Die Bedeutung des Hara/Zentrums

Hi,
Moeglicherweise ist das eine etwas eigenwillige Frage, aber das beschaeftigt mich trotzdem irgendwie. Beim Aikidotrainig bei uns wird immer wieder betont wir sollten die Bewegungen vom Zentrum aus auszuführen, an sich kann ich auch nachvollziehen warum. Allerdings wuesste ich nun gern, in wie weit ist diese Fokusierung eigentlich moeglich? Ich weiß nicht genau, wie ich das beschreiben soll… ‚technisch‘ von einem koerperbereich aus zu agieren ist mit etwas Training ja prinzipiell nicht so das Problem, aber wenn gesagt wird, wie es im japanischen ja der Fall ist, dass man sich auf den Hara, also das Zentrum einstellen soll oder welche Umschreibung man auch immer benutzen moechte, wie soll man sich das vorstellen? Vllt kommt es mir auch komplizierter vor als es eigentlich ist? Bei Beginn in der meditationsphase werden wir ja auch angehalten unsere ‚konzentration‘ auf das Zentrum zu richten, was kein Problem an sich darstellt, allerdings Frage ich mich eben, wenn man das während des Trainings mehr oder weniger nebenbei macht, merkt man das dann genauso wie beim bewussten fokussieren?
Ich muss sagen so richtig zufrieden bin ich mit meiner Formulierung noch nicht, aber wie gesagt hab ich gerade etwas Probleme damit die richtige umschreibung zu finden…ich hoffe dass es trotzdem irgendwie etwas nachvollziehbar ist, worauf ich hinaus wollte…

LG
Sayuri

Hi,

das ist eine sehr gute Frage und ich glaube, ich habe aus deinem Text einigermaßen verstanden, was du meinst.
Nun gibt es verschiedene Aspekte zu beachten: Als allererstes - das, um was es hier geht, ist Körperbewusstsein. Daher können wir diese Frage auf keinen Fall umfassend per Email klären. Ich müsste dir gegenüberstehen und Übungen machen, um wirklich vermitteln zu können, was ich meine.

Trotzdem mal der Versuch einer Antwort:
Der Vorteil beim Meditieren ist, dass man keinen Störfaktor von außen hat. Daher kann man sehr schön den Fokus auf seine Mitte richten. Der Nachteil ist allerdings, dass man keinerlei Feedback darüber bekommt, ob man wirklich mit dem Fokus dort ist. Und gerade zu Beginn braucht man ein klares Feedback, um sich einjustieren zu können.

Was Partner-Übungen angeht, so funktioniert Aikido am besten, wenn die Bewegung im Fluss ist und quasi von allein zustande kommt. Das geht auch ohne Probleme, wenn man eine Bewegung nicht über Wille und Muskelkraft vollführt, sondern, wenn man sie empfindet. (Hier sind wir jetzt in dem Bereich, in dem ich per Worten einfach nicht vermitteln kann, um was es mir geht, sondern höchstens eine grobe Richtung geben).
Z.B. bei einem Angriff am Handgelenk fixiert man sich in der Regel im Geist und im Körperbewusstsein auf die Stelle, an der man gehalten wird. Dadurch kann der Angreifer dann über das Handgelenk dein Zentrum kontrollieren, weil du hier eine starre VErbindung schaffst. Wenn du stattdessen deinen Geist von dem Griff löst und dein Körperbewusstsein ausdehnst - entweder „nur“ ins Hara, oder - so wie ich es mittlerweile mache - auf den kompletten eigenen Körper, dann wird der Punkt, den der Angreifer fixieren kann, immer kleiner, weil du dir über dein Körperbewusstsein deines Handlungsspielraums bewusst wirst.

Das fühlt sich bei mir nicht gleich an wie in der Meditation. Ganz einfach deshalb, weil eben eine zweite Person im Spiel ist und dadurch ein anderes „Gesamtsystem“ entsteht.

Meiner Erfahrung nach ist dieses Körperbewusstsein etwas, das wir alle haben und auf das wir alle zugreifen können. Als Kleinkinder haben wir das intuitiv getan, es wurde uns in den meisten Fällen nur Stück für Stück abtrainiert bzw. mit Verstandesregeln überdeckt. Daher die Unsicherheit darüber, ob es einen Fokus im Körper gibt und wie man ihn wahrnimmt.
Der Clou hier ist: Spüren. Dummerweise sind wir nur darauf trainiert, alles mit dem Verstand zu machen und der Verstand kann vieles, nur kann er eben nicht spüren.

