E-Funktion

Hallo,

mal ne ganz blöde Frage: Wenn man die Exponentialfunktion mittels einer Potenzreihe definiert, dann ist doch exp(0) gar nicht definiert, weil dann das erste Glied 0^0 lautet und das ist nicht definiert.
Warum wird das überall verschwiegen?

Gruß
Oliver

Hallo Oliver,

man sollte sich nicht von der Summenschreibweise verwirren lassen. Gemeint ist stets die Potenzreihe

exp x = 1 + x + x^2/(2!) + …

Um dies kompakter schreiben zu können, sagt man

0^0 := 1

und schreibt damit

exp x = sum_{n=0}^unendlich [x^n/(n!)].

Sonst müsste man viel länger schreiben:

exp x = 1 + sum_{n=1}^unendlich [x^n/(n!)].

Viele Grüße,
Martin

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo,

0! = 1 ist doch ein Axiom.

Gruß
Frank

0^0 := 1

Ja, ok mit dieser Festsetzung passt es.
Ich fand das halt nur merkwürdig, dass dieses 0^0:=1 nirgendwo, weder in Büchern noch auf Internetseiten, erwähnt wird, wo die Mathematiker doch sonst immer so genau sind.
Aber gut, wenn es so definiert wird… ok.

Hallo Frank,

0! = 1 ist doch ein Axiom.

Nicht ganz. Ein Axiom ist eine Aussage, die man nicht beweist, weil sie „offensichtlich“ ist. Oder, aus einer anderen Sicht betrachtet, weil man eine Art Fundament braucht, um das Gebäude der Mathematik darauf errichten zu können: Axiome sind Ausgangsaussagen, aus denen weitere Aussagen (Sätze) bewiesen werden.

Beispiele:

„Es gibt (mind.) eine Menge mit unendlich vielen Elementen.“
„Wenn man eine beliebige Familie von unendlichen Mengen hat, kann eine weitere Menge gebildet werden, die jeweils genau ein Element mit jeder Menge aus dieser Familie gemeinsam hat.“

Im Gegensatz dazu gibt es Definitionen, die letztlich nur Abkürzungen für gewisse Objekte, z.B. Elemente aus bestimmten Mengen sind. In diese Kategorie fällt etwa das Symbol 1. Es steht für das neutrale Element bezüglich der Multiplikation im Körper der reellen Zahlen
(d.h. 1 * x = x * 1 = x für jedes reelle x).

Eine andere Abkürzung für das gleiche Element ist 0!. Dies ermöglicht eben kompaketere Schreibweisen im Zusammenhang mit Fakultäten. Das obige ist also eine Definition, kein Axiom.

Eine weiteres Symbol für eben dieses Element ist auch 0^0. Diese Schreibweise beinhaltet also hier insbesondere keine „Rechenvorschrift“ im üblichen Sinn! Anders definiert ist a^x mit einem a > 0. Dies ist eine Abkürzung für exp(x log a), wobei exp und log wieder Abkürzungen für etwas anderes sind (Abbildungen)…

Viele Grüße,
Martin

1 Like

Huhu,

entgegen der hier gemachten Aussagen, ist 0^0 natürlich nicht definiert, wie man sich durch folgende Überlegungen leicht klar machen kann:

a) 0^x ist sicher definiert für x>0, und es gilt:
0^x = 0 für alle x>0

b) x^0 ist sicher definiert für x>0, und es gilt:
x^0 = 1 für alle x>0

Nach a) wäre 0^0 = 0 und nach b) wäre 0^0 = 1. Offenbar kann man also 0^0 nicht korrekt definieren!

Also: 0^0 = nicht definiert!

Der Wert der e-Funktion an der Stelle 0 ist durch Fall b) klar geregelt:

e^0 = 2.71828…^0 = 1

Viele Grüße

Stefan.

Hallo,

Nach a) wäre 0^0 = 0 und nach b) wäre 0^0 = 1. Offenbar kann
man also 0^0 nicht korrekt definieren!

a) und b) setzen x>0 vorraus. Ob in beiden Fällen ein Erweiterung für x=0 „gleich sinnig“ wäre , ist noch die Frage. Ich halte die Def. von 0^0=1 allerdings auch für kontextabhängig. Bei der Summendarstellung der Expontialfunktion macht es Sinn. Erhalten bleibt auch a^(b*c)=(a^b)^c. Im selben Schritt würde man vermutlich auch 0/0=1 fordern, um a^(b+c)=a^b*a^c nicht zu verletzen.

