Die Erschaffung der Menschen

Hallo Bibel-Experten,

ich lese gerade ‚Der Hexenanwalt‘ von Wolfgang Lohmeyer. Bei den darin ‚zitierten‘ Tagebuch-Einträgen von Friedrich Spee von Langenfeld ist mir ein Eintrag aufgefallen (ich habe gerade das Buch nicht zur Hand, deswegen kann ich nicht exakt zitieren) und zwar geht es um Genesis. Da ich nicht bibelfest bin, habe ich natürlich brav nachgeschlagen… *g*

Wie in aller Welt kommen die Christen darauf, daß Eva (ich lasse mal ausnahmsweise Eva gelten, sonst stecken Metapher und ich wieder in einer Lilith-Diskussion, die Harald wegen off topic-Quatscherei beenden müßte *grins*) aus Adams Rippe und ein bissl Schlamm (oder so) ‚gebastelt‘ wurde? Wer hat denn diesen Unsinn in die Welt gesetzt? Des Lesens bin ich seit 30 Jahren mächtig und das, was ich gerade in Genesis gelesen habe, erzählt etwas ganz anderes.

Also nix Rippentransplantation und Klonen schon gar nicht…

Wie kam es denn zu der Legende von Adams Rippe?

Grüßle

Renee

  1. Mose 2, 21 ff.
    (2. Version)

Hallo Bibel-Experten,

Wie in aller Welt kommen die Christen darauf, daß Eva (ich
lasse mal ausnahmsweise Eva gelten, sonst stecken Metapher und
ich wieder in einer Lilith-Diskussion, die Harald wegen off
topic-Quatscherei beenden müßte *grins*) aus Adams Rippe und
ein bissl Schlamm (oder so) ‚gebastelt‘ wurde? Wer hat denn
diesen Unsinn in die Welt gesetzt? Des Lesens bin ich seit 30
Jahren mächtig und das, was ich gerade in Genesis gelesen
habe, erzählt etwas ganz anderes.

Die Erschaffung der Frau
Hi hexige Renee,

Wie in aller Welt kommen die Christen darauf,

Also: Als diese Geschichte niedergeschrieben wurde, gab es noch keine Christen …

daß Eva (ich lasse mal ausnahmsweise Eva gelten, sonst stecken :Metapher und ich wieder in einer Lilith-Diskussion, die Harald wegen :off topic-Quatscherei beenden müßte *grins*) aus Adams Rippe und
ein bissl Schlamm (oder so) ‚gebastelt‘ wurde?

… und eine lilith gab es wahrscheinlich da auch noch nicht, wohl aber eine lilitu, aber die war akkadisch, nicht hebräisch. Und sofern es später eine lilith gab, war es eine Sandsturm- und/oder Baum-Dämonin. „Adams erste Frau“ wurde aus ihr erst ca 800 Jahre später und die wurde eh nicht aus Adams Rippe gebastelt. So! da hast du’s :stuck_out_tongue:

Und nun zum Rippchen: Das Ding, aus dem der Schöpfer in 1.Mose 2.21-22 eine ischschah („Frau“) baute (d.i. isch „Mann“ mit einem Suffix), der adam („Mensch“) erst in 3.20 den Namen chawwah („Leben“) gibt, heißt auf hebräisch zela, was „Seite“ heißt, aber auch „Rippe“ heißen kann.

Die Übersetzung „… nahm eine seiner Seiten und verschloß deren Stelle mit Fleisch“ ist natürlich aus verschiedenen Gründen eh die korrektere. Die Passage 2.23 „Knochen von meinen Knochen, Fleisch von meinem Fleisch“ wäre abwegig, wenn es bloß ein Rippchen gewesen wäre. Außerdem soll das Wort zela im ganzen Tenach nirgendwo „Rippe“ bedeuten, sondern immer nur „Seite“.

Ab wann da von einer Rippe gesprochen wird, weiß ich nicht. Die griechische Septuaginta hat jedenfalls „elaben mian ton pleuron“, also ebenfalls „nahm eine seiner Seiten“ und nicht „eine seiner Rippen“.

Die Stelle ist mythengeschichtlich recht interessant, weil auch hier, wie an vielen anderen Stellen der Genesis, ältere ägyptische Prototypen israelitisch abgewandelt erscheinen: In der „Lehre für König Merikare“ heißt es: „[die Menschen] sind seine Ebenbilder, weil sie aus seinem Leib [oder Fleisch] hervorgegangen sind“. „Leib, Fleisch“ heißt hier ägypt. ch.w. Der Unterschied ist natürlich, daß hier der Schöpfergott den Menschen aus seinem eigenen Leib hervorbringt, was natürlich mit der israelitischen Gottesvorstellung nicht kompatibel ist.

