Hallo!
Sport setzt Körperbeherrschung voraus
Das ist eine Ansicht, die ich nicht teile. Die unterschiedlichen Sportarten stellen die ebenso unterschiedliche Anforderungen an den Sportler. (Manche stellen sogar diese Anforderungen an seine Ausrüstung oder sein Pferd). Ein Marathonläufer braucht Ausdauer, ein Golfspieler Geschicklichkeit. Diese beiden Anforderungen sind genauso unterschiedlich wie das Denken eines Schachspielers und die Kraft eines Gewichthebers. Zwischen „körperlich“ und „geistig“ zu unterscheiden, halte ich hier für nicht sinnvoll.
Für mich ist Sport ein spielerischer Wettkampf nach festgelegten Regeln. Deswegen kann von mir aus auch das Pfeifenrauchen oder das Hirsch-Imitieren als Sport ausgeübt werden. Zirkusakrobatik - die aber zur Schow eingesetzt wird - ist für mich kein Sport, auch wenn sie deutlich athletischer ist als manche Sportart.
An nächster Stelle kämen für mich die Präzissionssportarten (Curling, verschiedene Billard-Varianten, …)
Dass du Curling genannt hast, überrascht mich. Hab mir beim
Zugucken nie gedacht: Darauf wär ich nicht gekommen! Kannst du
mir erklären, warum du Curling als besonders kreativ
verstehst?
Es gibt unterschiedliche Arten von Kreativität. Wenn man unter Kreativität „Problemlösekompetenz“ versteht, dann ist Curling sehr kreativ. Man sieht das daran, dass die Spieler eines Teams oft minutenlang über den nächsten Stein beraten.
Beim Fußball ist eine andere Art von Kreativität gefragt, nämlich Spontanität. Die Fähigkeit, auf eine unerwartete Idee zu kommen.
Man kann das eine nicht mit dem anderen vergleichen.
…aber ist es auch variantenreicher als Basketball?
Ja, ich denke Fußball ist variantenreicher als Basketball. Es
gibt im Basketball weniger mögliche Anspielmöglichkeiten, …
Wenn man das Spiel stoppt und nachzählt, hast Du recht. Aber Basketball ist dynamischer als Fußball. Wenn Du mal in einem Spiel 10 Sekunden beobachtest und zählst, wie viele vollkommen verschiedene Spielsituationen in diesen 10 Sekunden auftreten, dann ist vermutlich Basketball vielseitiger als Fußball.
ein
kleineres Feld (das Spielgeschehen verdichtet sich außerdem
auf den Ballführenden und hinter die 3-Punkte-Linie des
verteidigenden Teams), …
Inwiefern schränkt das die Kreativität ein?
ein kleines Ziel (also wenig mögliche
Wurfvarianten),
Es gibt beim Basketball schon auch zahlreiche Wurfvarianten. Außerdem ist beim Basketball die Kreativität mehr im Spielaufbau und in der Vorbereitung gefragt, weniger im Abschluss.
Nur um
einem Missverständnis vorzubeugen: Damit meine ich ja nicht,
dass Basketball als Sport „schlechter“ sei, weniger aufregend
oder weniger schwierig zu beherrschen.
So hatte ich es auch nicht verstanden.
Im Gegenteil,
Basketball und auch Handball sind für den neutralen Zuschauer
wahrscheinlich deutlich aufregender als Fußball, schon wegen
der hohen Schlagzahl.
Das glaube ich nicht unbedingt, aber aus anderen Gründen. Fußball hat etwas schicksalshaftes. Jeder Fehler kann am Ende spielentscheidend sein. (Ich sage nur Arjen Robben …). Das gibt es so in wenigen anderen Sportarten. Gerade beim Handball und Basketball fallen die Spielergebnisse sehr viel höher aus. Das hat zur Folge, dass ein Spiel entweder früh entschieden ist. Ich sah mal Frisch Auf Göppingen gegen Balingen in der Porsche-Arena in Stuttgart. Frisch Auf führte von Anfang an bis zum Spielende mit 4 bis 6 Toren Unterschied. Da kommt keine richtige Spannung auf. Und wenn ein Spiel dann doch etwas knapper ausgeht, dann kann man die ersten 50min praktisch vollkommen streichen, denn das Spiel wird dann in den letzten 10 entschieden und nur die bleiben am Ende im Gedächtnis. Nicht so im Fußball.
Im American Football werden Spielzüge geplant wie in einem Strategiespiel.
Beim American Football muss man unterscheiden.
Ich will mich da nicht zu weit aus dem Fenster legen, weil ich mich mit dieser Sportart nicht sehr gut auskenne. Ich stelle mir jedoch als ein Spiel vor, das - um die Fußballsprache zu verwenden - aus einer Aneinanderreihung von Standardsituationen besteht. Und da ist auch eine Kreativität gefragt - nicht vom Individuum, sondern vom Kollektiv oder vom Trainer.
Was übrigens Fußball auch auszeichnet ist die Unterschiedlichkeit der Spieler. Ich meine: Jan Koller (2,02 m) und Icke Häßler (1,66 m) übten dieselbe Sportart aus! Der eine hätte auch Basketballer, der andere auch Jockey werden können, mit diesen Körpermaßen. Und trotzdem scheint im Fußball ein Sportler mit jeglicher Statur ein Pätzchen finden zu können.
Michael