Gruss
Enno

Huhu Enno :smile:

Das hat nichts damit zu tun, was wir für „sinnig“ halten oder nicht. Es ist einfach so, dass

0^0 = lim (0^x) für x->0

und

0^0 = lim (x^0) für x->0

gilt. In beiden Fällen kommt für 0^0 ein unterschiedliches Ergebnis heraus. Deswegen kann man 0^0 auch nicht mal eben so definieren, nur weil es für eine bestimmte Rechnung besser passt.

Ich halte die Def. von 0^0=1 allerdings auch für
kontextabhängig.

Sie ist nicht kontextabhängig, sondern grundsätzlich unmöglich!

Viele Grüße

Stefan.

Hallo,
zunächst mal kann man 0^0 beliebig festlegen (mit evtl. unerwünschten Konsequenzen). Dein Argument zielt auf stetige Fortsetzbarkeit. Hierfür ist allerdings lim(x,y)->(0,0)xy=00 das Kriterium. Zugegebenermaßen existiert lim(x,y)->(0,0)xy nicht, wie man sich leicht mit den geeigneten Nullfolgen klarmacht. Man kann Funktionen allerdings auch unstetig fortsetzen. Hier wäre das Kriterium zur Beurteilung der Sinnhaftigkeit der Fortsetzung i.allg. welche wünschenswerten algebraischen Eigenschaften durch die Fortsetzung erhalten bleiben bzw. welche Widerwärtigkeiten durch sie entstehen. Für die Summendarstellung der Exponentialfunktion erscheint mir 0^0=1 sinnvoll zu sein. Die generellen Konsequenzen, die sich daraus ergeben überblicke ich z.Z. nicht vollständig.

Gruss
Enno

Hallo Stefan,

es ist auch an diesem Beispiel interessant zu sehen, wie unterschiedlich die Herangehensweise von Mathematikern und Physikern zu sein scheint.

Wie Enno schon festgestellt hat, ist prinzipiell eine Erweiterung einer Funktion kein Problem. Der Definitionsbereich wird um einen weiteren Punkt ergänzt und diesem wird schlicht ein Funktionswert zugeordnet. Es ist nett, wenn Stetigkeit erhalten bleibt, aber nicht mehr und nicht weniger. Üblicherweise wird daher in der Tat 0^0 := 1 und nicht = 0 definiert, weil es oft für viele Schreibweisen zweckmäßig ist, wenn a^0 = 1 stetig fortgesetzt auch für a = 0 gilt.

Dies hindert natürlich niemanden daran, in einem Kapitel eines Buches, einer Arbeit oder eines Artikels kurzfristig 0^0 = 0 zu definieren, wenn es die dort enthaltenen Schreibweisen verkürzt und die Sachverhalte leichter verständlich präsentiert. Dann muss diese Definition allerdings klar und deutlich dem ganzen vorangestellt sein, damit keine Missverständnisse auftreten. Denn üblich ist 0^0 = 1, ähnlich wie beispielsweise das leere Produkt stets 1 und nicht 0 (wie z.B. die leere Summe) ist.

Viele Grüße,
Martin

P.S. Wenn 0^0 üblicherweise überhaupt nicht definiert wäre, dürfte man übrigens auch - wie schon Oliver richtig festgestellt hat - z.B. die Exponentialreihe (aber auch andere) nicht über die Summenschreibweise definieren. Die kompakte Summenschreibweise ist den Mathematikern aber dann doch mehr wert, als die Stetigkeit der 0^x Funktion… :wink:

Nochmal: Es geht hier nicht um eine „Rechnung“ für 0^0, sondern um eine Schreibweise (Hier vielleicht der Unterschied zwischen Physikern und Mathematikern: Die ersten betrachten Dinge/Resultate vielleicht als schon vorhanden und es gilt sie „nur“ durch Rechnung, Betrachtung der Natur etc. zu finden. Viele Mathematiker sehen dagegen „ihre“ Mathematik als ein von Menschen geschaffenes Gedankengebäude, das man den Bedürfnissen logisch sinnvoll anpasst…)

Huhu :smile:

Welchen Sinn macht eine Definition, wenn jeder etwas anderes darunter versteht?! Wenn ich für mich definiere, dass „Auto“ ab sofort „Tisch“ heißt, dann fährt Michael Schumacher plötzlich Tischrennen! Nee, man kann nicht mal eben 0^0 nach Herzenslust definierten! In jedem guten Mathebuch wirst du finden, dass 0^0 nicht definiert ist!

