Obwohl ich Sterne in den meisten Fällen für unwichtig halte,
wundert und stört es mich auch, dass er hier 34 (35, 36…)
Sterne bekommen hat.Warum schreibst Du mir das? Ich kann da am wenigsten für.
Nein, ich kritisiere konkret die Leute, die dir ein Stern gegeben haben. Ich behaupte nämlich, dass hier die Realitäten in der Drogenszene nicht beachtet werden.
Eins ist nämlich sicher: hätte die Threaderstellerin
geschrieben, dass sie sich große moralische Bedenken wegen der
Dealerei und der armen Süchtigen macht, und ihre Probleme mit
dem Lärm als zweitrangig anzusehen seien, hätte exc garantiert
entgegnet,So, das ist sicher? Was Du alles weißt…
Ist exc’ Diskussionsverhalten hier so
wenig bekannt?Bist Du sicher, daß das hierher gehört und vor allem mit dem
Thema in irgendeiner Weise zu tun hat?
Nein, aber diesen kleinen Seitenhieb wirst du schon vertragen.
Wenn ihr schon als Schüler in der S-Bahn erlebt hättet, wie
sich Typen einen Schuss Heroin setzen oder später dann
Crack-Junkies beim Bauen ihrer Piep beobachtet hättet, dann
würdet ihr kaum anders reagieren als die Threaderstellerin.Woher willst Du das wissen? Und woher willst Du eigentlich
wissen, daß was wir schon gesehen haben? Wenn ich den
Überblick nicht verloren habe, sprichst Du gerade für einige
hundert Menschen.
Ja, natürlich war das eine Verallgemeinerung. Aber wenn man sich die Junkies anguckt, dann weiß man, dass für diese Leute einzig und allein die Droge zählt. Spritzen auf dem Kinderspielplatz oder Dealerei im Wohngebiet sind für sie zweitrangig, es zählt nur die nächste Ration. Da kann ich einfach nicht verstehen, wie manche Leute glauben können, dass man durch Betroffenheit etwas dagegen erreichen soll.
Im übrigen hätte ich wahrscheinlich auf den Artikel gar nicht
erst reagiert, wenn da gestanden hätte „ich will die
Drogenszene in meiner Nachbarschaft nicht haben“. Aber
tatsächlich stand da „die sollen machen, was sie wollen,
solange sie mich nicht nachts stören“ und das hat dann
wiederum mich gestört. Das ist nämlich ein Teil des Problems:
Solange sie einem nicht lästig fallen, werden Mißstände nicht
zur Anzeige gebracht.
Die Aussage, die im Übrigen von Anja nicht so dramatisch getroffen wurde, drückt nach meiner Einschätzung lediglich das Gefühl aus, dass man eben nicht viel gegen das Problem tun kann. Was soll denn eine einzelne Anwohnerin gegen die Drogenszene tun? Selbst die Behörden können das Problem nur verlagern. Bei den Junkies gilt eben nur das St.-Florians-Prinzip. Entweder sie sind hier oder dort, aber ganz weg sind sie nie.
Sie hat sich eben mit diesen Leuten auf der Straße oder im Park abgefunden. Aber ich habe schon ein bisschen Verständnis dafür, dass die Dealerei in dem Haus, in dem sie wohnt, etwas anderes ist. Denn schließlich zahlt sie Miete und muss sich an Regeln halten, während der Nachbar gröbste Regeln verletzt. Da wird sie eben auch zu einer Anhängerin des St.-Florians-Prinzip und möchte, dass der Typ irgendwo wohnt, nur nicht in diesem Haus. Wenn ich ehrlich bin - ich würd es wahrscheinlich auch nicht anders machen.
Bei einer Bekannten wird für viele Anwohner sicht- und hörbar
häufig eine Frau von ihrem Mann verdroschen. Getan hat bisher
wohl niemand etwas. Wird jedoch das eigene Auto zugeparkt,
wird erst gehupt (also Belästigung unbeteiligter Dritter in
Kauf genommen, um die eigene zu beseitigen) und dann die
Polizei gerufen - für ein zugeparktes Auto.
Wenn ich mitbekommen hätte, dass diese Frau zum ersten Mal von ihrem Mann verprügelt wird, hätte ich zu 100% eingegriffen. Wenn ich mitbekommen würde, dass eine Frau zum Hundertsten Male von ihrem Lebensgefährten verprügelt wird, dann würde ich mir das dreimal überlegen, ob ich eingreife. Vielleicht ist dieses Beispiel sogar vergleichbar mit dem Drogenproblem. Auch die Frau kommt nicht von dem Dreck los, auch wenn es ihr nur schadet. Du magst sagen, ich sei abgestumpft. Das stimmt auch. Aber ein nicht-Abgestumpfter wird genauso wenig gegen diese Probleme tun können wie ich.
Das halte ich für eine fragwürdige Grundhaltung, die sich nach
meiner Beobachtung in weiten Teilen der Bevölkerung
breitgemacht, gepaart mit der auch hier formulierten
Auffassung, daß jemand, der sich einmischt und Mißstände offen
angeht, als Denunziant oder Spießer abqualifiziert wird.
OT: Wenn ich Missstände in Form real existierender Polizeigewalt und -willkür anspreche, dann finde ich Verharmlosung auch bedenklich.
Gruß
Ultra