Hallo,
ich möchte eine heikle Diskussion anregen, bzw. ein Szenario starten.
Im Bereich des SGB wird von immer mehr LSGn festgestellt, dass die Vorlage ungeschwärzter Kontoauszüge legitim ist, und die Betroffenen sich nicht auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung berufen können. Hauptargument ist grob, dass das öffentliche Interesse einem Leistungsmissbrauch vorzubeugen überwiegt, und die Kenntnis der Kontobewegungen zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle erforderlich ist. Dabei ginge es nicht darum, Grundsicherungsempfänger unter Generalverdacht zu nehmen. Vielmehr ginge es darum sicherzustellen, dass die Hilfebedürftigkeit umfassend und richtig festgestellt bzw. überprüft werden kann.
So weit so gut. Wenn jemand vom Statt Leistungen beansprucht, soll er auch nachweisen, dass ihm diese zustehen.
Das Verhindern von Steuerhinterziehung durch Verschweigen von Vermögen liegt ja ebenfalls im öffentlichen Interesse.
Daher könnte ja theoretisch die Verfahrensweise aus dem Sozialbereich
auch bei den Finanzämtern angewendet werden. Es könnte analog zu obiger Verfahrensweise die komplette Offenlegung aller Transaktionen sämtlicher Konten verlangt werden. Oder gar eine Verpflichtung, die Bank von ihrem Bankgeheimnis gegenüber den Finanzbehörden zu entbinden.
Auch hier könnte man ja argumentieren, dass dies zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle erforderlich ist. Auch hier ginge es dann ja nicht darum, die Steuerzahler unter Generalverdacht zu nehmen, sondern darum sicherzustellen, dass die tatsächliche Höhe der Steuerpflicht und des Vermögens umfassend und richtig festgestellt bzw. überprüft werden kann. Damit die dem Staat, und somit dem Bürger, zustehenden Abgaben auch wirklich in voller Höhe abgeführt werden.
Unbeachtet bleibt in beiden Fällen jedenfalls automatisch auch eine gewisse Intimsphäre.
Der Sachbearbeiter sieht dann ja u. U., dass man z.B. etwas in einem Online-Sexshop bestellt hat, in welchem Supermarkt man in welcher Höhe, an welchem Tag eingekauft hat, wie oft man einkauft, zu welchem Frisör man geht, wie viele Strafzettel man bezahlt hat, an wen man Schulden zurückbezahlt hat etc.
Ich hoffe mal, dass es unstreitig ist, dass einen Sachbearbeiter einige Dinge schlicht nichts angehen. Über die Durchführbarkeit will ich eigentlich auch nicht diskutieren. Es geht mir hier mehr um den 1. emotionalen Impuls, wenn man sich eine solche Kontrolle durch den Staat vorstellt.
So nun bin ich mal gespannt, wie viele von euch eine solche Verfahrensweise bei den Finanzämtern ablehnen, wie viele sie
befürworten würden, bzw. welche Pros und Kontras zusammengetragen werden. Vor allem bin ich darauf gespannt, worin sich ein Bürger als Leistungsempfänger und einen Bürger als Steuerzahler unterscheiden.
Agnes