Ein Leben ohne Moral

Hallo ihr

Manche Menschen haben viele Prinzipien (z.B. die 10 Gebote) und fuer
sie ziemlich unverletzbare Lebensregeln (keinen Sex vor der Ehe).
Meiner Beobachtung zufolge sind diese Regeln oft Anlass fuer Kummer
und seelischen Schmerz, weil sich die Wirklichkeit oft nicht diesen
Regeln fuegen will („Was, du hast schon mal mit einem Mann
geschlafen!?“, „Ich haette nie gedacht, dass du so schlecht ueber
deine Mutter sprechen koenntest!“)

Ich habe nur wenig Regeln, glaube ich, und finde Prinzipienreiter
anstrengend und geistig eingeengt.

Mir fiel heute Folgendes ein:
Es gibt nur zwei Prinzipien (ganz ohne geht’s auch bei mir nicht):
1. Meine Beduerfnisse sind wichtig.
2. Die Beduerfnisse der anderen Menschen sind wichtig.

Von diesen beiden oft widerspruechlichen Regeln ausgehend, versuche
ich fuer jede Konfliktsituation die individuelle Loesung zu finden,
bei der ich das beste Gefuehl habe.
Das ist meine duerftige Moral. Ich schaetze, die meisten Menschen
halten es genauso, auch wenn sie etwas ganz anderes glauben.

Seht ihr Schwachpunkte, Widersprueche, Schwierigkeiten etc?

Dank fuer Antworten, Tychi

Hallo Du,

als Krückstock könnte vielleicht der Kategorische Imperativ vom ollen Immanuel herhalten.
Gepaart mit seiner Frage, ob das eigene Tun vernünftig ist (in Bezug auf ein friedfertiges Zusammenleben), kommt für mich meist ein tragbarer Kompromiss heraus.

Gandalf

Hallo Gandalf

Gerade den KI finde ich besonders nutzlos. Das Prinzip „Behandele
andere, wie du selbst behandelt werden willst“ ist in Ordnung.
Jedoch kommt jeder Mensch im Laufe seines Lebens viele Male in
Situationen, in denen er nach Kant unmoralisch, aber in Einklang mit
dem gesunden Menschenverstand handelt.
Ausserdem kann jeder, der eine Handlung vollzieht oder eine
Entscheidung trifft, wollen, dass diese allgemeines Gesetz werden,
vorausgesetzt, die Situation, fuer die das Gesetz gelten kann, ist
exakt dieselbe.
Die zitierten Kritiken Adornos und Horkheimers im wikipedia Artikel
finde ich sehr
zutreffend.http://de.wikipedia.org/wiki/Kategorischer_Imperativ

Gruss, Tychi

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hi Tychi,

Gerade den KI finde ich besonders nutzlos.

NUn ja, Meiningen sind verscheiden.

Das Prinzip
„Behandele
andere, wie du selbst behandelt werden willst“ ist in Ordnung.

Gut.

Jedoch kommt jeder Mensch im Laufe seines Lebens viele Male in
Situationen, in denen er nach Kant unmoralisch, aber in
Einklang mit
dem gesunden Menschenverstand handelt.

Hier spielt der Verstand m.E. eine Rolle.
Kant verlangt ja nicht, daß man wie eine Marionette handelt, sondern eben ‚Habe den Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen‘.
Das sagt doch auch aus, daß man abwägen kann, darf, ja muß.
Der Kategorische Imperativ gepaart mit dem Verstand, das habe ich gemeint.

Ausserdem kann jeder, der eine Handlung vollzieht oder eine
Entscheidung trifft, wollen, dass diese allgemeines Gesetz
werden,
vorausgesetzt, die Situation, fuer die das Gesetz gelten kann,
ist
exakt dieselbe.

Auch hier muß man den Verstand bemühen. Sind die Beweggründe egoistisch, oder vernünftig darlegbar, wieder bezüglich auf ein vernünftiges Zusammenleben.

