Puh, schwierig. Meiner Meinung nach hat der Gesetzgeber ganz massiv geschlampt, als er den § 75 TKG verfasst hat.
Fehler 1:
Man überlässt den Sitzmöbelbegasern der BNetzA die Definition, was eine erhebliche Abweichung sei.
Fehler 2:
Man bezieht sich auf eine EU Verordnung, laut der dem Verbraucher ACHT Geschwindigkeiten zu benennen sind (maximal, normal, minimal, beworben, jeweils getrennt für Up- und Download) und schreibt direkt danach „angegebenen Leistung“ (im Singular), bei der Ermittlung der Minderung wird dann geschrieben „in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem die tatsächliche Leistung von der vertraglich vereinbarten Leistung abweicht“.
Nun, tatsächlich haben wir ACHT vertraglich vereinbarte Leistungen. Wenn nun EINER dieser Werte nicht erreicht wird, wird dann nur dieser eine Wert herangezogen? Wenn nur der Download 20% zu langsam ist, der Upload aber voll erreicht wird: Soll dann um 20% gemindert werden?
Fehler 3:
Es wird von einem „zertifizierten Überwachungsmechanismus“ gesprochen, mit dem man eine Leistung „ermitteln“ soll. Das ist technisch zwar möglich, aber erfordert weit mehr als ein Programm, welches auf einem Rechner läuft. Mit dem Messtool der BNetzA ist rein gar nichts beweis- oder ermittelbar.
Fehler 4:
Man hat eine Automatik eingeführt: Sogenannter „Nachweis“ der Minderleistung = unverzüglicher Minderungsanspruch. Keine Widerrede, kein Gegenbeweis, keine Nachbesserungsfrist.
Fehler 5:
Man hat beim ganzen Konzept vergessen, dass auch Anbieter nach dem Ablauf der Mindestlaufzeit ordentlich kündigen können.
Fehler 6:
Man hat beim Minderungsanspruch nicht bedacht, dass die Minderung höher sein kann als der Abstand zum nächstniedrigeren Vertrag.
Ein Beispiel:
100 / 40 Mbit/s Vertrag für 44,95€.
Leistung entsprechend der EU-Verordung nach Produktdatenblatt:
Beworben: 100 / 40 Mbit/s.
Minimal: 54 / 20 Mbit/s
Normal: 83,8 / 33,4 Mbit/s
Maximal: 100 / 40 Mbit/s.
Tatsächlich liegen dauerhaft 85 / 35 Mbit/s an.
Daraus ergeben sich folgende Verhältnisse bei den Leistungen:
Minimal 157% / 175%
Normal 101% / 105%
Maximal: 85% / 87,5%
Der Kunde sieht den schlechtesten Wert und will nun die 45€ um 15% mindern, also 38,21€ bezahlen.
Das wären dann 1,74€ weniger als ein Kunde mit einem 50 / 10 Mbit/s Vertrag, ein Mehrfaches der Leistung für weniger Geld.
DAS hält der Gesetzgeber also für „gerecht“?
Tja, und dann kommt die Telekom halt auf die Idee und sagt: Ach weischt, Kalle, dann kündigen wir dir halt. Kannst ja 50 /10 buchen und mehr bezahlen.
Es soll wohl Angebote gegeben haben, dass man dem Kunden die 5€ Differenz zum nächstnidriegeren Vertrag erlässt und ihm dennoch bei der alten, dafür zu hohen Geschwindigkeit lässt.
Das grundsätzliche Problem ist, dass man diese Neudefinition der deutschen Sprache (wer stets mehr als das Normale bekommt, aber regelmäßig weniger als 90% vom Maximum erhält, bei dem liegt eine erhebliche Minderleistung vor) auch für Altverträge anwenden lässt.