aspekte als auch die Methode an sich angeht, scheint das ja deutlich intensiver zu sein. Und im Liegen wird sicherlich auch das Gefühl des „Ausgeliefertseins“ nochmal verstärkt. Im Gegensatz zum Sitzen, wo man zumindest das Gefühl eines gleichberechtigten Gespräches haben könnte.
Naja, bisher kenn ich nur die „Sitzvariante“ und hab vermutlich auch einfach nur ein paar Manschetten vor dem Unbekannten…

Ist denn in diesem Fall tiefenpsychologisch-fundiert und Psychoanalyse ausreichend verschieden?

Viele Grüße,
ente

Hallo Gabriela,

muss ich eigentlich schon zu diesem MDK wenn ich nur die Therapie beantrage oder erst wenn ich mich krank schreiben lassen will?
Im Moment lässt mich das Arbeitsamt in Frieden und ich will auch keine schlafenden Hunde wecken. Wenn es da also nicht ohne größere Probleme abgeht, dann lass ich es lieber erstmal.

Viele Grüße,
ente

PS. Das ALG1 wird also nach den 78 Wochen (oder ggf. weniger) nicht weiter gezahlt, also nicht ausgesetzt. D.h. wenn man wieder „gesund“ geschrieben wird, sollte man sofort eine Arbeit haben oder es geht weiter mit Hartz4?
D.h. ich sollte noch während meiner Krankschrift Bewerbungen schreiben und kann mich in dieser Zeit nicht vollständig auf die Gesundung konzentrieren?
(Ich gehe einfach mal vom worst case aus. Ich hoffe natürlich, dass ich schon früher wieder fit bin.)

Vielen Dank für die Links.

Nur Mut zum Liegen!
Hi

Heißt das, dass ich nicht so einfach mit einer
tiefenpsychologisch-fundierten Therapie weiter machen könnte?

Genau.

im Liegen wird sicherlich auch das Gefühl des
„Ausgeliefertseins“ nochmal verstärkt. Im Gegensatz zum
Sitzen, wo man zumindest das Gefühl eines gleichberechtigten
Gespräches haben könnte.

Ich habe die Sitzvariante schon vor vielen Jahren aufgegeben und mache Einzelbehandlungen nur noch mit der Couch. Die Patienten bleiben so eher in ihrem „flow“.
Beim Gegenübersitzen schaut der Patient meistens, nachdem er etwas erzählt hat, wie der Therapeut darauf reagiert, ob ein Mundwinkel gezuckt hat o.ä. Das bringt die Patienten total aus dem „flow“. Die Sitzvariante bringt meiner Erfahrung nicht viel mehr als ein Kaffeehausgespräch unter Freunden. Das Liegen auf der Couch bringt wesentlich mehr.

Ist denn in diesem Fall tiefenpsychologisch-fundiert und
Psychoanalyse ausreichend verschieden?

Versuch einfach mal die psychoanalytische Variante. Du solltest allerdings nur bei einem Analytiker diese Zeit verbringen, der dir auch liegt, der dir „bekömmlich“ ist.
Es grüßt dich
Branden

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Hallo Branden, hallo ente,

wie wäre es denn in entes Fall vom Wechsel tiefenpsychologisch orientiert zu Analyse? Hat sie da Chancen?

Und/ oder gäbe es evtl. die Möglichkeit, eine Verlängerung der 25 Stunden auf die 50 Stunden der Langzeittherapie durchzukriegen, wegen des Umzugs auch mit Therapeutenwechsel verbunden?

Vielleicht kannst Du, liebe ente, ja Deinen bisherigen Therapeuten dazu befragen? Falls es wirklich nicht klappt mit der Genehmigung der Krankenkasse, überleg Dir, ob es in Deiner Situation irgendwie denkbar wäre, selbst zu zahlen, vielleicht wenigstens im 2-Wochen-Abstand.
Aber vorher versuch es natürlich bei der Kasse durchzusetzen.

Denn Du brauchst ja Hilfe.

