Die Grenze der Sprache!

Hallo Zusammen!

Grad lese ich auf einer CD-Beschreibung, (wens interessiert Löwitsch liest Wittgenstein), die Grenzen der Sprache bedeuten auch immer die Grenzen der eigenen Welt.
In den Diskussionen hier kommt man ja häufig an diese Grenzen, findet die eigentliche Intention des abgegeben statements nur rudimentär wiedergegeben.
Es beschäftigt mich auch die Kritik von einigen Mitgliedern, das fachchinesich betreffend. Und ein klein wenig habe ich ein schlechtes Gewissen. Aber dies nur nebenbei.
Schopenhauer hat einmal vom seltsamen Genügen an Worten gesprochen, welche zu einer Perpetuierung der Irrtümer führt, die von Generation zu Generation weitergegeben wird.
Jede Ansicht ob von Laien oder Fachleuten würde mich interessieren!

Ist die Sprache wirklich die Grenze der eigenen Welt? Oder ist es möglich diese Grenze mittels der Sprache zu durchbrechen?
Das wäre meine höchst praktische Frage an euch?

Herzliche Grüße
Junktor

Hi Junktor,
Sprache ist grenzenlos - in jeder Beziehung. Die Sprache der Kunst. Musik ist „Sprache“, Bilder sind „Sprache“, Literatur sowieso. Sprache ist Ausdruck, Sprache ist Leben.
Anja
für die „Sprache“ in all ihren Facetten Inbegriff von Leben ist…

Hallo Junktor,

in der Hoffnung, Deine Frage recht verstanden zu haben, möchte ich an Menschen erinnern, die gemeinhin als „geistig behindert“ bezeichnet werden oder an Menschen, die z.B. aufgrund eines Schlaganfalls nicht mehr richtig sprechen können. Dass deren Welt dort endet, wo deren Sprachvermögen endet, bezweifelt

Zerni.

Schöne Feiertage !

Hallo Junktor,

die Sprache an sich ist nicht begrenzt, wohl aber Deine Sprache! Du hast eine bestimmte Sprache gelernt (oder von mir aus auch mehrere), und diese bieten ein bestimmtes Vokabular und eine bestimmte Grammatik. Beides begrenzt Deine Möglichkeiten, Dich auszudrücken. Daher gibt es durchaus für jedes Individuum sprachliche Grenzen.

Andererseits haben sich obige Regeln und Vokabulare ja durch die jeweiligen Gesellschaften gebildet, so daß alle ieser Gesellschaft innewohnenden Konzepte auch ausgedrückt werden können. Spannend wird es in dem Moment, wo eine Gesellschaft mit einem völlig neuen Konzept konfrontiert wird - und da stößt man tatsächlich schon mal an Grenzen.

Gruß Kubi

Hallo Junktor,

Ist die Sprache wirklich die Grenze der eigenen Welt? Oder ist
es möglich diese Grenze mittels der Sprache zu durchbrechen?

die Alternative ist falsch. Beides ist richtig, denn in der Tat sind die jeweilig aktuellen Sprachfähigkeiten die Grenzen meiner (subjektiv betrachteten) Welt. Andererseits ist es natürlich möglich, durch Lernen meine Wissen und also auch meine Sprache und mithin meine „Welt“ zu erweitern. Der Terminus „durchbrechen“ deutet fälschlicherweise an, dass das in irgendeinem Sinn gewaltsam geschehen müsse, was nicht der Fall ist.

Wittgensteins Terminus „Welt“ ist m. E. problematisch, denn einerseits ist die Welt " alles , was der Fall ist", andererseits bleibt natürlich „alles“ im Rahmen meiner Vorstellung. Wenn ich nun aber sagen würde, dass umgekehrt, alles was der Fall ist, die Welt wäre, ist sofort klar, dass das nicht das von Wittgenstein intendierte sein kann, denn natürlich ist auch mehr der Fall, als das, was bloß „meine“ Welt ist. Aber es ist eben nicht alles in meinem Gesichtskreis.

Wittgenstein verwechselt hier m. E. zwei Bezüge, die getrennt werden sollten, das Lernen und das Denken. Denn natürlich kann ich mit sprachlichen Mitteln nur denken, was ich schon gelernt habt. Andererseits aber kann ich meine sprachlichen Mittel durch Reflexion immer weiter erweitern (u. a. durch die Anwendung Hegelscher Dialektik, aber auch auf andere Weisen). Denken ist statisch abwägend und bewertend, Lernen aber aufnehmend.

