Hallo franz,
Glaubst Du, es wäre möglich, so viele
Menschen auf dieser unseren Welt zu ernähren, wenn es den
Kapitalismus nicht gäbe? Wenn es nicht die Fortschritte in der
Landwirtschaft gegeben hätte, wenn es nicht den globalen
Handel gäbe?
Gegenfrage, weil Deine Frage auf seltsamen Pämissen ruht:
Ist der Gegensatz zum „Kapitalismus“ (was auch immer das dann
genau ist, ich glaube, das ist hier im Forum sowieso alles
andere als geklärt) denn wirklich Traditionalismus und
Autarkie???
Nun, da wir - ohne Kapitalismus definiert zu haben - mit einer allgemeinen Kapitalismuskritik angefangen haben, verzeihe mir meine Verallgemeinerung …
Ich will nicht leugnen, dass vieles besser gemacht werden
könnte. Aber dem Kapitlismus vorzuwerfen, er mache arm oder
müsse verworfen werden, nur weil wir ein Verteilungsproblem
haben, ist lächerlich.
Erstens habe ich nicht gesagt, „der Kapitalismus mache
arm“ (ganz explizit habe ich sogar gesagt, dass man das so
nicht sagen kann!), sondern ich habe gesagt, dass er Armut
(und auch Reichtum) produziert.
Und was würde ihn dann - unter dieser Prämisse - von jedem anderen System unterscheiden? Dann können wir meines Erachtens mit der Diskussion aufhören, da es ja offensichtlich kein besonderes Merkmal der Kapitalismus ist, wenn er manche arm und manche reich macht …
Zweitens, zu sagen „nur weil wir ein Verteilungsproblem
haben“ ist lächerlich; ich weiß, hier in Westeuropa kriegen
wir das nicht ganz so gut mit, aber das „Verteilungsproblem“
ist gerade die Hauptsache:
Weltbank-Daten:
- das reichste Land der Erde hat eine 115 mal so hohes
Pro-Kopf-Einkommen als das ärmste
- die 20% reichsten Länder haben ein 13 mal so hohes
Pro-Kopf-Einkommen als die 20% ärmsten
- 25% der Weltbevölkerung leben in Armut (gemeint ist hier die
absolute, existentielle Armutsform!)
- 1,2 Milliarden Menschen leben von weniger als 1 Dollar am
Tag
Dass das alles sehr wenig mit einem Kapitalismus, wie wir in kennen, zu tun hat, haben ja Michael und Christian ausgeführt. Also wenig hilfreich in diesem Zusammenhang …
Angesichts solcher Daten ist es einfach sehr schwach zu sagen,
das Verteilungsproblem wäre halt so eine unangenehme
Nebenwirkung …
Das ist keine „Nebenwirkung“ von Kapitalismus, sondern bedarf der ständige Arbeit am System. Und nebenbei: An jedem System …
Wie sähe die Welt aus, wenn es nicht
die Fortschritte durch den Kapitalismus gegeben hätte?
Was soll man auf diese Frage denn sinnvoll antworten???
Wie gesagt: Wir starteten an dem Punkt, an dem jemand nachweisen wollte, dass der Kapitalismus für die Übel der Welt verantwortlich ist, dem Du meiner Meinung nach durchaus zustimmst. Und dann sage ich: Geh doch zurück ins Mittelalter oder in den Sozialismus und schau Dich um, welche Übel wie dort gelöst wurden/werden …
Ich bin sicher, dass fairer Wettbwerb und Freiheit den Fortschritt massiv berschleunigen. Und der Kapitalismus ist das einzige System, das es meines Erachtens bis heute geschafft hat, immer wieder diese Blüte hervorzubringen. Denn nichts anderes als Kapitalisten waren auch die Fugger, die Hanse etc…
Und
sage mir nicht, dass die Welt lebenswerter wäre. Das wäre in
meinen Augen eine sehr romantische Sicht der guten alten Zeit,
die von Unfreiheit, Armut, Hunger, Krankheit und(!) extremer
Unsicherheit gezeichnet war.
- Die von Dir genannte Situation IST die aktuelle
Lebenssituation mindestens von einem Drittel der Menschheit.