Obwohl die Festsetzung 0^0^=1 auch ihren Reiz hat. Dann ist nämlich endlich die Division durch 0 definiert:

Nehmen wir eine reele Zahl a>0 und nehmen wir an, dass 0^0=1 gilt:

1 = 1/1 = a^0 / 0^0 = (a/0)^0

Offenbar muss a/0 also irgendwie definiert sein! Vermutlich hast du auch schon definiert, welchen Wert a/0 hat?! :smile:

Viele Grüße

Stefan.

Hallo,
a^x/b^x=(a/b)^x (*) ist üblicherweise nur für b0 definiert. D.h. 1 = 1/1 = a^0 / 0^0 stimmt, die letzte Gleichheit verstößt aber gegen den Constraint „0“. Wolltest Du (*) aufrecht erhalten, wäre in der Tat die Frage, wie a/0 denotiert wird.

Gruss
Enno

Hallo Stefan,

Nee, man kann nicht mal eben 0^0 nach
Herzenslust definierten! In jedem guten Mathebuch wirst du
finden, dass 0^0 nicht definiert ist!

Also hier muss ich dir widersprechen! Und zwar war das auch genau der Grund meines Ursprungsposting: In jedem Mathebuch, das ich zu Hause rumstehen habe, aber auch auf diversen Internetseiten steht als Definition der Exponentialreihe lediglich:

exp:C->C
exp(z)=sum[n=0…oo]z^n/n!

Und weiter nichts! Und wenn man dann für z=0 einsetzen will, lautet das erste Glied 0^0. !!
Tja und nun? Das ganze macht eben nur Sinn, wenn man in diesem Fall
0^0:=1 definiert. Und nur dann passt es.
Ich finde es halt trotzdem merkwürdig, dass diese Definition (oder besser Abkürzung) nicht erwähnt wird. (wahrscheinlich ist diese Inkonsistenz dem Auto selbst noch nicht aufgefallen)

Gruß
Oliver

Hallo Stefan,

Welchen Sinn macht eine Definition, wenn jeder etwas anderes
darunter versteht?! Wenn ich für mich definiere, dass „Auto“
ab sofort „Tisch“ heißt, dann fährt Michael Schumacher
plötzlich Tischrennen!

So etwas habe ich nirgendwo geschrieben, sondern nur, dass

  1. 0^0 üblicherweise := 1 (falls nichts anderes gesagt wird),

  2. wenn man es anders definieren möchte, dann bitte nur lokal und explizit.

Meinethalben kannst Du 2) verbieten, es ändert nichts daran, dass jeder Mathematiker 1) im Hinterkopf hat. Übrigens habe ich nun auch im Heuser, Analysis I (ein Standardwerk) nachgesehen und dort (nicht gerade überraschenderweise) auf Seite 53 (Aufl. 7) die Definition a^0 := 0 für beliebige (reelle) a vorgefunden.

Übrigens sind die Autoren von Mathebüchern meist schon recht aufmerksam, wir sollten diese werten Herren nicht unterschätzen.

Herzenslust definierten! In jedem guten Mathebuch wirst du
finden, dass 0^0 nicht definiert ist!

Das ist falsch, lieber Stefan.

Obwohl die Festsetzung 0^0^=1 auch ihren Reiz hat. Dann ist
nämlich endlich die Division durch 0 definiert:

Nehmen wir eine reele Zahl a>0 und nehmen wir an, dass
0^0=1 gilt:

1 = 1/1 = a^0 / 0^0 = (a/0)^0

Offenbar muss a/0 also irgendwie definiert sein! Vermutlich
hast du auch schon definiert, welchen Wert a/0 hat?! :smile:

Wie Enno schon festgestellt hat ist die rechte Seite in der Tat nicht definiert. Mit der gleichen Argumentation, weil log und exp hintereinander geschaltet die Identität ergeben, könnte man ja ebenso sagen

-1 = log(exp(-1)) = exp(log(-1)),

was offensichtlicher Unsinn ist (log ist im negativen und damit auch der letzte Ausdruck nicht definiert).

