Der freie Wille

Wichtig ist, den Unterschied zwischen Esoterik und traditioneller abendländischer Philosophie zu betonen. Deshalb, weil es hier ja um Letzteres geht und nicht um Esoterik.

Wenn ein User im letzten Thread das anscheinend verwechselt, möchte ich betonen, dass meine Frage im letzten Thread sich nicht mit esoterischen Weltbildern befasst, sondern sich auf studierte Philosophen und angesehene Wissenschaftler bezieht, das ist schon ein Unterschied.

Im letzten Thread entwirft in einer Buchempfehlung ein Biophysiker ein neues esoterisches Weltbild und beruft sich dabei auf die drei Hollywood-Filme „Matrix“. Der Unterschied ist, dass das Kunst ist und nicht ernsthafte Philosophie.

Nietzsche und Rorty sind als ernsthafte Philosophen Vordenker, die der KUNST gegenüber der Wissenschaft den größeren Einfluss einräumen für die Gestaltung einer globalen Weltkultur. Und das ist ja auch die echte REALITÄT.

Entgegen Filmen, wie „Matrix“, die für ein Massenpublikum zur bloßen Unterhaltung gemacht sind, habe ich mir gestern den Film „Der freie Wille“ auf 3Sat angesehen.

Dieser Film behandelt ein realistisches Problem, das die FILMKUNST sehr viel besser einem breiten Publikum zu vermitteln vermag als es die Wissenschaft in dieser Wirkung vermag. In diesem deutschen Film geht es um einen jungen Sexualstraftäter, der immer wieder junge Mädchen brutal zusammenschlägt und vergewaltigt. Er kommt in die Psychiatrie, die seine KRANKHEIT versucht zu therapieren.

Er findet ein Mädchen, die ihn liebt und die ebenfalls psychisch gestört ist, durch den Missbrauch ihres Vaters. Aber der krankhafte Sexualstraftäter kann das einzige Mädchen, das ihn liebt, selber nicht lieben und er vergewaltigt neben dieser Beziehung noch andere Mädchen, weil er „nicht anders kann“. Zum Schluss sieht seine Freundin ihm am Meer sitzen in der Nacht und in ihrem Beisein schlitzt er sich die Hauptschlagadern auf, um in ihren Armen zu verbluten.

Der Titel des Films ist von philosophischer Brisanz deshalb, weil es in diesem Film um ein grundsätzlich philosophisches und wissenschaftliches Problem geht, nämlich um die Frage des freien Willen, mit der sich alle Philosophen seit jeher beschäftigten, insbesondere Schopenhauer.

Die Frage ist: Ist der Mensch nur wirklich frei, wenn er sich selbst tötet? Oder ist er auch frei, wenn er an Götter glaubt, wie die Religionsanhänger und Esoteriker es ihren Gläubigen versprechen? Wurde die Menschheit denn jemals dadurch „erlöst“, dass sie im Glaubenskrieg sich zur angeblich einzigen und absoluten „Wahrheit“ bekennt?

Dies zeigt zwar, dass der Wille frei ist zum Glauben, aber „erlöst“ in der REALITÄT wurde damit noch nie einer oder doch?
CJW

Hallo,
warum Philosophie eines Studienganges benötigt, das hat sich mir bis heute noch nicht erschlossen.
Philosophiert nicht jeder Mensch von Zeit zu Zeit?
Darüber hinaus: Wer sich ständig mit dem Gedanken trägt, sich irgendwann das Leben zu nehmen, der tut es irgendwann.
Ich kam in die belastende Situation, dies verfolgen zu dürfen/müssen.
Mao

Warum soll er denn dann „frei“ sein?
Wenn ich allgemein nicht vom „freien Willen“ ausgehe, gibt es keinen einzigen Grund, davon auszugehen, dass der Suizid aus freiem Willen erfolgt wäre.

Ein konsequenter Determinist wie Spinoza, dessen Tod bei einigen Autoren übrigens als (begleiteter) Suizid diskutiert wird, hält folgerichtig den Suizid in vollem Wortsinn gar nicht erst für möglich: „Wenn wir also nur das Ding [res singularis, d.h. u.a. der Mensch) selbst, nicht aber eine äußere Ursache ins Auge fassen, werden wir an ihm nichts finden können, was es zerstören könnte … Jedes Ding strebt, soweit es in sich ist, in seinem Sein zu verharren“

Gruß
F.

