Der depressive Partner will ausziehen

Hallo,

ich hoffe, ich bin hier richtig.
Mein Mann hat seit Jahrzehnten Depressionen. Er nimmt schon etliche Jahre Antidepressiva und nahm schon an vielen Therapien teil. Mal gab es Höhen, aber auch viele Tiefen. Nun ist es soweit, dass er ausziehen möchte. Er hat die Paartherapie abgebrochen, die wir seit ca. 2 Jahren besuchen, und meint, er empfindet nichts mehr für mich, wahrscheinlich ist die Liebe weg. Nun habe ich auch noch erfahren, dass er sich ein Gruppenmitglied verliebt hat. Sie wollte aber nichts von ihn. Sind das Auswirkungen seiner Krankheit? Ich bin momentan auch kraftlos, und will ihn auch ausziehen lassen, der Abstand tut uns sicher gut, oder fällt er dann in eine noch größere Tiefe? All seine Kraft steckt er nun in die Wohnungssuche, ist das gut?
Dank für eure Antworten
Sabine

Hallo Sabine,

ich hoffe, ich bin hier richtig.

Ja, bist du

der Abstand tut uns sicher gut, oder fällt er dann in eine
noch größere Tiefe? All seine Kraft steckt er nun in die
Wohnungssuche, ist das gut?

Da sagst du es schon selber. Leider, das hast du über die Jahre wahrscheinlich schon selber gemerkt, ist es kaum möglich depressiven Menschen ‚wirklich‘ zu helfen. Steht man der Person nahe ist das sehr schmerzhaft und zehrt an den Kräften. Davon hat keiner was. Der depressive Mensch nicht, ihn plagen zusätzlich nur noch Schuldgefühle und der ‚Co-Depressive‘ auch nicht, denn sein Leben ist ebenfalls schwer betroffen. So tanzen beide um die Krankheit herum ohne den Kreislauf verlassen zu können.

Von da denke ich, dass es gut ist, wenn ihr auch räumlichen Abstand voneinander nehmt. Das ist auch für dich eine gute Möglichkeit deinen Standpunkt neu zu bestimmen und und wieder zu Kräften zu kommen.

Wichtig ist sicher dabei, dass dein Mann das alleine macht, und du dich zurück hältst.
Es wird nicht einfach, kann euch aber vielleicht einen neuen Anfang ermöglichen - wie auch immer er aussehen mag.
Viel Erfolg…lux

Danke für die Antwort.
Aber was passiert mit ihm, wenn er ganz allein in der neuen Wohnung sitzt?
Zwischen uns ist seit 14 Tagen absolute Funkstille. Eine sehr große Belastung für ihn, kann ich mir vorstellen. Von daher glaube ich, dass er dem ganzen Stress aus dem Wege gehen will, aber ist er erstmal allein, fällt er dann nicht in ein noch tieferes Loch, denn allein wollte er nie sein.
Sabine

Er gesundet
Hi

Er hat die
Paartherapie abgebrochen, die wir seit ca. 2 Jahren besuchen,
und meint, er empfindet nichts mehr für mich, wahrscheinlich
ist die Liebe weg. Nun habe ich auch noch erfahren, dass er
sich ein Gruppenmitglied verliebt hat. Sie wollte aber nichts
von ihn. Sind das Auswirkungen seiner Krankheit?

Nein, eher nicht.

Ich bin
momentan auch kraftlos, und will ihn auch ausziehen lassen,
der Abstand tut uns sicher gut, oder fällt er dann in eine
noch größere Tiefe? All seine Kraft steckt er nun in die
Wohnungssuche, ist das gut?

Ja, es zeigt, dass er sich aus der Depressiion herausschält, denn er kann Aktivität entwickeln und Entscheidungen treffen. Mir scheint, dein Mann ist auf dem Wege zur Gesundung.
Lass ihn also gehen - es tut ihm offenbar gut.
Gruß,
Branden

Hallo Sabine,

er hat sich verliebt und hat dann eine Entscheidung getroffen, aber nun ist er allein… und Du? Wie geht es Dir damit? Liebst Du ihn noch? Bist Du enttäuscht von ihm? Oder bist Du auch vielleicht ein wenig erleichtert, obwohl Du auch vielleicht etwas Angst hast?

