Hallo Reni,
in der Süddeutschen Zeitung ist folgendes zu lesen: Nach
einem Bericht der Welt am Sonntag will der Dalai Lama die
Gleichberechtigung von Frauen im Buddhismus durchsetzen. In
Hamburg werde das geistliche Oberhaupt der Tibeter bekannt
geben, dass fortan auch Frauen in die Führungsetage des
tibetischen Buddhismus einziehen dürften.
Ich war vor Ort und habe das Geschehen verfolgt. Es handelte sich um den ‚Congress on buddhist women‘,zudem der Dalai Lama am Abschlußtag als Gast geladen war und nach einer kurzen Ansprache dann in der Podiumsdiskussion den führenden Mönchen und Nonnen Rede und Antwort zu stehen hatte. Es ging darum, die Möglichkeit der vollen Ordination für Nonnen der tibetischen Tradition ins Leben zu rufen (wie in anderen Traditionen - z.B. Theravada - ab diesem Jahr möglich).
Obschschon sich fast alle Nonnen und Mönche (lediglich ein Senior-Mönch der tibetischen Tradition sprach sich gegen diese Einführung aus!) einer Meinung waren, und logisch, nachvollziehbar und mit guten Begründungen sich hierfür aussprachen war der Dalai Lama nicht bereit auf diese Bitten direkt einzugehen. Stattdessen umschiffte er jede an ihn herangetragene Bite mit teisweise haarsträubenden Begründungen. Eine davon war: er sei selbst nicht Buddha und könne diese Entscheidung also nicht treffen.
Die Vorgeschichte in Kürze: Seit Dekaden bitten die tibetischen Nonnen um klare Anweisungen und Neuregelungen zur vollen Ordination von Nonnen durch Nonnen druch eine Fixierung einer Regelung hierzu durch den Dalai Lama, der wiederrum seit Dekaden darauf verwiesen hatte, daß noch mehr Forschung in diesem Bereich nötig sei, um eine Entscheidung zu treffen. Er sagte zwar zu, ein Nonnenkloster in Tibet etablieren zu wollen, gestand den tibetischen Ordinierten die Erlaubnis für (ohnehin schon akzeptierte und generell in buddhistischen Traditionen verankerte Riten (wie z.B den ‚Vassa‘ = Rains-Retreat; eine dreimonatige Rückzugszeit für Ordinierte zu Zeiten der asiatischen Regenzeit)zu und zerstörte somit das, was ein historisches Ereignis hätte werden können. Alle Ordinierten sprachen an, daß praktisch keine Forschungsarbeit diesbezüglich mehr geleistet werden könne, denn seit Dekaden hätten sie alles themenbetreffende hierzu durchforstet - eine Entscheidung stünde jetzt an, hier und heute in Hamburg (20.07). Der Dalai Lama erwiderte, daß er überhaupt kein Problem sähe, denn er persönlich würde doch die Nonnen als gleichberechtigt ansehen. Daß dies in den Ordensregeln nicht fixiert ist und daher also auch nicht zum Tragen kommt, hierauf ging er nicht ein.
Daß dieses Treffen nun von Zeitungen als 'historisches Ereignis’betitelt wird liegt wahrscheinlich daran, daß die Journalisten die Paliwörter (wie eben Vassa) nicht verstanden und lediglich eine ‚Neuerung‘ von drei Faktoren verstanden, die aber tatsächlich keine sind.
Zurückblieben enttäuschte Nonnen und Mönche und ein enttäuschter Anteil des Publikums, nämlich jener, der des Pali mächtig war.
Eine der Vorredenerinnen war Bischöffin Jeppsen, die sehr klug, anschaulich und geschichtlich versiert auf die Rolle der Frau in der christliche Welt eingegangen war, mit ihrer Rede gleichwohl die Ordinierten unterstützte, beim Dalai Lama damit aber letztlich auch auf taube Ohren stieß.
Mein Fazit: Der Dalai Lama ist lediglich ein Diplomat und Politiker, umhüllt von einer Wolke aus Klischees, bestehend aus dem, was die Menschen gern in ihm sehen.
Und: Hut ab vor Frau Jeppsen, die mich (als Buddhist und nicht Christ) in Ausdruck, Nachdruck und Kompetenz sehr beeindruckte.
Es waren diverse Kamerateams aus dem In- und Ausland präsent, so daß sicherlich irgendwann und irgendwo diese Konferenz zu sehen sein wird (wohlmöglich via Internet durch eine buddhistische Vereinigung) und dann kann jede/r selbst verfolgen, was tatsächlich geschah.
MfG, Ted