Wittgensteins Tractatus sehe ich als Arbeitspapier, in dem er sich von Aussage zu Aussage tastet (was die Lektüre ja bekanntlich so schwierig macht). Falsch wäre es, den Tractus als Denkansporn zu verstehen, wie es etwa der Wiener Kreis gesehen hat (aber auch der frühe Wittgenstein selbst). Richtig ist, die Aussage Wittgensteins als Lernansporn zu nehmen und so den vermeintlichen Widersprüchen ihre Basis zu rauben. Daraus entstehen dann die positiven Impulse des Tractatus.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hi Thomas,

denn in der
Tat sind die jeweilig aktuellen Sprachfähigkeiten die Grenzen
meiner (subjektiv betrachteten) Welt. Andererseits ist es
natürlich möglich, durch Lernen meine Wissen und also auch
meine Sprache und mithin meine „Welt“ zu erweitern.

Nur durch Lernen? Schließt der Begriff „Lernen“ für Dich auch Lebenserfahrung ein? Was ist mit der Phantasie? Ist es nicht gerade die Phantasie, die den Menschen befähigt, den

Terminus

zu

„durchbrechen“
deutet fälschlicherweise an, dass das
in irgendeinem Sinn gewaltsam geschehen müsse, was nicht der
Fall ist.

eben: wieso „gewaltsam“? - vielleicht eher neugierig? lustvoll?

Wittgensteins Terminus „Welt“ ist m. E. problematisch, denn
einerseits ist die Welt " alles , was der Fall ist",
andererseits bleibt natürlich „alles“ im Rahmen meiner
Vorstellung.

also doch subjektiv

Wenn ich nun aber sagen würde, dass umgekehrt,
alles was der Fall ist, die Welt wäre, ist sofort klar, dass
das nicht das von Wittgenstein intendierte sein kann, denn
natürlich ist auch mehr der Fall, als das, was bloß „meine“
Welt ist. Aber es ist eben nicht alles in meinem
Gesichtskreis.

weil außerhalb meiner - subjektiven - Erfahrung - aber auch: der Phantasie, diese wiederum macht es aber möglich, den Gesichtskreis zu erweitern - wenn auch nur in Form einer neuen These…

Ich streiche hier mal den Rest Deiner Ausführungen.
Ich lach’ mich ja immer interessiert-fröhlich kaputt, wenn Ihr Euch hier die Theorien der Philosophen um die Ohren haut. Ich bin ein selbstbewusster Laie, der seine eigene Philosophie des Lebens/des Seins entwickelt (und das tut wahrscheinlich jeder Mensch, auch wenn er sich dessen nicht bewusst ist).
Aber um zum Thema zu kommen:
Du, Thomas, Freund der Künste (Theater, Literatur, Klass. Musik) müsstest doch am besten wissen, dass gerade die Kunst die Fähigkeit hat, eine „Sprache“ zu entwickeln, die sowohl über das subjektive als auch das objektive Erleben hinaus geht. Sprache im weitesten Sinne (also die der Literatur, der Malerei, der Musik etc. etc.). Deshalb würde ich eher sagen, dass die „Sprache“ im weitesten Sinne die einzige dem Menschen zur Verfügung stehende Fähigkeit ist, die Grenzen des Lebens zu überschreiten…
Na, jetzt bin ich auf die Zurechtweisungen der Fachleute sehr gespannt…
Ein Frohes!
Anja

Sprache als Praxis
Hi

Ist die Sprache wirklich die Grenze der eigenen Welt? Oder ist
es möglich diese Grenze mittels der Sprache zu durchbrechen?

Sprache ist vielmehr gerade das Mittel, die Grenze der eigenen (der subjektiven) Welt zu durchbrechen. Und indem Sprache Gespräch ist, Dialog ist, wird im Gespräch und durch das Gespräch die eigene Welt grenzenlos. Und sie ist daher auch das Mittel, die Grenze der eigenen (subjektiven) Welt des Anderen zu überschreiten.

Anders gesagt: In der Sprache zeigt und entwickelt sich die Freiheit des Denkens. Sprache ist die Kunst der Grenzüberschreitung (das ist deshalb auch das Motto für meine „Praxis“).

Aber in der Sprache liegt noch eine zweite Möglichkeit. Man kann sie für genau das Gegenteil benutzen: Man kann sie benutzen, um sich selbst vom Anderen abzugrenzen, ihm zu widersprechen (was hier jetzt nicht argumentativ gemeint ist), oder auch, um den Anderen in seine Grenzen zu verweisen.

Anders gesagt: In der Sprache zeigt und entwickelt sich die Unfreiheit des Denkens. Die abgrenzende (de-finierende) Sprache ist insofern auch die Krankheit des Denkens (Schelling nennt das die „eigentliche Geisteskrankheit“).