LG, IHF

Zuerst war ich zutiefst verletzt. Ich mühe mich jahrelang ab, um ihn zu verstehen und er verliebt sich in eine andere Frau. Aber irgendwie verstehe ich das auch, denn in der Gruppe haben alle die gleichen Probleme und verstehen auch den Anderen. Das was er immer gesucht hat, sitzt nun vor ihn und da verliebt man sich schnell.
Jezt ist die Wut da, weil ich ihn immer versucht habe zu verstehen und er sich abwendet. Ich lasse ihn das aber nicht spüren, denn ich will ihn nun nicht für immer verlieren. Wir haben 16 gemeinsame Jahre verbracht und in den guten Phassen lief ja auch alles super. Doch nun ging es irgendwie nicht mehr vorwärts (so der Paartherapeut) und es musste eine Entscheidung gefällt werden.
Mir geht es überhaupt nicht gut dabei
Sabine

Ich werde ihn auch gehen lassen müssen. Ich kann nur hoffen, dass es tatsächlich ein Fortschritt ist. Ich bin 16 Jahre mit ihm zusammen und bilde mir ein nun schon die Höhen und Tiefen deuten zu können. Was ist wenn er sich da in eine Sache verrennt.
Sabine

Hallo Sabine,

Jezt ist die Wut da, weil ich ihn immer versucht habe zu
verstehen und er sich abwendet. Ich lasse ihn das aber nicht
spüren, denn ich will ihn nun nicht für immer verlieren.

Du hast anscheinend lange Zeit eher auf ihn Rücksicht genommen?
Und selbst jetzt, wo er geht, wo Du verletzt warst und wütend bist, würdest Du ihm nicht zeigen, wie es in Dir wirklich aussieht?

Was sieht er denn (noch) von Dir?
Darf er nur die Frau sehen, die ihm gute Gefühle entgegen bringt - selbst wenn er Dich verletzt?

Muss und kann er nicht auch Verantwortung tragen?
(Wird es nicht auch Zeit dafür?)

Mir geht es überhaupt nicht gut dabei

Das ist verständlich.
Ich finde aber, dass jeder Mensch ein Recht darauf hat, ehrlich und wahrhaftig in einer Partnerschaft sein zu können.

Wenn jemand krank ist, dann ist es nicht die Verantwortung der anderen, für die Gesundheit zu sorgen… sorge jetzt nur für Dich, und wenn Du das tust, dann wird er entweder erkennen, dass Du ihn nicht wegen der Depression „haben“ willst und - befreit - zu Dir kommen oder er wird sich früher oder später eine suchen, die einen brauchbaren Ersatz für Dich bieten kann.

(Schmerzhaft wird es immer… aber am Ende wirst Du hoffentlich nicht mehr ihn (wie er jetzt und anscheinend schon lange ist), sondern etwas Kostbares von Dir selbst finden.)

LG, IHF

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Hi

Was ist wenn er sich da in eine Sache
verrennt.

Du hast keine Alternative, als ihn seine Aktivität leben zu lassen.
Alles andere würde ihn vermutlich länger in der Depression gefangen halten.
Gruß,
Branden

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Hallo Sabine,
iceage hat ja schon einige treffendes dazu gesagt. Auch mir fällt auf, dass du dich selbst sehr ‚hinten an stellst‘

Aber was passiert mit ihm , …?
…Eine sehr große Belastung für ihn , …
er dem ganzen Stress aus dem Wege gehen will,…
…fällt er dann nicht in ein noch tieferes Loch,
… allein wollte er nie sein.

Mit deiner Haltung machst du dich selber zum ‚Objekt‘ - deine Gedanken kreisen um ihn , dein Wohlergehen ist davon abhängig wie es ihm geht.
Wenn du das schon 16 Jahre machst bist sehr an diese Haltung gewöhnt.

Eine Möglichkeit für dich ist, dich vom ‚Objekt‘- zum ‚Subjekt‘ zu machen indem du sofort wenn solche Fragen aufkommen angewöhnst dir die gleichen Fragen über dich selbst zu stellen. Denn auf dich selbst kannst du Einfluss nehmen, auf ihn nicht.
Kraft damit wünscht …lux

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Hi,

aber irgendwie ist das tragisch…
er gesundet und verlässt sie :frowning:

Schöne Grüsse

Hallo Sabine ,

ich denke, das Problem ist nicht länger die Krankheit deines Mannes. Der hat sich ihr gestellt und zumindest beschlossen, in Zukunft ohne deine Hilfe mit ihr umzugehen. Was nun passiert, liegt nicht mehr in deiner Verantwortung.

Das Problem, das ich nun im Vordergrund sehe, bist du. Mit seinem Auszug entzieht dir dein Mann die Lebensgrundlage der letzten 16 Jahre. Plötzlich gibt es niemanden mehr, für den du sorgen, um den du dich kümmern und auf den du deine gesamte Lebensenergie konzentrieren kannst.