Viele Grüße,

Jule

Hallo ente,

ich weiß nicht, ob ich in diesem Brett richtig bin

für mich bist du auf jeden Fall richtig. Kommt nicht so häufig vor, dass ich mir einen Namen auf Anhieb merke.

Aber deine Antwort bei Chemie „Bindigkeit von P und S in Säuren“ war einfach genial. Eine Seite in deinem verlinkten Buch gelesen, und alles Hadern mit falschen und halbfalscheren Erklärungen war aufgelöst.

Und ich schreibe dir natürlich nicht deswegen, weil du mal nett zu mir warst, sondern weil ich ebenfalls, und das seit Jahren, unter Depressionen leide. Und auch deswegen, weil ich viele Leidensgenossen seit langem gut kenne.

Und einige haben nicht nur Behördenärger, ALG I und II durchlebt, sondern ärgeres. Und wenn dir sonst keiner Anlaufstellen für Beratungsstellen nennt, und du unter „Sozialpsychiatrischer Dienst“ niemanden findest, kann ich mich auch schlau machen.

Unter den „Leidensgenossen“ sind nur solche, die ihr Leiden angenommen haben, nein, nicht wie Jesus, als Schuld, sondern die, die daran arbeiten, eben sich und ihr Wohl (etwas weiter) in den Mittelpunkt zu rücken. Ob nun die, die nach der Klinik allein ihren Weg finden wollten, dies besser können, kann ich nicht beurteilen. Aber die, die sich noch regelmäßig austauschen, sehen ihre Erkrankung nicht als Fremdkörper, den es auszumerzen gilt, sondern als Teil ihres Lebens.

Als Chemiker kennst du vielleicht Serotonin- und/oder Noradenalin-Schieflagen. Und erkennst vielleicht auch, dass diese bei allen angeborenen Anfälligkeiten auch darauf beruhen, dass dein Leben dir nicht genug Freude bereitet. Und ich will dir auch versichern, dass Depressionen beileibe nicht unheilbar sind, ganz im Gegenteil. MIt einer offenen und freundlichen Persönlichkeit bist du auf dem besten Weg. Du musst nur einfach mal auf den Tisch hauen und sagen „ICH WILL“. Oder vielleicht auch einen anderen Satz.

Auch wenn ich dir bei deinen akuten Problemen nicht wirklich helfen will (bis sich kein anderer findet), so kann ich dich als Person nur ermutigen, dein Leben so anzunehmen, wie es ist. Ich jedenfalls wäre ohne Erkrankung nicht der, der ich heute bin. Und ich war noch nie so zufrieden mit mir, wie heute. An meinem Leben ist noch einiges zu verbessern, aber Stellenangebote habe ich hier ja schon bekommen.

Hab also soviel Zutrauen in dich, wie ich es in dich hab. Zoelomat

Hallo ente,

zusätzlich zu meinen allgemein aufmunternden Worten direkt zu deiner Frage will ich mich auch hier einklinken.

In den letzten 7-8 Jahren habe ich ziemlich viel gearbeitet.
Man könnte mich fast als workaholic bezeichnen. Ich habe mich
bisher sehr stark über meine Arbeit definiert, es gab nur
wenig nebenbei.

Ganz so war’s bei mir nicht. Erste Ehe, drei Kinder, zweite Ehe, lief auch nicht so gut, aber habe festgestellt „wenn die Arbeit gut läuft, kann einen nichts wirklich aus der Bahn werfen“. Und das nicht als Workaholik, ohne Überstunden. Irgendwann aber wurde dann nur noch besprochen, verwaltet, und nicht programmiert.

Doch nun habe ich das Gefühl irgendwas in
meinem Kopf würde mir nun die Arbeit verweigern, mich
blockieren…

Bei mir hat’s sich irgendwann zu einem Ekel gesteigert, die notwendigen Gedanken zum Entwurf enes Programmes in mein Hirn zu lassen. Mag sich für den einen oder anderen hirnrissig anfühlen, aber ich habe es gefühlt!