Die zitierten Kritiken Adornos und Horkheimers im wikipedia
Artikel
finde ich sehr
zutreffend.http://de.wikipedia.org/wiki/Kategorischer_Imperativ

So recht kann ich diesen Kritiken nichts abgewinnen.
Phrasen wie „Es ist der übliche Versuch des bürgerlichen Denkens“ sollten wir allmählich überwunden haben :wink:
Und auch Horkheimer zielt mit seiner Kritik m.E. zu kurz.

Aber ich hab vielleicht ein zu positives Menschenbild.

Gandalf

hALLO tYCHI

Manche Menschen haben viele Prinzipien (z.B. die 10 Gebote)

Hab gerade gelesen, als Moses mit den Gesetzestafeln vom Berg kam, sagte er:
Hab zwei Nachrichten, eine gute, eine schlechte.
Zuerst die gute:
Hab den ASlten auf ZEHN Gebote runtergehandelt.
Die schlechte:
Ehebruch ist immer noch dabei. :wink:
Ansonsten magst Du schon recht haben.
Gruß,
Branden

Hallo Tychi,

Moral zu haben heißt Frei von Angst zu sein.

Moralisch handelt, wer bewusst oder unbewusst die persönliche Freiheit nach den jeweiligen Beziehungsgefügen in konstruktiver Art und Weise auszurichten sowie kurz- als auch weitsichtig zu agieren und zu reagieren vermag.

Kants KI ist auf das Akzeptanzverhältnis (Selbstachtung) beschränkt. Selbstachtung setzt Frieden (objektiv) und Freiheit (subjektiv) voraus. Darüber hinaus interessensausgleichende, -überlagernde oder -umfassende Beziehungsgefüge hat er prinzipiell unangetastet gelassen.

guvo

Moin Tychi,

Mir fiel heute Folgendes ein:
Es gibt nur zwei Prinzipien (ganz ohne geht’s auch bei mir
nicht):
1. Meine Beduerfnisse sind wichtig.
2. Die Beduerfnisse der anderen Menschen sind wichtig.

Das ist meine duerftige Moral.

Deine beiden Prinzipien sind eigentlich eher mögliche Bedingungen für eine Moral bzw. für moralische Urteile. Sie ähneln sehr Kants Formulierung des KI, wonach man andere Menschen nie bloß als Mittel, sondern immer zugleich als Zweck an sich behandeln soll. Und das ist überhaupt erst eine Voraussetzung, andere als Person oder moralisch gleichwertige Subjekte anzuerkennen.
So ist m.E. dein zweites Prinzip die Notwendigkeit dafür, moralisch zu handeln, weil du andere Menschen als dir ähnlich anerkennst, die auch Bedürfnisse haben. Verhielte es sich anders, wäre Moral überflüssig.

Seht ihr Schwachpunkte, Widersprueche, Schwierigkeiten etc?

Die Schwierigkeit, die ich sehe, besteht darin, nachdem man eingesehen hat, dass Moral notwendig ist, eine allgemeingültige zu entwickeln.

Gruß Eddie.

Hallo ihr

Manche Menschen haben viele Prinzipien (z.B. die 10 Gebote)
und fuer
sie ziemlich unverletzbare Lebensregeln (keinen Sex vor der
Ehe).
Meiner Beobachtung zufolge sind diese Regeln oft Anlass fuer
Kummer

Hallo Tychi,
Gratuliere zu Deinen persönlichen „Grundregeln“ ! Ja so soll es sein:
Sorge für Dein Wohlsein ohne dabei anderen auf die Füsse zu treten.
Dabei vergiss aber die Toleranz nicht, denn auch Dein Mitmensch ist in erster Linie ein Egoist(in positivem Sinn gemeint).
Gruss: hardy

Hallo Guvo

Moral zu haben heißt Frei von Angst zu sein.

Frei von Angst? Das geht wohl nicht. Jeder Mensch hat Angst. Sie
gehoert zum Mensch-Sein dazu.

Moralisch handelt, wer bewusst oder unbewusst die persönliche
Freiheit nach den jeweiligen Beziehungsgefügen in
konstruktiver Art und Weise auszurichten sowie kurz- als auch
weitsichtig zu agieren und zu reagieren vermag.