Seine Krankheit hat dein Leben bestimmt. Wenn er dich nun verlässt, wirst du einen neuen Lebensinhalt finden müssen. Idealerweise einen, der mit dir selbst und deinen eigenen Bedürfnissen zu tun hat. Das wird eine Menge Kraft erfordern, denn ich denke, du hast dich ganz gut damit arrangiert, die Krankheit deines Mannes zu pflegen - trotz aller Not, die damit verbunden war.

Vielleicht wäre es klug, dir Unterstützung zu suchen.

Schöne Grüße,
Jule

Hallo,

aber irgendwie ist das tragisch…er gesundet und verlässt sie :frowning:

Vielleicht, weil er erkannt hat, dass die Beziehung zu einem Teil seiner Krankheit geworden ist.

Schöne Grüße,
Jule

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Hi,

aber irgendwie ist das tragisch…er gesundet und verlässt sie :frowning:

Vielleicht, weil er erkannt hat, dass die Beziehung zu einem
Teil seiner Krankheit geworden ist.

Ist ein häufiges Problem in Familien von Suchtkranken - da zappelt sich die Frau Jahre ab, dass der Kerl aufhört zu saufen - und dann tut er es - und verlässt sie. Sowas undankbares aber auch!

Gruß,

Anja

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Hallo,

ein Teil seiner Krankheit? Du meinst, dadurch dass sie quasi co-depressiv geworden ist, und sich nur noch für ihn aufgeopfert hat, was wiederum bei ihm Schuldgefühle ausgelöst hat? Aber vielleicht ist er einfach nur vorübergehend verliebt. Und man rät doch einem Nicht-Depressiven auch nicht gleich die Frau zu verlassen nur weil man sich verliebt hat? Mir tut sie ja irgendwie leid…

Schöne Grüsse

Du hast ja so recht. Ich habe neben ihm nur noch existiert, es ist ihm egal, ob ich da bin oder nicht. Ich weiß auch, dass ich mich um mich und unsere Tochter kümmern muss. Es ist nun schon so weit, dass sie ihm auch egal ist. Er geht z. B. abends nicht mehr zum Gute Nacht sagen in ihr Zimmer. Sie hatte heute bei den Hausaufgaben einen Wutausbruch und dann einen Heulanfall. Ich habe zwar geschafft sie zu beruhigen, doch sie will nicht, dass er auszieht. Sie sagte: „Ich kann nicht mehr. Ich habe keine Kraft mehr.“
Und er bekommt von allem nichts mit, denn er soll ja nicht nur wegen dem Kind hier bleiben.
Liebe Grüße
Sabine

Das war ja immer unser Ziel, dass er gesundet.
Aber kann es auch sein, dass sein Umfeld ihn momentan so sehr belastet, dass er denkt, wenn er auszieht, hat er ein Problem gelöst? Er lässt ja sogar seine Tochter links liegen, so sehr ist er mit sich selbst beschäftigt.
Liebe Grüße
Sabine

Ja natürlich drehte sich alles um seine Krankheit. So war es: wenn es ihm gut geht, geht es auch mir gut.
Ich soll ihn einfach machen lassen, auch wenn ich merke es geht ihm nicht gut dabei? Soll ich jetzt egoistisch sein und nur an mich - und natürlich an unsere Tochter - denken?
Doch was mach ich, wenn er erkennt, dass es ein Fehler war, uns zu verlassen?

Hallo,

Du meinst, dadurch dass sie quasi co-depressiv geworden ist, und sich nur noch für ihn aufgeopfert hat, was wiederum bei ihm Schuldgefühle ausgelöst hat?

Das mag durchaus ein Aspekt sein.

Ich dachte allerdings primär an etwas anderes. Jemanden zu umsorgen, der depressiv ist, bedeutet häufig auch, ihm Dinge abzunehmen, die ihm schwerfallen. Damit schafft man gleichzeitig auch eine Form von Abhängigkeit und sorgt dafür, dass die Beziehung mit ihrem Geben und Nehmen völlig im Ungleichgewicht bleibt. Man verstärkt die Schwäche des Partners meist ohne das zu wollen, nichtdestotrotz mit unguter Wirkung. Und es ist durchaus auch zu beobachten, dass der gesunde Partner an diesen Verhaltensmustern festhalten will, weil sie ihm in verschiedener Hinsicht Sicherheit geben (wobei ich nicht behaupten will, dass das im vorliegenden Fall so sein muss).

Schöne Grüße,
Jule

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Hallo Jule,

die Unterstützung habe ich schon gefunden. Der Paartherapeut betreut mich weiterhin. Nun gehe ich eben allein dort hin.
Da steckt viel Wahrheit drin, doch die Liebe ist noch da - bei mir jedenfalls.
Liebe Grüße
Sabine