Wenn du Interesse hast, hier tiefer einzusteigen - ich biete Seminare zu dem Thema an. Betrachte das nur als Information, man soll hier ja (korrekterweise) keine Angebote machen.

Einen schönen Abend,
Dietrich

Hallo Sayuri,

vielen Dank für deine Frage. Jeder der längere Zeit Aikido oder eine sonstige japanische/chinesische Kampfkunst lernt, wird sicher einmal vor diesem Problem stehen. Mir hat auf diesem Weg z.B. das Buch von Graf Dürckheim „Hara - die Erdmitte des Menschen“ geholfen, vielleicht kennst du das ja auch.

Für mich ist das sogennante „Zentrum“ nicht nur ein körperlicher sondern auch ein seelisch-geistiger Ort:
Das Zentrum (oder die Mitte) ist der Ort, wo es mir gelingt zwei gegensätzliche, polare Kräfte im Gleichgewicht zu halten.
Darum geht es für mich im Aikido immer: Die gegensätzlichen Kräfte von Uke und Nage so zusammen zu führen, dass sie miteinader harmonieren. Auf den verschiedenen Ebenen sieht man das gut beim Tenchinage: Körperlich geht es darum die Mitte zwischen Oben (Himmel) und Unten (Erde)zu finden, damit ich stabil stehe und der Uke aus dem Gleichgewicht kommt, seine Mitte verliert. Man kann Ten, Himmel auch als Geist und Chi,Erde als Körper betrachten. Damit geht es auch darum ein inneres Gleichgewicht zu erreichen.

Wenn man so Körper und Geist als zwei Seiten, zwei Ausdrucksformen einer Sache, eines Wesens sieht ist es glaube ich nicht mehr wichtig den Fokus auf diesen „Einen Punkt“ (Tohei) unterhalb des Bauchnabels zu richten. Wenn ich mich bemühe in meinem Denken, Fühlen und Wollen diese Haltung des „Gleichgewicht-Suchen“ einfließen zu lassen wird auch der Körper im Laufe der Zeit immer mehr zentriert.

Ich hoffe, meine Antwort war hilfreich. Hier noch drei Buchempfehlungen zum Thema:

Tohei, Ki im täglichen Leben
Wagner u.a., Living Aikido
K.Ueshiba, Der Geist des Aikido

Herzliche Grüße

Bernhard

Hi,
Ersteinmal dank schoen fuer Deine schnelle antwort^^!

Was ich vielleicht erwaehnen sollte, ich habe erst vor ca. 2 bzw. 2 1/2 Monaten mit Aikido und Iaido angefangen. Davor habe ich mich eigentlich zumindest nicht erwaehnenswert mit asiatischen kampfkuensten oder der Kultur generell beschaeftigt, also zaehle ich sicher nicht zu Laengere zeit lernenden. Allerdings ist es fuer mich Nicht einfach Sport oder etwas vergleichbares, was mich wohl auch zu dieser Frage gefuehrt hat. Ich moechte nicht einfach nur nachmachen was uns unser Sensei zeigt und abnicken was er sagt, sondern es auch verstehen, um selbst entscheiden zu koennen, ob ich etwas zb gesagtes so annehmen kann oder was auch immer. Ich denke du weisst was ich meine. Das wird vermutlich auch der Grund sein(dass ich erst angefangen habe), dass es fuer mich noch irgendwo notwendig ist auf diesen Punkt zu konzentrieren, da ich sonst noch das gefuehl hab nach der Meditation und während des Trainings die Mitte Staendig wieder zu verlieren. Jedenfalls vermute ich mal es dauert seine Zeit bis sich das so eingespielt hat, dass es intuitiv bzw schon von selbst geschieht. Wie kommt es denn zu dieser gleichgewichtshaltung? Eine geistige haltung wuerde ich nicht als etwas in dem Sinne antrainierbares bezeichnen, aber letztlich kann man sie anders eigentlich auch nicht erreichen oder seh ich das falsch? Beim meditieren faellt es mir an sich nicht schwer eingleichgewicht zu erreichen, nur das ‚Aufrechterhalten‘ stellt mich vor eine huerde, wobei ich diese Haltung generell auch bei alltäglichem versuche zu erreichen, nur scheint mir das nicht zu gelingen. Vermutlich bin ich Staendig zu abgelenkt. Wie auch immer, ich schweife ab. Gibt es eigentlich einen Grund warum das Zentrum gerade dort liegt und nicht zb beim solarplexus?(nur so nebenbei, das fiel mir eben so ein beim wiederholten lesen dessen was du geschrieben hast)
Ja von dem Buch hab ich schon gehoert, aber bisher hab ich es noch nicht gelesen, Vllt werd ich das nun doch einmal tun.