Daß es hier manchmal Probleme der Verständlichkeit gibt, das liegt aber an etwas anderem: Im Gespräch mit einem einzelnen anderen ist es möglich, sich auf die Sprechweise, Sprechgewohnheit und Sprecherfahrung des anderen abzustimmen - und ggf. auch, ihn durch Variationen des Sprechens herauzufordern. Das geht in der Schriftsprache gerade noch mit einem einzelnen, aber da hier zugleich mehrere lesen (denn das ist ja der Sinn eines „Forums“) ist es nicht möglich, sich zugleich immer auf den Angesprochenen UND auf alle anderen Auch-Leser einzustellen. Das gibt Konflikte - aber Konflikte sind zum bewältigen da. Das Mittel dazu ist die Wechselrede, in der das Fragen (und Nachfragen) die Hauptrolle spielt.

Grüße

Metapher

Hi Anja

Ich bin ein selbstbewusster Laie

Deshalb würde ich eher sagen, dass die „Sprache“ im weitesten Sinne die einzige dem Menschen zur Verfügung stehende Fähigkeit ist, die Grenzen des Lebens zu überschreiten…

Die Zustimmung meinerseits habe ich soeben schon geschrieben (s.o.).

Na, jetzt bin ich auf die Zurechtweisungen der Fachleute sehr gespannt…

Warum erwartest du „Zurechtweisung“, wenn du selbstbewußter Laie bist?

Und warum scheint dir die vorzugsweise Tätigkeit von Fachleuten die „Zurechtweisung“ zu sein?

Gruß

Metapher

Hi Metapher, (bin eigentlich richtig neidisch auf Deinen Nick :smile:) )

Na, jetzt bin ich auf die Zurechtweisungen der Fachleute sehr gespannt…

Warum erwartest du „Zurechtweisung“, wenn du selbstbewußter
Laie bist?

Siehst Du, jetzt hätte ich *ironischgrins* dazuschreiben müssen, um verstanden zu werden.

Und warum scheint dir die vorzugsweise Tätigkeit von
Fachleuten die „Zurechtweisung“ zu sein?

s.o.

Gruß,
Anja

Hi Metapher, (bin eigentlich richtig neidisch auf Deinen Nick

-)) )

Oh, das freut mich wiederum *smile*

Siehst Du, jetzt hätte ich *ironischgrins* dazuschreiben müssen, um verstanden zu werden.

Iwo! Das war doch erkennbar! (aber vielleicht hätte ich es dazuschreiben müssen? *g*)

Nur: warum Ironie an dieser Stelle?

:wink:

Gruß

Metapher

Hallo Zusammen!

Darf ich, ohne mitzudiskutieren, einen kleinen Literaturtipp beisteuern?

Bitte! Hier:

Dieter E. Zimmer, So kommt der Mensch zur Sprache, Über Spracherwerb, Sprachentstehung, Sprache & Denken.
ISBN 3-453-07812-8 Buch anschauen

Gruß Fritz

Hm, Sprache ist nur die Syntax und an sie gekoppelte Semantik, ich kann mehr Aussagen in mir haben und parallel verbinden als ich sprachlich ausdrücken könnte. Kein zweifel mit Sprache läßt sich viel sagen oder schreiben. Doch liegen dem gewachsene Wortbedeutungen zu Grunde. Diese Wortbedeutungen sind kaum neutral und bilden oft Querverweise (oft in der gesprochenen Sprache) die mir vielleicht nicht lieb sind oder die ich als Einengung empfinde. Meinne innere Welt ist nicht sprachlich, ich behaupte also das ich von der normalen Common-Sense-Sprachwelt unabhängig denken kann. Es hat sich für mich als effektiver erwiesen wenn ich meine innere Welt für mich ‚klar mache‘, ich habe Methoden entwickelt wie ich nichtsprachlich, vielleicht angepasst an die realen Hirnfunktionen, Probleme lösen kann, festgefahrene Stimmungen lösen kann etc. Dies ist mir, bevor ich damit angefangen habe, mit sprachlichen Mitteln nicht oder nur schlecht gelungen, ich hatte immer das Gefühl der ‚Selbstverarschung‘ und einen seltsamen Beigeschmack der Fälschlichkeit wenn ich sprachlich vorgegangen bin. Gut, ich rede nicht mehr viel über meine Emotionen, aber ich habe sie und im Moment ist mein Gefühl dass ich so wesentlich ehrlicher mit mir selbst umgehe. Hier zeigt sich auch wieder das Problem das ich diese Aussage eigentlich nicht machen kann, indem ich das Mittel Sprache benutze, wenn ich das ganze zu absolut sehe. Für mich wieder ein Hinweis das sprachliches Denken (für mich)für einiges nicht brauchbar ist.
Ein weiteres Beispiel, wenn ich an einem Programm arbeite habe ich ein Ziel und eine Syntax und Semantik der ich folgen muß, der Prozess des Programmierens in mir, also die gedankliche Leistung die ich vollbringe lässt sich aber nicht sprachlich fassen, dafür laufen zu viele Dinge parallel ab, ich wäge Möglichkeiten ab, optimiere gleichzeitig und sehe vor meinem geistigen Auge abstrakte strukturen die nur sehr schwer oder mit immensem Wortaufwand darstellbar wären. Wenn ich rein sprachlich vorgehen würde, würde also der Prozess des Programmierens viel zu ineffizient, und würde mir eine serielle Denkweise aufzwingen die dem Programmieren nicht dienlich wäre.
Nebenbei fällt mir ein Diskussion mit meiner Deutschlehrerin ein, für die die Vorstellung von nichtsprachlichem Denken völlig fremd war, ich konnte ihr nicht klarmachen das ich Sprache in Vorstellungen übersetze, meine innere Welt nur ‚triggere‘ und die Ergebnisse und Schlußfolgerungen dieser innere Welt dann wieder sprachlich zu fixieren versuche (mit dem Ergebnis das ich zu wenig Gewicht auf korrekte Rechtschreibung lege…). Für sie war dieser Prozess untrennbar. Eventuell, so scheint es mir jedenfalls manchmal ist diese Vorgehensweise geschlechtsspezifisch und hat etwas mit dem räumlichen Vorstellungsvermögen und somit der inneren Visualisierbarkeit zu tun, da sollen bei Frauen ja nur Phasenweise (während der Menstruation) ähnliche (männliche [sigh]) Aktivierungsmuster im Hirn vorhanden sein.
Wer weiss…

