Hi,
bei Propellermaschinen westlicher Herkunft gilt das (ungeschriebene?) Gesetz dass sich die Propeller, in Flugrichtung gesehen, immer im Uhrzeigersinn drehen. Dass nicht jeder Hersteller sein eigenes Süppchen kocht macht insofern Sinn als Piloten, die verschiedene Muster fliegen, intuitiv auf das Giermoment reagieren können und nicht überlegen müssen wie es sich bei diesem Flugzeug, in dem sie gerade sitzen, verhält. Es wird in jeder Maschine, wenn auch unterschiedlich stark, so doch immer die gleiche Richtung haben.
Propeller schrauben sich durch die Luft, deswegen spielt das Drehmoment dort eine nennenswerte Rolle. Bei Düsentriebwerken ist das Prinzip dass Luft vorne angesaugt und hinten herausgeblasen wird, da hat der Vortrieb also nichts damit zu tun dass sich im Triebwerk etwas dreht. Insofern spielen Drehmomente und Laufrichtung bei Düsenflugzeugen keine nennenswerte Rolle.
Sollte ein Motor ausfallen liegt das Problem nicht nur in dem generellen Schubverlust, sondern der stehende Motor verschärft das Problem auch insofern als er durch erhöhten Luftwiderstand bremst. Das wiederum führt zu einem unterschiedlich starken Auftrieb an den beiden Flächen…
Im Falle der MD-82 sitzen die Triebwerke hinten und nah am Rumpf, also auch nahe an der Flugzeuglängsachse. Das ist bei einem Triebwerksausfall „günstig“ weil die Hebelwirkungen nicht so stark sind wie bei einem Flieger, dessen Triebwerke auf „halber Höhe“ bzgl. der Länge des Flugzeugs, und außerdem am Flügel relativ weit von der Längsachse entfernt, hängen.
Die Gefahr dieser „Heckantriebe“ ist andererseits bei ungesund hohen Anstellwinkeln dass sich die Flügel genau auf eine Ebene mit den Triebwerken begeben können. Dann steht der Flügel sozusagen wie ein Windabweiser im Weg und behindert eine ausreichender Anströmung des Triebwerks mit Luft - Folge wird dann ein Engine stall sein, das Triebwerk verabschiedet sich weil unzureichend Luft hinein strömt.
Was den Spanair-Unfall angeht weiß man bisher nichts Genaues, es gibt nur viele einzelne bekannt gewordene Fakten, sie sich aber nicht zu einem schlüssigen Bild formen lassen. Die Unfallermittler wissen (hoffentlich) schon mehr.
Man fand einen Reverser geöffnet, die Frage ist aber er sich fatalerweise selbsttätig aktiviert hat, oder ob die Piloten ihn aktiviert haben um das Flugzeug zu bremsen. Bekannt ist auch dass an der Unglücksmaschine ein Reverser seit 3 Tagen still gelegt war. Unklar ist noch ob Spanair dann sicherheitshalber beide deaktiviert, oder ob der andere funktionsfähig gehalten wird. Theoretisch wäre beides möglich.
Beim Absturz der Lauda Air 1991 in Thailand war die Unfallursache ein Reverser, der sich während des Reisefluges geöffnet hat. Man hat dann zuerst angenommen dass das eigentlich beherrschbar hätte sein müssen, denn es hatte Tests von Boeing gegeben, bei denen man auf niedriger Höhe und relativ geringen Geschwindigkeiten gezeigt hatte dass eine Aktivierung des Umkehrschubs beherrschbar war. Diese Ergebnisse waren auf andere Flughöhen und Geschwindigkeiten hochgerechnet worden und so schien es machbar.
Im Zuge des Lauda-Absturzes hat man die Sache dann aber mit realistischen Modellen im Windkanal nachgestellt und herausgefunden dass die Hochrechnungen komplett falsch waren. Die Werte, die man da bei geringer Geschwindigkeit und Höhe gemessen hatte, ließen sich eben nicht für andere Umstände transferieren, sondern bei Reisefluggeschwindigkeit und -höhe hat man, wenn sich ein Reverser aktiviert, definitiv keinerlei Chance mehr.
Gruß,
MecFleih