Guten Tag liebe Philosophen!
Ich habe eine Frage, die sich im Bereich der Metaphysik eingliedern lässt.
Es ist folgendes: Ich suche zur Zeit nach einer Erklärung über das Prinzip, das hinter den konkreten, sichtbaren Dingen steckt, also, wenn man so will, bin ich auf der Suche nach dem Wesen oder der Wirklichkeit der Dinge.
Um die Problematik zu veranschaulichen, würde ich gerne ein Beispiel bringen, das so ähnlich schon Martin Heidegger gebracht hat:
Man stelle sich einen großen, schweren Stein vor. Diesen Stein kann ich nun mit naturwissenschaftlichen Methoden und Vorgehensweisen analysieren. Ich kann ihn abmessen, wiegen, seine Oberflächenbeschaffenheit erfassen, ihn auf seine substantielle, sprich chemische Zusammensetzung hin durchleuchten usw… Aber damit habe ich eines nicht erfasst: Nämlich das Wesen des Steins, also seine Wirklichkeit. Und die Wirklichkeit des Steines ist das Lastende bzw. das Beharrliche. Und diese seine Wirklichkeit kann ich nicht erfassen mit naturwissenschaftlichen Methoden; ich kann sie aber sehr wohl denken (bildhaft aufnehmen) und nachdem ich sie gedacht habe, kann ich sie empfinden. Das heißt also, dass das Bild des Steines ein bestimmtes Empfinden in mir auslöst. Mal angenommen, jemand ist in einer Stimmung, die ohnehin nicht gerade jubelnd ist, und derjenige begegnet einem schweren, großen Stein. Dann wird derjenige das Lastende, das der Stein ihm assoziiert, empfinden; also muss doch im Stein etwas wirksam werden, das der Mensch geistig aufnehmen kann. Und das, was wirksam wird, nenne ich eben die Wirklichkeit des Steins.
Nun kann ich also fragen: Wo hat der Stein seine Wirklichkeit her? Von woher kommt sie? Wieso hat der Stein das Lastende oder das Beharrliche an sich? Es ist nämlich nicht so, dass sich diese Wirklichkeit des Steines funktionell erklären ließe; indem man beispielsweise sagt: Der Stein hat deshalb die Wirklichkeit der Beharrlichkeit und des Lastenden, weil er nur von außen bewegt werden kann. Das wäre falsch, denn viele Dinge können nur von außen bewegt werden, haben aber trotzdem nicht das gleiche Wesen wie ein Stein. Wenn ich mir z. B. einen Baum vorstelle, dann hat der eine ganz andere Wirklichkeit wie ein Stein; er gibt ein ganz anderes Bild her, wie es ein Stein tun würde. Es lässt sich also gar nicht funktionell erklären, er muss seine Wirklichkeit von wo anders her haben. Das lässt sich natürlich auf alle „Dinge“ anwenden, also auch auf Menschen, Tiere, Pflanzen, auch auf das Wasser usw, eigentlich auf alles, was sichtbar ist. Wenn ich mir beispielsweise einen ganz bestimmten Menschen vorstelle, dann habe ich doch sofort einen Eindruck von ihm in der Seele, nämlich einen Eindruck, der sich durch das Bild dieses Menschen ergibt, und das Bild ist das Bild seiner Wirklichkeit und mithin seines Wesens.
Und ich würde nun gerne wissen, ob jemand von euch hier in diesem Philosophie-Diskussions- und Frageforum mir erkären kann, von woher die Dinge ihr Wesen bzw. ihre Wirklichkeit haben. Ich befürchte aber, dass das niemand so genau weiß, weil es ein Bereich ist, der mit dem Geist im Grunde genommen nicht mehr ausleuchtbar ist. Aber ich hoffe trotzdem, dass es ein paar gute Denkansätze gibt.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Baumeister