Eigenwahrnehmung Spiegel Foto

Hallo,

in Anlehnung an den Thread „Aussehen“ würde ich gerne einmal wissen, auf was das Phänomen beruhen könnte, dass die Eigenwahrnehmung sich bei vielen so unterscheidet, was das eigene Betrachten im Spiegel angeht und das Betrachten von Fotos von einem selbst.

Was „passiert“ im Gehirn, dass man sein lebendiges Spiegelbild anders wahrnimmt als sich selbst auf einem Foto - das ist doch seltsam …

Ich habe mit etlichen gesprochen, denen es so geht wie mir, offenbar geht es sehr vielen so:
im Spiegel findet man sich selbst noch recht ansprechend, auf Fotos katastrophal.

Wir haben das mal getestet: einer blickt in den Spiegel und danach gleich in eine Digicam, d.h. wir reden hier nicht von evtl. „missglückten Schnappschüssen“, sondern von gleichem Aussehen, Blick usw., nur eben sieht man sich einmal live im Spiegel und dann festgehalten per Digicam auf dem Foto.

Was ist das für ein Phänomen und wie könnte man das bezogen auf unser menschl. Gehirn, Wahrnehmung usw. begründen?

Chris

Was ist das für ein Phänomen und wie könnte man das bezogen
auf unser menschl. Gehirn, Wahrnehmung usw. begründen?

Chris

Man sagt, das Gesicht spiegelt die seelische Verfassung wider und das stimmt. Es spielt eine große Rolle, mit wem Du beim Fotographieren zusammen bist, d. h. welches Verhältnis Du zu der betroffenen Person hast. Da kann Haß, Eifersucht, Eitelkeit, Verstimmung oder auch Leidenschaft usw., das Gesicht schon ‚verzerren‘. Das Resultat siehst Du dann im Foto.

mfg
rolf

Hallo Chris,

also ich vermute: wenn man sich im Spiegel betrachtet, setzt ein Rückkopplungsmechanismus ein, sodaß man eine Haltung und einen Gesichtsausdruck annimmt, die mit einem positiven Selbstbild übereinstimmen. Und das geschieht ziemlich schnell und unbewußt.

Diese Kontrollmöglichkeit hat man sonst nicht, und ist sich seiner nonverbalen Signale überhaupt sehr wenig bewußt - wahrscheinlich muß man den bewußten Umgang mit seiner Körpersprache ebenso lernen wie alles andere auch (Schauspieler, Models…).

Interessant wäre ein Versuch mit Digital-Kamera (auf Tele eingestellt) und Spiegel gleichzeitig: sodaß jemand, der fotografiert wird, während dessen die Möglichkeit hat, sich in einem hinter dem Fotografen aufgestellten Spiegel zu sehen.

Liebe Grüße,

I.

Eigenwahrnehmung Spiegel Foto / Versuch
Hi,

wir haben den Versuch heute schon gemacht - es hat irgendwie nichts mit Körpersprache zu tun, nichts mit dem Fotografen, nichts mit der seelischen Verfassung - jedenfalls bei unserem Versuch nicht.

Ich stand halb zum Spiegel und neben dem Spiegel der Fotografierende, so dass ich mich im Spiegel frontal ansehen konnte und der „Fotograf“ gleichzeitig mein Gesicht frontal festhalten konnte.

Ergebnis:
im Spiegel finde ich das Bild von mir live doch ganz ok. Aber das Foto, das der „Fotograf“ derweil von mir mit der Digicam war - in meinen persönlichen Augen - eine Katastrophe … ich kann mich auf Fotos nicht ansehen.

Das Phänomen meine ich: gleicher Gesichtsausdruck live und fotografiert, gleiche Stimmung, gleiche Situation - aber im Spiegel findet man sich ok, auf dem parallel aufgenommenen Foto katastrophal, alles, der Blick, das Gesicht … fürchterlich :wink:

Noch jemand eine Idee?

