Hallo Bona,
danke für deine Antwort, die mich einigermaßen beruhigt. 
freut mich.
Wenn ich z.B. mit jenem über etwas diskutiere und seine
argumentative Meinung hören möchte und er sagt mir dann: „Kant
sagt“ oder „Platon sagt“, dann ist das zwar interessant (und
ich schätze die Meinung von beiden), aber zuvor interessiert
mich doch, was mein Gesprächspartner denkt, was seine eigenen
Argumente sind.
Es wäre doch möglich, dass er genau das meint, was der
Zitierte meint. Dann wäre es doch legitim, hier so zu
verkürzen, dass man sich auf Vorgänger der eigenen Meinung so
beruft, wie du es beschreibst. Aber natürlich verstehe ich
deinen Einwand: Du meinst, dass man sich nicht auf Autoritäten
berufen sollte, und das ist natürlich richtig. Nur kann man im
akademischen Gespräch nicht immer jede Argumentation
ausführlich herleiten, dazu reicht die Zeit oft nicht. Und in
solchen Situationen finde ich es auch richtig, so zu
verkürzen.
Natürlich darf man auch so verkürzen. Ich meinte das bezogen auf Situationen, wo man merkt, dass der andere gar keine so rechte eigene Meinung hat. Das finde ich dann schade.
Akademische Gespräche gehorchen natürlich ganz anderen Gesetzen. Aber eigentlich ist es schade, wenn man sich für Philosophie nicht die Zeit nimmt, die man braucht.
Häufiger aber kommt es doch an der Uni wohl vor, dass der
Dozent ein Thema erörtert, das er selbst schon von mehreren
Seiten durchdacht hat, das aber der Studierende erst
kennenlernen muss. Für solche Fälle scheint mir die Erwartung
von Seiten der Studenten überzogen, der Lehrende müsse seine
eigene Meinung vertreten.
Finde ich nicht, vorausgesetzt der Dozent kennzeichnet deutlich, was Autorität und was eigene Meinung ist. Denn die Studierenden sollen ja auch kritische Auseinandersetzung mit den Autoritäten lernen.
Das ist auch oft gar nicht möglich,
weil der Student den Diskussionshorizont gar nicht besitzt,
auf dem der Lehrende sich für eine Meinung entschieden hat
(wenn er sich überhaupt entschieden hat, was durchaus auch
nicht immer der Fall sein muss, denn man kann ja auch Fragen
offen lassen).
In solchen Fällen, wo ein starkes Wissensgefälle besteht,
halte ich Zurückhaltung mit der eigenen Meinung von Seiten der
Dozenten auch für richtig. So nimmt er die Denkbewegung, die
zur Entscheidung führt, nicht vorweg und gibt keinen Anlass
zum Nachplappern seiner eigenen Meinung. Aber das meinst du ja
nicht, und für die Fälle, in denen sich der Dozent auf
Autorität beruft, gebe ich dir ja Recht, denke nur, dass das
so häufig nicht vorkommt bzw. eine Missinterpretation von
Seiten des Studenten zumindest auch in Frage kommt.
Wie schon gesagt, ich habe das gewisse andere Erfahrungen. Ich denke da an Vorlesungen, in denen ich nur gehört habe, was ich auch in einer guten Philosophiegeschichte hätte nachlesen können.
Dann habe ich einige akademische Philosophen erlebt, die zwar
ein ein profundes Wissen, z.B. über die Ethik Kants hatten und
dieses auch mehr oder weniger kongenial weitergeben konnten,
Das ist ihre Aufgabe.
Natürlich.
aber erstens nicht in der Lage waren, zu vermitteln, was diese
Lehre heute für uns bedeutet, wie wir sie heute umsetzen könnten,
Das ist nur bedingt ihre Aufgabe.
Gesetzlich und didaktisch gesehen, hast du Recht. Aber hat ein Dozent nicht auch eine moralisch-ethische Verpflichtung. Ist die (akademische) Philosophie, gerade heute, wo sie doch so in der Defensive ist, nicht verpflichtet mehr für die moralische Erziehung zu tun? Ich denke jetzt nicht in Weltverbesserungsdimensionen (denn dass das meistens schief geht, zeigt ja die Geschichte), aber so in kleinem, ganz bescheidenem Rahmen, wie etwa einem Seminar/Hörsaal?
und zweitens sich menschlich absolut als Ar*****cher verhalten
haben gegenüber Studenten, Mitarbeitern etc.
Das stimmt, das gibt es auch, aber das gibt es nicht nur an
der Uni, sondern überall. Es ist auch wahr, dass das Klima an
der Universität allgemein solches Verhalten LEIDER eher
fördert, zumindest hier in Deutschland. Mir scheint es nur
nicht richtig, daraus eine Regel zu machen, dass das so sein
muss.
Das gibt es überall, klar. Aber kaum irgendwo wird mit einem derart elitären und moralischem Anspruch aufgetreten wie an einer philosophischen Fakultät (meine Erfahrung).
Eine Regel wollte ich daraus aber nicht machen. Das ist meine ganz persönliche Erfahrung.
Ich kenne aber genügend Philosophiehistoriker, die ausgehend von
ihrer Kenntnis der Philosophiegeschichte neue Gedanken entwicklen,
ohne die Texte zu vergewaltigen.
Fein. Ich freue mich, dass du das jetzt so deutlich schreibst.
ich meinte nicht alle Philosophiehistoriker, sondern eine
(m.E.) zu große Menge derselben.