Ich weiss, das sind viele neue fragen und wenn ich damit etwas nerve tut es mir leid. Und ja, deine antwort war wirklich schon hilfreich.

Lg
Sayuri

Hallo Sayuri,
das fokussieren kommt durch die Atemtechnik. Es geht darum, dass das Zentrum des Körpers (Schwerpunkt, Kraft) und das Zentrum der Energie überander gelegt sind. Wenn du das trainieren willst, fang mit dem leichteren an, nämlich dem Körper. Durch Atmung die auf die Körpermitte fokussiert ist (Bauchatmung) spürst du nach einer Zeit ganz deutlich dein physisches Zentrum. Wenn das Gefühl ganz deutlich da ist, und nur dann, versuche die Kraft deines gesamten Körpers wahrzunehmen. Wenn du dieses Gefühl auch hast, versuche diese Kraft in das Zentrum fließen zu lassen. Wenn beides gleichzeitig im Zentrum liegt, dann hat man das Gefühl dass man vollkommen anwesend ist (physisch und psychisch bereit).
Nicht den Mut verlieren, das braucht gaaanz viel Übung und Zeit.
LG

Hallo Sayuri,

Deine Frage finde ich tatsächlich nicht ganz leicht verständlich formuliert.

Mal so viel: Wenn Du eine Bewegung ausführst, atmest Du ja oft aus, weil die Bewegung ja mit dem Atem unterstützt wird. Und da Du in den Hara, ins Zentrum einatmest, kommt von dort aus auch die Energie der Bewegung beim Ausatmen. Am deutlichsten wird das bei allen Kokuyo ho Würfen, den Atem-Kraft-Würfen.

So wie Du Dich in der Meditation bewusst aufs Zentrum konzentrierst, kannst Du ja auch im Training Deine Aufmerksamkeit auch aufs Zentrum richten und auf Deinen Atem. Ist natürlich schwieriger, weil die Bewegung der Technik noch dazu kommt.

In der Hoffnung, dass Dir das weiter hilft …

LG,
Patricia

Hi izumi,
Danke fuer deine antwort^^ du hast mir wirklich weitergeholfen. Das einzige was ich jetzt noch rausfinden muss ist wie sich die ganze Kraft im koerper anfühlt:wink:
Lg
Sayuri

Hallo Sayuri
Auf dem Papier ist deine Frage für mich nicht beantwortbar.
Auf der Tatami wäre das möglich.
Daher rate ich dir, dich zur Beantwortung dieser Frage an deinen Trainer zu wenden.

Gruß

Volker

Hi,
ich weiß es hat wirklich lange gedauert, aber danke für deine Antwort!
Ja, das dachte ich mir, dass das nicht so einfach mal zu beantworten wäre…Ich werd ihn nochmal fragen.
LG
Sayuri

Hi,
ich weiß, es hat sehr lange gedauert, bis ich nun endlich antworte, dass tut mir furchtbar Leid…
Ich möchte mich natürlich noch für dein Antwort bedanken, vorallem, da es ja anscheinend wirklich etwas konfus und kompliziert geworden war und demnach eben auch nicht gerade einfach zu beantworten…aber geholfen hat mir deine Erklärung trotzdem^^
LG
Sayuri

Hi,
vorweg erstmal danke für deine Antwort und entschuldige bitte, dass meine so ewig lange hat auf sich warten lassen, es war wirklich nicht beabsichtigt dich warten zu lassen. Ich hatte zwischenzeitlich recht wenig Zeit und war eine ganze Zeit nicht da, währenddessen ich dann nicht die Möglichkeit hatte zu Antworten…und hab es dann einfach leider vergessen…Dafür möchte ich mich erst nochmal in aller form entschuldigen.

Ich schätze ich hätte vor ein paar Wochen zwar nachvollziehen können, was genau du meinst, aber vermutlich nicht so ganz verstehen… aber ich glaube mittlerweile weiß ich, was du meinst. ich hab mich viel mit meditation und auch mit dieser frage nach innerer einstellung beschäftigt und komme der sache, meiner meinung nach, nun doch endlich immer näher. deine erklärung hat mir dabei auch geholfen, selbst wenn es nur eine ‚grobe richtung‘ war, deshalb ganz herzlichen dank nocheinmal^^.
vermutlich brauche ich auch einfach noch etwas mehr Geduld:wink:
LG
Sayuri