Chris

Was wahrscheinlich auch eine Rolle spielt ist, daß beim Anblick im Spiegel, im Gegensatz zum Foto die Objektivierung fehlt oder vermindert ist. Man ist da Objekt und Subjekt zugleich.

rolf

Gewohnheit
Hallo Chris,

nur wenige Gesichter sind wirklich symmetrisch. Wir gewöhnen uns im Laufe der Jahre an die spiegelverkehrte Ansicht. Wenn wir uns dann aber auf Fotos so sehen, wie andere Menschen uns sehen, ist diese Ansicht aufgrund der anders angeordneten Symmetrie ungewohnt. Ein ungewohnter Anblick muss ja nicht gleich als hässlich empfunden werden (zB. wenn wir andere Menschen mit optischen Mängeln sehen erschrecken wir ja auch nicht immer). Aber da es ja um uns geht und wir ja gerne positiv in Erscheinung treten (Ego), empfinden wir uns spontan als hässlich.

olli dem es genauso wie Dir geht wenn er Fotos von sich sieht

4 Like

Hallo,
habt ihr den Versuch mal mit einer Filmkamera gemacht ? Für mich kann ich das momentan nicht beurteilen aber bisher finde ich Idomeneo’s Erklärung am reizvollsten (ungeachtet, ob sie letztlich belegbar ist). Und die ließe sich retten, wenn man annimmt, daß der Rückkopplungsmechanismus zu Mikrobewegungen des Gesichtsausdrucks führt, die bei einer einzelnen Aufnahme verlorengehen.

Gruss
Enno

Bravo!
Bravo!

Wieso kommt hier eigentlich keiner außer Mortes Porta Vitea auf die Idee, das ganze mal rein physikalisch anzudenken? Es ist doch absolut logisch, daß man sich im Spiegel spiegelverkehrt sieht und dann im nicht-spiegelverkehretn Bild der Digicam die Unsymmetrien des Gesichts umso deutlicher hervortrten. Mit was man sich hier doch beschäftigt!

Gruß Rüdiger

oder den Spiegel fotografieren
Hallo Chris

Fotoapparat neben das Gesicht halten, auf den Spiegel richten, in
diesen schauen und das Spiegelbild fotografieren. Gefaellst du dir
dann weniger als im Spiegel direkt, dann ist Idomeneos Erklaerung
falsch und es koennte an irgendwelchen subtilen optischen
Verzerrungen der Kamera liegen, die dir bei Gegenstaenden nicht
auffallen.
Vielleicht gefaellst du dir auf den Fotos auch deshalb nicht, weil du
gelernt hast, dass sie dir nicht gefallen, also wegen eines
unbewussten Vorurteils.

Gruss, Tychi

Hallo Chris,

Das ist in der Tat seltsam. Allerdings, wenn Du Dir im Spiegel „in die Augen“ siehst, siehst Du auf dem Photo notgedrungen am Betrachter vorbei (deshalb Teleeinstellung, weil dieser Effekt dann geringer wird).

Mir fällt indessen noch ein Versuch ein:

Mit zwei Spiegeln kann man die Vertauschung der Seiten aufheben. Dazu müßten die beiden Spiegeln im rechten Winkel zueinander stehen, und sie stehen etwa 45 Grad zu Deiner Blickrichtung. Du siehst dann z. B. in den linken Spiegel, aufgrund des Strahlenganges siehst Du dann im rechten Spiegel Dein Spiegelbild nun seitenrichtig.

Eventuell hast Du dann ein ähnlich unzufriedenes Empfinden wie beim Betrachten eines Photos von Dir: weil dieser an normales in-den-Spiegel-sehen gewöhnte Rückkopplungsmechanismus nunmehr „verwirrt“ ist.

Liebe Grüße,

I.

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Hmm,
nun es ist auch absolut „logisch“, daß eine Fotographie ein unbewegtes Abbild im Gegensatz zu unserem Spiegelbild ist. Die These von Mortes Porta Vitea ist m.M. einfacher (was positiv zu werten ist). Sie legt zudem ein evtl. objektives Maß für die Diskrepanz Spiegelbild-/Fotowahrnehmung nahe, da man annehmen würde, daß die umso größer ausfällt, je stärker die Asymmetrie ausgeprägt ist. Wer macht den Selbsttest (Foto vs. Foto-Spiegelbild) ?

Gruss
Enno

Hi

vielleicht hat es aber auch etwas mit den Dimensionen zu tun.
Im Spiegel sieht man sich 3 dimensional, also lebendig, auf dem Foto aber nur 2 dimensional und von daher wirkt ein Foto auch immer etwas „toter“ und assoziiert auch gleich etwas negatives…

nur ein Gedanke dazu…

schiwa

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Hallo Chris,
der Hauptgrund für die unterschiedliche Wahrnehmung dürfte folgender sein:
Ein Bild ist etwas statisches und ein Spiegelbild ist dynamisch, etwas was eine Rückkopplung zuläßt.

Gandalf

Genau das meinte ich. Es wird zum Objekt und damit setzt der ganze mentale Vorgang der kritischen Vernunft ein, man sieht sich nicht mehr als sich selbst, sondern als etwas von sich Getrenntes.