Als ob dieser shutdown irgendeine merkwürdige
Art von Schutzmechanismus ist, nur dass ich mich nicht
beschützt fühle.

Ob du dich ähnlich fühlst wie ich seinerzeit, kannst nur du wissen. Ich hab mich auch nicht beschützt gefühlt. Einen Tag oder eine Woche krank sein geht ja noch. Auch 3 Monate, wo man in den 3 Monaten davor so gut wie nichts geschafft hat und alle Kollegen trotzden sagen „Gott sei Dank, dass du wieder da bist“.

Was aber nicht da ist, ist die Aussicht, dass es besser wird, in der Arbeitssituation und der wirtschaftlichen Lage, eher die kleinere Sorge, trotz Familie.

Es macht mir Angst.

Trau mich ja kaum, es auszusprechen, seit es unsere Kandesbunzlerin tat:
Angst ist ein schlechter Ratgeber.

Wovor hast du Angst?
Dich selbst zu verlieren?
Deinen Lebensstandard zu verlieren?
Vor den Behörden?

Und keine dieser Fragen ist provokativ gemeint. Schon gar nicht die letzte. Habe es kanpp ein halbes Jahr geschafft, keinen unangenehm aussehenden Brief zu öffnen. Und sitze nur Dank der Hilfe von Organisationen und vor allem meinen Kindern in einer warmen Wohnung.

Also keine Angst, und sieh Therapie nicht als Wurmkur an, sondern als Heilung durch Selbsterkenntnis und -integration. Und diese Worte habe ich nicht abgelesen, sondern erfahren. Auch wenn sie schon mal jemand so geschrieben haben sollte.
Scheißegal, ob man da sitzt oder liegt. Oder steht!!

Alles Gute, Zoelomat

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Hallo, liebe ente!

Bei „ente“ und deinem Bericht kamen mir so Gedanken wie: Kann die Ente nicht mehr schwimmen oder schwimmt sie zu sehr?
Ich neige seit vielen Jahren zu Depressionen. Da ich schon längere Zeit im Ruhestand bin, kenne ich mich mit Krankschreibung und ALG nicht mehr aus.
Was mich bei deinem Bericht gefreut hat, dass du doch ganz klar deine Situation beschreiben kannst. Ich denke, das ist eine gute Voraussetzung für eine sinnvolle Therapie.
Ich bin in depressiven Phasen oft nicht in der Lage, zu denken und mir fehlen die Worte.
Ich spüre nur deutlich einen starken Leidensdruck, ich kann mich dann an nichts freuen und mit einer lähmenden Antriebshemmung komme ich kaum durch den Tag.
Aber ich habe trotzdem immer wieder Hilfe erfahren und konnte aus meinem Tief erwachen.
Ich wünsche dir, dass dich zu Weihnachten etwas freuen kannst und dass er dir im neuen Jahr besser gehen möge.
Gruß Induk

Keine Panik Ente,

lass Dich krankschreiben, dann bist Du erstmal den Druck mit Bewerbungen schreiben los. Du kannst Dir zur Not auch vom Arzt attestieren lassen, dass Du diese Dinge nicht bewältigen kannst. Nach Ablauf des ALGI kommt Hartz4 ins Spiel. Wenn Du Dir was angespart hast, musst Du es dann angeben, Achtung, auch die Kontoauszüge der letzten 3 Monate!! Achte darauf, welche Bewegungen Du in den letzten Monaten aufm Konto hast. Ansonsten hat jeder Mensch das Recht auf eine Grundversorgung und ein Recht, medizinisch Betreut zu werden. Das Arbeitsamt wird dir nichts kürzen. Und unbedingt weitere Therapiestunden nehmen, DIe Ursache muss bekämpft werden, nur Tabletten helfen nicht. Depression ist so nicht als Diagnose im ICD10 verzeichnet, es ist immer ein Syndrom mit wielen Nebenwirkungen/-erscheinugen.
Gruss
BobMarleyson