Naja, du musst auch daran denken, wieviele du kennengelernt
hast und wieviele du NICHT kennengelernt hast …
Selbstredend. Vielleicht hätte ich deutlicher herausstellen sollen, dass ich nur meine Erfahrung wiedergebe. Aber ich sehe dass als so selbsverständlich an, dass jeder nur über seinen ganz eigenen Horizont sprechen kann, dass ich manchmal vergesse, dass explizit auszudrücken.
es gibt eben auch noch die dritte Möglichkeit,
dass man nämlich alte Texte für neues Denken fruchtbar macht,
ohne sie zu mißbrauchen.
Natürlich stimme ich dir zu, dass es diese Möglichkeit gibt,
und ich würde sogar zustimmen, wenn du meintest, dass das
letztlich das Ziel des Philosophierens ist. Nur würde ich für
den akademischen Lehrbetrieb diese Möglichkeit doch eher
einschränken wollen, eben weil das Wissensgefälle doch in
vielen Fällen zu groß ist.
Ich meinte, dass das Ziel der Philosophiegeschichte ist. Ziel des Philosophierens ist es m.E. sich über ethische physische, psychische und metaphysische Phänomene und Probleme Kenntnisse und vielleicht Erkenntnisse zu erlangen, sich darüber auszutauschen und diese in ethisches Handeln umzusetzen.
Leider ist es so, dass der Lehrbetrieb das so nicht zulässt. Ich glaube aber, dass das stärker an Strukturen liegt als am Wissensgefälle.
Zwar grenzt Deine Formulierung an einen persönlichen Angriff,
Das war nicht meine Absicht, ich habe ja auch versucht, so zu
formulieren, dass du meine inhaltliche Absicht primär
wahrnimmst.
Habe ich ja letztlich auch so wahrgenommen.
Im übrigen bin ich meinen Philosophielehren dankbar, gerade weil sie
mir sowohl Philosophiegeschichte als auch selbstständiges Denken
vermittelt haben.
Du hast in München studiert? Jetzt bin ich neugierig zu
erfahren, wen du damit meinst. Positive Beispiele darf man
auch namentlich nennen, finde ich. 
Darf man zwar. Würde ich dennoch hier in diesem Rahmen nur ungern. Gerne aber im privaten Mailaustausch. Im übrigen fände ich es nett, wenn ich auch erfahren, welchen Background du hast. In deiner Visitenkarte steht da ja leider nichts. Du hast wohl auf meine HP geschaut? Denn in der Visitenkarte habe ich von München doch gar nichts geschrieben.
Im akademischen Umfeld habe ich nicht gelehrt.
Das hatte ich falsch verstanden, aber dann darf ich vielleicht
doch darauf hinweisen, dass der Dozent beide Perspektiven
kennt, der Student hingegen nur eine.
Sei versichert, ich kenne auch die andere Seite, da ich mit einigen Dozenten (nicht nur Philosophen) privat bekannt bin und deshalb auch deren Sichtweise kenne.
Das Wissen und Denken aus der Geschichte als Basis
eigenen Denkens. Nichts anderes habe ich gemeint.
Ich könnte es nicht besser formulieren. 
Im übrigen ging es mir in der Hauptsache darum, dem Steller
der ursprünglichen Anfrage auch noch den Tipp zu geben, dass
es beim Philosophieren nicht unbedingt darum geht, sich mit
dem „genialsten“ Philosophen zu beschäftigen. Und dass ist
doch im Sinne der Philosophie, oder meinst Du nicht?
Ganz einverstanden, obwohl ich in letzter Zeit eher wieder
andersherum denke und merke, dass die großen Namen doch die
wertvolleren Denkanstöße geben und zwar deshalb, weil diese
Philosophen nicht nur an den Punkten lehrreich sind, wo sie
tatsächlich oder möglicherweise im Recht sind, sondern eben
auch da, wo sie irren.
Sehr richtig. Aber wie du sagst: Denkanstösse!
Nichts für ungut, mir war die Richtigstellung die
Auseinandersetzung wert.
Wunderbar.
P. S. Für die Ausgangsfrage kann man aus meiner Sicht - falls
es interessiert - nur für jedes Zeitalter zwei Namen nennen,
also insgesamt acht:
Antike: Platon und Aristoteles
Mittelalter: Augustinus und Thomas von Aquin
Neuzeit: Kant und Hegel
Moderne: Wittgenstein und Heidegger
Alle späteren Denker wären ohne Platon nichts, so dass wohl
nur Platon als Antwort auf die Ausgangsfrage in Frage käme.
Fast einverstanden. Nur fürs MA würde ich noch Eckhart mit reinnehmen, weniger wegen der Mystik als wegen der Fortsetzung des platonischen Denkens in der Nachfolge des Neuplatonismus.
Und mit Heidegger kann ich ehrlich gesagt wenig anfangen.
Achja, für den Bereich der östlichen Philosophie nanntest du
Buddha, oder? Das scheint mir allerdings nur hinsichtlich der
offensichtlichen Wirkung zuzutreffen. Philosophisch viel
interessanter scheint mir Laotse (oder wie du ihn auch
schreiben möchtest) zu sein, denn Buddhas Lehren sind doch
eher statisch und regelhaft, wohingegen Laotse durch seine
Ausdrucksweise eher das eigene Denken anregt. Aber das ist
natürlich nicht so wichtig, dass ich darauf bestehen würde.
Einverstanden. Buddha meinte ich tatsächlich auch eher wegen seiner Wrikmächtigkeit. Laotse ist wirklich interessanter.
Gruß,
Oliver
PS: Wenn es dich wirklich interessiert, bei welchen Dozenten ich die positiven Erfahrungen gemacht habe, dann schreib mir bitte privat.