Das Spiegelbild hat da eine magische Funktion.

rolf

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Seitenverkehrt? Bin verwirrt …
Hallo,

bin jetzt etwas verwirrt: wenn ich in den Spiegel sehe, ist das dann „seitenverkehrt“? Ich sehe dort im Spiegel doch mein Gesicht genauso frontal, wie wenn ich mich auf einem Foto sehe, das frontal von mir aufgenommen worden ist, also quasi wie wenn der Spiegel ein Foto von mir wäre … oder hinkt das jetzt irgendwie … bin nicht sicher …

Chris

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo,

bin zufällig nochmal im Forum. Stell Dich doch mal vor den Spiegel und fasse Dir mit der rechten Hand an die rechte Schläfe, was siehst Du dann? Dann siehst Du Dich im Spiegel so, als würde sich Dein Gegenüber (also Du), mit der linken Hand an die linke Schläfe fassen. Und wenn Du die gleiche Szene von Dir selber filmen läßt, siehst Du Dich dann tatsächlich mit der rechten Hand an die rechte Schläfe fassen, so wie das auch bei Meier und Müller aussieht, wenn der Dir gegenüber steht. Das ist der Unterschied zum Spiegel.

Gruß, Rüdiger

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Krümel und Korinthen
Hallo, Rüdiger,
um die Verwirrung vollkommen zu machen sollte man allerdings noch sagen, dass ein Spiegel, genau genommen, nicht links und rechts vertauscht, sondern vorne und hinten.

Gruß
Eckard

Einfacher Test

Hallo,

Das lässt sich leicht testen: Nimm ein aufgeschlagenes Buch (oder einen anderen geschriebenen Text) und mache davon ein Photo: Du wirst die Schrift ganz normal auch auf dem Photo lesen können. Folgernung: Das Photo sieht die Schrift so wie Du.

Dann hälst Du den gleichen Text vor einen Spiegel.

Alles klar?

Mit vielen Grüßen, Peter

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Foto -> verfälschte Realität
Hallo,
ich kann diese Problematik nachfolziehen.
Ursachen sehe ich auch in den Unzulänglichkeiten der
Fotografie.

-\> Helligkeitsdynamik: Auf Fotos werden Hell-Dunkel stark
 überzeichnet -\> es entstehen Schatten und Kontraste, die
 das Auge so nicht wahrnimmt, weil die Helligkeits-
 dynamik weiraus höher ist als bei techn. Systemen. 

-\> Farbverfälschungen. Die Farbe wird oftmal durch 
 Beleuchtung verfälscht (Problem Weißabgleich).
 Bei Blitz sieht man bleich aus, bei Lampenlicht rotstichig.
 Wahrscheinlich kompensiert unser Auge/Gehirn solche 
 Verfälschungen auch, weil wir wissen, wie Hautfrabe 
 auszusehen hat. 

-\> Verzerrungen durch Aufnahmen von einem Punkt.
 Der räumliche Effekt der Wahrnehmung von Formen 
 geht beim Foto flöten.

-\> schlechtere Auflösung. Während im Spiegel bzw. direkter
 Besichtigung Bartstoppeln eineln sichtbar sind, wird's
 auf'm Foto bloß ein grauer Schleier im Gesicht.

-\> Format ist anders -\> Fotos bringen in den seltensten 
 Fällen 1:1 Darstellung (kein Poster?).

Gruß Uwi

in Anlehnung an den Thread „Aussehen“ würde ich gerne einmal
wissen, auf was das Phänomen beruhen könnte, dass die
Eigenwahrnehmung sich bei vielen so unterscheidet, was das
eigene Betrachten im Spiegel angeht und das Betrachten von
Fotos von einem selbst.

Was „passiert“ im Gehirn, dass man sein lebendiges Spiegelbild
anders wahrnimmt als sich selbst auf einem Foto - das ist doch
seltsam …

Ich habe mit etlichen gesprochen, denen es so geht wie mir,
offenbar geht es sehr vielen so:
im Spiegel findet man sich selbst noch recht ansprechend, auf
Fotos katastrophal.

Wir haben das mal getestet: einer blickt in den Spiegel und
danach gleich in eine Digicam, d.h. wir reden hier nicht von
evtl. „missglückten Schnappschüssen“, sondern von gleichem
Aussehen, Blick usw., nur eben sieht man sich einmal live im
Spiegel und dann festgehalten per Digicam auf dem Foto.

Was ist das für ein Phänomen und wie könnte man das bezogen
auf unser menschl. Gehirn, Wahrnehmung usw. begründen?

Chris