Wenn ein gutes Drittel sich Herrscher aussucht, die lieber ihr Geld in der Schweiz bunkern … (Ich beziehe mich hier auf das Bonmot, dass sich jedes Volk den Herrscher aussucht, den es verdient)
- In keinster Weise war dies die Lebenssituation aller
Menschen in vorkapitalistischen Zeiten; das ist ein völlig
falscher Mythos;
Ach so, das goldene und freie Mittelalter? Ich schmeiss mich weg … Du weisst z.B. schon, dass bis in die Neuzeit auch in Mitteleuropa Sklaverei = Leibeigenschaft geherrscht hat? Dass wir ein Kastensystem hatten?
wenn ersteres, dann kann man keinesfalls sagen, dass z.B. die
großen Fortschritte in der Medizin ganz simpel Effekte des
„Kapitalismus“ wären, weil etwa die wissenschaftlichen
Revolutionen (empirische Forschung statt Aristoteles-Zitieren,
rationales Denken durch die Entzauberung der Welt, also
Religionskritik, etc.) dann nichts mit dem „Kapitalismus“ zu
tun haben, und wenn zweiteres, dann wird aber auch wirklich
fast niemand Kapitalismuskritik so meinen, als dass er einfach
die Zeit um 300-500 Jahre zurückdrehen wollte (vom „können“
ganz zu schweigen, selbst wenn man wollen täte!)
Ich behaupte aber, dass Gesellschaften, die ihren Bürgern z.B. Freiheiten im Handeln, im Lernen, im Reisen und Mitbestimmen gegeben haben, erfolgreicher waren, als diejenigen, die restriktiv mit den Bürgerrechten umgehen. Und da wir Kapitalismus nicht definiert haben, können wir sicher nicht die Henne/Ei-Diskussion führen. Nebenbei halte ich unsere heute Gesellschaft nicht für die erste, die kapitalistische Ideen erfolgreich lebt. Das haben die Menschen schon immer für Phasen praktiziert. Und in der Regel über Jahrhunderte erfolgreich zum Nutzen der meisten, im Gegensatz zu manch anderem, konkurrierenden Gesellschaftssystem, das bestenfalls dem Nutzen weniger gedient hat …
Ich habe an keiner Stelle gesagt, dass ich in irgendeiner
Weise an der alten Zeit oder am „Kommunismus“ (was auch immer
das als Vorwurf sein soll) hängen würde.
Nun ja, Du stimmst einer einfach gestrickten Kapitalismuskritk zu und wirfst mir jetzt z.B. vor, ich hätte den Kapitalismus nicht definiert. Nebenbei führst Du noch als „Beweis“ der Thesen Zahlen aus nicht kapitalistischen Regionen an. Dass ich Dich mit dem ersten Poster in einen Haufen schmeisse, liegt doch wohl irgendwie nahe bei diesem tendenziösen Stil …
Macht doch, lebt in der Kommune,
koppelt euch ab. Aber kommt dann nicht zu mir, wenn ihr Hunger
habt, weil eure Ernte ausbleibt, oder weil ihr krank seit und
„mein“ Krankenhaus nutzen wollt.
Solche sehr sinnvollen Kommentare sind der Grund, weshalb hier
bei w-w-w die meisten User mit vollem Recht die Politikbretter
zugeklappt haben …
Weisst Du was: Dann lass sie zu. Ich gebe zu, ich habe auch hier mal wieder gegen eine Regel verstoßen: Ich habe auf einen im Prinzip gähnend langweiligen Thread geantwortet, weil er mich wütend gemacht hat.
Lebt wie ihr wollt, die Freiheit habt ihr.
Noch nicht einmal diese Aussage ist korrekt!
Warum, was hielte Dich davon ab?
Welche Konsequenzen für unser Zusammenleben wird es haben,
wenn sich in den OECD-Staaten die Einkommensverteilung immer
stärker polarisiert und immer sichtbarer wird, und sich so
eine immer deutlichere Rangordnung unter den Menschen
etabliert?
Zum einen: Glaubst Du wirklich, dass die Einkommensverteilung jetzt schlimmer ist als z.B vor 100 Jahren. Was führt Dich zu dieser Aussage? Ist es jetzt nicht nur vielleicht scheinbar schlimmer, weil jeder arme Mensch mittlerweile über die Medien weiss, dass er vergleichsweise arm ist, was er vor 100 Jahren gar nicht mitbekommen hätte?
Wann war diese Situation das letzte Mal gegeben,
und mit welchen Konsequenzen? Auf welche Weise reagieren
gegenwärtig die politisch-ideologischen Apparaten auf diese
Tendenz, und mit welchen Folgen?
(s.o. ich bezweifele die Zunahme von Armut, auf der Welt wie auch in Deutschland. Denn zunächst müssten wir Armut mal sauber definieren, da eine relative Armut für mich kein Maß der Dinge sein kann)
Wenn Du selbst sie nicht beantworten willst oder kannst, dann
antworte halt besser nicht … , so wie das in den
Wissensbrettern dieses Forums auch gehandhabt wird.
Ich antworte, wann ich will, wem ich will und wie ich will, dazu brauche ich Deine Erlaubnis sicher nicht. Danke aber für den wertvollen Tip, den ich gerne im selben Geiste zurückgebe:wink:
Grüße
Jürgen