Übrigens, Du wirst Dich wundern, kann man für topologische Zwecke die reellen Zahlen um den „Punkt“ unendlich (und minus unendlich) erweitern (wir nennen es R „quer“, das „Doppel-R“ mit einem Balken oben). Dort kann man (jeder Grundschullehrer würde die Hände über dem Kopf zusammenschlagen) 1/0 := unendlich definieren. Solange man weiß, was man tut, ist wesentlich mehr erlaubt als es auf den ersten Blick scheint… :wink:

Viele Grüße,
Martin

P.S. Leider werde ich zumindest heute keine Zeit haben hier nochmal reinzugucken, da noch u.a. die Vorlesungsvorbereitung auf mich wartet…

Huhu Mars :smile:

Meinethalben kannst Du 2) verbieten, es ändert nichts daran,
dass jeder Mathematiker 1) im Hinterkopf hat.

Nunja, das wage ich zu bezweifeln, denn es gibt sicher auch gute Mathematiker, die etwas ernsthafter an die Sache rangehen.

Übrigens habe
ich nun auch im Heuser, Analysis I (ein Standardwerk)
nachgesehen und dort (nicht gerade überraschenderweise) auf
Seite 53 (Aufl. 7) die Definition a^0 := 0 für
beliebige (reelle) a vorgefunden.

Ich sprach ja auch von „guten“ Mathe-Büchern :smile: Ich habe eben selbst ein paar Bücher durchgekramt und im Inet ein bisschen gesucht. Dort steht fast immer, dass a^0=1 ist, für a ungleich 0!!!

Nur, weil ein paar Mathematiker solche Fehler machen und 0^0=1 setzen, müssen es ja nicht alle machen :smile: Du kommst nur in Schwierigkeiten, wenn du 0^0 zulässt, weil viele Regeln dann Ausnahmen brauchen. Ich habe gelernt, dass 0^0 nicht definiert ist, weil keiner von den beiden Grenzwerten

a) 1 = lim( a^0 ) für a von oben gegen 0
b) 0 = lim( 0^a ) für a von oben gegen 0

vor dem anderen ausgezeichnet ist. Setzt man im Falle a) stetig fort, indem man 0^0=1 definiert, so ist Fall b) unstetig. Setzt man b) stetig fort, indem man 0^0=0 definiert, so ist Fall a) unstetig. Warum sollte ich einem den Vorrang geben? Da erscheint mir eher der Kompromiss 0^0=0.5 noch geeigneter, bevor ich 0^0=1 akzeptiere :smile:

Aber diese Diskussion bringt uns nicht weiter. Ich werde nicht akzeptieren, dass 0^0 definiert ist, und du wirst nicht akzeptieren, dass 0^0 eben nicht 1 ist. Vielleicht fragst du einfach mal deinen Taschenrechner? Der rechnet nämlich

0^0 = exp( 0*ln(0) )

und wird sich etwas schwer tun, den exakten Wert von ln(0) zu bestimmen :wink:

Viele Grüße

Stefan.

Hallo,

Ich finde es halt trotzdem merkwürdig, dass diese Definition
(oder besser Abkürzung) nicht erwähnt wird.

vieles wird in Büchern einfach aus anderen Werken übernommen, ohne noch mal die Richtigkeit und insbesondere die „Ecken“ solcher Definition zu überprüfen. Halte ich daher für nicht so unwahrscheinlich, daß sich so ein Fehler durch zig-Bücher schleppt. Auch eine gute Möglichkeit für einen Autor, zu sehen, wer alles sein Gedankenwerk übernimmt *g*.

Gruss
Enno

Hallo Stefan,

natürlich geht weder die Welt unter, wenn man 0^0=1 (verzeih den Tippfehler im letzten Beitrag) nicht so definiert, noch hängen daran weltbewegende Erkenntnisse.

Dennoch ist das hier…

Nunja, das wage ich zu bezweifeln, denn es gibt sicher auch
gute Mathematiker, die etwas ernsthafter an die Sache
rangehen.

…eine starke Aussage, die förmlich nach einer Widerlegung schreit.

Ich sprach ja auch von „guten“ Mathe-Büchern :smile: Ich habe eben
selbst ein paar Bücher durchgekramt und im Inet ein bisschen
gesucht. Dort steht fast immer, dass a^0=1 ist, für a ungleich
0!!!

Zum einen ist der inzwischen emeritierte Prof. Harro Heuser ein sehr ehrenwerter Mann, der sehr gute Mathe-Bücher schreibt. Zum anderen bedeutet das Fehlen dieser Notierung nicht, dass der Autor nicht implizit an anderer Stelle 0^0=1 verwendet, wie wir weiter unten sehen werden. Ich würde also eher die Behauptung (a la Oliver) aufstellen, dass diejenigen, die es nicht explizit erwähnen, nachlässig sind. Mit Sicherheit liegen aber die anderen, die es so defnieren, richtig.

