Ich hätte eine solche Aktion auf dem Niveau gar nicht gewagt
an die Wand zu hängen. Nenn mich arrogant, aber da kann ich
wirklich nur drüber lachen. Neben den Inhalten amüsiert mich
ebenso dieses kleine Symbol in den schwarz - rot-gold. was
soll denn das sein. Ein rennendes Brötchen??? Da hat man nicht
den Schneid die deutsche Fahne, den Adler raufzunehmen und
malt sich ein neues Maskottchen. Ach wie niedlich.
Nachdem wir hier feststellen, wie allergisch man schon auf einen solchen Spruch reagiert, sollte Dir eigentlich klar sein, dass zu der Maßnahme, den Adler nicht zu benutzen, kein fehlender Schneid passt, sondern die Notwendigkeit, ein Aufbruchgefühl für ein bestimmtes Volk zu erzeugen, ohne, dass man gleich als nationalistisch abgetan wird. Und das Niveau hoch aufzuhängen, hat auch keinen wirklichen Effekt; denn damit erreicht man nur die, die sich sowieso eine politische oder gesellschaftliche Meinung gebildet haben.
Man kann Verbundenheit und Heimatgefühl nicht über
Werbekampagnen erreichen. Man erreicht mich mit mir passenden
Lebensbedingungen, Chancen, sauberer Umwelt, Freiraum,
Gleichberechtigung.
OK, Dich vielleicht; andere erreicht man mit dem Gewinn einer Fussballweltmeisterschaft (dabei mein ich nicht nur die von 1954, die, wenn man den Analysen der vielen Filme im letzten Jahr darüber glauben kann, einiges für ein neues Selbstbewustsein getan hat. Manche gehen ja soweit, dass ohne diese Weltmeisterschaft das Wirtschaftswunder nicht so ausgefallen wäre wie geschehen. Auch eine Fussballweltmeisterschaft 1990, gerade zu den Monaten der Wende, hat damals einiges für ein gemeinsames Wir-Gefühl getan, auch wenn die Spieler der ehemaligen DDR noch nicht dabei waren.).
Wieder andere erreicht man mit „Wir sind Papst“. Auch wenn es nicht mein Spruch ist, der zuständige Bild-Redakteur, der das sich ausgedacht hat, wird sich noch lange deswegen auf die Schulter klopfen können ob der Durchdringung in den normalen Sprachgebrauchs. Den Erfolg der Tatsache, dass ein deutscher Papst existiert, konntest Du auf dem katholischen Weltjugendtag sehen.
Wie ich schon sagte, es geht mir gut hier und ich lebe hier
aus bewußter Entscheidung. Schnell wäre ich weg, sollten die
Rahmenbedingungen nicht mehr zu meinem Lebensentwurf passen.
Auch dann, wenn die Rahmenbedingungen dann besser zu allen anderen passen? Klingt etwas egoistisch. Ähnliches wird sich Beckenbauer auch gedacht haben, als er nach Kitzbühel zog.
Ach ja, noch was: Mittlerweile bin ich ein paar Mal umgezogen in Deutschland, hab mich meistens gut eingelebt und einen Kreis aufgebaut. Aber immer war und bin ich der Emsländer, ich hab immer noch einen Bezug zu der Region und einige Kontakte dorthin. Die Rahmenbedingungen zwangen mich woanders hin, aber deswegen lösch ich nicht jedes Merkmal Emsland aus meinem Ich.
Gruß
Alex
hi
Es ist ja bemerkenswert, dass seit dem Beitritt der neuen
Länder die gängige Bezeichnung nicht mehr, wie zuvor,
„Bundesrepublik“ ist oder „Bundesrepublik Deutschland“,
sondern eben „Deutschland“.
Dies liegt daran, dass es bis 1990 zwei Deutschlands gab. Die Bundesrepublik und die Demokratische Republik. Sprach man von Deutschland meinte man sowohl West als auch Ost, sprach man von der Bundesrepublik wusste jeder, dass der Westen gemeint ist. DIese Unterscheidung muss man heute nicht mehr treffen. Oder sprichst Du von der Republik Frankreich oder der Republik Österreich oder dem Vereinigtem Königreich von Du von den jeweiligen Ländern sprichst?
Es wird aber bei diesem Paradigmenwechsel nicht einfach eine
sprachliche Bezeichnung durch eine andere ersetzt, sondern der
Begriff „Deutschland“ wird seit Kohls Tagen hypostasiert, d.h.
von einer schlichten geografischen oder nationalen Bezeichnung
zu einer eigenständigen Wesenheit erhoben, die bedürftig ist
(Deutschland braucht…"), Fähigkeiten hat (Merkel gestern
sinngemäß: „Was andere Länder können, sollte Deutschland auch
fertig bringen“), mit der man also Mitleid haben und sich
identifizieren kann, und es ist offenkundig, dass diese
geforderte Identifikation („Du bist Deutschland!“) in der
Tendenz die zeitgemäße Variante der Eingliederung des
Einzelnen in den großen Volkskörper ist, denn heute wie damals
soll der Spruch ja gerade nicht bedeuten: Das Deutschland als
homogener Block ist eine Schimäre, es gibt nur die bunte
Vielfalt, und du bist ein individueller Teil davon, sondern du
sollst dich mit dem Staat identifizieren, ihn nicht weiter als
bloße Macht- oder Umverteilungsinstanz begreifen, sondern als
die Instanz, die alle Individuen zu einem (Volks-) Ganzen
eint.
Ist das schlecht?
Vor allem sollst du nicht so viel kritisieren, auch wenn
„Deutschland“ dir Leistungen kürzt oder demokratische Rechte
beschneidet, damit triffst du nur dich selbst, denn du selber
bist Deutschland!
Das ist imho Blödsinn. Genau das Gegenteil ist mit der Kampagne gemeint. Man soll eben nicht nur kritisieren sondern auch mit anpacken, sich einbringen oder sich engagieren. Kritisieren kann jeder, kritisieren ohne was für die Verbesserung zu leisten istjedoch das „Bildsche-Übel“ was die Kampagne u.a. versucht zu bekämpfen.