von Unternehmern und solchen,die es werden könnten
Hallo Rainer,
Viel Spaß noch, beim gegenseitig auf die Schultern klopfen!
ich teile nicht jede Ansicht, die in diesem Forum verbreitet wird und das ist nur logisch. Es gibt nun einmal verschiedene Meinungen und mit den meisten kann ich leben. Ich kann verstehen, wenn jemand mehr Geld für Arbeitnehmer fordert, ich kann verstehen, wenn jemand mehr Geld für Arbeitslose fordert und ich kann vor allem verstehen, wenn jemand mehr Geld für die Bevölkerungsgruppe fordert, der er selber angehört.
Ich kann jedoch nicht verstehen, wenn sich Menschen hartnäckig gewissen Realitäten verweigern. Dazu gehört bspw. die Ansicht, daß Unternehmensgewinne per se schädlich, asozial und was weiß ich sind. Ich werde nicht müde darzulegen, daß Gewinn stattdessen unverzichtbare Voraussetzung für eine weitere Existenz eines Unternehmens sind und damit Voraussetzung für Arbeitsplätze. Jeder, der für seinen Kapitaleinsatz weniger Verzinsung erzielt als er für ein Festgeld bekommt, ist ein Idiot und wird das sicherlich irgendwann mal merken und das Geld in der Konsequenz anderweitig anlegen. Ist das Kapital erst einmal weg, ist das Unternehmen schnell am Ende.
Eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals von 1% ist in Deutschland zwar nicht unüblich, aber dennoch zu wenig. Das Risiko, das eingesetzte Kapital zu verlieren, ist deutlich höher als bei der Anlage als Festgeld. Ganz logisch ist deshalb auch, daß die Verzinsung des Eigenkapitals deutlich höher sein muß als die eines Festgeldes. Je nach Rechenmodell geht man in der Wissenschaft von einem Verzinsungsanspruch von 5-15 % über dem risikolosem Zinssatz aus, also im Augenblick 10-20% pro Jahr. Alles was diesen Satz unterschreitet, bedeutet für den Unternehmer Wertvernichtung.
Weiterhin erhält ein Unternehmer weder Arbeitslosengeld noch hat er Ansprüche aus der Rentenkasse. Sein Verdienst muß also hoch genug sein, um für eine Absicherung für den Fall der Arbeitslosigkeit, Arbeitsunfähigkeit und Altersschwäche zu sorgen. Da es hier keine hälftige Zuzahlung des Arbeitgebers gibt, ist der zu zahlende Beitrag deutlich höher als der AN-Anteil bzw. die Absicherung wesentlich geringer. Und nicht zuletzt wird der Aufbau der Existenz bzw. eine spätere Expansion häufig kreditfinanziert. Geht das Unternehmen aus welchen Gründen auch immer pleite, hat der Unternehmer nicht nur kein Einkommen mehr, sondern noch einen Haufen Schulden. Eigentlich unnötig zu erwähnen: Der Unternehmer bekommt aus einer Insolvenz als allerletzter etwas. Vorher dürfen sich alle anderen inkl. Arbeitnehmer und Finanzamt bedienen.
Als dies sind Punkte, über die sich überhaupt nicht zu diskutieren lohnt. Es sind Tatsachen, punktum. Wenn man nun hier in jedem zweiten Artikel liest, daß die Unternehmer viel zu viel verdienen, ihre AN schröpfen und was weiß ich noch, kann man angesichts solcher Dumm- und Blindheit mitunter die Fassung verlieren. Und da kann es dann mal passieren, daß sich diese Fassungslosigkeit in Form von Sarkasmus ihren Weg bricht.
Es bringt nur wenig, wenn Du jetzt die beleidigte Leberwurst spielst und Dich verziehst. Du kannst auch weiterhin gerne mit Strichlisten durch das Forum ziehen und eine relative Stärke des einen oder anderen Lagers konstatieren. Nur solltest Du aufpassen, daß Du Meinungen nicht mit Tatsachen vermischst.
Kündigungsschutz, Arbeitszeiten und Sozialleistungen sind Meinungsfragen, bei denen man je nach Sichtweise der Dinge diese oder jene Ansicht vertreten kann. Der eine, der nach volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten an die Sache herangeht, kommt zu einem anderen Schluß, als derjenige, der unabhängig von Finanzierbarkeit oder Wirkung das kurzfristige Wohl des Individuums steigern will.