Nur, weil ein paar Mathematiker solche Fehler machen und 0^0=1
setzen, müssen es ja nicht alle machen :smile: Du kommst nur in

Dann solltest Du vielleicht mal eine Umfrage starten. Ich habe nur meinen Büronachbarn, immerhin ein gestandener C4-Mathematik-Professor, angesprochen (mehr Leute zu fragen war mir damit einfach zu peinlich) und die Antwort kam (natürlich) wie aus der Pistole geschossen: 0^0=1.

Schwierigkeiten, wenn du 0^0 zulässt, weil viele Regeln dann
Ausnahmen brauchen. Ich habe gelernt, dass 0^0 nicht definiert
ist, weil keiner von den beiden Grenzwerten

a) 1 = lim( a^0 ) für a von oben gegen 0
b) 0 = lim( 0^a ) für a von oben gegen 0

Eine sehr schlechte Begründung. Offenbar wusste der Lehrer nicht, dass es auch unstetige Funktionen gibt.

Im Gegenteil, die Schwierigkeiten sind wesentlich größer, wenn man die besagte Defnition 0^0=1 nicht macht. Zunächst aber vielleicht ein paar Zitate, ich habe mir die Mühe gemacht in unserer Bibliothek ein paar Analysis-Bücher durchzuforsten.

  1. Harro Heuser, Analysis I hatten wir schon erwähnt, definiert 0^0=1.

  2. Jänich, Mathematik 1 (für Physiker) schreibt (1. Aufl., S.10), dass x^0 die konstante Funktion 1 soll (auf den reellen Zahlen). Dies impliziert 0^0=1.

  3. Rudin, Analysis. Die Angelsachsen nehmen alles etwas lockerer, zumindest habe ich keine explizite Definition von 0^0 gefunden. Trotzdem formuliert er die geometrische Reihe explizit für 0 sum_{n=0}^unendlich x^n = 1 / (1-x).

Der Wert x=0 eingesetzt liefert links 0^0, rechts 1.

  1. Barner/Flohr, Analysis I, wörtlich (Auflagen 2.-5., S.23)
    „insbesondere wird also auch 0^0=1 gesetzt“.

  2. Walter, Analysis 1 (6. Aufl, S.26), „a^0=1 für reelle a“.

  3. Königsberger, Analysis I. In der dritten Auflage habe ich auch hier keine explizite Definition gefunden. Trtozdem verwendet er, wie Rudin, sowohl die geometrische (s.o.) als auch die Exponential-Reihe in der Summen- („Sigma“-) Schreibweise, die eindeutig 0^0=1 impliziert.

  4. Der Klassiker himself: Otto Forster, Analysis 1. Definiert zunächst das leere Produkt =1 (analog zum großen Sigma, hierfür wird ja ein großes Pi verwendet) mit der Erklärung:

"Das leere Produkt wird deshalb als 1 definiert, da die Multiplikation mit 1 dieselbe Wirkung hat wie wenn man überhaupt nicht multipliziert. (6. Aufl., S.3).

Auf Seite 6 findet man dann für reelle a: „a^0=1 gemäß der Definition als leeres Produkt“, insbesondere also auch für a=0.

  1. Der altehrwürdige Bronstein/Semendjajew (Taschenbuch der Mathematik, ich habe 24. Aufl.). Unter 2.2.2.2 (S.106) und 2.4.1.3 (S.122) jeweils in den Fussnoten findet man

„Bei gewissen Betrachtungen ist es zweckmäßig, auch für x=0 zu fordern: x^0=1.“

Neben den besagten Reihen ist diese Festlegung tatsächlich in vielen Schreibweisen enthalten (wie und für welche x schreibst Du, wenn überhaupt, die geometrische Reihe?)