Das hoert sich nach einer Umformulierung meiner kleinen Theorie an.
Also stimmst du mir zu.

Kants KI ist auf das Akzeptanzverhältnis (Selbstachtung)
beschränkt. Selbstachtung setzt Frieden (objektiv) und
Freiheit (subjektiv) voraus. Darüber hinaus
interessensausgleichende, -überlagernde oder -umfassende
Beziehungsgefüge hat er prinzipiell unangetastet gelassen.

O.k. Das nehme ich als Ergaenzung.

Aber deine Betreffzeile ist mir nicht ganz klar.
Wer ohne Moral lebt, soll aus irgendeinem Grunde mutlos sein.
Nehme ich das einmal an, dann folgt doch, dass der, der mit Moral
lebt, mutig ist. Deine erste Aussage bedeutet, dass der, der mit
Moral lebt, keine Angst habe. Ich weiss ja nicht, was Mut deiner
Meinung nach ist, aber fuer mich ist Mut, die Faehigkeit, trotz Angst
handeln zu koennen. Wo keine Angst, da kein Mut. Insofern meine ich,
einen Widerspruch in deinen Behauptungen zu finden, der sich zu ihrer
fehlenden Erlaeuterung und Begruendung noch hinzugesellt.
Wuerdest du dir noch die Muehe machen, etwas mehr Klarheit in deine
Thesen zu bringen?

Gruss, Tychi

Hallo Eddie

Die Schwierigkeit, die ich sehe, besteht darin, nachdem man
eingesehen hat, dass Moral notwendig ist, eine
allgemeingültige zu entwickeln.

Meine Behauptung ist ja gerade, dass ich keine allgemeingueltige
Moral akzeptiere. Fuer mich gibt es nur eine situative Moral, die den
Namen Moral nicht mehr verdient. Daher auch meine Betreffzeile.

Gruss, Tychi

Fuer mich gibt es nur eine situative Moral, die den Namen Moral nicht mehr verdient.

Hallo, Tychi!
Da geht es Dir so wie den alten Römern: Ich wüsste nicht, mit welchem lateinischen Wort man „Moral“ (obwohl es selbst eines ist) wiedergeben sollte.
Aber:
Für das moralische Handeln hatten sie, weil die antike Philosophie auf die jeweils eigene eudaimonia/beatitudo abzielt, weniger den Mitmenschen als die eigene Person im Blick; und da bedeutet, moralisch zu handeln, areté/virtus zu haben. Die Kurzdefinition „virtus in medio“ („In der Mitte liegt die Tugend“)trifft das durchaus: Nicht um die (christlich[(?] gedachten) Gegensatzpaare gut/böse, sanft/zornig, freigebig/geizig geht es, sondern um das Treffen des rechten Maßes zwischen den jeweiligen Extremen: Denn von jeder Haltung gibt es ein Zuviel und ein Zuwenig. Und beide sind falsch.
Es gibt also ein Zuviel und ein Zuwenig von Sanftmut, von Freigebigkeit usw. So rechnet z. B. Aristoteles den Zorn (sc. im rechten Maß) [in der „Nikomachischen Ethik”] zu den Tugenden (=virtutes/aretái). (Für manche dieser Haltungen gibt es in den verschiedenen Sprachen ein Wort, nicht für alle, wie auch Aristoteles feststellte.)
Dabei ist ganz klar: Entscheidend ist immer die Entsprechung zur Situation.
Da sind wir nun wieder bei Deiner These: So siehst Du das doch auch.
Ich frage mich, ob nicht die Tatsache, dass wir Gott Zorn, Liebe usw. zuschreiben, darauf zurückzuführen ist: Auch er muss - nach menschlicher Vorstellung - virtus besitzen (sonst wäre er „unmoralisch”), muss also im rechten Maß zürnen, lieben usw. können.
Wenn mehr der Mitmensch in den Blick genommen werden soll - dafür gibt es ein schönes Buch:
Spaemann, Robert: Glück und Wohlwollen. Versuch über Ethik. Stuttgart (Klett-Cotta). = ISBN 3-608-91556-7 Buch anschauen.
Beste Grüße!
H.

