Guten morgen,
So weit OK. Das heißt aber nicht, wer viel eingezahlt hat,
bekommt viel. Und weil das nicht so ist, kann man auch ‚wer
hohe Beiträge zahlt, bekommt viel‘ mit dem gleichen Recht
kippen.
das verstehe ich ehrlich gesagt nicht. Wer mehr einzahlt bekommt auch mehr. Gedeckelt wird das durch die Beitragsbemessungsgrenze. Wenn dem nicht so wäre, wäre das System schon unfinanzierbar, denn seit einiger Zeit steigt die Zahl der arbeitslosen Gutverdiener nicht. Für die müßten dann die verbliebenen Arbeitnehmer das ALG bezahlen, was nicht bezahlbar wäre. Daher gibt es die Betragsbemessungsgrenze, die auch gleichzeitig das ALG nach oben begrenzt.
Der entscheidende Punkt ist, daß
Liquidität (also Bargeld/Guthaben) bzw. der im Laufe eines
Jahres erwirtschaftete Zahlungsmittelüberschuß nicht das
gleiche ist wie Gewinn. Man kann Gewinne machen und trotzdem
verschuldet sein.
Kann man alternativ die Mittel schon vor Steuern schon zur
Tilgung verwenden?
Person A besitzt eine Aktie. Nun steigt diese Aktie um zehn Euro, d.h. er hat zehn Euro Gewinn. Kann er davon seine Schulden zurückzahlen? Kann er nicht bzw. dafür müßte er die Aktie verkaufen. Gewinn heißt nicht, daß man Bargeld zur Verfügung hat, d.h. aus dem Gewinn kann man keine Schulden tilgen sondern nur aus Zahlungsmittelüberschüssen.
Noch ein anderer Aspekt: Das Unternehmen nimmt einen Betrag
von x auf, um ihn zur Seite zu legen. Dieser Kredit kostet das
Unternehmen 6% Zinsen, während es auf der anderen Seite nur
1,5% Guthabenzinsen bekommt. Macht einen Nettoverlust von 4%
auf den aufgenommenen Kreditbetrag.
Ein bißchen klarer?
Nicht so richtig. Wenn ein Kredit aufgenommen werden müßte,
dann ist halt kein Geld da, zum Weglegen. Ich bau’s mal auf
AGs um. Von Geld, das zur Ausschüttung von Dividende zur
Verfügung steht, soll 50% in Rücklagen fließen. Diese
Rücklagen mit Krediten zu finanzieren, wäre natürlich Unfug.
Dividenden werden hoffentlich nicht auch noch
Kreditfinanziert. 
Ein Unternehmen wird nicht so finanziert, wie eine Privatperson das von sich selber kennt: Ein Kredit fürs Haus, einer fürs Auto und vielleicht noch einer für eine Schrankwand. Ein Unternehmen wird in der Regel aus mehreren Töpfen d.h. Krediten finanziert, kurzfristigen und langfristigen bei x verschiedenen Banken. Bei vielen Unternehmen machen die täglich fälligen Kredite den Löwenanteil aus, die so funktionieren, wie man das von einem Dispo-Kredit her kennt. D.h. es kann durchaus sein, daß die Kreditinanspruchnahme am Tag der Dividendenzahlung steigt.
Irgendwann werden die Unternehmer (oder Shareholder) ja auch
mal ein paar Euros aus den Unternehmen herausnehmen, von
irgendetwas werden die ja wohl ihre Rechnungen bezahlen.
Ist ‚Rendite‘ eventuell das richtige Wort und ich habe
fälschlicher Weise ‚Gewinn‘ damit gleichgesetzt?
Ich wollte von den Geldsummen reden, die das Unternehmen in
Richtung Privatkonten verlassen und nicht als ‚Lohn‘ zu
bezeichnen sind.
Ein Teil davon sollte für die angeregten Rücklagen aufgewendet
werden.
Ich werde dann mal ein bißchen genauer. Das was Du als Rücklagen bezeichnest, nennt man in der Fachsprache Rückstellungen. Dazu habe ich hier mal was geschrieben:
http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…
Mit der reinen Bildung der Rückstellung ist es also nicht getan, sondern es muß Liquidität/Bargeld beiseitegelegt werden,w as – wie erwhnt – nicht finanzierbar ist. Dein Vorschlag läuft darauf hinaus, daß der Unternehmer weniger Geld in seinen Dunstkreis bekommt und dieses „weniger“ durch das Unternehmen für Krisenzeiten angelegt wird. Dies ist nicht finanzierbar.
Es gibt aber noch einen anderen Grund, warum das nicht funktioniert. Wenn ein Kredit nicht bedient wird, gibts Ärger. Wenn der Unternehmer sein (in dem Unternehmen angelegtes) Kapital nicht verzinst bekommt, muß er irgendwann die Sinnfrage stellen, das Unternehmen liquidieren und das Geld auf einem Tagesgeldkonto, d.h. ohne Risiko aber mit höherer Verzinsung, anlegen. Der deutsche Mittelstand verdient heute schon weitgehend zu wenig. Wenn Du die größeren Unternehmen meinst, die börsennotiert sind oder zumindest nicht mehr über einen einzelnen Unternehmer „verfügen“, dann ist das Prinzip nicht viel anders: Das Kapital wandert ab und Ende.
Auch wenn Du nun sagst, daß das eine Sauerei ist oder das Kapital Dich mal kreuzweise kann, ändert das nichts daran, daß das ganze nicht finanzierbar ist. Alles was auf der linken Bilanzseite (Aktivseite) steht, muß auf der Passivseite finanziert werden. Das geht nur über Eigenkapital oder Fremdkapital und beides kostet nun einmal.
Eines, das ich gut kenne
Hat keine Kredite, aber ständig
wachsende Gewinne und in gleichem Maße wachsene Kontostände.
Das Unternehmen, von dem Du sprichst, dürfte über zig Konten bei Banken verfügen. Viele Unternehmen lassen bestimmte Ein- und Ausgänge über verschiedene Konten laufen. So oder so ist die gesamte Finanzlandschaft als ganzes zu beurteilen. Wenn das Unternehmen tatsächlich Guthaben horten sollte, was ich nicht glaube, dann gehört das Management ausgetauscht.
Ich weiß, daß Du mir das wieder nicht glaubst, aber die
Zahlungseingänge auf das Firmenkonto sind höher als die
Lohnsumme für den gleichen Zeitraum. 
Kunden zahlen auf dieses Konto nicht ein, dafür gibt’s ein
anderes.
Mit einem Guthabenzins von 1.5% wäre der Chef da auch nicht
zufrieden. Das dürfen schon über 3% sein.
Das glaube ich weniger. Der Marktzins liegt derzeit bei 2%, die Bank zieht sich davon noch eine Marge ab, so daß man mit viel Glück 1,9x% bekommt. Wer größere Guthaben (d.h. im zweistelligen Millionenbereich) vor sich herschiebt, läßt eine Bank einen Spezialfonds auflegen, in dem die Gelder dann verwaltet werden.
So ein Konto ist eine gute Basis für Investitionen.
Nur, wenn das Guthaben langfristig zur Verfügung steht. Im Zweifel geht es für die Dividende an die Obergesellschaft wieder (teilweise) drauf. Und wenn man die Dividende nicht zahlt, fragt sich die Muttergesellschaft, welche Gegenleistung sie für ihr Kapital eigentlich bekommt und schon stehen wieder 50 Stahlarbeiter auf der Straße.
Gruß,
Christian