Z.B. wird der Binomialkoeffizient „n über k“ allgemein gerne auch als das Produkt von j=1 bis k über (n-j+1)/j definiert (das erlaubt auch Binomialkoeffizienten mit allgemeinen reellen n). Für k=0 erhält man dann das leere Produkt, entsprechend der sonst üblichen Festlegung „n über 0“ =1. Wenn das leere Produkt =1 ist, kann nur (wie Forster es macht)

a^n = prod_{k=1}^n a = 1, wenn n=0

für alle reellen a sein.

akzeptieren, dass 0^0 eben nicht 1 ist. Vielleicht fragst du
einfach mal deinen Taschenrechner? Der rechnet nämlich

0^0 = exp( 0*ln(0) )

und wird sich etwas schwer tun, den exakten Wert von ln(0) zu
bestimmen :wink:

Taschenrechner können auch nicht rechnen. Übrigens werden sie von Mathematikern programmiert (die es geworden sind, um Rechnungen zu vermeiden…) :wink: In der Praxis (denn für Praktiker werden Taschenrechner ja gebaut) braucht man natürlich 0^0 nicht, weshalb man es über die exp-Funktion implementiert und für den Exoten kein Bit verschwendet.

Nichtsdestotrotz wirst Du vermutlich stur an Deiner Weigerung bleiben. Kein Problem, aber es ist schlicht falsch denjenigen, die es sinnvollerweise wie die besagten Buchautoren und Universitäts-Professoren machen, mangelnde Seriosität oder gar Qualität zu unterstellen. Das, mein lieber Stefan, grenzt an Ignoranz.

Dennoch viele Grüße,
Martin

1 Like

Hallo Mars/Martin,

Z.B. wird der Binomialkoeffizient „n über k“ allgemein gerne

apropos Binomialkoeffizient: Die Vereinbarung „0^0 := 1“ steckt auch im Binomischen Satz drin, welcher lautet:

**Für alle reellen Zahlen a, b und alle natürlichen Zahlen n gilt:

(a + b)^n = Summe[k = 0…n] (n über k) a^(n–k) b^k**

Für n = 1 vereinfacht sich das zu (unter Verwendung von (1 über 0) = 1 und (1 über 1) = 1):

a + b = a b^0 + a^0 b

Setzt man nun einmal a = 0 (wobei b 0) und ein andermal b = 0 (wobei a 0), so erhält man:

a = 0 ==> b = 0^0 b ==> 1 = 0^0

b = 0 ==> a = a 0^0 ==> 1 = 0^0

Fazit: Wer den binomischen Satz in der obigen Form angibt, sagt damit implizit, daß 0^0 = 1 ist. Wer mit „0^0“ ein Problem hat, muß es deshalb so wie in meinem schon etwas älteren Bronstein (Ausgabe von 1989) machen. Dort wird als Voraussetzung "Für alle von Null
verschiedenen
1) reellen Zahlen a, b und alle natürlichen Zahlen n gilt:
spezifiziert, aber dann noch in der betreffenden Fußnote angemerkt: Definiert man 0^0 def= 1, so braucht man diese Einschränkung nicht zu machen.

Taschenrechner können auch nicht rechnen. Übrigens werden sie
von Mathematikern programmiert (die es geworden sind, um
Rechnungen zu vermeiden…) :wink: In der Praxis (denn für
Praktiker werden Taschenrechner ja gebaut) braucht man
natürlich 0^0 nicht, weshalb man es über die exp-Funktion
implementiert und für den Exoten kein Bit verschwendet.

(Auch) Dem kann ich nur zustimmen. Mein Taschenrechner liefert bei „0^5“ einen Error, „38^0“ errechnet er dagegen richtig zu 1. Dies zeigt eindeutig, daß ihm sein Konstrukteur „exp(Exponent*ln(Basis))“ implementiert hat, es aber nicht der Mühe wert hielt, den Ausnahmefall „Basis = 0“ abzufangen.

Mit freundlichem Gruß
Martin

(Auch) Dem kann ich nur zustimmen. Mein Taschenrechner
liefert bei „0^5“ einen Error, „38^0“ errechnet er dagegen
richtig zu 1. Dies zeigt eindeutig, daß ihm sein Konstrukteur
„exp(Exponent*ln(Basis))“ implementiert hat, es aber nicht der
Mühe wert hielt, den Ausnahmefall „Basis = 0“ abzufangen.

Erschreckend, aber auch das „allseits (un)beliebte“ Excel gibt für 0^0 den Fehler #ZAHL! aus. Ts ts ts!

Mit freundlichem Gruß

dito
Jochen

Kleines P.S.

Ich habe zu Beginn den Fehler gemacht, mich hier anonym und ohne jegliche Titel anzumelden: Der Argumentationsaustausch wird dadurch erheblich erschwert, scheint mir. Es ist auf dieser Seite offenbar weniger wichtig, was man schreibt als wer man ist… :wink: