Mehdorn geriert sich gern als derjenige und einzige, der die ehemalige Bundesbahn entrümpelt, saniert und wettbewerbsfähig gemacht hat. Dafür bekommt er auch nicht zu knapp Geld.
Was hat er tatsächlich geleistet?
Die Bahn, bzw. deren Reste sind - nach gnadenlosen Schrumpfungen, Outsourcing etc. inzwischen profitabel, ohne Zweifel. Jedenfalls nach reiner Lehre - wenn man die Eisenbahn als ein Transportunternehmen unter vielen ansieht. Der Preis allerdings ist ein volkswirtschaftlicher: wo einst ein ausgewiesenes Defizit auch dafür stand, dass noch ein gewisses Maß an Verkehrsleistung auch in strukturschwachen Räumen geboten wurde, fährt nix mehr. Betriebswirtschaftlich schlüssig, volkswirtschaftlich katastrophal. Immerhin sorgte die Bahn einst dafür, dass abgelegene Gebiete für Großbetriebe überhaupt interessant wurden - heute erledigt man das per Lkw, um den Preis überlasteter und maroder Straßen. Die Leute können ja sehen, wo sie bleiben - der Individualverkehr blüht, mit bekannten Folgen. Gleichzeitig sind diejenigen, die kein Auto haben, in manchen Ecken schon vom Rest der Welt abgeschottet. Und dazu muss man nicht in die wildesten Gegenden kommen - Beispiel Nordhessen, mit einer stark zersiedelten Landschaft. Ein Arztbesuch oder auch ein Einkauf wird per ÖPNV, soweit überhaupt vorhanden, zur Tagesveranstaltung - oder aber, per Taxi, sündteuer. Dörfer, deren Infrastruktur nur noch aus zwei Gullideckeln besteht, sind nicht mehr selten.
Sollte es einmal dazu kommen, dass, aus welchen Gründen auch immer, wieder eine „Ölkrise“ ausbricht, hat die Schrumpfkopferei dafür gesorgt, dass der Staat, zu dessen Vermögen ja die Bahninfrastruktur gehört, wesentlich empfindlicher getroffen werden kann - dreht man den Ölhahn nur ein wenig zu, sind die Folgen für die Volkswirtschaft katastrophal.
Im ständig wachsenden Güterverkehr spielt die Bahn nur noch eine untergeordnete Rolle: Güterabfertigung findet, wenn überhaupt, nur noch in Mittel- und Oberzentren statt; das Unternehmen selbst ist nur daran interessiert, Ganzzüge über möglichst weite Strecken rollen zu lassen. Die Verteilung übernimmt wieder der Lkw; Preis siehe vor. Wachstumschancen im Güterverkehr kann die Bahn, aufgrund vergammelter Gleisanlagen und abgebauter Rangierbahnhöfe, gar nicht mehr nutzen.
Mit anderen Worten verschleudert Mehdorn im Auftrag wessen auch immer volkswirtschaftliches Vermögen um den Preis verkehrstechnischer Monokultur; er sozialisiert Verluste und bereitet den Boden für die private Nutzung der Profite.
Nun gut, was sich nicht selbst finanziert, geht eben irgendwann kaputt, wird der Verfechter der Marktwirtschaft kontern. Aber - und jetzt kommt der aktuelle Bezug - was ist denn das für ein Marktwirtschaftler, der die lange Zeit erkennbaren Zeichen im Tarifstreit nicht zu deuten vermag und das Unternehmen in eine Situation rasseln lässt, in der sowohl der Betriebsfrieden als auch das Ergebnis den Bach herabgeht? Der es nicht schafft, trotz hauseigener Schmusegewerkschaft das lange anstehende Problem des Lohngefüges anzupacken, bevor eine Gruppierung stark genug ist, für, wenn schon nicht das komplette Kampfziel, so doch für den totalen Gesichtsverlust zu sorgen?
Was ist das für ein Unternehmer, der sich so dämlich in die Ecke stellt, dass er beim Streik einer kleinen Gruppierung nach der hohen Politik rufen muss? Nachdem er immer wieder den Gedanken des freien Unternehmertums lauthals in die Gegend trompott?
Herr Mehdorn, Sie sind eine Flasche …