Das wahre Problem der Existenz der Menschheit ist nicht der „wahre“ Glaube eines Spinozas oder sonst eines rational konstruierten Denksystems (deswegen l

Die Ratio gefällt dir eh nicht so, hab ich den Eindruck?

Gruß
F.

Mach doch einfach einen Thread hierzu auf!
Die Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen unser aller Philosophieren und dem Philosophieren-als-Wissenschaft lassen sich ja doch ganz anschaulich aufzeigen.

Noch immer ist übrigens folgende FAQ von @Metapher dazu in der Brettbeschreibung verlinkt, auch wenn man die kaum noch auffindet.

Gruß
F.

Rationalität auf das reale Leben bezogen ist im Gegenteil die einzige wirkliche Möglichkeit, das Leben sinnvoll zu organisieren. Das hat nichts mit der Illusion der Götter zu tun.
CJW

Kannst du mehr sagen? Hast du einen (geliebten?) Mann gekannt, der sich nicht mit einem Glauben als Illusion zufrieden geben wollte, sondern sich selbst tötete? Ich wäre daran interessiert, darüber mehr zu erfahren. Könntest du öffentlich darüber sprechen, über deine Geschichte?
CJW

Es war kein geliebter Mann, aber dennoch ein Mensch, mit dem ich eng verbunden war.
Er hat schon in frühen Jahren seinen Selbstmord in sein Leben eingeplant und bunkerte Medikamente, wie andere Menschen Schmuck oder Geld.
Auch hat er seinen Glauben gewechselt und hat den Bhuddismus für sich entdeckt.
Der Mathelehrer meiner älteren Tochter, ein sehr resuluter, sachlicher und fairer Mensch , der immer sehr geerdet schien, hat sich selber einfach mal im Wald erschossen…
Mao

Der Glaube an den Buddhismus hat ihm nicht helfen können in seinen Fragen nach dem Sinn des Lebens? Und was genau war sein Motiv der Selbsttötung?
CJW

Es gibt kein genaues Motiv. Er hat mit dem Leben und den Ungerechtigkeiten gehadert.
Und hat vor seinem Suizid mal eben nebenbei noch den Doktortitel in Philosophie rausgehauen.

Wahnsinn, dieses Leben, keiner weiß, warum wir hier sind. Nach Schopenhauers Existenzphilosophie wäre es besser, so sagt er, wenn wir „nicht da wären“. Aber das hilft ja auch nicht weiter, auch Sch. wollte leben und hat, wörtlich gegen seine eigene Lehre von der Verneinung des Lebens, doch weiter gelebt, zwar sehr missmutig und voller Klagen, aber er brachte sich nicht selber um. Der „Wille in der Natur“, gemäß seiner Lehre, war doch stets stärker als sein ganzer Pessimismus, wenn es ihm auch selber zeitlebens nie wirklich zur Selbsterkenntnis gereichte, trotz seiner, das ist unbestritten, genialen Metaphsik, die er in einem Wechsel sah, zwischen seiner eigenen VORSTELLUNG und dem in der Natur existierenden WILLE als unbewusster blinder mechanischer Trieb, der zum Dasein zwingt, so wie er nicht nur Menschen, Tiere und Pflanzen, sondern auch die physikalische Natur als „Wille“ sehen wollte, von Schopnehauer so VORGESTELLT.
CJWj

Wieso verstehtst du unter Verneinung des Lebens Selbstmord. Das ist kompletter mumbiz Schopenhauer hat den Selbstmord von verschiedenen seiten betrachtet eine ist das Selbstmord starke bejahung des willens zum leben ist … man will das leben immer noch nur nicht unter den aktuellen umständen… Außerdem hat er die sonderstellung als Genie klar umrissen und dessen Aufgabe . Hätte Schopenhauer nicht soviel Geld gehabt damit er frei philosophieren konnte wer weis vielleicht hätte er sich dann wirklich die Kugel gegeben oder aber wenn er gesehen hätte wie falsch seine philosophie aufgefasst wurde sry…