Hallo Zusammen!

Selten las ich einen thread mit so viel Freude und Interesse!

Herzlichen Dank
Junktor

Hallo, Stefan,

Ein weiteres Beispiel, wenn ich an einem Programm arbeite habe
ich ein Ziel und eine Syntax und Semantik der ich folgen muß,
der Prozess des Programmierens in mir, also die gedankliche
Leistung die ich vollbringe lässt sich aber nicht sprachlich
fassen, dafür laufen zu viele Dinge parallel ab, ich wäge
Möglichkeiten ab, optimiere gleichzeitig und sehe vor meinem
geistigen Auge abstrakte strukturen die nur sehr schwer oder
mit immensem Wortaufwand darstellbar wären. Wenn ich rein
sprachlich vorgehen würde, würde also der Prozess des
Programmierens viel zu ineffizient, und würde mir eine
serielle Denkweise aufzwingen die dem Programmieren nicht
dienlich wäre.

Zweck von Sprache ist allerdings nicht die Kommunikation mit sich selbst, sondern die Vermittlung von Gedankeninhalten.

Um in Deinem (mir sehr vertrauten) Beispiel zu bleiben:
Dennoch mußt Du Deinen gedanklichen Prozess in die Form einer Sprache - in diesem Falle in die Sprache des Computers - umsetzen, um dich ihm verständlich zu machen. Ich finde dieses Beispiel deshalb äußerst anschaulich, da es ja auch bei einer Programmiersprache einen begrenzten Wortschatz, strenge semantische und grammatische Regeln gibt, ohne deren strikte Einhaltung die Kommunikation Mensch-Maschine zum Scheitern verurteilt ist.
Und da stehst Du vor dem Zwang, dein gedankliches Wollen zu strukturieren und in das Korsett der wesentlich geringeren Ausdrucksmöglichkeiten der (Programmier)sprache zu zwängen.

Wie jede Methapher, so hinkt natürlich auch diese ein wenig. Programmiersprachen bestehen i.d.R. aus wenigen und eindeutigen Elementen, während die menschliche Sprache doch wesentlich mehr und zudem vielfach mehrdeutige und diffuse Begriffe benutzt. Dafür erlaubt sie durch ihre Redundanz aber auch, dass selbst eine diffuse Äußerung noch immer eine relativ hohe Chance erhält, vom Adressaten verstanden zu werden.

Wenn wir - um zur menschlichen Sprache zurückzukehren, diese Redundanz der Sprache, wie wir es ja hier tun, freiwillig zu reduzieren - nämlich um Mimik, Gestik, Tonfall, Körpersprache -, treten zwangsläufig Unschärfen auf, die dann in Missverständnissen münden und weitere Erklärungsschleifen erfordern, um dennoch das Ziel Verständigung zu erreichen. Bedingt dadurch wird man also bei rein schriftlicher Sprache andere Massstäbe an die Wahl der Sprachelemente anlegen müssen, als bei einem Gespräch unter vertrauten Partnern, als bei einem Telefongespräch, als beim Gespräch mit Fremden etc. Es bestimmt also auch das Umfeld und der Adressaten die Wahl der Sprache und des Ausdrucks.

Eine spannende und für mich äußerst wertvolle Diskusion!
Grüße
Eckard.

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Tag!

Zweck von Sprache ist allerdings nicht die Kommunikation mit
sich selbst, sondern die Vermittlung von Gedankeninhalten.