Mythologisch wichtig ist jedenfalls in Genesis, daß sowohl der Mann als auch die Frau beide nicht aus einer Gebärmutter hervorgehen, und das hat wiederum Parallelen in Ägypten. Auf einem Sargtext heißt es: „Ich bin entstanden, als die Scheide noch nicht geschaffen war, und die Gebärmutter noch nicht geboren hatte“. Und von der Göttin Mut heißt es: „die Mutter der Mütter, die gebar, ohne daß sie geboren wurde“. Ebenso die Göttin Neith, „die das Gebären einführte, da das Gebären noch nicht entstanden war“ …

Interessant ist auch, daß es ein dem hebräischen zela (Seite, Rippe) ähnliches sumerisches Wort sila gab, das „Mondsichel“ bedeutet.

Soviel zum archaischen Klonen.

liebe Grüße

Metapher

auch Vulgata

grad seh ich, daß auch Hieronimus in der Vulgatatulit unam de costis eius“ hat („nahm eine seiner Seiten“). Und auch im lat. heißt costa klassisch „Seite“ und erst im Spätlatein auch „Rippe“.

M.

Du nun wieder… :wink:
Hallöchen M.,

ich habe Dein Posting gerade wieder so richtig - sprich: mit einem Glas Wein & einer Zigarette - genossen.

Also: Als diese Geschichte niedergeschrieben wurde, gab es
noch keine Christen …

Was machen schon 800 Jahre für einen Unterschied? *g*

… und eine lilith gab es wahrscheinlich da auch noch
nicht, wohl aber eine lilitu, aber die war akkadisch,

Oder babylonisch (ist es nicht irgendwie ein Teufel mit dem Akkadischen?), ja. Aber ‚Lilith‘ hört sich wesentlich besser an.

und die wurde eh
nicht aus Adams Rippe gebastelt.

Habe ich doch schon immer gesagt…

Und nun zum Rippchen: Das Ding, aus dem der Schöpfer in 1.Mose
2.21-22 eine ischschah („Frau“) baute (d.i. isch
„Mann“ mit einem Suffix), der adam („Mensch“) erst in
3.20 den Namen chawwah („Leben“) gibt, heißt auf
hebräisch zela, was „Seite“ heißt, aber auch „Rippe“
heißen kann.

[völlig off topic] Damit erinnerst mich an etwas und zwar an eine Reportage (ich glaube BBC), die ich um X-Mas herum sah: Jesus wurde gar nicht in einem Stall geboren.

Die Übersetzung „… nahm eine seiner Seiten und verschloß
deren Stelle mit Fleisch“ ist natürlich aus verschiedenen
Gründen eh die korrektere. Die Passage 2.23 „Knochen von
meinen Knochen, Fleisch von meinem Fleisch“ wäre abwegig, wenn
es bloß ein Rippchen gewesen wäre.

2.23 wäre - zumindestens im übertragenen Sinne - nicht ganz so abwegig, wenn ‚Eva‘ Adams Tochter wäre; das würde hinkommen. Die Frage ist natürlich (und da kommt bei mir immer die Frage nach der Richtigkeit der Übersetzung der Bibel hoch), ob da nicht der Wunsch Vater des Gedankens war. ‚Nahm eine seiner Seiten […]‘ kann schließlich auch bedeuten, daß Adam eine Frau zur Seite gestellt wurde.

Außerdem soll das Wort
zela im ganzen Tenach nirgendwo „Rippe“ bedeuten,
sondern immer nur „Seite“.

Noch ein Argument gegen die Rippen-/Lehm-Bastelei.

Die Stelle ist mythengeschichtlich recht interessant, weil
auch hier, wie an vielen anderen Stellen der Genesis, ältere
ägyptische Prototypen israelitisch abgewandelt erscheinen: In
der „Lehre für König Merikare“ heißt es: „[die Menschen] sind
seine Ebenbilder, weil sie aus seinem Leib [oder Fleisch]
hervorgegangen sind“. „Leib, Fleisch“ heißt hier ägypt.
ch.w. Der Unterschied ist natürlich, daß hier der
Schöpfergott den Menschen aus seinem eigenen Leib
hervorbringt, was natürlich mit der israelitischen
Gottesvorstellung nicht kompatibel ist.

Welcher Hauptgott wurde denn während der Zeit von Merikare verehrt? Die Ägypter sind ja mit dem Leben nach dem Tod schon immer ein bissl schräg draufgewesen und da der Pharao quasi der Gott war…

Auf einem Sargtext heißt es: „Ich bin entstanden, als
die Scheide noch nicht geschaffen war, und die Gebärmutter
noch nicht geboren hatte“.