Hey, das Leben ist kein Wahnsinn! Es ist gnadenlos geil!
Meine Tochter ist zig Male dem Tod von der Schippe gesprungen.
Ich selber war zwischenzeitlich für tot erklärt worden.
Wahnsinn ist, wenn andere Menschen einen einfach aufgeben!
Man muss einfach geniessen können!
Blöd, wenn Menschen das nicht erkennen.
Und morgen gehen wir Eis essen. Kein Platz für Philosophie und Problemwälzerei.
Mao

Du begreift nicht, dass der Wille zum Überleben gar nicht verneint werden kann, weil er ein unbewusster Trieb ist, der deinen Körper zwingt, solange völlig automatisch zu funktionieren, so lange du gesund bist und atmest. „das“ ist der Widerspruch in Schopenhauers „Von der Verneinung des Willens zum Leben“. Und diesen Widerspruch hat er selber gar nie b

begriffen, geschweige denn du als treuer Epigone, der nicht weiter Eigenes zu denken und zu begreifen vermag. Übergingens bin ich nicht der Einzige, dem dieser Widerspruch im Denksystem des Schopenhauers auffiel, es gibt genügend andere Philosophen, die das beanstandet haben. Aber das muss man ja nicht glauben, ich meine diese Kritik an Schopenhauer, wer es nicht glauben und verstehen „will“. Nietzsche war nur einer von vielen, denen dieser Widerspruch erst durch jahrelanges Denken in Bezug auf Sch. auffiel. Der Fakt ist, dass du wie Schipenhauer selbst diesen Widerspruch nicht erkennen kannst
CJW

Da hab ich kein Problem mit, was du sagst, es ist eine gesunde Selbstbestätigung, zu der ich dich nur beglückwünschen kann: Jeder ist seines Glückes Schmied.
CJW

Der Wille wird auch nicht verneint sondern gebrochen . Die Verneinung des Lebens ist nur die Methode . Der Wille bleibt auch nach der Verneinung frei er kann nicht vernichtet werden sondern nur umgewandelt. Aber dazu gehört wohl auch eine gehörige portion Glaube wenn alles sicher und gewiss wäre das das ganze so funktioniert wäre es wohl einfacher durchzuführen.

ist mensch nicht bereits dadurch frei, wenn er seine wünsche - woraus auch immer sie sich zusammensetzen und entstanden sind - in wille umsetzen und diesen willen durch handlung auch vollziehen kann? oder könnte?

diese freiheit ist sehr gefährdet, z.B.:

  • sterbehilfe
  • zensur
  • beschneidungsrituale
  • usw.

der hat in seinem freien willen ja regelrecht glück gehabt, der junge im film.

pasquino

Der Wille hat den Zweck des Überlebens, wie Charles Darwin es zuerst erkannte, in der Selektion der Auslese. Und Richard Dawkins hat bezogen auf Darwin diesen Willen zum Überleben den Genen zugeschrieben bzw. Mems. Dass der Mensch oberflächlich gesehen, den Willen verneinen kann, indem er auf Dinge und zum Beispiel Lustgefühle bewusst reflektiert verzichtet, ist keine Frage. Dazu gehört auch die Askese, die Sch. ja letztlich empfiehlt.

Das eigentliche Problem von Schopenhauers System ist mein Einwurf, dass es nicht zur Tradition des westlichen Denkens passt, sondern zur östlichen. Und diese ist nicht geeignet, den Willen zum Überleben so rational zu theoretisieren und zu praktizieren, wie es der Westen mit dem Willen zum Überleben in der Vergangenheit bis in die Gegenwart und weiter in die Zukunft zu tun pflegt, mit Möglichkeiten, die der grenzenlosen Kreativität menschlicher Vernunft entspricht. Nicht die weltverneinende Askese kann unser Leben auf diesem Planeten verbessern, sondern die grenzenlose menschliche Kreativität. Der Osten hat weder das Internet, noch den Computer, noch sonst irgendetwas erfunden. Und Schopenauer, so genial und wahr ich einerseits seine Metaphysik halte, desto andererseits erkenne ich auch die Widersprüche und Inkonsequenz seines Denkens, das im schlechtesten Fall sogar zur Selbstunterdrückung der eigenen inneren Natur und seiner natürlichen Körperfunktionen führen kann. Bekanntlich ist Depression eine Krankheit, die man. Ersuchen sollte, zu therapieren.

Askese gel