Sehe ich auch so, aber es gibt wohl Menschen die darüber hinaus Sprache als universelles Mittel verstehen.

Um in Deinem (mir sehr vertrauten) Beispiel zu bleiben:
Dennoch mußt Du Deinen gedanklichen Prozess in die Form einer
Sprache - in diesem Falle in die Sprache des Computers -
umsetzen, um dich ihm verständlich zu machen. Ich finde dieses
Beispiel deshalb äußerst anschaulich, da es ja auch bei einer
Programmiersprache einen begrenzten Wortschatz, strenge
semantische und grammatische Regeln gibt, ohne deren strikte
Einhaltung die Kommunikation Mensch-Maschine zum Scheitern
verurteilt ist.
Und da stehst Du vor dem Zwang, dein gedankliches Wollen zu
strukturieren und in das Korsett der wesentlich geringeren
Ausdrucksmöglichkeiten der (Programmier)sprache zu zwängen.
Wie jede Methapher, so hinkt natürlich auch diese ein wenig.
Programmiersprachen bestehen i.d.R. aus wenigen und
eindeutigen Elementen, während die menschliche Sprache doch
wesentlich mehr und zudem vielfach mehrdeutige und diffuse
Begriffe benutzt. Dafür erlaubt sie durch ihre Redundanz aber
auch, dass selbst eine diffuse Äußerung noch immer eine
relativ hohe Chance erhält, vom Adressaten verstanden zu
werden.

Gut wenn ich die Grundelemente nehme ist das so, ich kann aber Objekte, Methoden, Eigenschaften selbst definieren und somit meinen Wortschatz beliebig erweitern, in der objektorientierten Programmierung ist es weiterhin möglich die Syntax umzudefinieren, ich kann ‚Bedeutungen‘ (eigentlich Aufruf-Syntax) überladen, und ich kann Semantik schaffen die von der Programmiersprache nicht vorgegeben ist.
Ein normales Programm ist natürlich nichts gegenüber einer gewachsenen Sprache, schon rein zeitlich ließe sich wohl kein vergleichbares Gebäude errichten. Dafür würde ein Menschenleben nicht ausreichen, aber es wäre zumindest theoretisch möglich.

Wenn wir - um zur menschlichen Sprache zurückzukehren, diese
Redundanz der Sprache, wie wir es ja hier tun, freiwillig zu
reduzieren - nämlich um Mimik, Gestik, Tonfall, Körpersprache
-, treten zwangsläufig Unschärfen auf, die dann in
Missverständnissen münden und weitere Erklärungsschleifen
erfordern, um dennoch das Ziel Verständigung zu erreichen.
Bedingt dadurch wird man also bei rein schriftlicher Sprache
andere Massstäbe an die Wahl der Sprachelemente anlegen
müssen, als bei einem Gespräch unter vertrauten Partnern, als
bei einem Telefongespräch, als beim Gespräch mit Fremden etc.
Es bestimmt also auch das Umfeld und der Adressaten die Wahl
der Sprache und des Ausdrucks.

Hm, im Sinne von mehr Wert auf korrekten Umgang bei Reduzierung der Kommunikationsmittel (Nettikette, Duden neben dem Computer)? Ich seh schon, da scheint dein Beruf durch, du bist wahrscheinlich für diese endlosen Ansagen am Telefon verantwortlich, nein, ist schon ok, würde sonst wohl rekursive Hotline-Anrufe geben, wenn die nötige Genauigkeit fehlen würde. Das ist sicherlich richtig und sicher auch nervenschonender als so manche 5 Wort-Satz-Prollereien in anderen Foren.
Um meinen Standpunkt nochmal zu erläutern, ich finde an Sprache nichts negatives wenn der Bedeutungsanspruch nicht zu hoch geschraubt wird, ich freue mich auch wenn mir mal ein Satz gelingt, oder meinen Ansprüchen genügt (z.B. ‚Elementarheiliges Recreationcenter sücht noch Auszubildende für die Bereiche Gedächtniskodierung und Reflexdesign‘)
Aber ich sehe das Problem das es einige Bereiche des menschlichen Wesens gibt, die besser nicht in das Zwangskorsett Sprache gezwungen werden sollten, da wir über die wirklich zugrundeliegenden Mechanismen viel zu wenig wissen. Für mich wäre also eine Gesprächstherapie oder klassische Psychotherapie das Letzte von dem ich Wahrheit und Aufschluss erwarten würde. Dies liegt aber einfach an der Erfahrung des Verrennens und des Turmbaus der einem irgendwann zusammenstürzt weil man das Fundament vergessen hat (ich hab halt mal mit Erschrecken festgestellt, dass ich keinen Zusammenhang mehr in meinem Konstrukt herstellen konnte). Das ist aber rein subjektiv, und wenn jemand in der Sprachwelt aufgeht, kann ich mir schon vorstellen das es auch hilfreich sein kann.