Das habe ich schon einmal gelesen…

Und von der Göttin Mut heißt
es: „die Mutter der Mütter, die gebar, ohne daß sie geboren
wurde“. Ebenso die Göttin Neith, „die das Gebären
einführte, da das Gebären noch nicht entstanden war“ …

Es stimmt beides… Die Große Göttin hat viele Gesichter, viele Gestalten, viele Aspekte - Mut und Neith sind zwei davon. Es ist dennoch - ob nun bei Wicca oder sonstwo - immer die Göttin, die Frau, der Anfang des Universums…

Interessant ist auch, daß es ein dem hebräischen zela
(Seite, Rippe) ähnliches sumerisches Wort sila gab, das
„Mondsichel“ bedeutet.

Es heißt ja eigentlich auch die Mondin und nicht der Mond. :wink:

liebe Grüße

Dito

Renee

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…dafür auch von mir a Sternle *g*
Gruß,
Branden

Hi,

da die Bibel bekanntlich von griechischen Philosophen verfasst wurde, ist ihr Inhalt auch philosophisch (und weniger historisch oder gar wissenschaftlich) zu begreifen. Dass Eva aus Adams Rippe entstand macht durchaus Sinn, wenn man davon ausgeht, dass es sich um ein Körperteil handelt, das zwar rudimentär und damit eigentlich unnütz war, nichts desto weniger aber den Gesamtkörper vervollständigte. So soll es wohl sein: Mann und Frau als untrennbare Einheit (aus zwei wird eins), Mann ohne Frau: ein unvollkommenes Wesen. Frau an der Seite des Mannes (gewissermaßen als zusätzliche wenn auch eigentlich unnötige Stütze) - so wie es auch bei den Rippen der Fall ist (die ebenfalls stützende Funktion haben). Wohlgemerkt: An der Seite, nicht im Zentrum.

Gruß Tom

Hallo Metapher,

Und nun zum Rippchen: Das Ding, aus dem der Schöpfer in 1.Mose
2.21-22 eine ischschah („Frau“) baute (d.i. isch
„Mann“ mit einem Suffix), der adam („Mensch“) erst in
3.20 den Namen chawwah („Leben“) gibt, heißt auf
hebräisch zela, was „Seite“ heißt, aber auch „Rippe“
heißen kann.

Nur eine Anmerkung am Rande.

Die Rippengeschichte (_ti_) ist iirc noch viel älter
und zwar sumerischen Ursprungs (die Truppe, deren
letzter König vor der grossen Flut „Noah“ hiess).

http://www.crystalinks.com/sumergods.html

The goddess Ninhursag then disappeared so as 
not let sympathy for Enki change her mind about her 
sentence of death upon him. But she finally relented 
and returned to heal Enki. She created eight healing 
deities - eight more goddesses - one for each of Enki's 
ailing body parts. The goddess who healed Enki's rib 
was <u>Nin-ti, a name that in Sumerian meant "lady of the rib,"</u> 
which describes a character who was to appear in a different role 
in Hebrew writings centuries later, a character to be called Eve.

Grüße

CMБ

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Hallo.

da die Bibel bekanntlich von griechischen Philosophen verfasst
wurde, ist ihr Inhalt auch philosophisch zu begreifen.

Es ist richtig, dass das sogenannte neue Testament unter diesem Einfluss stand und vieles so verständlicher wird. Der Tanach (AT) hat aber jüdischen Ursprung und dahinter stehen auch viele Konzepte welche der griechischen Philosophie in vielen Punkte widersprechen. Und auch wenn viele Ähnlichkeiten zu anderen Überlieferungen bestehen (siehe andere Beiträge) sind es immer diese Konzepte welche die Unterschiede hervorrufen (Beispielsweise G’ttesbild).

gewissermaßen als zusätzliche wenn auch eigentlich unnötige Stütze

Die jüdische Lehre sieht dieses ganz anderes. So wurde hier bei allen Kommentaren Chawa (Eva) als Hälfte Adams geschaffen. Und im Gegensatz zum verbleibenden Adam wurde sie nicht aus Staub sondern aus Adam geschaffen. Sie wurde also später geschaffen und wie auch sonst in dieser Schöpfung bedeutet dieses, dass sie näher zu G’tt steht. In diesem Sinne steht die Frau in der Schöpfung also über dem Mann.

So muss auch der spätere Passuk (Abschnitt) verstanden werden, wo Chawa als Hilfe Adam an die Seite gestellt wird. Sie soll im dabei helfen, auf eben diese höhere Stufe zu kommen und so beide auch in diesem Sinne wieder ein Fleisch werden.

Scholem,
Eli

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Abbilder Gottes

ich habe Dein Posting gerade wieder so richtig - sprich: mit
einem Glas Wein & einer Zigarette - genossen.

