was ist ‚stark‘?
hi,
Ich richte mich mal gegen den hier vorherrschenden weiblichen Trend, während ich mich ausschließlich auf Aussagen in dem Sinne hier beziehe:
Aber meine Tochter erlebt leider heutzutage auch noch, dass
viele Männer eine starke Frau nicht aushalten.
Ich habe nämlich früher auch so gedacht, Angst vor dem Älterwerden, Angst vor dem Starksein und Stärkerwerden gehabt. Und ich habe andere Erfahrungen gemacht.
Nun bin ich mit 33 noch nicht alt. Ich bin aber auch nicht mehr 20. Bei meinen Beinen treten schon Adern hervor. Vielleicht denke ich in 10 Jahren nochmal anders. Bis jetzt habe ich aber eine Tendenz erlebt, die sich eben NICHT mit meinen Ängsten gedeckt hat.
Zuerst würde ich gern mal hinterfragen, was die meisten mit „stark“ überhaupt meinen. Im Allgemeinen glaubt man, „stark“ zu sein, wenn man eine starke Meinung hat, Dinge selbst regelt, Verantwortung übernimmt, selbstbewusst auftritt.
Es gibt aber einen Unterschied zwischen stark SEIN und stark TUN. Und oft ist auch ein festklammern an seiner Meinung, ein Drang, Dinge selbst regeln zu müssen, die Folge von wenig Vertrauen in andere. Ein Zeichen dafür, sich nicht fallenlassen zu können. Es ist eine aufgebaute, eine demonstrative Stärke, hinter der man sich eigentlich schwach fühlt.
Eine Frau, die stark ist im Sinne von ausgeglichen und entspannt und offen, die ist tatsächlich von Männern auch begehrt.
Ich bin i.A. wohl das, was man eine „starke Frau“ nennt. Ich hab immer ne Meinung, ich weiß, was ich will, ich bin in drei Jobs erfolgreich genug, ich habe viele Freunde und führe insgesamt ein Leben, mit dem ich glücklich bin.
Ich hatte diese „starke Meinung“ schon immer, aber im Vergleich zu früher bin ich heute auch entspannt damit, während ich früher immer dachte, sowas würde die Männer nur abschrecken. Erlebt habe ich: es schreckt die Männer nicht ab, im Gegenteil. Es schreckt sie nur ab, wenn ich die „Stärke“ raushängen lassen muss, um meine Unsicherheit zu überspielen.
Ich habe heute deutlich mehr Verehrer (auch welche, die mehrere Jahre jünger sind als ich) und Beziehungen als mit 20. Und noch nie ist eine davon gescheitert, weil ich „zu stark“ gewesen wäre. Höchstens in dem Sinne, dass ich selbst mich stärker gefühlt als ich meinen Partner empfunden habe und mich das ziemlich bedrückt hat. Mir war also der Mann nicht „stark genug“.
Ich kenne ältere Männer, die von gleichaltrigen Frauen ständig hingehalten wurden, denen sie wiederum nicht stark genug waren. Ich hab Verständnis dafür, wenn die sich dann einer jüngeren Frau zuwenden, weil diese sich noch einlassen können, weil diese weniger Angst haben und sich weniger demonstrativ „stark“ zeigen müssen.
Wenn Männer von „starken Frauen“ verunsichert sind, dann sind das entweder Männer, die weniger stark sind als bezeichnende Frau (und warum sollte frau unbedingt denen hinterherrennen und sie umstimmen wollen?), oder aber mit „Stärke“ wird eher bezeichnet, dass diese Frauen die Männer quasi in eine Ecke drängen wollen, sie ein bisschen vereinnahmen wollen. Es gibt viele Frauen, die diese Tendenz haben. (es gibt auch viele Männer, die beschweren sich dann allerdings, dass Frauen zu anspruchsvoll seien etc…)
Ich selbst hab mich nie ausschließlich für ältere Männer interessiert, aber ich habe selber erlebt, dass ich manche Charakterzüge, die mich bei gleichaltrigen gestört hatten, bei älteren weniger störten, weil die es mit einer gewissen Ruhe, die sie durch ihre Lebenserfahrung hatten, wettmachen konnten. Sprich: ich habe mich bei etwas älteren Männern leichter einlassen können und Dinge weniger hinterfragt als bei gleichaltrigen. Sie haben mir gleichzeitig eine gewisse Sicherheit (ich meine NICHT materiell!) wie auch ein bisschen mehr Freiheit für mein eigenes Leben gegeben.
Ja, sie hatten einen Altersbonus bei mir, und mir gab auch das Gefühl Sicherheit, bei ihnen einen Jugendbonus zu haben. Das wird sicher dadurch beeinflusst, dass es gesellschaftlich seit Jahrhunderten verankerter ist: dieses Älterer-Mann-jüngere-Frau.
Versteht mich nicht falsch. Ich finde die Kombi nicht grundsätzlich erstrebenswert. Ich bin eine Frau. Ich bekomme Angst, ich finde es unfair, wenn ich sehe, dass für Frauen die Zahl der infrage kommenden Männer abnimmt im Laufe des Lebens, und für Männer nicht zwingend; wenn sie es richtig anstellen, nimmt sie sogar zu.
Und dass Frauen i.A. einfach nur „weniger schön“ werden mit dem Alter, während es für alternde Männer im Alter noch die Option „charismatisch“ gibt. Gegen diese Unfairness kann man sich auflehnen und sträuben wie man will. Man (bzw. Frau) wird sie aber nicht abschaffen können, indem sie den Männern übelnimmt, wenn die lieber mit jemandem zusammensein wollen, mit dem es unbeschwert ist und der offen ist ihnen gegenüber, als mit jemandem, der einem schon vorher unbewusst Vorwürfe macht, weil er bzw. sie schon schlechte Erfahrungen mit „den bösen Männern“ gemacht hat.
Die Frage „warum sind öfter ältere Männer mit jüngeren Frauen zusammen?“ kann man im Grunde damit beantworten: „Weil sie es können.“
Würde es umgekehrt genauso traditionell verankert sein, würden ältere Frauen sicher auch selbstbewusster mit jüngeren Männern flirten und umgekehrt.
(Ich denke auch, es gibt Gründe, warum es sozial so verankert ist und nicht andersrum, aber das würde hier den Rahmen sprengen und wäre auch zu spekulativ.)
Gruß