Stefan

Hallo, Stafan

Hm, im Sinne von mehr Wert auf korrekten Umgang bei
Reduzierung der Kommunikationsmittel (Nettikette, Duden neben
dem Computer)?

j-ein, nicht unbedingt. Ausgehend von Gleichsprachigkeit wird sich der verwendete Wortschatz je nach Situation und Zweck der Kommunikation unterscheiden. Je nachdem, wie mir die Antworten auf meine Äußerungen Verstehen deutlich machen, werden nach Bedarf weitere iterative Schleifen durchlaufen werden müssen, in denen jeweils redundant der gleiche Inhalt in variierter Form dargeboten werden muß, bis schließlich Verständnis erreicht ist (ähnlich dem Aushandeln der Übertragungsgeschwindigkeit mit Hilfe des Protokolls in Netzwerkverbindungen)

Ich seh schon, da scheint dein Beruf durch, du
bist wahrscheinlich für diese endlosen Ansagen am Telefon
verantwortlich, nein, ist schon ok, würde sonst wohl rekursive
Hotline-Anrufe geben, wenn die nötige Genauigkeit fehlen
würde.

Oh, war das so deutlich? Aber leider ist meist der Kunde für die Dialoge verantwortlich. Ich dränge immer auf möglichst konzise Diktion. Eine Forderung, die leider nicht immer auf Akzeptanz stößt. Marketingabteilungen neigen vielfach zu epischer Breite und Wortgeklingel.

Um meinen Standpunkt nochmal zu erläutern, ich finde an
Sprache nichts negatives wenn der Bedeutungsanspruch nicht zu
hoch geschraubt wird, ich freue mich auch wenn mir mal ein
Satz gelingt, oder meinen Ansprüchen genügt (z.B.
‚Elementarheiliges Recreationcenter sücht noch Auszubildende
für die Bereiche Gedächtniskodierung und Reflexdesign‘)

Die Flexibilität der Sprache ist es, die es ermöglicht auch komplexe Inhalte an unterschiedlich aufnahmefähige Adressaten zu vermitteln. Dein obiger Beispielssatz wird sicher in dieser Form nicht von jedem verstanden werden. Er wird deshalb interpretiert werden müssen, indem für die (dem Adressaten) unverständlichen Teile durch andere Elemente ersetzt werden,

Aber ich sehe das Problem das es einige Bereiche des
menschlichen Wesens gibt, die besser nicht in das
Zwangskorsett Sprache gezwungen werden sollten, da wir über
die wirklich zugrundeliegenden Mechanismen viel zu wenig
wissen.

Dann wären diese Bereiche aber nicht kommunizierbar.
Extrembeispiel:
Ich fühle, dass ich mein Gegenüber abscheulich finde und es ablehne. Die nonverbale, sprachlose Möglichkeit des Ausdrucks wäre dann evtl. die geballte Faust mit Zielrichtung Nase.
In der anderen Richtung steht dann des Damon Reaktion „Und dem war kaum das Wort entfahren, möcht er’s im Busen gern bewahren.“, wenn der Mund überläuft, des der Kopf voll ist.
Sprache in diesen beiden Fällen also entweder nicht vorhanden oder im Überangebot :smile:

Für mich wäre also eine Gesprächstherapie oder
klassische Psychotherapie das Letzte von dem ich Wahrheit und
Aufschluss erwarten würde. Dies liegt aber einfach an der
Erfahrung des Verrennens und des Turmbaus der einem irgendwann
zusammenstürzt weil man das Fundament vergessen hat (ich hab
halt mal mit Erschrecken festgestellt, dass ich keinen
Zusammenhang mehr in meinem Konstrukt herstellen konnte). Das
ist aber rein subjektiv, und wenn jemand in der Sprachwelt
aufgeht, kann ich mir schon vorstellen das es auch hilfreich
sein kann.

Die Fähigkeit, die eigenen Gefühle zu strukturieren und auszudrücken ist sicher unterschiedlich verteilt und auch geübt. Aber da stößt weniger die Sprache als kommunikatives Werkzeug an ihre Grenzen als das Individuum in seiner Fähigkeit dieses Werkzeug anzuwenden.

Mit Sprache kann man alles ausdrücken - nur nicht einen nassen Schwamm :smile: (sorry, diese Plattitüde konnte ich mir denn doch nicht ganz verkneifen)

Beste Grüße (und Wünsche für 2004)
Eckard.

Um meinen Standpunkt nochmal zu erläutern, ich finde an
Sprache nichts negatives wenn der Bedeutungsanspruch nicht zu
hoch geschraubt wird, ich freue mich auch wenn mir mal ein
Satz gelingt, oder meinen Ansprüchen genügt (z.B.
‚Elementarheiliges Recreationcenter sücht noch Auszubildende
für die Bereiche Gedächtniskodierung und Reflexdesign‘)

Die Flexibilität der Sprache ist es, die es ermöglicht auch
komplexe Inhalte an unterschiedlich aufnahmefähige Adressaten
zu vermitteln. Dein obiger Beispielssatz wird sicher in dieser
Form nicht von jedem verstanden werden. Er wird deshalb
interpretiert werden müssen, indem für die (dem Adressaten)
unverständlichen Teile durch andere Elemente ersetzt werden,

Das ist auch der Sinn gewesen, es ist übrigens ein Ausschnitt aus einem etwas längeren Geschreibsel, ich hatte nur Spass an den Worten und war selber überrascht welche Bedeutungen ich hineinlesen konnte.

Aber ich sehe das Problem das es einige Bereiche des
menschlichen Wesens gibt, die besser nicht in das
Zwangskorsett Sprache gezwungen werden sollten, da wir über
die wirklich zugrundeliegenden Mechanismen viel zu wenig
wissen.

Dann wären diese Bereiche aber nicht kommunizierbar.

Exakt, ich lass es lieber und lasse meiner Umwelt die Möglichkeiten über meine Handlungen auf meinen Gemütszustand zu schliessen. Klar, grobe Einordnungen wie ‚mir gehts nicht gut‘ wenn ich Rückzug brauche o.ä. geb ich noch von mir. Nur lass ich die Finger von genaueren Umschreibungen meines Innenlebens (besser ist das) oder gar von dem Versuch Kausalitäten herzustellen.

Für mich wäre also eine Gesprächstherapie oder
klassische Psychotherapie das Letzte von dem ich Wahrheit und
Aufschluss erwarten würde. Dies liegt aber einfach an der
Erfahrung des Verrennens und des Turmbaus der einem irgendwann
zusammenstürzt weil man das Fundament vergessen hat (ich hab
halt mal mit Erschrecken festgestellt, dass ich keinen
Zusammenhang mehr in meinem Konstrukt herstellen konnte). Das
ist aber rein subjektiv, und wenn jemand in der Sprachwelt
aufgeht, kann ich mir schon vorstellen das es auch hilfreich
sein kann.

Die Fähigkeit, die eigenen Gefühle zu strukturieren und
auszudrücken ist sicher unterschiedlich verteilt und auch
geübt. Aber da stößt weniger die Sprache als kommunikatives
Werkzeug an ihre Grenzen als das Individuum in seiner
Fähigkeit dieses Werkzeug anzuwenden.

Darüber ließe sich endlos streiten, wobei ich dummerweise im Nachteil wäre, weil ich eben einiges nicht in Sprache fassen könnte und es mir unmöglich ist gute Beispiele zu geben. Ich kann nur wieder sagen das ich Gefühle habe die für mich in meiner internen Welt vertändlich sind, die ich aber nicht sprachlich fassen kann, ich fühle sie und sie sind in mir vorhanden, ich kann aber nicht sagen was genau sie ausgelöst hat, wie weit ihr Umfang ist im Verhältnis zu anden Gefühlen oder gar Begriffen, sie sind einfach da, reine Semantik sozusagen, ohne irgendwelche Syntax. Gefühle sind für mich extrem komplexe Wahrnehmung die ich nicht in seriellen Sprachfluss ubersetzen kann, und vor allem will, weil ich die Erfahrung gemacht habe, das ich die Komplexität bestefalls streife oder willkürlich einen vielleicht erstmal wichtigen Bestandteil herauspicke, der aber retrospektiv nicht das Gefühl im Ganzen beschreibt und im Endeffekt einfach nur eine armselige Krücke bildet. Es ist privat, nicht aus Paranoia sondern prinzipiell.

Mit Sprache kann man alles ausdrücken - nur nicht einen nassen
Schwamm :smile: (sorry, diese Plattitüde konnte ich mir denn doch
nicht ganz verkneifen)

Na ja, den Freischwimmer hab ich. Und angepisst fühl ich mich eigentlich nicht…

Beste Grüße (und Wünsche für 2004)
Eckard.

Danke gleichfalls, und immer schön jung bleiben :smile:
Stefan

Hi Junktor,

ersteinmal möchte ich dir sagen dass ich deinen Artikel und damit deine Frage sehr interessant finde!