Hallo Tychi,

´Frei von Angst´ heißt für mich nur FREI von Angst zu sein, ohne zu bestreiten, dass wir Menschen sogar zu jeder Zeit von Angst umgeben sind. Zum Glück.

Moral befähigt wiederum zur ´inneren Befreiung´; ´befähigt´ zu einer in optimaler Weise über den Moment des Augenschlags hinaus andauernden ´Handlungsbereitschaft´ um einer konkret gegenwärtigen Gefahr oder Orientierungslosigkeit trotzen zu können.

Moral dient dazu Ängste, Unwegbarkeiten etc. gedanklich zu objektivieren, und so handhabbar zu machen. So lassen sich Gefahren abtrotzen oder Gelegenheiten beim Schopf fassen.

Mut verstehe ich als ´Fertigkeit´. Die ´Fähigkeit´ dazu ist Selbstachtung. Selbstachtung setzt wiederum Moral voraus. Ethik dient dabei als Maßstab zur Bemessung des eigenen ´Handlungswillens´ in Übereinstimmung von Anspruch mit dem tatsächlichen Verhalten.

Wo ´keine´ Angst ist, da ist Gefahr. Die Gefahr regelrecht zu suchen kann sowohl Mutprobe als auch Aufgabe der Selbstachtung sein.

guvo

Hallo guvo

Du beschreibst, was Moral fuer dich ist. Ist meine Theorie auch eine
Moral?

´Frei von Angst´ heißt für mich nur FREI von Angst zu sein,

Ich glaube, durch Grossbuchstaben wird’s mir auch nicht
verstaendlicher.

ohne zu bestreiten, dass wir Menschen sogar zu jeder Zeit von
Angst umgeben sind. Zum Glück.

Umgeben? Du meinst, die anderen haben Angst, nur der moralische
Mensch nicht? Und warum „zum Glueck“?

Moral befähigt wiederum zur ´inneren Befreiung´;

Was meinst du damit? Ist es mehr als eine esoterisch/mystische
Phrase?

´befähigt´ zu
einer in optimaler Weise

Warum optimal? Und spielt es auch eine Rolle, welche Moral man
vertritt? Fuehrt jede Moral zu einer optimalen Weise?

über den Moment des Augenschlags
hinaus andauernden ´Handlungsbereitschaft´ um einer konkret
gegenwärtigen Gefahr oder Orientierungslosigkeit trotzen zu
können.

Ist ein Killer moralisch, wenn er nur immer handlungsbereit ist und
von Orientierungslosigkeit keine Spur zu sehen ist?

Moral dient dazu Ängste, Unwegbarkeiten etc. gedanklich zu
objektivieren, und so handhabbar zu machen.

Kannst du ein Beispiel fuer diesen Prozess geben? Wie hilft die Moral
(abstrakt) dabei, Aengste zu objektivieren? Was ist eine
objektivierte Angst ueberhaupt?

So lassen sich
Gefahren abtrotzen oder Gelegenheiten beim Schopf fassen.

Und das geht ohne Moral nicht?

Mut verstehe ich als ´Fertigkeit´. Die ´Fähigkeit´ dazu ist
Selbstachtung. Selbstachtung setzt wiederum Moral voraus.

Also Moral->Selbstachtung->Mut->Freiheit?

Ethik dient dabei als Maßstab zur Bemessung des eigenen
´Handlungswillens´ in Übereinstimmung von Anspruch mit dem
tatsächlichen Verhalten.

Tut mir Leid, verstehe ich nicht. Klingt fast nach
Uebersetzungsmaschine :smile:

Wo ´keine´ Angst ist, da ist Gefahr.

Bin ich in Gefahr, wenn ich nachts ruhig schlafe? Waere ich in
geringerer Gefahr, wenn ich Angst haette anstatt zu schlafen?

Die Gefahr regelrecht zu
suchen kann sowohl Mutprobe als auch Aufgabe der Selbstachtung
sein.