Wenn ich das beim Schreiben vorhergewußt hätte … :wink:

Was machen schon 800 Jahre für einen Unterschied? *g*

jaja, für eine Hexe ist das ein Katzensprung.

2.23 wäre - zumindestens im übertragenen Sinne - nicht ganz so
abwegig, wenn ‚Eva‘ Adams Tochter wäre;

Du meinst, wenn sie als „Tochter“ bezeichnet würde, bei ansonsten identischem Mythem? Was sollte das Kriterium denn für „Tochter“ sein. wenn nicht, daß sie gezeugt und _geboren/i> wurde. Und das ist ja hier gerade nicht der Fall.

Übrigens haben die Griechen (Hesiod) eine charmante Variante dieser Verwandlung aus dem Körper: Aphrodite bildet sich aus dem ins Meer gefallenen Phallus des Ouranos. Den hatte ihm Kronos mit einer Sichel(!) abgeschnitten.

Die Frage ist natürlich (und da kommt bei mir immer die Frage
nach der Richtigkeit der Übersetzung der Bibel hoch), ob da
nicht der Wunsch Vater des Gedankens war. ‚Nahm eine seiner
Seiten […]‘ kann schließlich auch bedeuten, daß Adam eine
Frau zur Seite gestellt wurde.

Das ist doch gerad der ausgesprochene Zweck des Ganzen „… damit der Mensch nicht alleine sei“. Wenn aber nur diese Metapher gemeint wäre, dann würd es nicht heißen „… und verschloß die Stelle mit Fleisch“.

Noch ein Argument gegen die Rippen-/Lehm-Bastelei.

Wie gesagt, ich weiß nicht, wer zuerst damit anfing, von einer Rippe zu reden. es ist wohl eine ähnlich kuriose Geschichte wie die mit dem „Apfel“, von dem in Genesis auch nichts steht.

Welcher Hauptgott wurde denn während der Zeit von Merikare verehrt?

Achthoes, der seinen Sohn Merikare über die Entstehung der Menschen belehrt, gehört zur 20. Dynastie, also ca. 2060 v. Chr.
„Er [d.h. Re], hat Himmel und Erde nach ihrem [der Menschen] Gefallen gemacht … Er hat den Odem des Lebens für ihre Nasen gemacht, sie sind seine Abbilder, aus seinem Leib hervorgegangen“

Es heißt ja eigentlich auch die Mondin und nicht der Mond. :wink:

ächz!

liebe Grüße

Dito

dito dito

Metapher_

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Heya Renee,

Die groteske und unglaubwürdige Art, in der sich die Teilung des Geschlechts nach den gebräuchlichen Lesarten der Bibel und besonders auch nach dem masoretischen Text vollzogen haben soll, beweist einmal mehr, was im alten hebräischen Text durch falsches Einsetzen von Vokalen angerichtet werden kann.
Auf eine Weise gedeutet, heißt das Wort tatsächlich „Rippe“. Nach einer anderen Deutung jedoch, die mindestens ebenso berechtigt ist und außerdem dem gesunden Verstand entspricht, heißt es „Seite“.
Wenn wir das so verstehen, daß der Mensch männlich-weiblich war, und daß Jehova eine Seite oder ein Geschlecht in jedem latent werden ließ, müssen wir unserer Vernunft keine Gewalt antun, wie dies durch die Annahme der „Rippen“-Geschichte geschieht.

Wird diese Leseart angenommen, so stimmt die okkulte Lehre mit der Bibel überein, und beide entsprechen den Lehren der modernen Wissenschaft, daß der Mensch einstmals zweigeschlechtig war, ehe er ein Geschlecht auf Kosten des anderen entwickelte.
Als weiteren Beweis hierfür findet man, daß der Embryo bis zu einem gewissen Punkt zweigeschlechtig ist, worauf ein Geschlecht vorherrschend wird, während das andere zurückbleibt. Jeder Mensch besitzt die entgegengesetzten Geschlechtsorgane in rudimentärer Form. Dadurch ist er wirklich zweigeschlechtig wie der Urmensch.

Scheinbar wünscht der Bibelerzähler in diesem zweiten Schöpfungsbericht gar kein genaues Bild der ganzen Evolution zu geben. Er ist eher bestrebt, das, was im ersten gesagt wurde, eingehender zu behandeln. Er erzählt uns, daß der Mensch nicht immer so atmete wie er jetzt atmet, daß es eine Zeit gab, in der die Menschen nicht im Geschlecht geteilt waren; daß Jehova es war, der die Veränderung hervorbrachte, wodurch der Zeitpunkt des Ereignisses festgestellt wurde.

Angel