Wenn du ehrlich zu dir selbst bist, wirst du vielleicht feststellen, dass man meistens in „Sprache“ bzw. in „Worten“ denkt! Sprache ist für uns elementare Kommunikation. Zumindestens merke ich es oft, wenn ich über etwas nachdenke. Ich denke in „Worten“. Wie wir uns leicht logisch herleiten können ist das denken aber wohl nicht von der Sprache abhängig. Ein Kind das seine Hand ins Feuer hällt und sich verbrennt wird sich beim nächsten Mal schon etwas dabei denken wenn es demnächst Feuer sieht. Es muss dabei aber nicht das Wort „Feuer“ oder „heiß“ kennen, um es als solches zu empfinden. Bis hier her sind wir also von der Sprache unabhängig. Was aber passiert wenn ich jemandem anderen diese Erfahrung oder anders gesagt, „mein Gedankengut“ vermitteln will? In diesem Moment bediene ich mich der Sprache! Das heist Sprache ist nur die Notwendigkeit, Gedanken zu vermitteln. Genau in diesem Bereich findet die Sprache meiner Meinung nach ihre Grenze. Wenn die Anforderungen von gedanklichen Zusammenhängen und Strukturen so komplex wird, dass die Sprache es nicht mehr schafft genau die Komplexität zu übermitteln! Betrachtet man nur volgendes Beispiel:

Persohn A kennt sich selbst als jemand der IMMER lügt. Nun möchte Persohn A diese Gedankengut an andere weitergeben.

Wie kann die „reine“ Sprache, die an Logik gebunden ist, dieser Anforderung gerecht werden? Persohn A: „Ich lüge absolut immer“, wäre wohl keine Lösung!

Ich Persöhnlich habe festgestellt, dass Sprache in dem Moment versagt, wo es kein Variationsintervall gibt, sondern nur starre unflexible Informationen. Sobald eine Sache in einer anzunehmenden Variabilität zutreffend ist, ist sie durch Sprache darstellbar! Und etwas ganz wichtiges noch: Sprache bekommt erhebliche Probleme mit Objekten, die sich selbst initialisieren! Also Objekte die sich nur durch sich selbst erklären!!!

Versuche doch mal zu beantworten was Du dier unter dem „Nichts“ vorstellst!? Du könnstest dich leichterweise mit dem Gegensatz- Priniziep abgeben und sagen: „Das Nichts ist der Gegensatz zu dem Etwas!“

Was ist aber wenn ICH DICH FRAGE: WAS IST INFORMATION?

Sicherlich kannst du mir sagen das Informationen Daten sind, aber welche Daten stellst du dir dann in dem Moment vor, kann ich es eraten?

Die Flasche Bier auf dem Tisch, ist sie keine Information???

Wenn du sagtest alles ist Information, weiß ich dann was Information ist?!

Und nun eine Sache über die du mal nachdenken solltest:

Wie konnte man zu dem Begriff „Information“ kommen? Woher weiß jeder was Information ist obwohl Information nur durch Information erklärbar ist! ???

GRUß

Tobias

Hi Tobias!

Wenn du ehrlich zu dir selbst bist, wirst du vielleicht
feststellen, dass man meistens in „Sprache“ bzw. in „Worten“
denkt!

Ich kann nur feststellen, wíe ich selbst denke, wie das in anderen vorsichgeht, kann ich nur erfragen. Ob ich das dann wiederum erfassen kann, hängt mit dem kommunikativen Vermögen der Sprache und mit meinem Umsetzungsvermögen zusammen. Vergleiche beispielsweise einmal deine Aussage oben, mit der Antwort, die Stefan Blanke gegeben hat…
Mich interessieren die Ansichten der anderen und deren Erfahrungen, die ich eben nicht haben kann. Deshalb sind sie so wertvoll für mich.
Auch deine Überlegungen.
Vielen Dank dafür!

Viele Grüße
Junktor

Hi,

Ist die Sprache wirklich die Grenze der eigenen Welt? Oder ist
es möglich diese Grenze mittels der Sprache zu durchbrechen?
Das wäre meine höchst praktische Frage an euch?

wie ist das letzte Fragezeichen zu interpretieren? :smile: Ist sie es oder nicht?

Ich denke, die Frageansatz sollte besser lauten: Grenzen der Kommunikationsfähigkeit.
Unsere gemeinsame Sprache wird ja verschieden genutzt. Bestes Beispiel: Thomas und ich (sorry Thomas)
Während er seine Logik irgendwie in Kategorien packt, mit denen ich nichts anfangen kann, wirft er mir vor, ich würde nur wirres Zeug reden und dialektischer Materialismus würde lauter Widersprüche enthalten, wogegen ich erwidere, daß ich ausschließlich anhand antagonistischer Widersprüche denken kann. Mit anderen ergeht es ähnlich, nicht nur mir.
Obwohl also die selbe Sprache gesprochen wird, wird sie gleichfalls verschieden verwendet, mit verschiedenen Philosophien gedacht. Sprache selbst besteht ja mehr oder weniger nur aus Bezeichnern für Zustände, Dinge, Vorgänge… zu deren Unterscheidung. Die Grenzen sehe ich da, wo es nicht mehr lohnt, zu differenzieren. Offen sind sie, wo neues entdeckt wird (aber nicht nur neu beschrieben).

Gruß
Frank