Hallo Guido,
Ich komme jetzt mal von der Tankstellengeschichte ab, da das
Konto Deines Chefs sicherlich nicht so offen liegt, wie der
Haushalt von Bund, Ländern und Gemeinden…
das ist eine gute Idee, bevor noch jemand denkt, ich würde wirklich über meinen Chef reden. Das war natürlich Teil der erfundenen Geschichte. 
Ich kann nachvollziehen, dass ein Einschnitt von Beschäftigten
nicht gewollt ist!
Ich auch, aber darum ging es doch gar nicht.
Was mir fehlt, ist die Einsicht, dass ohne einen solchen
(geringen) Einschnitt die Möglichkeit von betriebsbedingten
Kündigungen im Raum stehen könnte, weil die Kosten irgendwann
Überhand nehmen.
Die Einsicht habe ich doch und viele andere auch, eventuell sogar unter den Betroffenen.
Ich hätte noch Verständnis, wenn ver.di eine Verlängerung der
Arbeitszeit nur unter gewissen Bedingungen (zeitliche
Befristung des Ganzen, Garantie auf Sonderzahlungen auf Zeit,
keine weiteren Einschnitte in den nächsten Jahren, etc.)
akzeptieren würde!
Laß das doch die Tarifparteien aushandeln, die sind doch gerade dabei.
Aber zu erzählen, dass es Arbeitsplätze kostet, wo die
"Gegen"partei betriebsbedingte Kündigungen ausschließt, ist
einfach nur hirnlos!
Aber sicher kostet das Arbeitsplätze, sonst würde die Aktion ja keinen Sinn machen. Es wird niemand entlassen, es werden nur Stellen nicht wieder besetzt, die frei werden. Am Ende sind es weniger Stellen, also Stellenabbau. Das ist das Recht der AG und die Aufgabe der Gewerkschaft sich dagegen zu wehren.
Und nochmal: Wenn ich auf knappe 4 % Einkommen verzichten muss
(die ich monetär als absolute Zahl nicht wahr nehme, weil ich
de facto nur etwas mehr arbeiten muss, das Geld aber das
Gleiche bleibt) um meinen Job und den meiner Kollegen zu
sichern, dann bringe ich nicht auch noch einen Großteil der
Bevölkerung in miese Stimmung gegen mich, sondern akzeptiere
das Ganze - meinetwegen murrend!
Die bringen nicht große Teile der Bevölkerung gegen sich auf. Die Gegner sind immer noch die selben, immer noch die, die es vorher auch schon waren.
Da fehlt mir die von ver.di ach so oft propagierte
Solidarität!
Solidarität mit meinen jüngeren Kollegen, die im Falle von
betriebsbedingten Kündigungen in der Regel als erste gehen
müssen…
Solidarität mit meinem Arbeitgeber…
Solidarität mit den Leid tragenden (hier: Bürger, die im Müll
ersticken; die nicht wissen, wie sie ihre Kinder unterbringen
können und somit Ärger mit ihrem Arbeitgeber bekommen; die bei
„leichtem“ Schneefall eine Gefährdung des Straßenverkehrs
hinnehmen müssen, etc.)…
Und das alles wegen 90 Minuten in der Woche (alternativ 18
Minuten am Tag oder etwas mehr als 4 Stunden im Monat)
Noch einmal. Den Tarifvertrag handeln die Tarifparteien aus. Was ich da richtig oder falsch finden würde, steht nicht zur Debatte.
Es geht darum, daß der Versuch einer offensichtlichen Lohnkürzung so verkauft werden soll, als wäre es keine, daß Stellen abgebaut werden sollen und behauptet wird, es wäre nicht so. Es sind die Lügen, die mich ärgern.
Ein völlig anderer Aspekt: Es gab eine Zeit, in der
Arbeitszeiten von 38,5 Std. völlig normal und welche von 40
Std. völlig ungewöhnlich waren. Mittlerweile sind 40 Std. aber
eher die Regel (gerade im Mittelstand, was der größte
Arbeitgeber ist) - und da kann ich die Bretter vor den Köpfen
noch viel weniger verstehen.
Bei uns wird (noch) nicht gestreikt. Ich bin also (noch) nicht
betroffen.
Aber sollte es dazu kommen, werde ich noch stinksauerer sein,
als ich es jetzt schon bin!
Bei uns wird gestreikt, daß das für mich keine Auswirkungen hat, liegt am Wetter.
Wäre es anders, würde ich Urlaub nehmen und mich ein paar Tage ausruhen. Kein Problem. Im Sommer weg zu fahren, für Urlaubsreisen habe ich ohnehin kein Geld. es ist mir völlig egal, wann ich zu Hause bleibe.
Gruß, Rainer