Aber es gibt nun einmal unumstößliche Tatsachen und das sind einige der von mir angeführten Punkte. Es ist ja nun auch nicht so, daß diese Dinge im Forum erstmals angesprochen wurden. Ich weiß auch, daß Du in einigen unserer Diskussionen durchaus bereitwillig eingeräumt hast, an einigen Stellen falsch gelegen und dazugelernt zu haben.
Rätselhaft ist für mich dann nur immer wieder, daß die Erkenntnisse früherer Diskussionen irgendwann anscheinend verloren gehen und da bist Du im übrigen keine Ausnahme. Ich habe Tamansari inzwischen drei mal erklärt, daß Kontoabfragen der Behörden auch ab Mai auf Stammdaten beschränkt bleiben. Dennoch ist er in jeder Diskussion wieder voll mit dabei, wenn es um die vermeintliche Abfrage von Kontoständen oder –umsätzen geht.
Das ist ausgesprochen unerquicklich. Ich bin mir absolut sicher, daß wir uns schon mehrfach darauf geeinigt haben, daß Unternehmer ein Einkommen benötigen, das ihr höheres Risiko ausgleicht. Ich weiß aber auch, daß Du jedes mal wieder vorn mit dabei bist, wenn es darum geht, daß Unternehmen zuviel verdienen, Arbeitnehmer ausgebeutet werden und überhaupt!
Das ist anstrengend, frustrierend und vermittelt ein trauriges Bild dessen, welche Meinung in der Bevölkerung vorherrscht. Sicherlich sind die Medien nicht ganz unschuldig, die ja gerne mal in dasselbe Horn tuten, sei es nun Ackermann, Esser, Krankenkassen. Nur frage ich mich gelegentlich, was ich hier eigentlich mache. Selbst ein Angehöriger der knappen Handvoll, die überhaupt bereit ist, sich argumentativ beeinflussen zu lassen, fällt nach kurzer Zeit immer wieder in alte Denkschemata zurück. Und genau diese Schemata, die hier so häufig zu lesen sind, habe ich in meinem vorstehenden Artikel karrikiert.
Wenn das für Dich ein Problem ist, dann denke mal darüber nach, was einem der mitlesenden Selbständigen durch den Kopf geht, wenn er davon liest, was er und seinesgleichen für Ausbeuter sind, während er gerade zwei Verlustjahre hinter sich hat, von denen seine Angestellten gar nichts mitbekommen sondern stattdessen wie gewohnt das Weihnachtsgeld erhalten haben.
Ich trage mich schon seit einiger Zeit mit dem Gedanken, mich selbständig zu machen. Nichts konkretes, aber die Überlegungen finden statt. Die Voraussetzungen sind gegeben: Das Startkapital ist da, ich bin nicht übermäßig dämlich, einigermaßen fit in Finanzdingen und gehe davon aus, daß ich einen ganz guten Blick für den Markt habe. Wenn ich aber daran denke, daß ich u.U. Mitarbeiter brauche, wird mir heiß und kalt. Ich muß nämlich davon ausgehen, daß diese dann genauso denken werden wie Du oder die Hackfressen, die ich jeden Tag als Kunde erlebe. Jemand wie Du, der mir aus Prinzip mein Einkommen neidet, ohne zu wissen, wieviel es eigentlich ist und was ich davon bezahlen muß. Jemand wie die Leute beim Bäcker, die sich im Hinterzimmer unterhalten, während vorne die Kunden warten, oder zwar die vorgegebenen Latexhandschuhe tragen, damit aber dann mit denen genauso das Geld abzählen und Brötchen schmieren, als wenn sie nackte Hände hätten.
Versteh mich nicht falsch: Ich gehe davon aus, daß Du Deine Arbeit gewissenhaft und gründlich erledigst. Nur weiß ich als potentieller Arbeitgeber nicht, was ich von jemandem im Ernstfall an Einsatz oder finanziellen Zugeständnissen erwarten kann, wenn ich Deine Grundeinstellung zum Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kenne.
Und jetzt überleg mal, ob ich der einzige potentielle Selbständige bin, der den entscheidenden Schritt aufgrund der Grundstimmung in diesem Land herauszögert.
Gruß,
Christian