Hallo,

zusätzlich zu meinen allgemein aufmunternden Worten …

Danke, die haben schon ein bisschen gewirkt. Zumindest ganz einfache chemische Fragen zu beantworten, bin ich noch in der Lage. Habe sowas ja einige Jahre lang gemacht, das funzt noch automatisch. Dafür ein Lob zu bekommen, streichelt trotzdem die Seele :wink:

Doch nun habe ich das Gefühl irgendwas in
meinem Kopf würde mir nun die Arbeit verweigern, mich
blockieren…

Bei mir hat’s sich irgendwann zu einem Ekel gesteigert, die
notwendigen Gedanken zum Entwurf enes Programmes in mein Hirn
zu lassen. Mag sich für den einen oder anderen hirnrissig
anfühlen, aber ich habe es gefühlt!

Ja, Ekel, Widerwillen, Blockade…
Sachen mit denen ich mich gut auskenne, kann ich noch abrufen. Sachen, die ein Mindestmaß an Innovation erfordern, fallen mir unglaublich schwer bzw. bin ich nicht in der Lage überhaupt anzufangen. Keine neuen Ideen mehr entwickeln zu können ist für einen Akademiker natürlich fatal. Mit einem völlig darnieder liegenden Selbstbewustsein lässt sich bei einer Bewerbung natürlich auch keine Werbung für sich machen…
Ich ziehe mich zurück, brauche meist auch einige Tage um Briefe zu öffnen oder auf Mails zu antworten…
Mache Pläne wie heute gehe ich einkaufen, nach Weihnachtsgeschenken gucken, einfach mal eine Runde spazieren um nicht nur auf dem Sofa rumzuhocken - und dann kann ich mich doch nicht dazu überwinden. Warum? Das sind doch erstmal keine unangenehmen Tätigkeiten???
Für alles muss man mich z.Z. bei der Hand nehmen.

Wovor hast du Angst?
Dich selbst zu verlieren?
Deinen Lebensstandard zu verlieren?
Vor den Behörden?

Hm, von allem ein bisschen. Vor allem, dass ich mich in meinen Blockaden wie gefangen fühle. So kannte ich mich bisher nicht. Plötzlich bin ich ziemlich weinerlich, wenn ich über mich nachdenken oder reden soll (der ganze angestaute Druck?!). Ich hab das Gefühl, mich nicht mehr unter Kontrolle zu haben.

Aber auch vor den Behörden. Habe ja zur Zeit nicht viel zu tun und lese dann auch mal sowas (leider überhaupt nicht hilfreich und verstärkt natürlich noch das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren und der Willkür anderer ausgesetzt zu sein):

http://www.spiegel.de/gesundheit/psychologie/kranken…
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/kassen-spa…

V.a. im zweiten Artikel der Fall von „Jens Müller“ gibt mir irgendwie zu denken. Ist es bei mir nicht ähnlich? Ich habe mich auch arbeitssuchend gemeldet obwohl ich mich nicht arbeitsfähig fühle (noch hat das Arbeitsamt davon keinen Wind bekommen).
Und wenn die Kassen plötzlich scheinbar willkürlich agieren, teure Patienten loswerden wollen (so eine Therapie ist nicht billig, va. wenn eine Analyse 3-4x pro Woche stattfindet, dazu vielleicht noch Krankengeld???).

Tja, das bringt mich dann irgendwie wieder zu meiner Ursprungsfrage. Um Behördenärger zu vermeiden, wie verhalte ich mich richtig? Also versuche ich mich gerade ein bisschen mir meiner „Behördenangst“ auseinander zu setzen, diese Probleme erscheinen mir durchaus bewältigbar zu sein.

Viele Grüße,
ente

Hallo,

Versuch einfach mal die psychoanalytische Variante. Du
solltest allerdings nur bei einem Analytiker diese Zeit
verbringen, der dir auch liegt, der dir „bekömmlich“ ist.

Jupp, da bin ich grad auf der Suche und versuche mich auch schon einmal mit der mir so unbekannten Analyse anzufreunden.

Vielen Dank,
ente

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