D’accord.

Wir sprechen nicht dieselbe Sprache scheint mir. Meinst du, du
schaffst es, alle meine Fragen zu beantworten und das in einer
Sprache, die nicht wieder so viele Fragen meinerseits zur Folge hat?

Gruss, Tychi

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Hallo Tychi,

Von diesen beiden oft widerspruechlichen Regeln ausgehend,
versuche ich fuer jede Konfliktsituation die individuelle
Loesung zu finden, :bei der ich das beste Gefuehl habe.

das schwierige in Konfliktsituationen ist halt
oft, dass man keine Zeit hat nachzudenken oder auf
Gefühle zu achten. Man kommt in Stress
und reagiert oft ganz anders, als man das eigentlich will.
Kasuistik gilt nicht von ungefähr als Haarspalterei,
deshalb will ich jetzt gar nicht beginnen Einzelfälle
zu schildern.
Und hinterher kann man jede Situation bis ins kleinste
differenzieren.
Was nützt mir also die beste Ethik, wenn ich im
Bedarfsfalle nicht auf sie zurückgreifen kann?
Anders sieht es aus, wenn man Zeit hat.
Dann taucht allerdings wieder die Frage nach den
Prämissen auf:

Will man Gerechtigkeit
Will man Fortschritt (Sinn einer Sache)
Will man einen Konsens
Will man Prophylaxe
Will man Freiheit
Will man Gleichheit
Will man Brüderlichkeit
usw.

Trotzdem halte ich deine Gefühlsethik für nicht so verkehrt,
denn Gesetze sind neben den prophylaktischen
Intentionen für „Hinterher“ gedacht.
Um zu urteilen, wenn man sie übertreten hat.

Apriorisch scheint mir das den Menschen zu überfordern.

Gruß
Walden

Hallo Tychi,

tja, bedauerlicher Weise scheinen wir sozusagen verschiedene Sprachen zu sprechen.

Die Tauglichkeit Deiner Theorie entscheidet sich immer wieder aufs Neue. Wenn es Dir dadurch gelingt Angstgefühle in den Griff zu bekommen und zu bestimmen, dürfte das alle freuen.

Ließe sich Deine Theorie zum Beispiel im Falle der Gesundheits- und Vermögensplanung, eines fortschreitenden Krankheitsprozesses, einer Prüfung, einer höhreren beruflichen oder familiären Aufgabe, bei Mobbing, bei direkten Auseinandersetzungen etc. anwenden?

Einer objektivierten Gefahr lässt sich angstfrei (nicht angstlos) gegenübertreten, weil man trotz der Gefahr auf bestmögliche Weise zu reagieren weis.

Und das geht ohne Moral nicht? Also ohne Moral->Selbstachtung->Mut->Freiheit?

Was schlägst Du vor? ;o)

Bin ich in Gefahr, wenn ich nachts ruhig schlafe?

Bitte ´ruhig´ präzisieren. Etwa im Sinne von ´nichts ahnend´? Und dann hast Du die Antwort.

Meinst du, du…

Aber ja. Alles wird gut :o).

guvo

Hallo,

zuviel ICH und zuwenig DU.

Gruß,
Claudia

Manche Menschen haben viele Prinzipien (z.B. die 10 Gebote)
und fuer
sie ziemlich unverletzbare Lebensregeln (keinen Sex vor der
Ehe).
Meiner Beobachtung zufolge sind diese Regeln oft Anlass fuer
Kummer
und seelischen Schmerz, weil sich die Wirklichkeit oft nicht
diesen
Regeln fuegen will („Was, du hast schon mal mit einem Mann
geschlafen!?“, „Ich haette nie gedacht, dass du so schlecht
ueber
deine Mutter sprechen koenntest!“)

Ich habe nur wenig Regeln, glaube ich, und finde
Prinzipienreiter
anstrengend und geistig eingeengt.

Mir fiel heute Folgendes ein:
Es gibt nur zwei Prinzipien (ganz ohne geht’s auch bei mir
nicht):
1. Meine Beduerfnisse sind wichtig.
2. Die Beduerfnisse der anderen Menschen sind wichtig.

Von diesen beiden oft widerspruechlichen Regeln ausgehend,
versuche
ich fuer jede Konfliktsituation die individuelle Loesung zu
finden,
bei der ich das beste Gefuehl habe.
Das ist meine duerftige Moral. Ich schaetze, die meisten
Menschen
halten es genauso, auch wenn sie etwas ganz anderes glauben.

Seht ihr Schwachpunkte, Widersprueche, Schwierigkeiten etc?

Dank fuer Antworten, Tychi

Moin Tychi,

mit deinen beiden Prinzipien erkennst du aber gerade die Notwendigkeit moralischer Urteile an, wenn es zu Situationen kommt, in denen deine Bedürfnisse mit denen anderer in Konflikt geraten.
Mein Gedanke war, dass erst dann die Moral einsetzt.

Meine Behauptung ist ja gerade, dass ich keine
allgemeingueltige
Moral akzeptiere. Fuer mich gibt es nur eine situative Moral,
die den
Namen Moral nicht mehr verdient.

Ich wage es einfach mal, dir zu unterstellen, dass in solchen Konfliktsituationen deinen Urteilen etwas Allgemeines innewohnt - und wenn es die Richtlinien der Vernunft sind (sehr allgemein).

Gruß Eddie.

Hi,

zuviel ICH und zuwenig DU.

Ist aber vertretbar, wenn das ICH eine gesunde Einstellung zu DU hat.

Judy

Hallo,

zuviel ICH und zuwenig DU.

Gruß,
Claudia

Hallo Claudia

Verstehe ich nicht. Was willst du mir sagen?

Gruss, Tychi

Hallo Walden

Von diesen beiden oft widerspruechlichen Regeln ausgehend,
versuche ich fuer jede Konfliktsituation die individuelle
Loesung zu finden, :bei der ich das beste Gefuehl habe.

das schwierige in Konfliktsituationen ist halt
oft, dass man keine Zeit hat nachzudenken oder auf
Gefühle zu achten.

Gefuehle kommen zeitlich vor dem Denken. Sie sind, ob wir es wollen
oder nicht, ohnehin die wahren Entscheider. Die Neuropsychologie hat
dafuer einige Indizien zusammengetragen.

Man kommt in Stress
und reagiert oft ganz anders, als man das eigentlich will.

Man reagiert emotional. Das eigentliche Wollen sind vielleicht das
rationale Wollen oder tieferliegende Gefuehle.

Kasuistik gilt nicht von ungefähr als Haarspalterei,
deshalb will ich jetzt gar nicht beginnen Einzelfälle
zu schildern.

In der Kasuistik versucht jemand, rational eine Entscheidung
herbeizufuehren fuer eine Situation, die fuer die Ratio zu unscharf
und zu komplex ist.

Und hinterher kann man jede Situation bis ins kleinste
differenzieren.
Was nützt mir also die beste Ethik, wenn ich im
Bedarfsfalle nicht auf sie zurückgreifen kann?

Auf die Gefuehlsethik kann man immer zurueckgreifen, denn wir haben
zu allem ein Gefuehl. Dass dieses oft im Widerspruch mit unseren
rationalen Ueberlegungen und Ansichten ist, ist eine andere Sache.
Ebenso ist es problematisch, dass es widerspruechliche Gefuehle gibt.
Aber eine rationale (Pflicht-)Ethik ist auch voller Widersprueche und
deshalb auch nicht besser.

Anders sieht es aus, wenn man Zeit hat.
Dann taucht allerdings wieder die Frage nach den
Prämissen auf:

Will man Gerechtigkeit
Will man Fortschritt (Sinn einer Sache)
Will man einen Konsens
Will man Prophylaxe
Will man Freiheit
Will man Gleichheit
Will man Brüderlichkeit
usw.

Man entscheidet fast immer nach Gefuehl. Die rationalen Begruendungen
sind meistens Rationalisierungen.

Gruss, Tychi